Diebstahl 🤵

Für die Schreibchallenge von WPTAKEOVERS 😊

THEMA: Diebstahl

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Und ich dachte, es wäre eine Herausforderung hier einzubrechen.

Nicht sonderlich interessiert sehe ich mich um. Sieht aus wie bei jedem anderen Superreichen, karg eingerichtet, kaum Persönliches zu sehen.

Ich muss nur ein markantes Plätzchen für mein Beweisbild finden, doch die farblosen Designermöbel sind äußerst nichtssagend und könnten auch in jeder anderen Villa stehen.

Daher pirsche ich unauffällig durch den Flur, auf der Suche nach etwas Auffälligem. Wenigstens irgendein hässliches, überteuertes Gemälde wird doch hier irgendwo hängen...

Am Ende des Ganges halte ich inne und lausche. Nur weil es hier ruhig ist, heißt das nicht, dass ich unvorsichtig werden sollte. Der Hausherr ist zwar ausgeflogen, doch der Wachdienst ist noch hier. Schon komisch, dass drinnen niemand ist, obwohl die Ausgänge des Gebäudes so gut bewacht werden.

Leise erklimme ich die Treppe, die nach links führt, da es dort irgendwie wärmer wirkt. Kommt mir vor, als wäre die Wandfarbe oben freundlicher als unten und am rechten Treppenaufgang. Das könnte bedeuten, dass es hier heimeliger wird und ich auf etwas Interessantes stoße.

Die letzten Stufen schleiche ich besonders leise hoch und versuche sogar lautlos zu atmen, eh ich um die Kurve biege - und mir vor Schreck das Herz stehen bleibt.

An die Wand gelehnt steht ein dunkel gekleideter junger Mann und das Schlimmste ist nicht einmal, dass er mich direkt ansieht und somit auf frischer Tat erwischt, sondern dass er unmittelbar vor mir steht.

Das ist so nah, so verdammt nah und so unerwartet, ich hab ihn überhaupt nicht bemerkt!

Hektisch greift er nach mir und hält mich fest, damit ich nicht, in Schockstarre nach hinten kippend, die Treppe hinunterpurzele und mir das Genick breche.

Augenblicklich schlage ich um mich, weshalb er mich an sich zieht und mir den Mund zuzuhalten versucht. In möglichst lautlosem Handgemenge gehen wir zu Boden und er pinnt mich schließlich unter sich fest.

Das ist nur der Schreck und sein plötzlicher Angriff, ansonsten hätte ich ihn sicher locker überwältigen können. Dass ich jetzt innehalte, bedeutet nicht, dass ich mich geschlagen gebe. Ich warte nur auf einen guten Moment, mich loszureißen und abzuhauen.

"Wer bist du und was machst du hier?", erkundigt er sich leise.

"Du zuerst", flüstere ich zurück.

"Ich wohne hier und du nicht."

"Ähm, nein. Naja, ich... sollte eigentlich nicht hier sein und jetzt lieber wieder gehen."

"Wie bist du hier reingekommen?"

Ich schlucke. Er ist so nah und seine dunklen Augen wirken zwar ernst, aber auch gutmütig und aufrichtig. Er sieht nicht so aus, als würde er gleich die Polizei rufen. Vielleicht lässt er mich einfach gehen, ich wollte ja eh nichts klauen.

Als ich den Mund aufmache, legt er seinen Zeigefinger auf die Lippen und sieht mich ernst an. Beide lauschen wir. Unten sind ganz leise Schritte zu hören. Scheiße. Ich muss schleunigst weg hier.

Er steht auf und das wäre jetzt die perfekte Gelegenheit abzuzischen, doch er hält mir seine Hand hin und hilft mir auf. Wortlos lasse ich mich von ihm in ein Zimmer ziehen.

Als die Schritte unten an der Treppe ankommen, schließt er leise die Tür. "Versteck dich unterm Bett", raunt er mir zu und ich tue einfach, was er sagt. Eilig schiebe ich mich an der Fensterseite unter das überdimensionierte Bett, während er sich seufzend auf die Matratze haut.

Mein Herz klopft laut. Es fühlt sich irgendwie intim an, so nah beieinander zu liegen, nur von der Matratze getrennt, aber seine Präsenz deutlich spürbar. Jetzt fühle ich mich nicht mehr wie ein leichtsinniger, gelangweilter Mittzwanziger, sondern wie ein geheimer Liebhaber aus einem historischen Roman.

Naja, meine Fantasie brennt mit mir durch, damals gab es sicher noch keine Lüftungsschächte, durch die man in einen Konferenzraum einbrechen könnte.

