Das würde er niemals tun 💀
Mit einem verschmitzten Grinsen, begleitet von einem Zwinkern, verabschiedet Inho sich von dem hübschen Stylisten, der als Einziger noch hier ist. Alle anderen sind schon in ihrem wohlverdienten Feierabend. "Bis morgen dann. Mach nicht mehr so lange."
"Ja, bis morgen", entgegnet er lächelnd. "Und keine Sorge. Ich muss nur auf meinen Bus warten." Es ist spät, da fahren nicht mehr so häufig welche.
"Okay", meint Inho und winkt ihm zu. Die anderen hinter ihm rollen die Augen.
"Habt ihr es dann? Der Fahrer wartet", fragt Yeontae.
"Ja, Hyung! Bis morgen", flötet er ein letztes Mal, dann kann er sich endlich vom Fleck lösen und mit den anderen auf den Heimweg machen. Inho flirtet gern und viel, und offenbar haben er und der Stylist ein Auge aufeinander geworfen. Ist ja ganz süß, aber alle sind müde und wollen dringend nach Hause. Isaac und Hyunuk sind schon weg um Pizza und Bier zu besorgen.
"Morgen seht ihr euch ja wieder", sagt Jiahn grinsend und tätschelt Inhos Rücken. Der Jüngere grinst vor sich hin.
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Ein markerschütternder Schrei dringt durch den Backstagebereich.
Der Leader stürzt sofort durch den Flur, um zur Quelle des Geräuschs zu gelangen. "Isaac!", ruft er besorgt. "Was ist los?"
Der Malaysier steht zitternd im Türrahmen zu einem der Stylingräume. "Isaac?", fragt Pyo sanft. Die Antwort ist unverständliches Stammeln. Pyo wirft einen Blick in den Raum. Er entdeckt nichts Schlimmes, bis seine Augen eine Kleiderstange erreichen. Davor liegt eine Gestalt. Reglos.
"Er ist tot", flüstert Isaac. Seine Augen sind weit aufgerissen und sein Gesicht ist wie versteinert. Er steht unter Schock. Die anderen, die hinter Pyo angekommen sind, stehen hilflos herum, weil keiner weiß, was jetzt zu tun ist. "Polizei...", murmelt er. "Inho, gib mir dein Handy, ich hab meins nicht einstecken."
Wortlos reicht Inho es dem Leader und schaut an ihm vorbei in den Raum. "Nein", haucht er entsetzt, als er erkennt, wer da liegt.
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"Er hatte einen Gürtel um den Hals. Die Spurensicherung untersucht ihn auf Fingerabdrücke, aber aktuell sieht es nach Selbstmord oder einem Unfall aus."
"Das kann gar nicht sein", schluchzt Inho. Da er den meisten Kontakt mit dem Toten hatte, ist er der Erste, der vom Komissar befragt wird. Er und drei der anderen IN2IT-Member sind die Menschen, die ihn kurz vor seinem Tod zuletzt gesehen haben. Laut Vermutung der Polizei liegt er seit gestern Abend in dem Raum.
"Es gibt immer wieder Häufungen von Erstickungsfällen, wenn sogenannte Choking Games im Internet verbreitet werden. Dabei stranguliert man sich selbst, um durch die drohende Bewusstlosigkeit einen Kick zu bekommen, was im Großteil der Fälle mit Tod oder geistiger Behinderung endet", erklärt der Komissar.
"Wie dumm ist das denn??", entfährt es Inho.
"Es ist durchaus dumm. Meist sind Jüngere für solche 'Spiele' anfälliger, keine Leute über zwanzig. Dennoch, ist ihnen in letzter Zeit irgendetwas am Opfer aufgefallen? Striemen oder blaue Flecken am Hals?"
"Nein... nein, gar nicht. Naja, er hat gern Rollkragenpullover getragen, aber nicht immer." Inho schluckt. Rollkragen klingt durchaus danach, dass der Stylist irgendetwas am Hals versteckt haben könnte.
"Gut. Wir prüfen das. Wir müssen in alle Richtungen ermitteln. Hatte er irgendwen, der ihn nicht leiden konnte? Oder ein Motiv, sich so etwas anzutun?"
"Nein. Ich denke nicht. Ich weiß nicht. Er war immer so fröhlich, und wir sind beide schwul, oh Gott, bitte sagen der Presse nichts!"
"Das werden wir nicht erwähnen. Wussten seine Eltern oder sein Umfeld davon?"
"Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts. Ich hab ihn nur einmal geküsst, gestern Nachmittag, aber wir waren gerade erst dabei uns kennenzulernen. Über seine Eltern weiß ich nichts."
