~9~

„Avery, wach auf, wir sind da!" hörte ich eine ruhige und weiche Stimme an mein Ohr dringen. „Ich weiß ja das mein Baby wirklich gemütlich ist, aber wir sind da!" rief eine weitere Stimme und lachte dreckig. Grummelnd wachte ich auf, ich war immer noch müde aber ich müsste wohl mit dem wenigen Schlaf auskommen. „Ich komm ja schon..." murmelte ich und kroch aus dem Impala. Die Umgebung hatte sich drastisch verändert, wenn man in die Ferne sah, sah man nichts als Wald und es roch, als wäre ein See in der Nähe. Offensichtlich waren wir wirklich in Green Lake angekommen, die kleine Stadt war ganz anders als die Städte in denen wir bis jetzt gewesen waren. Alles hier war frischer, natürlicher und die Luft machte mich sofort wach. Wir hatten auf dem Parkplatz eines Hotels geparkt und Dean warf mir gleich meine Tasche zu, als ich ausgestiegen war. Zu dritt gingen wir dann zur Rezeption. „Eigentlich sollten wir Avery danken, jetzt werden wir nicht mehr so oft für schwul gehalten..." sagte Dean leise zu Sam bevor er eincheckte. Ich musste ein Lachen unterdrücken und Sam warf mir einen gemeinen Blick zu, doch ich merkte, dass er schmunzeln musste. Wir bekamen ein Dreibettzimmer und als wir aufschlossen und ich sah, dass es wirklich drei einzelne Betten waren, warf ich die Arme in die Luft und lies mich auf die weiche Matratze fallen. „Endlich hab ich mal ein eigenes Bett!" sagte ich lachend. „Habe ich dir letztens etwa zu viel Platz weggenommen?" fragte Dean belustigt und biss sich auf die Unterlippe. Sofort flog ein Kissen durch die Luft und traf ihn am Kopf. „Hey!" rief er und ich bekam auch ein Kissen ab. „Wie alt seid ihr? Fünf?" fragte Sam und stemmte die Hände in die Hüften. In dem Augenblick trafen ihn zwei Kissen. Als er die Augen wieder aufmachte, die er zum Schutz vor den Kissen geschlossen hatte, musste er grinsen. Doch er hatte Recht, wir hatten wirklich keine Zeit für so was. Während Sam sofort seinen Laptop anschloss, ging ich ans Fenster. „Kommt mal her..." sagte ich, als ich so aus dem rechteckigen, ziemlich langen Fenster sah, dessen Seiten von roten Samtvorhängen gesäumt wurden. Dean und Sam kamen neben mich ans Fenster. „Seht ihr das Lokal gegenüber?" fragte ich. Auf der anderen Straßenseite hatte ein Lokal geschlossen, und das am Nachmittag. „Habt ihr ein Fernglas?" fragte ich die beiden und sofort reichten sie mir eins. „Das hatte ich vermutet." sagte ich leise und gab Sam das Fernglas. „Das ist das Lokal auf den Bildern, die Crowley uns überlassen hat." sagte ich zu ihnen und Sam nickte. „Die Einrichtung passt zusammen...und der Laden sieht ziemlich ramponiert aus." „Genau. Also hat Crowley schon mal nicht gelogen, die Hydra ist in der Stadt." sagte ich, ich zweifelte nicht an Crowley, aber Dean und Sam schon. Ich wusste selbst nicht warum, aber als Crowley mir erzählt hatte, warum ich bei Dean und Sam mitfahren soll, hatte ich ihm geglaubt. Ich hatte ihm seine ganze Geschichte geglaubt, auch das ich seine Tochter war. Durch all seine Ironie und seinen Sarkasmus hatte ich gemerkt, das das was er sagte wahr war. Aber ich verstand, dass wenn man so viel durchgemacht hatte wie Sam und Dean nicht jedem traute und vor allem nicht Crowley, mit dem die beiden wohl schon öfter zu tun hatten.

„Wir sollten mal ein wenig in der Stadt herumfragen, wer diese Frau gesehen hat." sagte Dean und kramte das Foto heraus. „Ja, stimmt. Ich bleibe aber hier, wenn es geht. Ich würde gerne wissen mit wem wir es eigentlich zu tun haben. Im Internet finde ich bestimmt etwas zur Hydra, die ganzen Legenden und so." sagte Sam und setzte sich sofort an den kleinen Steintisch, der mitten im Raum stand. „Sicher, aber du weißt das es nicht um die Schlange geht, oder Sammy?" zog Dean seinen kleinen Bruder auf. „Nein, das ist mir neu!" sagte Sam ironisch und verdrehte etwas die Augen, dann machen wir uns fertig um durch die Stadt zu gehen.

