31. Missverständnisse lösen Part 2

>Hoseok<

Mit dunkler Vorahnung hatte ich mich heute früh dazu entschieden, Jimin ins Studio zu folgen. Seit diesen einen Abend vor drei Wochen stand Jimin vollkommen neben sich. Er ließ nicht mit sich reden, trieb seine Schüler und sich selber während des Unterrichtes an den Rand der Erschöpfung und war kaum Zuhause. Keiner von uns konnte abends wirklich ein Auge zutun und so entging meinem Taetae und mir nicht, dass Jungkook die letzten Nächte fast ausschließlich allein im Bett geschlafen hatte. Ein paar Mal fand ich eine zusammen geknüllte Decke auf der Couch, doch sonst fehlte von meinem besten Freund daheim jede Spur. Erst wenn ich morgens zu meiner Arbeit ins Studio fuhr, lief ich dem Kleineren wieder über den Weg, doch wirklich miteinander gesprochen hatten wir in den vergangenen Tage wenig bis kaum. Langsam machte mich diese absurde Gesamtsituation auch fertig, doch damit stand ich nicht allein da. Taetae hatte mir heute früh anvertraut, dass er sich große Sorgen um seinen Bruder machte und ich konnte nicht abstreiten, dass es mir bei Jimin genauso ging.
In meinen Träumen plagten mich die Erinnerungen an unsere gemeinsamen Trainee-Jahre. Mir kamen längst vergangene Erinnerungen an lange Trainingsstunden, die wir trotz Verletzungen durchzogen, da wir sonst fürchteten, heraus geworfen zu werden. Ich erinnerte mich an all die Schmerzen, deren ich mich damals aussetze ohne dem Ziel auch nur ein Stückchen näher zu kommen, und an die traurigen Augen meines besten Freundes, die damals all ihren Glanz verloren hatten. Selber hatte ich in den letzten Jahren alle möglichen Andenken an diese schmerzhafte Zeit verbrannt und aus meinem Gedächtnis gelöscht und ich wusste Jimin hatte das auch getan. Seine seelischen Narben, die in den letzten Tagen wieder aufgerissen waren, konnte ich mir so zwar ungefähr vorstellen, doch die damit einhergehenden Schmerzen überstiegen höchstwahrscheinlich meine Vorstellungskraft. Genau das macht mir so unheimlich große Angst. Ich hatte Angst, da ich genau wusste, zu was Jimin in der Lage war zu tun. Er würde sich solange peinigen, bis er sich endlich selber vergeben könne. Doch Vergebung gehörte noch nie zu Jimins Stärken – vor allem nicht, wenn er selber derjenige war, dem verziehen werden musste. Jimin würde sich noch in den Ruin treiben! Du musst schnell etwas tun, hallte es in meinem Kopf, als ich die Flure des Studios entlang sprintete. Die Tür zu unserem Probenraum war zum greifen nah und ich wusste, dass hinter dieser mein bester Freund auf mich warten würde. Je näher ich dem Raum kam, umso lauter vernahm ich die dröhnende Musik aus den Lautsprechern. Jedoch hörte ich keinerlei Schritte auf dem Packett und meine Sorge wuchs ins Unermessliche. Dass meine Vorahnung in den nächsten Augenblicken ihre bittere Bestätigung erhalten sollte, würde mir gleich bewusst werden.