"In Ordnung. Das war es erstmal. Setzen Sie sich und trinken Sie einen Tee." Ein mögliches Motiv wäre die Angst vor einem Outing oder versteckte psychische Probleme, aber für genauere Informationen muss der Komissar abwarten, was das Gespräch mit den Eltern ergibt.
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"Sicher, dass du heut auftreten kannst?", fragt der Stylist besorgt.
"Ja!", sagt Inho vehement. Der Stylist seufzt.
"Ich kann dich nicht schminken, wenn du ständig weinst."
"Es tut mir-"
"Schon gut, zu weinen ist okay. Wir machen dir zuerst die Haare, okay?"
"Okay..."
Es war Yeontaes Gürtel, den das Opfer um den Hals hatte. Doch der hat ein Alibi für die Tatzeit und außerdem kein Motiv. Die Untersuchung des Tatgegenstands hat ergeben, dass außer Yeontae niemand anderes als das Opfer den Gürtel angefasst hat, und seine Eltern hatten keine Ahnung von seiner Sexualität. Fall geklärt und als tragischer Selbstmord zu den Akten gelegt.
Isaac, der den Toten gefunden hatte und nachher unter Schock stand, geht es inzwischen besser, doch Inho nimmt die Sache immer noch mit. Alle kümmern sich gut um ihn, halten seine Hand oder tätscheln ihm die Schulter, wenn er weint. Der Stylist tätschelt ihn vielleicht etwas zu oft.
Auch beim Frisieren berührt er auffällig oft Inhos Hals oder streichelt ihm über die Haare. Inho stört es nicht sehr doll.
Die anderen umso mehr. Keiner will, dass jemand ihren gutmütigen Freund ausnutzt. Yeontae ist schließlich derjenige, der den Kerl in einem ruhigen Moment anspricht: "Findest du es nicht unangemessen, dich an jemanden ranzumachen, der um einen anderen trauert? Es ist gerade mal zwei Wochen her."
"Ich spende ihm ja nur ein bisschen Trost. Ihm gefällt das doch, also was ist dein Problem?", erwidert der Stylist.
Yeontae verzieht die Lippen und schnaubt dann missbilligend, bevor er den Raum verlässt. "Ich behalte dich im Auge. Wehe, du tust ihm weh!"
"Werd ich schon nicht, reg dich ab!"
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"Danke. Für alles", flüstert Inho in sein Ohr. Lächelnd streicht der Stylist ihm über den Rücken.
"Schon gut. Es hat uns alle geschockt. Sehr furchtbare Sache."
Inho nickt und löst sich ein Stück von ihm, um ihm in die Augen zu sehen. "Du magst mich, oder?"
"Ja. Sehr", erwidert er. Sein Blick ist ernst. Wieder nickt Inho.
"Ich hab ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber." Fünf Wochen ist es her, und fünf Wochen lang umgarnt ihn der andere Stylist schon. Angeblich will er ihn nur trösten, doch insgeheim ist Inho klar, dass er nur auf das eine aus ist. Bevor er etwas erwidern kann, löst Inho sich von ihm und fügt noch hinzu: "Ich kann das nicht. Tut mir leid. Aber trotzdem danke, dass du für mich da warst."
"Ich kann warten, Inho. Und ich werde nicht aufgeben", ruft der Stylist ihm hinterher.
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Hyunuk hockt in der Ecke neben der Tür und wippt manisch vor und zurück.
"Ähm? Hyunuk, alles okay?", fragt Inho verwirrt, als er den Raum betritt. Hyunuk reagiert nicht. Er starrt geradeaus auf den Boden. Stirnrunzelnd macht der Ältere die Tür weiter auf und wirft einen Blick durch den Raum. Dann schreit er laut.
Pyo kommt sie beide retten und ruft wieder die Polizei, während Yeontae den schluchzenden Inho in den Arm nimmt und Jiahn den apathischen Hyunuk aus dem Raum trägt. Er bleibt noch eine ganze Weile nicht ansprechbar, doch die Polizei muss ihn dringend befragen.
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Statt zu antworten starrt Hyunuk vor sich hin. Der Komissar seufzt. Er hat nicht den ganzen Tag Zeit und will schon aufspringen und sich dem nächsten Zeugen widmen, da macht Hyunuk endlich den Mund auf.