Deans Anzug saß mal wieder perfekt, während ich mich in diesem Blazer einfach nicht wohl fühlte. Meine Füße stecken in hohen, wirklich hübschen Schuhen, die mir eine gewisse Professionalität verliehen, aber in denen man bestimmt nicht weit laufen konnte. Zum Glück war Green Lake ein kleiner Ort und Dean und ich beschlossen uns aufzuteilen. Wir wollten nur in den großen Läden, Hotels und Bars nach der Hydra fragen. „Ich weiß nur nicht ob die Leute mir sagen was sie wissen..." gestand ich Dean meine Zweifel, nachdem wir das Foto kopiert hatten. Dean sah mich fragend an. „Ich gewöhne mich einfach nicht an das Kostüm, ich kann in den Schuhen kaum laufen und meine Frisur regt mich auf. Ich sehe in so etwas einfach nicht gut aus und vor allem habe ich keinen Dienstausweis oder so etwas, falls jemand fragt." sprudelte es aus mir heraus wie ein Wasserfall. Ich mochte dieses ganze professionelle Zeug nicht, ich fühlte mich wie eine Stripperin die versuchte eine Sekretärin darzustellen und meine Frisur, ein hoher Dutt, hielt auch mehr schlecht als recht. Dean sah mich an und lächelte leicht. „Du siehst gut aus." sagte er einfach nur und nickte ehrlich. „Und für den Fall, dass sie dein Aussehen nicht überzeugt..." sagte er und holte aus der Innentasche seines Jacketts einen FBI-Ausweis. „Willkommen im Team Avery Portman!" sagte Dean und ich konnte nicht anders als zu grinsen. „Wo habt ihr das Foto her?" fragte ich lachend, als ich das Bild sah. Es war das Bild, das ich erst letztens für meinen Reisepass hatte machen lassen, da May immer meinte man brauchte so etwas, falls man mal spontan auf Reisen ging. Sie hatte damit Europa gemeint, aber irgendwie hatte sie Recht gehabt. Ich brauchte dieses Bild bei meiner spontanen Reise, und zwar um FBI-Ausweise zu fälschen. Oder mir fälschen lassen. Ich umarmte Dean kurz als Dank, womit er nicht gerechnet hatte, doch er hatte sich schnell wieder gefangen und zwinkerte mir noch zu, bevor er sich umdrehte und in den nächst besten Laden ging. Auch ich ging in eine Laden und zeigte das Bild herum. Als ich Abends wieder bei Dean und Sam im Hotel ankam, hatten wir beide etwa das gleiche herausgefunden. „Die Hydra war hier, auf jeden Fall. Aber sie hat nur ganz normale Sachen gemacht und wohnt in keinem Hotel." erzählte ich, als ich wieder normal angezogen war. In Jeans, Shirt, Lederjacke und Cowboy Stiefeln fühlte ich mich einfach viel wohler. „Das einzige was darauf hindeutet, dass die Hydra gewalttätig ist, ist der verwüstete Laden. Aber mehr auch nicht, es liegen keine Leichen darin und die ganze Stadt hat sie nur beim shoppen gesehen." sagte Dean und verschränkte die Arme. „Im Internet habe ich nicht viel gefunden, ihre Sage gibt nicht viel her. In der Hölle hat sich die Hydra ja laut Crowley...weiterentwickelt." sagte Sam und klappte seinen Laptop zu, dann holte er aus dem Mini-Kühlschrank des Hotelzimmers drei Flaschen Bier. Er öffnete die drei und reichte eine davon seinem Bruder, eine mir. Ich trank einen großzügigen Schluck. „Woher wissen wir eigentlich das wir Crowley vertrauen können?" fragte Dean. „Bis jetzt hängt alles was wir wissen an Crowley." sagte er. „Crowley würde uns doch wohl kaum anlügen, es ist eher seltsam das er uns um Hilfe gebeten hat." wandte Sam ein. „Das macht es noch seltsamer." begann Dean wieder zu zweifeln. „Laut dem Video der Überwachungskamera ist die Hydra aber ziemlich gefährlich und wer weiß wie viele Menschen sie noch