Kapitel 37

Sicher bin ich nicht stolz auf mein Verhalten. So kindisch und eingeschnappt verhielt ich mich zuletzt vor Jahren wahrscheinlich. In Zeiten solcher Unsicherheit wurde zwischen mir und meinem Freund kein Wort gewechselt. Nicht zu den Morgenmahlzeiten, nicht während des Unterrichts und erst recht nicht in unserer Freizeit, die wenn ich recht darüber nachdenke, meinerseits sowieso hauptsächlich nur noch für Recherchen im Archiv genutzt wurde. Meditieren tat ich nur noch während der Morgenübung, doch nicht einmal dort, im Kreise meiner Freunde und Yoda, konnte ich meine Gedanken beruhigen und meinen Fokus auf das wichtige legen. Ich tat so, als täte ich es. Nichts habe ich mir äußerlich anmerken lassen, doch innerlich wütete ein Chaos, das nicht so schien, als könne es bald entwirrt werden.

Als Tim heute nach jenen Morgenstunden von unserem Meister zu sich gerufen wurde, versuchte ich dennoch unauffällig Fetzen ihres Gesprächs zu erhaschen. Zuerst dachte ich, er spreche ihn auf mich an. Tims Konzentration hatte nicht sonderlich unter der aktuellen Situation gelitten, er schien blendend damit zu recht zu kommen, aber Yoda spürte sicherlich, dass er der Grund für meine Stimmung war und dass unsere Freundschaft generell nicht mehr die selbe war. Gegen all meine Erwartungen jedoch war Tim nach jenem Gespräch eher aufgeregt und hibbelig. Es muss sich also um eine andere Neuigkeit handeln, die ihn so freute.
Auch Ahsoka wurde letzte Woche von Meister Yoda zu sich beordert, allerdings nach dem Abendessen. Sie war ebenfalls ziemlich aufgedreht, als sie von jenem Gespräch zurück kam, doch uns gegenüber erzählten sie beide nichts.

,,Links. Rechts. Arme nach oben. Ausfallschritt. Links. Und Sprung!" Meister Farr war das komplette Gegenteil von Meister Sinube. Dessen Ruhe und Gelassenheit biss sich mit Meister Farrs Drill. Mir mag es lange nicht aufgefallen sein, doch sein Stil uns zu unterrichten veränderte sich Monat für Monat. Anstatt der sarkastischen Bemerkungen oder stolzen Lächelns, gab es nun viel öfter Befehle und Strenge. Ob das an unserem steigenden Alter lag oder an der Situation dort draußen, die man nun unverholen einen Krieg nennen konnte, war mir nicht ganz klar. Aber wenn man den stolzen und lachenden Lehrer mit dem jetzigen Mann verglich, der dort vor uns stand, erkannte man ihn kaum wieder.

Auch die Medistation war kaum noch wieder zu erkennen. Immer öfter sah ich Jedi mit Schuss-, Schnitt- oder ähnlichen Verletzungen ein- und ausgehen. Es waren gewiss nicht viele, vielleicht ein paar dutzend pro Woche, aber verglichen mit der Anzahl an Verletzen, die jenen Ort aufsuchten, als wir noch im ersten Lehrjahr waren, hatte sie sich mindestens verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht.

Ich strengte mich an Meister Farrs Befehlen zu folgen, doch lief es immer noch fast genau so wie in einer der ersten Lehrstunden. Ich stolperte, strauchelte, stieß andere um und enttäuschte nicht nur mich selbst. Ich tat mein bestes, tat mir dabei aber eher selbst weh.
Ganz anders wenn ich alleine trainierte. Ich war ausgeglichener und konnte mich besser auf die Bewegungen fokusieren. Meist wiederholte ich in jener Zeit das, was ich in den Sportstunden versäumte, obwohl viele Positionen und Bewegungen dann irgendwie von selbst kamen. Ich dachte nicht darüber nach, welchen Schritt ich als nächstes setzen musste, ich wusste es einfach.
Manchmal hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden, als wolle eine andere Präsenz mir helfen. Doch jedes Mal, wenn ich mich umdrehte, fand ich nichts als Leere vor. Meister Sinube sah mir anfangs öfter zu. Er wusste, dass ich einen inneren Konflikt hatte, dabei konnte er mir jedoch auch nicht helfen. Solche Konflikte müssen von dem jenigen gelöst werden, der sie in sich trägt.
Auch wenn er mir nicht helfen konnte, tat er sein bestes. Ich hörte einmal, wie er versuchte Meister Farr davon zu überzeugen, mich alleine unterrichten zu dürfen. Dass ich mich dann besser konzentrieren könne als in der großen Gruppe und größere Erfolge erzielen würde. Natürlich verneinte er, denn wenn ich mich schon in solch einer Gruppe nicht konzentrieren könnte, wie soll das denn erst im realen Kampf aussehen? Da wäre ich hoffnungslos verloren.
Deshalb verstand ich Meister Farrs Ansicht auch sehr gut und dennoch war ich dem älteren Jedi dankbar für seinen Versuch.