"Ich hab ihn gesehen. Ich hab die Tür geöffnet, und dann lag er da. Ich dachte erst, der pennt nur, aber er hat sich nicht bewegt, als ich ihn angefasst hab. Er hatte den Gürtel um den Hals, den ich gestern anhatte, ich weiß genau, dass es meiner war. Und dann hatte ich Angst... was, wenn jemand denkt, dass ich das war?? Irgendwann kam glaub jemand rein, und dann lag ich woanders mit Jiahn auf einer Couch und hab ein bisschen geweint, bis die Polizei da war."
"In Ordnung. Sie können gehen. Machen Sie sich keine Sorgen, wir finden schon raus, was passiert ist."
Inho ist der nächste. Der Kommissar erzählt ihm von dem Gürtel, den der Tote um den Hals hatte, und vom Zettel in dessen Jackentasche: "Ich liebe ihn. Ich kann nicht mehr, ich muss ihm folgen", stand darauf.
Inho kann es kaum glauben. Er hatte schon das Gefühl, dass er dem Typen egal ist und er ihn nur besitzen wollte. Jedoch, wenn er sich hätte rächen wollen, hätte er doch Inho umgebracht und nicht sich selbst. Keine Sekunde lang hätte Inho gedacht, dass die beiden Stylisten sich nahegstanden hätten und weiß nicht, was er von der Sache halten soll, und teilt dies dem Kommissar mit. "Aber es war schon komisch, dass er mir direkt nach dem Tod seines Kollegen auf die Pelle gerückt ist." Vielleicht war es unerwiderte Liebe, und durch Inho, der etwas mit ihm hatte, wollte er ihm näherkommen? Anders kann Inho sich den zweiten Todesfall wirklich nicht erklären.
"Hm, ja. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, melden Sie sich bitte."
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Die Todesursache ist dieselbe: Ersticken durch Strangulation, und wieder wurden am Gürtel nur die Spuren des Besitzers und des Opfers gefunden. Dazu noch der Zettel in der Jackentasche, der eindeutig vom Opfer stammt.
Fall geklärt.
Doch irgendwas ist komisch an der Sache. Der Komissar kann nicht genau sagen, was, und er hat keine Beweise, durch die er die Genehmigung bekommen könnte, den Fall weiter zu untersuchen.
Es gibt in seinem Revier Dringenderes zu tun.
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"Es tut mir sehr leid."
"Mir erst. Dass du das sehen musstest."
In bedrücktem Schweigen sitzen Inho und Hyunuk in der Garderobe. Beide fühlen sich elend. Spontan steht Hyunuk auf und tritt an Inho heran, um ihn zu umarmen.
"Schon gut, Hyung. Ist doch nicht deine Schuld."
"Aber schon komisch, dass zwei Kerle, mit denen ich was zu tun hatte, innerhalb weniger Wochen sterben."
"Zufall?" Hyunuk zuckt die Schultern. "Die Kerle hatten halt was miteinander zu tun. Ich finde, ihr Tod war ihre eigene Schuld, mach dir keine Vorwürfe."
"Ja... ich versuch's. Danke, Hyunuk."
Ermutigend lächelt Hyunuk ihn an, dann umarmt er ihn nochmals. "Das wird schon."
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"Wie geht's dir?", erkundigt sich Yeontae bei Inho und legt dem Jüngeren die Arme um den Hals.
"Ganz okay", erwidert er und schmiegt sich an ihn. "Fragst du Hyunuk auch? Den belastet die Sache auch sehr."
"Ja, natürlich. Nuknuk hab ich heut schon gefragt, aber dich noch nicht. Ich frage jeden meiner Schätze jeden Tag. Ihm geht es den Umständen entsprechend okay. Du weißt ja, er ist ein guter Schauspieler, aber wenigstens sagt er ehrlich, wenn es ihm nicht gut geht."
"Mhm. Isaac hat das gut weggesteckt, aber Hyunuk ist ganz schön anhänglich geworden."
"Bei dir vielleicht", merkt Yeontae an. "Und bei Isaac ein bisschen."
"Ja... ihr wisst doch alle, dass ich gern schmuse, also wenn er mich braucht, mache ich das sehr gerne mit!"
"Ja, schön!" Mit einem warmen Lächeln löst Yeontae sich von ihm. Dann kommt Hyunuk auf sie zu und umarmt erst Yeontae, dann Inho.
"Männer", sagt er feierlich und legt beiden eine Hand auf die Schulter, "ich hab euch lieb!"
"Awwww, wir dich auch!", erwidern beide zugleich. Er nickt und lässt sie los. Während Yeontae sich um andere Dinge kümmern geht, flüstert Hyunuk Inho direkt ins Ohr: "Dich hab ich besonders lieb."