umbringt..." sagte ich. „Woher willst du wissen das sie Menschen umgebracht hat?" fragte Dean und trank sein Bier aus. „Wir sollten uns vielleicht noch mal das Lokal ansehen..." sagte Sam um einen aufkommenden Streit zwischen Dean und mir zu verhindern. Damit waren wir beide einverstanden. „Nachts." sagte Sam noch dazu, als Dean schon aufgestanden war und ich ebenfalls bemüht war, von meinem Bett aufzustehen, auf das ich mich gesetzt hatte. Ich sah kurz durch das Fenster und merkte, dass es wirklich gerade erst früher Abend war. Ich hatte durch meine seltsamen Schlafgewohnheiten in letzter Zeit komplett das Zeitgefühl verloren und wenn ich nicht auf eine Uhr oder den Himmel achtete, wusste ich kaum wie spät es war. Aber zum Glück schien es den anderen auch so zu gehen, denn Dean sah ziemlich überrascht aus, als er aus dem Fenster sah und bemerkte, dass es zwar dämmerte, aber der Himmel noch relativ hell war. Er seufzte und nahm sich noch ein Bier. Ich entdeckte das unser Hotelzimmer einen Balkon hatte und ging hinaus. Er war klein, gerade mal so das ein Mensch darauf Platz hatte und er war ziemlich dicht über dem Boden, da wir gerade mal im ersten Stock waren. Aber ich fühlte mich besser als die frische Luft mir entgegenschlug und ich für mich allein war. Nicht das ich die Gesellschaft von Dean und Sam nicht genoss, ich mochte beide wirklich sehr und ich war froh das Crowley mich nicht alleine auf die Suche nach der Hydra geschickt hatte. Aber ich brauchte hin und wieder auch einfach mal Zeit für mich alleine, Zeit um nachzudenken. Wir waren hier immer in einem Auto, in einem Raum oder am Arbeiten. Und sogar bei der Suche nach der Hydra war ich heute immer von Menschen umzingelt gewesen, da brauchte man einfach mal etwas Raum für sich. Während ich hoffte, dass der leicht brüchige Balkon nicht unter mir zusammenkrachte, zündete ich mir eine Zigarette an und sah auf die Straße hinab. Hier in Green Lake war wirklich wenig los, im Vergleich zu anderen Städten war das hier kein guter Ort um sich zu verstecken. Pontiac war groß gewesen, als übernatürliches Wesen war es eigentlich einfacher in der Masse unter zu gehen, es sei denn man war eines der Wilden. Werwölfe zum Beispiel traf man eher in vereinsamten Gegenden an, so wie bei May und mir in der Gegend. Aber als Hydra wäre es eigentlich besser in einer Stadt zu bleiben. Ich dachte nicht mehr an sie sondern schweifte mit meinen Gedanken ins Nichts. In den letzten Tagen war mein Leben so viel aufregender und schnelllebiger geworden als ich es mir jemals gedacht hätte, da genoss ich den ersten richtigen Moment Ruhe den ich fand. Nichts tun, einfach mal nichts tun und die Gedanken schweifen lassen... Wie oft Sam und Dean wohl dazu kamen? Ich schätzte mal gar nicht. Es war eigentlich eine Ehre mit so jemandem zu reisen, die beiden hatten eine lange Vergangenheit und ich wusste nur so wenig über sie. Als ich jetzt daran dachte, fiel mir auf wie wenig ich eigentlich über sie wusste. Ich trat den Rest meiner Zigarette auf dem Boden des Balkons aus und wollte gerade meinen inneren Monolog beenden, als mich etwas unterbrach. Ich sah jemanden die Straße hinunter gehen. „Sam? Dean?" sagte ich nicht all zu laut und ging nach drinnen. Ich zeigte durch das Fenster auf eine Frau, die gerade auf dem Bürgersteig entlang ging. „Das ist sie." sprach Sam das aus, was ich dachte. „Sie sieht wirklich normal aus..." sagte Dean. „Das tun Dämonen auch!" widersprach ich.