Nach dem Unterricht nahm Meister Sinube Zatt und Gungi zur Seite und führte nach hoher Wahrscheinlichkeit das selbe Gespräch mit ihnen wie Meister Yoda mit meinen anderen Freunden zuvor schon. Ihre Laune glich derer von Tim und Ahsoka, doch auch sie schwiegen. Es war ziemlich frustrierend nicht zu wissen was in meinen Freunden vor sich ging, aber im Gegenteil zu meinem jüngeren Ich, das vermutlich alles niedergeschmettert und seine Freunde verletzt hätte, übte ich mich in Geduld und vertraute auf sie. Sollte es etwas wichtiges sein, würden sie mir schon davon erzählen. Meine ewige Ungeduld und das Misstrauen, das mir überall hin folgte, würden noch einmal mein Tod sein. Nur bildlich gesprochen natürlich. Aber je länger dieser Zustand in mir verweilte, desto mehr Furcht baute sich in mir auf und das war der Fehler den ich damals beging. Ich lies sich zu viel in mir aufstauen und tat nichts dagegen es abzulassen.

Beim Abendessen wurde sich in unserer Gruppe ausgelassen über jedes Thema unterhalten, das zu finden war. Die Stimmung war gut, auch wenn ich den Anlass dazu nicht ganz verstand, doch war ich einfach froh, meine Freunde glücklich zu sehen. Von Podracern zu den Zwischenprüfungen war immer wieder jedes Thema vorhanden und das Grinsen auf Ahokas Gesicht war gar nicht mehr weg zu denken. Mel und ich waren bei jener ausgelassen Unterhaltung ein wenig außen vor. Wir waren die einzigen, die keinen blassen Dunst davon hatten, was hier grade vor sich ging.

,,Hey Leute, ich freu mich ja, dass ihr so gut drauf seid, aber wärt ihr so gnädig uns in eure Stimmung einzuweihen? Ich mein ja nur, wir zwei hier sind grade ein wenig ratlos." Mel brachte es auf den Punkt. Ratlosigkeit war eine ziemlich gute Beschreibung für das Gefühl in mir.

,,Wir können es euch leider nicht sagen.", meinte Zatt mit zuckenden Achseln. ,,Was soll das heißen? Wir sind eure Freunde, warum-" ,,Was Zatt damit sagen will", mischte Barriss sich ein ,,ist dass wir es euch nicht sagen können. Wir selbst haben absolut keine Ahnung, was los ist." Irritiert blickten wir beide auf den Rest unserer Truppe. ,,Moment mal kurz, das macht keinen Sinn. Entschuldigung, aber ich brauche eine kurze Aufklärung." Barriss seufzte, als hätte ich gerade gefragt, wie man ein Übungslichtschwert anschaltet. ,,Das einzige was wir wissen, ist dass wir bald auf eine Expedition gehen werden. Also die, die von Meister Yoda und Meister Sinube informiert wurden." ,,Und deshalb macht ihr so ein Theater?", drückte Mel ein wenig pampig, aber treffend aus. ,,Wir haben den Tempel seit bestimmt Monaten nicht mehr von außen gesehen, wir sind froh über jede Expedition, die wir kriegen.", erwiderte Tim. Das war eine Lüge. Erst kurz nach den Jahresprüfungen waren wir mit Meister Plokoon und einer Padawanschülerin auf Naboo gewesen.

Was mir jedoch jetzt erst in den Kopf kam, war der Gedanke, dass Mel und ich anscheinend die einzigen waren, die nicht gefragt wurden. Dabei waren wir doch eine Gruppe, ein Clan! Wieso wurden wir nicht informiert? ,,Und ihr alle wurdet schon informiert?" ,,Alle." ,,Ich schon vor Wochen.", antwortete Barriss mit einem leicht schnippischen Unterton. Bestürzt sah ich auf den Boden vor mir. ,,Mach dir nichts draus. Wahrscheinlich waren einfach nicht mehr Plätze verfügbar und Meister Yoda war gezwungen eine Auswahl zu treffen." Die Art, wie sie diesen Satz ausdrückte schien freundschaftlich und beruhigend, doch ihr Blick verriet ein wenig Schadenfreude. Ich sah sie nie als Rivalin oder Konkurrenz, doch aus einem mir unerfindlichem Grund, verhielt sie sich mir gegenüber, auch wenn sie es gegenüber den anderen nicht zeigte, eher distanziert. Nach dieser Aussage schnappte sie sich ihr Tablett und kehrte uns nach einer leisen Verabschiedung den Rücken zu. Ahsoka sprang schnell auf, warf mir einen flüchtigen entschuldigenden Blick zu und folgte dann ihrer besten Freundin nach draußen.