Kaum hatte ich die Tür aufgestoßen, erblickte ich Jimin wir er schlaf auf dem Boden hockte und zitternd und keuchend versuchte sich wieder aufzurichten. Seine Versuche blieben jedoch erfolgslos und sein kleiner, dünner Körper sackte wieder in sich zusammen. Ich eilte angsterfüllt zu meinem Freund und stützte ihn. Nun lehnte der andere Tänzer schwach an meiner Schulter und kämpfte immer noch um seinen Atem, doch war er bei Bewusstsein. Mit einem flachen „Hobi!" hatte er meine Anwesenheit zu Kenntnis genommen und dass genügte schon ungemein, mich zu beruhigen. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verging, bevor Jimin seine Kraft zurückerlangt hatte, doch auch wenn es Stunden waren, wich ich dem Jüngeren nicht von der Seite. Die Musik war mittlerweile ins Stocken geraten und vorsichtig hatte ich Jimin dabei geholfen, vom kalten Boden aufzustehen und zurück in die Umkleide zu gehen. Erschöpft ließ sich mein Freund auf eine der Bänke nieder und trank erst einmal einen gewaltigen Schluck aus seiner noch vollkommen unangerührten Flasche Wasser. „Geht es jetzt wieder?", fragte ich mitfühlend. Eigentlich hätte mich Jimins Nicken erfreuen sollen, doch die Anspannung, welche sich in der letzten zeit in mir aufgebaut hatte, überstieg jedes Gefühl der Erleichterung. Mit einmal brachen alle Hemmungen und ungehindert machte ich meinen Sorgen Luft:

„Was ist nur los mit dir, Jimin? Lass den Mist, oder willst du dich umbringen? Ja, es ist echt scheiße zwischen dir und Jungkook gelaufen, aber es wird nicht besser werden, wenn ihr euch beide einfach aus dem Weg geht. Ihr müsst verdammt nochmal, vernünftig miteinander reden und wenn das nicht geht, dann zeig dem Hasen doch einfach, was du für ihn empfindest. Jungkook ist genauso niedergeschlagen wie du, aber davon weißt du natürlich nichts, da du hier im Studio bereits deinen Selbstmord vorbereitest. Schau dich doch mal an, du bist doch viel mehr wert, als du mit dir selber umgehst. Die dunklen Zeiten sind vorbei. Ja, wir können nicht ungeschehen machen, was damals passiert ist, aber wir können verhindern, dass wir uns selber wieder in dieses Loch stoßen. Verstanden?!"

Zum Schluss wurde meine Stimme immer lauter. Nachdem ich jedoch seine Ansprache beendet hatte war all die Negativität verschwunden, die mich zuvor noch so schmerzhaft erdrückt hatte. Dennoch war es mir etwas peinlich so laut geworden zu sein, da das gar nicht meiner Person entspricht, wütend mit Schimpfwörtern um mich zu werfen. Auch Jimin schaute mit großen Augen zu mir hinauf. Sein Blick war voller Entsetzen und mir wurde mein kleiner Wutausbruch immer unangenehmer. Peinlich berührt entschuldigte ich mich: „Sorry, das war nicht so gemeint. Die letzten Tage waren nur echt hart und-" Doch der Jüngere ließ mich gar nicht ausreden. Er fiel mir um die Arme und schluchzte: „Es tut mir so leid, Hobi. Ich wollte euch und vor allem Jungkook keine Unannehmlichkeiten bereiten, doch ich wusste nicht weiter. Ich habe in ganzer Linie versagt. Erst habe ich vollkommen bescheuert reagiert und dann auch noch meine Entschuldigung in den Sand gesetzt. Ich konnte mir einfach selbst nicht mehr in die Augen sehen, verstehst du?" „Natürlich verstehe ich das.", antworte ich Jimin. Einfühlsam streichelte ich über sein Knie. „Du bist mein bester Freund. Wir beide sind durch dick und dünn gegangen. Jedoch musst du das auch Jungkook bewusst machen. Der Kleine denkt jetzt sonst noch was über sich und ihr beide müsst nun endlich abschließen und die Wogen glätten." Verständnis voll nickte mein Gegenüber mir zu. Ich reichte ihm die Hand und half ihm hoch. „Los, zieh dir etwas Vernünftiges über und dann fahren wir erst einmal zu Jin und Yoongi.", schlug ich vor. „Die beiden wissen bestimmt, was wir jetzt tun müssen."

(1043 Wörter)
Erstmals veröffentlicht am 04.11.2017
Überarbeitet am 23.05.2021   

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