Es dauerte nicht lange und Sam, Dean und ich waren unten auf der Straße. Wir hatten keine Zeit gehabt uns umzuziehen, aber die Ausweise sprachen für sich. „Entschuldigen Sie?" sprach Sam die Frau an, die sich schwungvoll umdrehte, sodass ihre blonden Haare flogen. „Ja?" fragte sie mit einer hellen Stimme. „Wir sind vom FBI, mein Name ist Agent Miller und das sind Agent Leech und Portman." stellte Dean uns vor, während wir alle unsere Marken zeigten. „Wir sind gerade nicht im Dienst, aber wir haben sie schon eine Weile gesucht." sagte Sam. Die Frau nickte den beiden zu und sah mich dann musternd an. Man sah ihr die Zweifel in den Augen an, doch Dean schaltete sofort. „Sie ist in der Ausbildung." sagte er und ich verzog zwar das Gesicht, lies es aber über mich ergehen, leider war ein dreiundzwanzig Jahre altes Mädchen nicht besonders typisch für das FBI. Aber die Frau glaubte uns schließlich. „Mein Name ist Susanna Black, warum haben Sie mich denn gesucht?" fragte sie. Sie wirkte wie die Unschuld in Person und ich versuchte an ihr etwas auszumachen, das sie verraten würde. „Wir würden Sie gerne dazu befragen, was in diesem Lokal passiert ist. Sie sind auf dem Überwachungsvideo zu sehen an dem Abend, als das Lokal so zerstört wurde." sagte Sam sachlich. „Ich kann ihnen leider nicht weiterhelfen, ich war an dem Abend in dem Lokal aber ich kann mich an gar nichts mehr erinnern, wie peinlich." sagte sie und klimperte mit den Wimpern. „Ich besuche hier meinen Bruder und an dem Abend haben wir uns fürchterlich gestritten, so dass ich in die Bar abgehauen bin. Es tut mir leid, aber mein Bruder hat mich am nächsten morgen in seinem Vorgarten gefunden, keine schöne Geschichte." sagte sie und lachte eine glockenhelle Lache. „Die Polizei hat mich auch schon dazu befragt, aber auch wenn Betrunkenheit kein gutes Alibi ist, kann ich kaum meine Einkaufstüten tragen. Das Lokal ist so zerstört als gab es dort eine Gang Prügelei oder so." Sie strich sich eine Strähne hinter ihr Ohr und sah auf den Boden. „Danke für ihre Aussage." sagte ich zu ihr und Sam nickte. „Christo." sagte Dean, doch die statt der gewünschten Reaktion gab Susanna Dean ein Taschentuch. Dieser bedankte sich höflich, doch er unterdrückte ein Lachen. Die Situation war auch einfach zu komisch. Wir verabschiedeten uns kurz, dann gingen wir langsam wieder ins Hotel zurück. „Das war wohl nichts..." sagte Dean. Sam nickte langsam. „Wir wissen nicht ob sie es war, wie gesagt, ein Alibi hat sie nicht!" wandte ich ein. Die Diskussion ging weiter als wir wieder im Zimmer waren. „Nur weil sie kein Alibi hat, muss sie nicht gleich eine Mörderin sein." sagte Dean. „Lasst uns wirklich mal den Tatort untersuchen und dann auch die Polizei befragen, offensichtlich blieb das was dort passiert ist ja nicht unbemerkt." sagte Sam. Ich nickte, alles zu überprüfen war sicher keine schlechte Idee. „Wir werden ja sehen." sagte Dean nur und lies sich auf sein Bett kippen. „Nur weil sie bei ‚Christo' nicht zurückgeschreckt ist glaubst du nun das sie diese Menschen nicht umgebracht hat? Sie ist die Hydra und kein normaler Dämon, wir wissen selbst nicht genau was sie für ein Transformer ist!" sagte ich zu Dean. „Wir haben Beweise, die Fotos!" sagte ich und warf ihm das Papier rüber. „Warum denkst du auf ein Mal so anders?" fragte ich ihn. Er zuckte mit den Schultern. „Sie ist heiß..." Sam verdrehte die Augen. „Dein Ernst, Dean?" fragte er nur und mein Gesichtsausdruck wurde auch immer genervter. „Wir haben keine Beweise, die Fotos sind von Crowley und Susanna wirkt auf mich nicht wie ein blutrünstiger Killer." sagte Dean und sah mir direkt in die Augen, während die Worte wie ein Wasserfall aus ihm raus sprudelten. „Crowley wickelt reihenweise Amateure wie dich um den Finger!" Diese Worte waren kalt und hart und ich konnte seinen Blick einfach nicht mehr ertragen. Mit einer Bewegung drehte ich mich um und knallte die Tür des Hotelzimmers hinter mir zu.

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