~17~

Ich schlich leise, ohne auch nur einen Ton von mir zu geben in den Flur, aus der Bibliothek hinaus. Ich folgte leise dem Geräusch, die Zimmernummern kamen mir bekannt vor und dann blieb ich vor einer Tür stehen. Zimmer 7B. Dean hatte das Zimmer erwähnt, dahinter sollte die Hydra gefangen sein. Aber hier kam doch nichts rein und nichts raus, wieso also hörte ich dann ein Geräusch von dort? Waren es Dean und Sam? Ich nahm eines meiner längeren Messer von dem Konstrukt von meinem Rücken, ich hatte die Lederbänder seit wir in das Lagerhaus gegangen waren nicht mehr ausgezogen. Bewaffnet öffnete ich leise die Tür des Zimmers und blickte auf eine Person, die ich nur zu gut kannte. Castiel stand dort und zeichnete mit einem seltsamen Gemisch aus Farbe und irgendwelchen Kräuterextrakten und malte Zeichen an die Wände. Ich musste grinsen als ich ihn so dabei sah. „Und was wird das wenn's fertig ist?" fragte ich belustigt, als ich meine Waffe wieder weggesteckt hatte und mich lässig an den Türrahmen lehnte. Castiel zuckte leicht zusammen, dann malte er weiter. Er sah mich nicht an, sprach aber mit mir. „Das sind Abwehrzeichen, die einzigen die ich gefunden habe. Ich kann nicht garantieren das sie gegen den Hydra-Dämon schützen, aber sie würden auf jeden Fall die normale Hydra nicht hinauslassen." sagte er ruhig. „Und warum schmierst du das Nachts an die Wände? Wir hätten dir helfen können und vor allem wäre es nicht ganz so seltsam, wenn wir davon gewusst hätten." wandte ich ein. An den Wänden prangten nun drei Zeichen, die wirklich sehr kompliziert aussahen. „Ich wollte aber noch mit dir Sprechen, alleine." sagte er und stellte seine Farbe ab. „Das kannst du auch tagsüber." hielt ich dagegen. „Wenn Dean und Sam mich sehen und wissen das ich mit dir alleine spreche, dann würden sie doch etwas vermuten." sagte er und leider klang das ziemlich logisch. Ich trat in den Raum und lies die Tür hinter mir leise ins Schloss fallen. „Wenn du mich schon sprechen willst, habe ich aber auch ein paar Fragen an dich." sagte ich und sah dem Engel in die eisblauen Augen. „Woher weißt du meinen richtigen Namen?" fragte ich. „Eher meinen anderen Namen..." korrigierte ich mich, Avery war schließlich mein richtiger Name, der mit dem ich aufgewachsen war. Den anderen Namen hatte ich nur von Crowley bekommen und er war bis vor ein paar Wochen nie erwähnt worden. „Ich weiß wer du bist und ich will dich nur warnen, es ist gefährlich mit der Zeit zu spielen. Es könnte Auswirkungen haben das du hier bist, auch wenn ich nicht weiß welcher Natur sie sind, könnten sie für dich gefährlich werden." sagte er. „Ich würde dir gerne helfen, aber im Moment kann ich leider nichts für dich tun. Ich habe viel zu viel zu tun." sagte er und ich nickte, ich hatte verstanden was er meinte. Auch wenn ich hier aufgewachsen war, gehörte ich hier eigentlich nicht hin und vielleicht hatte ich zu viele Science-Fiction-Filme gesehen, aber womöglich störte es das Raum-Zeit-Kontinuum. Etwas besseres fiel mir als Beschreibung auch nicht ein. „Sei vorsichtig." sagte Castiel nur noch, dann war er auch schon weg. Die Engel waren mir suspekt, genau wie die Dämonen. Irgendwie schien jeder über mich Bescheid zu wissen außer ich selbst, Sam und Dean. Ich verdrehte nur die Augen und warf den Rest der Kräuterfarbe weg, die Castiel stehen gelassen hatte. Während die Zeichen an den Wänden in Zimmer 7B trockneten, ging ich selbst zu Bett und versuchte nach all dem Trubel einzuschlafen.