Der Kerl über mir bleibt reglos liegen, als die Tür aufgeht und eine Taschenlampe hineinleuchtet. Nun rast mein Herz vor Aufregung.

"Sind Sie wach, Mister Hyunuk?", fragt eine brummige Stimme, von der ich mir vorstelle, dass sie zu der kleinen, stämmigen Sicherheitskraft gehört.

"Ja, wieso?", antwortet dieser Mister Hyunuk über mir.

"Mir war, als wäre hier jemand herumgeschlichen."

"Das war ich", behauptet er. Keine Ahnung, warum er mich deckt, aber soll mir recht sein.

"Sie wissen-"

"Herrgott, ich werd ja wohl IM Haus rumlaufen dürfen", regt er sich auf.

Die Person an der Tür brummt und schließt sie von außen. Sogleich rutscht der Mister mitsamt der Bettdecke herunter, schiebt sie beiseite und sieht nach mir. "Du kannst rauskommen", sagt er leise.

"Du kannst auch mit drunterkommen und mir Gesellschaft leisten", habe ich Scherzkeks als Gegenvorschlag parat. Er überlegt kurz und eh ich die Chance habe mich zu rühren, kriecht er neben mich unters Bett.

Dunkel und eng hier. Auf dem Flur hatte man wenigstens noch das Nachtlicht sowie das spärliche Licht des baldigen Vollmonds, doch hier unten erkenne ich sein Gesicht nur schemenhaft. Seine Haare sehen aber immer noch wuschelig aus

"Also", raunt er.

"Ich klau hier nichts!", versichere ich ihm.

"So siehst du auch nicht aus."

Kurz herrscht erwartungsvolles Schweigen.

"Ich breche nur einfach so ein", sage ich schließlich und meine, Stirnrunzeln seinerseits wahrnehmen zu können. Sicher hält er mich für bescheuert. "Das ist sowas wie ein Wettbewerb mit meinem Kumpel, und wenn man nachweislich nichts klaut, kann auch die Polizei nicht viel machen." Zumindest zahlt mein Kumpel die Kaution, so wie ich für ihn, wenn er sich erwischen lässt. Nur wurde ich noch nie erwischt, nicht einmal bei seiner Oma.

Der Mister, dessen Name mir zwischenzeitlich entfallen ist, überlegt. "Das heißt also... wenn du hier unbemerkt rein konntest, kann ich auch unbemerkt raus."

"Äh...das heißt es wohl?"

"Komm mit." Eilig robbt er unter dem Bett hervor und kniet sich dann auf den Boden, um mich erwartungsvoll anzusehen. "Worauf wartest du?"

Auf die Bahn eher nicht, bin mit dem Auto da. Ich verlasse also ebenfalls das Versteck und rappele mich hoch. Gewohnheitsmäßig möchte ich mein Shirt abklopfen, aber es ist nicht ein Staubkörnchen auf mir. Gründliche Reinigungskräfte, muss man schon sagen.

Abwartend stehen wir voreinander. "Kann es losgehen?", fragt er und verwirrt mich.

"Wohin??"

"Raus. Bitte nimm mich mit."

"Äh?"

Wieder blinzeln wir uns nur an, dann geht er vor mir auf die Knie und nimmt meine Hand. Seine Finger fühlen sich sehr sanft an. "Meine Güte, ein Antrag!", murmele ich.

"Ich bitte dich inständig. Führ mich nach draußen."

"Aber-"

"Willst du Geld dafür? Oder irgendwas anderes?"

"Ich hab doch gesagt, ich klau nichts."

"Außer Geld oder Wertsachen kann ich nicht viel anbieten", meint er traurig. Das Risiko erwischt zu werden, erhöht sich zwar beträchtlich, wenn man nicht allein unterwegs ist, erst recht mit jemandem ohne Erfahrung, aber er wirkt ehrlich verzweifelt und ich hab nichts zu verlieren.

"Komm mit", sage ich schließlich und halte weiterhin seine Hand, als er aufsteht. An der Zimmertür lauschen wir. Ich bin neugierig, warum er weg möchte und nicht einfach rausgehen kann, aber jetzt ist nicht der richtige Moment für Smalltalk.

Da niemand zu hören ist, schleichen wir uns die Treppe herunter und durch den Flur. Hinter der Wohnküche gelangen wir schließlich zum Arbeitsbereich des Anwesens. Wie gewohnt mit dem Ellenbogen betätige ich die Klinke zum Konferenzzimmer - doch die Tür öffnet sich nicht.

Lautlos fluche ich.

"Können wir woanders hin?", flüstert der namenlose Mister hinter mir. Ich lege nur kurz meinen Finger auf die Lippen und ziehe dann einen Dietrich aus meiner Hosentasche, um das Schloss zu knacken.