Die Jungs redeten bereits unbeirrt weiter und Mel legte mir eine Hand auf die Schulter. ,,Sei nicht eingeschnappt, das ist bestimmt nur wieder so ein langweiliger Politikstrip, der uns sowieso nichts angeht. Stattdessen können wir hier unsere unterrichtsfreie Zeit genießen und entspannen."
Entspannen.
Sicherlich. Ist ja nicht so, als müsste ich noch meine Recherchen über die Mon Calamari fertigstellen und abgeben. Ein sehr interessantes Volk, aber zu viele Hintergrundinformationen und unnötige Details für meinen Geschmack.

,,Meister Yoda weiß was er tut. Er ist älter als wir alle zusammen. Mach dir keine Gedanken." Doch genau die machte ich mir. Ich hatte Meister Yodas Weisheit noch keinesfalls infrage gestellt, aber jetzt würde ich nachfragen. Während Mel mit ihren Gedanken schon wieder ganz wo anders war, beschloss ich unseren Lehrer aufzusuchen und ihn auf die geplante Expedition anzusprechen.

Als sich die Quartierstür von alleine öffnete, erschrak ich mich ein wenig. Ich hatte nicht einmal geklopft und auch wenn Yoda meine Präsenz spüren konnte, war es ungewohnt, dass Quartierstüren sich von selbst öffneten.
,,Ein Anliegen du an mich hast?", fragte er freundlich. ,,Ja Meister." ,,Setz dich." Als ich gegenüber von ihm auf einem jener runden Sitzkissen Platz nahm, viel mir auf, wie viel größer sein Quartier war, als das der Jünglinge.

,,Um deinen inneren Konflikt es geht?" Überrascht schaute ich auf. ,,Ehm nein Meister. Das ist es nicht." Neugierig schaute er mich an. ,,Alle... Alle aus der Gruppe dürfen gemeinsam auf eine Expedition gehen. Nur... Melina und ich nicht. Alle freuen sich schon so sehr und sie und ich wir... wir dürfen nicht dabei sein." ,,Nicht gerecht du das findest hm? Unfair es ist, habe ich recht?" ,,Ja. Wir sind eine Gruppe, ein Clan. Es wäre nur gerecht, wenn wir alle mitkommen dürften. Außerdem verstehe ich den Grund nicht, warum bestimmte Jünglinge ausgewählt wurden und andere nicht. Ich... Was... was ist so lustig?", fragte ich irritiert. Der alte Jedi vor mir kicherte. ,,Was ich dir gesagt habe in der letzten Morgenstunde?" Verwirrt kramte ich in meinen Erinnerungen. ,,Meint ihr das mit der Geduld?" Ein weiteres Kichern seinerseits. ,,In Geduld üben du dich musst." ,,Meister, bei allem Respekt, aber ich verstehe nicht.", seufzte ich. Ich war relativ müde nach dem heutigen Tag und dementsprechend schlecht gelaunt. ,,Mitkommen du wirst auf unsere Expedition." Mein müder Kopf brauchte ein paar Sekunden um die Informationen zu verarbeiten. ,,Wirklich?" Er nickte. ,,Eine sehr wichtige und offenbarende Reise dies für euch werden wird. Freuen du dich kannst Jüngling." ,,Und Melina?" ,,Hm... Nur 6 Jünglinge auf diese Expedition gehen können. 6 werden ausgewählt, 6 werden gehen." ,,Aber... Ja Meister. Ich verstehe." Niedergeschlagen schnaufte ich. Es war sinnlos jetzt darüber zu disskutieren. Dafür war ich erstens viel zu erschöpft und außerdem schien es, so wie Meister Yoda es ausdrückte, bereits schon lange eine feststehende Sache zu sein. Ich freute mich auf diese Expedition mit zu dürfen, aber der Gedanke, dass Mel nun doch nicht mit durfte war ernüchternd, obwohl sie sich wahrscheinlich weniger daraus machte als ich. Sie würde es sicherlich verstehen und wie sie gesagt hatte, es würde doch sowieso wieder so eine Politikveranstaltung werden.

,,Dankeschön Meister." Wir verbeugten uns und ich verließ euphorischer als zuvor sein Quartier.

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