Ich wachte auf, als ich auf mein Handy sah, bemerkte ich das es bereits Mittags war. In der Küche was Sam schon am Essen machen, er hatte ausnahmsweise mal Dean kein Fast Food kaufen lassen sondern machte selbst etwas. Der ganze Bunker duftete danach und ich war guter Laune, als ich es mir in lässigen Klamotten in einer gemütlichen Sofaecke gemütlich machte. Ich erzählte Sam und Dean von Castiel, schließlich wollte ich nicht das Lob für die Zeichen einheimsen. Allerdings log ich über das Gespräch und sagte nur, dass Castiel sehr schnell wieder los musste und keine Zeit hatte. Wir konnten froh sein, das er überhaupt da gewesen war. Die beiden Brüder glaubten es mir und langsam tat es mir ein wenig Leid, die beiden über ein bestimmtes Thema immer anlügen zu müssen. „Du wirst es niemals schaffen alle Bücher der Bibliothek zu lesen!" sagte Sam zu mir, als er mir einen Teller Nudeln mit verführerisch duftender Soße brachte. Nicht gerade etwas besonderes, aber immerhin war es selbst gemacht. „Hier gibt es aber kaum etwas zu tun, die Hydra zu bewachen ist keine spannende Aufgabe!" gab ich zu Sam zurück und dieser stimmte mir zu. Ich klappte mein Buch zu und aß die Nudeln, die Sam wirklich gut hingekriegt hatte. „Hast du dir eigentlich schon Gedanken gemacht was du nach der Hydra machen willst?" fragte mich Sam auf ein Mal, da fiel mir auf das Dean gar nicht hier war. Alleine hatte ich selten mit Sam geredet, auch wenn Dean häufiger weg war. Im Moment war er Besorgungen erledigen, meinte ich mitbekommen zu haben. „So weit habe ich noch nicht gedacht, ich lebe eher im hier und jetzt." sagte ich zwischen zwei Gabeln Nudeln. Sam hatte sich ebenfalls einen Teller genommen und schaufelte das Essen in sich hinein, und dabei sah er immer noch gesitteter aus als Dean wenn er aß. „Trotzdem wäre es sinnvoll, ich gehe mal davon aus, dass wir die Hydra aufhalten können..." sagte Sam. „Willst du zurück woher du kamst bevor Crowley dich zu uns geschickt hat?" fragte er. „Hast du Familie?" stellte er noch eine Frage hinterher. „Ja, mehr oder weniger. Ich kenne meine Eltern nicht, aber eine Jägerin hat mich aufgenommen." begann ich Sam zu erzählen. Er war wirklich ein lieber Mensch, er interessierte sich für die Leute mit denen er zu tun hatte. Dean auch, aber er tat es auf eine andere Weise. „Ich weiß nicht ob ich zu ihnen zurück will, klar vermisse ich meine alte Umgebung. May heißt sie, und ihr Sohn Jasper jagt auch." ich lächelte und reichte Sam meinen leeren Teller, der diesen zu seinem auf den großen Tisch stellte. „Aber ich hatte nie eine wirklich enge Bindung zu ihnen, ich weiß es nicht. So viele Gedanken habe ich mir noch gar nicht gemacht." sagte ich und musste etwas lachen, ein wenig über meine eigene Beschränktheit. Ich wollte mir gar keine Gedanken über so etwas machen, die Zukunft stand für mich immer offen, daher dachte ich nur wenig über sie nach und war eben auch ein sehr spontaner Mensch. Aber Sam hatte Recht, manchmal musste man schon einen Plan haben. „Ich verstehe das gut, die Entscheidung fällt einem schwer. Noch hast du die Chance auf ein normales Leben." sagte Sam und ich lachte. „Die hatte ich noch nie, ich bin damals schon als Kind mit May jagen gegangen. Was vielleicht erklärt warum ich auch jetzt immer Waffen trage." sagte ich und Sam musste grinsen. „Immerhin hat dein Vater dich nicht wochenlang mit deinem übertrieben wachsamen Bruder in einem Hotelzimmer alleine gelassen! Ich habe das Gefühl ich habe meine ganze Kindheit nur fern gesehen weil ich nicht aus dem Haus durfte, es wäre ja fiel zu gefährlich!" sagte Sam. Daraus entwickelte sich