Er schaut mich beeindruckt an, als ich ihn in den Raum schiebe. Ich werfe einen letzten prüfenden Blick zurück und schließe die Tür. Sogleich klettere ich auf den vordersten Tisch und schiebe die Deckenplatte neben der Lampe beiseite.

Da er mit mir unterm Bett war, nehme ich an, dass ihm beengte Schächte nichts ausmachen. Ich ziehe einen Stuhl auf den Tisch, steige darauf und strecke mich, um mich am Rand des Lochs festzuhalten und in die Zwischendecke hochzuziehen. "Schaffst du es hier hoch?"

"Klar."

"Komm erst rauf, wenn ich es dir sage. Ich bin nicht sicher, ob die Decke uns beide aushält."

"Ganz sicher."

"Bist du dir wirklich-"

"Ja, meinem Vater ist in der Grundschule eine Lampe vor die Füße gekracht, deswegen achtet er da sehr drauf. Die Zwischendecken sind aus Carbon, das hält mehrere Erwachsene aus."

"Na dann", meine ich schulterzuckend und er räumt den Stuhl auf, eh er auf den Tisch steigt. Gut so, ist weniger auffällig, wenn alles an seinem Platz steht.

Er streckt die Hände nach mir aus und ich ziehe ihn hoch. Oben angekommen bleibt er neben mir liegen, wobei seine Hand sich noch immer auf meinem Unterarm befindet.

"Dachte ich mir, dass du das schaffst", meint er lächelnd.

"Okay danke..." Ich fühle mich unterschwellig angeflirtet, aber das blende ich jetzt aus. Erstmal raus hier, außerdem ist er auch gar nicht mein Typ.

"Verrätst du mir deinen Namen?"

"Ist es nicht besser, möglichst wenig zu wissen? Ich kenne deinen auch nicht."

"Den hat doch-"

"Hab ich mir leider nicht gemerkt", muss ich zugeben.

Er schmunzelt. Ich greife um ihn herum und rücke die Deckenplatte zurück an die richtige Stelle.

"Hyunuk", flüstert er schließlich.

"Na gut. Inho."

"Freut mich. Und du brichst echt nur zum Spaß bei anderen ein?", fragt er und es klingt frei von Vorwürfen, nur nach ehrlicher Neugier.

"Ja, jeder braucht so seine Hobbys und ich mag es etwas extravagant." Das bringt ihn zum schmunzeln. "Und warum willst du raus hier?" Das nicht.

"Mein Vater will mich zwangsverheiraten, für sein Unternehmen, und hält mich deswegen hier fest."

"Ach du scheiße!", zische ich.

"Kannst du laut sagen. Hausarrest für Fortgeschrittene sozusagen."

"Na dann, schnell raus hier." Ich rolle mich herum und bewege mich auf die Wand mit dem Luftschacht zu. Die Decke ist gerade so hoch genug, dass man auf allen Vieren kriechen kann. Im Luftschacht ist es enger, dort müssen wir uns auf dem Bauch voranschieben.

"Wir fliehen echt durch den Luftschacht?" Hyunuk klingt ungläubig und amüsiert.

"Du solltest hier drin leise sein", flüstere ich möglichst lautlos.

"Ich dachte, das gibt's nur Filmen", murmelt er. Nein, es sind tatsächlich schon Leute über Luftschächte eingebrochen, hab letztens erst von Studenten gehört, die wegen Prüfungsaufgaben ins Büro ihres Professors wollten.

Nach einigen Metern biegen wir ab und zwängen uns nacheinander um die Ecke. Nach der nächsten Kurve wird der Schacht zum Glück größer. Hinter mir höre ich Hyunuk angestrengt atmen.

"Wir werden noch eine Weile brauchen", raune ich ihm leise zu. Er brummt zustimmend.

Nach etwa einer halben Stunde im Stockfinsteren haben wir es geschafft - nur noch eine Kurve, dann kriechen wir die letzen Meter auf den Ausgang zu. Ich sehe schon den winzigen nächtlichen Lichtschein um die Ecke.

"Ich muss schon sagen, die Aussicht wird langsam besser", höre ich von Hyunuk.

"Ja, wir sind gleich da!" Endspurt. Eilig bewege ich mich auf das Gitter zu, da überkommt mich urplötzlich ein mulmiges Gefühl. Ich halte an und Hyunuk kracht hinter mir mit dem Gesicht in meinen Hintern. Er sagt aber nichts. Ich lausche.