Bevor Inho antworten kann, verschwindet auch Hyunuk und lässt Inho mit leichter Verwirrung und Gänsehaut zurück. "Seit wann ist Hyunuk denn so süß??", murmelt er vor sich hin.
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"Ähm, Hyung?", fragt Hyunuk vorsichtig. "Kann ich mal mit dir reden? Allein?"
"Klar", erwidert Inho lächelnd und bittet ihn in sein Zimmer. Erwartungsvoll schaut er ihn an. Er würde Hyunuk auch einen Platz auf dem Bett anbieten, doch dieser nimmt seine Hand und sieht ihn ernst an.
"Nun. Also." Hyunuk räuspert sich. "Dieser neue Stylist heute..."
"Jaaa?"
"Magst du ihn?"
Inho druckst herum. Er hat ein klein wenig mit ihm geflirtet, aber auf mehr ist Inho nicht aus. "Naja, ähm, also, er ist schon attraktiv, objektiv gesehen. Aber ich kenne ihn nicht wirklich. Aber ich hab ihn schon gefragt, er hat nichts mit den beiden zu tun, er hat zwar von den Fällen gehört, aber er kannte die Kerle nicht!"
"Gut. Gut. Ähm."
Sanft streicht er über Hyunuks Arm. "Machst du dir deswegen Sorgen?" Wie süß.
"Ähm. Bisschen. Aber ich wollte dich auch noch was anderes fragen."
"Ja, was?"
"Ich weiß ja, du flirtest gern... magst du statt mit ihm vielleicht etwas mehr mit mir flirten?" Mit vorgeschobenen Lippen und Bambiaugen sieht er seinen Hyung an. "Also doch!", denkt sich dieser. Es kam ihm durchaus so vor, als würde Hyunuk ihn in letzter Zeit anhimmeln, doch ganz sicher war er sich nicht. Er findet es toll, aber es offen anzusprechen hätte Inho sich nicht getraut.
"Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee wäre, so als Kollegen", merkt er an, schmilzt jedoch bei diesen warmen, bittenden Augen dahin.
"Ich finde die Idee toll", sagt Hyunuk leise. "Ich kann es nämlich nicht leiden, wenn du mit anderen flirtest, ich hab mich nur nie getraut, dir das zu sagen. Aber..."
"Aber?"
"In letzter Zeit guckst du mich immer so süß an. Wie soll ich mich da zurückhalten?"
"Am besten gar nicht", antwortet Inho ohne nachzudenken und spürt keine Sekunde später Hyunuks Lippen auf seinen eigenen.
"Du bist schon echt süß... ich mag dich sehr, Hyunuk."
"Wie schön! Ich dich auch!" Hyunuk wirft ihm ein glückliches Lächeln zu, das er erwidert, anschließend folgt ein weiteres zärtliches Küsschen.
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"Ein kleines bisschen Flirten ist okay, aber mehr nicht", erklärt Inho dem Stylisten und zwinkert ihm zu. "Ich bin nicht zu haben."
"Hmm, schade", macht dieser, "aber du siehst echt gut aus."
"Hihi, danke."
Dabei belassen sie es. Sie tauschen nur noch gelegentliche freundliche Blicke aus, das war's. Hyunuk schaut er umso öfter an, oder berührt im Vorbeigehen zärtlich seine Hand. Ihn freut das. Er ist sehr zufrieden.
Endlich gehört Inho ihm.
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Was denkt ihr, was mit den Stylisten passiert ist?
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Rückblende
Der 1. Stylist
Während die anderen sich fertig anziehen und von dem Stylisten verabschieden, der Inho in letzter Zeit anschmachtet, machen Isaac und Hyunuk sich schon auf den Weg. Isaac geht die vorbestellten Pizzen abholen und Hyunuk schaut fix im Supermarkt vorbei, um Bier zu kaufen.
Eigentlich sollten sie zusammen gehen, aber Hyunuk meinte, getrennt wären sie schneller, und er hat schon recht damit. Es ist schon spät, draußen ist es dunkel und alle haben Hunger.
Kaum ist Isaac um die Ecke verschwunden, kehrt Hyunuk zurück ins Gebäude. Er schleicht in den Abstellraum und wartet, bis die anderen weg sind. Dann zieht er sich Einmalhandschuhe an und schnappt sich einen Gürtel von der Kleiderstange.
Außer ihm ist nur noch der Stylist, der immer als letztes geht, hier. Er fährt Bus. Allein.
Niemand wird ihn vermissen.
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Was denkt ihr jetzt?
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