ein kleines Spielchen. Ich sah ihn frech an. „Aber draußen ist es ja auch gefährlich, mir wurde mit elf das Gesicht von einem Werwolf zerkratzt! Ich kann froh sein das er nicht zugebissen hat, sonst müsstet ihr euch jetzt für den Bunker eine Fusselrolle und einen Kratzbaum kaufen!" gab ich zurück und Sam brach in ein kurzes Lachen aus. „Aber du hast May wenigstens oft gesehen. Ich habe meinen Vater nach einer sehr langen Jagd ein Mal nicht mehr wieder erkannt!" sagte Sam und verschränkte übertrieben die Arme. „Nett." ich grinste schief. „Nur wenn ich May gesehen habe hatte sie immer ein Gewehr in der Hand, was ist jetzt das bessere Bild das von den Eltern im Gedächtnis bleibt?" sagte ich gespielt zickig, konnte ein Grinsen aber nicht unterdrücken. Sam fiel offenbar nichts mehr ein, denn er begann zu lachen. „Unsere Kindheit war gleich schlimm, bist du mit dem Ergebnis einverstanden?" fragte er und ich nahm theatralisch seine Hand an. „In Ordnung!" sagte ich noch, dann lies ich mich wieder auf das Sofa fallen und nahm das Buch das ich gerade las wieder in die Hand. Sams Handy klingelte und er ging dran, offensichtlich war es einer seiner Professoren denn er zwinkerte mir noch kurz zu und ging dann ein Stück von mir weg um in Ruhe zu telefonieren. Ich grinste, hier war es eigentlich ganz schön, dieser Ort strahlte eine gewisse Ruhe und Sicherheit aus, die ich noch nie zuvor gespürt hatte. Ich kuschelte mich in das Kissen und blätterte in den vergilbten Seiten des Buches herum.

Die Tage gingen vorüber und langsam bekamen wir einen Rhythmus. Wir standen zu normalen Uhrzeiten auf, aßen zusammen und gingen dann einigen Tätigkeiten nach. Meistens war es so verteilt, dass Sam an seinem Laptop beschäftigt war, in der Gegend herumtelefonierte oder im Internet surfte, während Dean fernsah, sich betrank oder auch einfach mal aus dem Bunker flüchtete und mit seinem heißgeliebten Impala in eine Bar fuhr um Poker zu spielen oder ein wenig an die (nicht allzu) frische Luft zu kommen. Ich war meistens im Bunker beschäftigt, ich war fasziniert von der Bibliothek und bald schon hatte ich auch das Teleskop für mich entdeckt. Nachdem Sam mir gezeigt hatte wie es funktioniert, war ich bald viele abendliche Stunden damit beschäftigt. Natürlich ging ich auch aus, selten, aber es kam vor das ich Dean in die Bar begleitete. Was mir dabei auffiel war, dass er zwar mit einigen Frauen flirtete, aber immer abblockte, sobald sie mehr wollten. Ob das daran lag das ich mit ihm dort war oder das er sich das nicht leisten konnte da wir eigentlich eine wichtige Mission hatten – ich wusste es nicht und ich dachte auch nicht besonders viel darüber nach. Es war für uns nur wichtig das immer jemand dort war um die Hydra zu bewachen und am besten sogar zwei. Aber die Hydra rührte sich nicht, wir sahen hin und wieder mal nach, aber sie hatte inzwischen gemerkt, dass sie uns nicht mit der unschuldigen Susanna Black täuschen konnte. Das einzige was sich veränderte waren ihre Augen, die jedes Mal wenn wir kontrollierten ob sie noch ordentlich gefangen gehalten wurde ein bisschen mehr vor Hass aufzublitzen schienen. Nach diesen verstrichenen Tagen konnte ich auch endlich meinen Verband abnehmen, die Wunde war gut verheilt, auch wenn eine kleine Narbe bleiben würde. Alles war gut und ich hatte mich schon wieder richtig eingewöhnt, bis Dean ein weiteres mal nachsehen wollte, wie es der Hydra ging. Wir schoben die beiden Regale zur Seite, die das Verlies von Zimmer 7B trennten und Sam wartete vor der Tür, während Dean und ich hineingingen und alles überprüften womit die Hydra gefangen gehalten