"Rückzug", flüstere ich, da ich glaube, draußen Leute zu hören. Weil Hyunuk sich nicht in Bewegung setzt, schiebe ich ihm meinen Arsch entgegen, bis er endlich zurückweicht. Er kriecht viel zu langsam um die Ecke, also drücke ich ihn gegen die Wand und rutsche neben ihn in den Schacht - gerade rechtzeitig bevor sich draußen Schritte nähern. Mein Herz hämmert aufgeregt gegen Hyunuks Brustkorb.

Ich liege direkt auf ihm, was ganz schön nah ist. Bereits zum x-ten Mal heute. In seiner Hose spüre ich eine Regung, die ich nicht erwartet hätte... und nun fällt mir auf, mit Aussicht meinte er nicht etwa meinen-

"Du bist nicht zufällig auch schwu-", fragt er und ich drücke ihm meine Lippen auf, damit er die Klappe hält. Naja, meine Antwort hat er damit auch.

Über unseren Köpfen nehme ich einen plötzlichen, hellen Lichtschein wahr, gefolgt von einer halb genervten, halb amüsierten Stimme: "Du schaust zu viele Agentenfilme. Niemand würde auf die dämliche Idee kommen, durch den Luftschacht zu kriechen!"

Hyunuk unterdessen schiebt eine Hand entlang meines Körpers nach oben und ich würde mich jetzt leicht belästigt fühlen, wenn ich nicht derjenige gewesen wäre, der den Kuss angefangen hat. Seine Lippen sind schön weich. Und er riecht gut!

"Aber-", versucht eine zweite Person zu widersprechen, vermutlich die mit der Lampe.

"Nee! Komm jetzt, die Ablösung kommt gleich, ich will Feierabend machen!"

"Eichhörnchen könnten da auch-"

"Dafür ist das Gitter da." Die Schritte entfernen sich und ich will mich von Hyunuk lösen, doch er greift in meinen Nacken und fängt einen weiteren Kuss an. Vielleicht ist er doch irgendwie mein Typ.

"Wir bleiben noch hier, oder?", haucht er gegen meine Lippen.

"Ja, aber hör auf." Egal, wie süß er ist - geht mir bisschen zu schnell.

"Sorry." Er wirkt geknickt, also kriegt er ein Bussi auf die Nasenspitze.

"Du stehst also auf Männer."

"Was denkst du, warum ich keine Frau heiraten möchte?"

"Keine Ahnung, weil sie ein Biest ist?", rate ich.

"Nein, sie ist eigentlich echt lieb."

"Achso."

Kurz herrscht Schweigen, dann schiebe ich mich über ihn, damit wir endlich hier raus können, da die Luft rein sein sollte. Dabei bewege ich mich mit meinem Schritt genau über sein Gesicht, was mir unangenehmerweise sehr deutlich bewusst ist. Naja, was soll's, unser Intimitätslevel übersteigt ja bereits so einiges, obwohl wir uns im Prinzip gar nicht kennen.

Ich helfe ihm aus dem Schacht, dann liegt nur noch der hohe Zaun vor uns, der uns vom Wald hinter dem Grundstück trennt. Hyunuk gibt mir Feuerleiter und stemmt mich auf den Steinsockel hoch, dann reiche ich ihm meine Hand und ziehe ihn rauf, eh ich runterspringe.

Kaum berühren seine Füße den Boden neben mir, fragt er nach meiner Nummer.

"Ist da wer?", ruft auf der anderen Seite des Zaunes eine der Stimmen von vorhin.

"Scheiße, lauf!", schreiflüstere ich und rase in den Wald. Hyunuk düst mir hinterher. Wir stolpern mehrmals beinah übereinander und enden schließlich lachend auf dem weichen Boden einer Lichtung.

"Wir sind frei!", jappst er und reicht mir glücklich seine Hand, die ich lächelnd annehme.

"Komm mit. Ich parke ein Stück von hier entfernt."

"Also, ähm..."

"Wie wär's mit 'nem Date?", schlage ich vor. "Nach der ganzen Aufregung hab ich Hunger."

"Klingt toll!", findet er und grinst mich breit an. Doch, er gefällt mir durchaus!

"Wo willst du dann eigentlich hin?"

Hyunuk zuckt die Schultern. "Darüber hab ich mir keine Gedanken gemacht."

"Du bist mir ja einer!", lache ich.

"Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich wirklich rauskomme!"

"Ja, stimmt auch wieder. Lass uns zu meinem Kumpel fahren. Ich hab eh vergessen, ein Bild für ihn zu machen", fällt mir siedend heiß ein. "Aber etwas mitgehen zu lassen, ist Beweis genug."

"Beweis für was? Und meintest du nicht, du stiehlst nicht?"

"Dass ich wirklich dort war. Stell dir vor, Hyunuk. Du bist mein erster Diebstahl."

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