wurde. Es waren unzählige Zauber, Zeichen und magische Ketten, wir hatten alles benutzt was wir hier im Bunker finden konnten. Alles war intakt, doch ich sah etwas, das ich vorher nicht erkannt hatte. Die Hydra war eigentlich sehr gut gefesselt, aber irgendwie hatte sie es wohl geschafft sich mit den Fingernägeln die Haut aufzuschneiden, sodass sie es geschafft hatte mich ihrem eigenen Blut ein Zeichen auf ihre Ketten zu malen. Wie lange das gedauert haben musste und wie viel Verzweiflung diese Tat mit sich gebracht haben musste, wollte ich mir gar nicht ausmalen. Ich winkte Dean lautlos zu mir her, doch als er gerade zu mir kam, grinste die Hydra spöttisch. Sie wusste genau, dass wir es entdeckt hatten. Und sie nutzte den Moment unserer Verwirrung aus um sich loszureißen, was auch immer das Zeichen bedeuten würde, es hatte die gesamte Magie der Ketten, des Stuhls auf dem sie saß und der Zeichen auf dem Boden, an den Wänden und an der Decke ausgeschaltet. Sofort hatte ich zwei meiner Messer in der Hand, doch sie war schneller. Sie riss sich mit einem Ruck los, lachte laut und warf Sam dann mit einer Handbewegung zur Seite. Er prallte gegen die Wand und ehe er noch etwas tun konnte, hatte sie auch schon eine weitere Handbewegung gemacht und er begann zu keuchen und nach Luft zu ringen. „Du miese Schlampe!" rief Dean hinter uns und lenkte die Aufmerksamkeit auf sich, indem er ihr mit dem Engelsschwert drohte. „Solange du es mir nicht an die Kehle hältst, kannst du damit leider auch nichts ausrichten!" sagte sie und hielt Dean und mich auf Abstand, so weit wir es versuchten, wir kamen nicht näher an sie heran. Mit der einen Hand steuerte sie noch Sam, der sich nicht mehr rühren konnte, mit der anderen lies sie Dean nicht an sich ran. Sam lag nur noch am Boden und sein Atem wurde immer flacher. „Es tut mir leid das ich eure Gastfreundschaft nicht weiter in Anspruch nehmen kann..." sagte die Hydra und lächelte. „Aber ich habe einen König zu stürzen und das hat leider Vorrang!" sagte sie. Sie lies kurz alle ihre Magie los und wollte Dean ebenfalls die Beschwerden zufügen an denen Sam im Moment litt, doch im genau richtigen Moment sprang ich in die Schusslinie und bekam die ganze geballte Magie ab. Ich fühlte mich elend, alles in meinem Körper zog sich zusammen und meine Luftröhre schnürte sich zu. Doch es war ein gutes Timing, da sie mich getroffen hatte und nicht Dean konnte dieser das Engelsschwert so werfen, dass es sie in die Schulter traf. Es konnte sie nicht töten, nicht mal so das sie wieder belebt wurde, aber es bereitete ihr extreme Schmerzen. Sie schrie auf, hielt sich die Schulter und riss das Engelsschwert heraus, sodass es klirrend auf den Boden fiel. Unter einigen Flüchen rannte sie raus und auch die Blockade, die sie nicht an uns ran ließ, löste sich auf. Doch sie war schnell, trotz ihrer verletzten Schulter war sie mit einem Mal aus dem Raum gerannt und nach einigen Sekunden hörte man die Eingangstür zuschlagen. Sie war weg. Mal wieder. Aber diesmal hatte sie eindeutig mehr Schaden angerichtet. Dean machte den Mund auf um mich etwas zu fragen, doch ich schüttelte nur den Kopf. „Sam..." brachte ich gerade so hervor und Dean rannte schnell zu seinem Bruder. Er brauchte gerade eindeutig mehr Hilfe als ich, denn wenn mich nicht alles täuschte hatte er bereits aufgehört zu atmen. „Sammy, tu mir das nicht an!" Die Worte kamen gerade so heiser von seinen Lippen, in seinem Gesicht spiegelte sich Verzweiflung. „Nicht nach all dem, nicht nach allem was wir durchgestanden haben!" flüsterte er.

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