-~5~- Nicht in den Koffer!
,,Let your demons burn it. Let them burn all letters and make your story to a real hell of feelings. Let them play and you won't regret it."
―――――――⫷Gray⫸―――――――
Sier fühlte sich, als könnte sier schreien. Schreien, bis auch die Menschen außerhalb der Stadtgrenzen wussten, wie sier sich fühlte.
Aber so war sier noch nie gewesen. Sier konnte nicht schreien. Nicht einmal, wenn sier ganz allein im Wald gestanden hätte, hätte sier schreien können. Denn die kleine Stimme im Kopf machte sier immer wieder noch etwas Hoffnung. Außerdem bezweifelte Gray, dass es die Menschen auf dem Land interessiert hätte, wie sier sich fühlte.
Stattdessen starrte sier sich im Spiegel an. Siere große, schlaksige Gestalt. Die dünnen Arme, die hohen Wangenknochen. Die großen Augen, die inzwischen rot und geschwollen von den Tränen waren, die unschöne Spuren in Grays Makup hinterlassen hatten.
Sier atmete tief ein und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen weg. Es war doch sinnlos, sich jetzt aufzuregen. Sier konnte nichts mehr daran ändern, dass sier auf die andere Seite des Landes reisen musste oder dass Emily bald sterben würde. Sierer Kehle entwich erneut ein Schluchzen. All diese Gedanken lösten Emotionen aus, die sier nicht mehr unterdrücken konnte. Siere Sicht auf sier Spiegelbild verschwamm und erneut begann sier zu weinen.
Peinlich. Niemals würde sier wagen, solche Emotionen irgendjemanden zu zeigen. Nur Emily kannte diese Seite von sier.
Sier hatte in sierer Kindheit die Konsequenzen von Emotionalität kennengelernt und hatte davon eine tiefe innerliche Narbe davongetragen.
Aber es war in Ordnung. Inzwischen war alles wieder gut. Mit Emily war alles gut geworden.
Gray hörte ein leises Kratzen an sierer Zimmertür und kurz darauf drang ein weinerliches Miauen hindurch. Mit nur wenigen langen Schritten war Gray an der Tür und öffnete sie für eine der beiden Katzen, die sofort durch den Spalt hindurch schlüpfte und sier mit einem Gurren begrüßte.
,,Hallo Winnie", lächelte Gray leicht und beobachtete den gefleckten Stubentiger, wie sie schnurrend durch siere Beine streifte.
Sier wollte die Tür gerade wieder schließen, als auch die zweite Katze noch durch den Spalt gerannt kam. Leonardo schenkte Gray keinen Deut seiner Beachtung, als er unbeeindruckt auf das Bett sprang und über die Laken stolzierte. So wie eigentlich immer. Nur Emily hatte das Herz dieses Katers gewinnen können. Andersherum war es aber ganz anders.
,,Nein! Nicht in den Koffer!", war alles, was Gray noch sagen konnte bevor sich die rote Fellkugel auf Grays besten Anzug niederlies und begann, sich genüsslich zu putzen.
Gray seufzte ergeben.
,,Die Haare kriege ich doch nie alle weg bis heute Abend!" Sier hob den Kater aus seinem perfektionistisch gepackten Koffer und setzte ihn stattdessen auf Emilys Kopfkissen. Danach nahm sier das von Katzenhaaren bedeckte Jackett und schüttelte es, so gut wie es eben ging, aus.
Siere Nase und Hals begannen zu kribbeln und sier musste niesen. ,,Wenn ich heute Abend mit Kopfschmerzen in der Konferenz sitzen muss, dann sage ich Vex Bescheid, dass er dir eine Woche lang keinen Käse geben darf." Sier warf dem Kater einen strafenden Blick zu, doch Leo rekelte sich nur in dem schmalen Sonnenstrahl, der auf das Kissen fiel.
Gray seufzte ergeben. Niemals hätte sier einer der Katzen lange böse sein können.
Sier war sich sicher, dass sier irgendwo hier im Schlafzimmer eine Fusselrolle hatte. Die Frage war nur, wo sie war.
Es dauerte nicht lange, bis sier den schmalen, untersten Schubkasten des Kleiderschranks öffnete. Es war der Kasten, den jeder irgendwo im Haus hatte: Im Laufe der Zeit sammelten sich darin allerlei Gegenstände, die irgendwann gefunden worden waren oder die keinen festen Platz hatten und beim Aufräumen einfach dort hingeräumt worden waren, wo Platz war.
Gray musste also zuerst eine alte Ansammlung einzelner Schnürsenkel, Klammern, eine Packung Muttern und diverse kaputte Taschenlampen durchsuchen, bevor sier die Fusselrolle zwischen mehreren ausgetrockneten Farbtuben fand.
Sier erinnerte sich gut daran, wann und wie sie die Farbe genutzt hatten. Es war kein guter Tag gewesen. Er lag lange zurück, aber es war einer der dunkelsten, und gleichzeitig hellsten Tage in sierem Leben gewesen. Emily hatte damals noch im Krankenhaus gearbeitet. Gray war es schon am Morgen nicht gut gegangen, weswegen sier sich bei der Arbeit krank gemeldet hatte. Ganz allein hatte sier auf dem Bett gelegen, hatte die Decke angestarrt und gewartet, bis sier endlich sterben würde. Die Welt war an diesem Tag für Gray grau gewesen, doch Emily hatte das irgendwie gespürt.
Nachdem ihre Schicht beendet war, hatte sie in der Schlafzimmertür gestanden. In der Hand eine Tüte, die mit allerlei bunten Dreiecken bedruckt gewesen war.
Gray fragte sich, wo diese Tüte nun war.
Emily hatte sich damals lautlos auf die Bettkante gesetzt und Grays Hand genommen. ,,Wie fühlst du dich?", hatte sie gefragt.
Die Stimme klang in Grays Kopf merkwürdig fern und hallend.
,,Ich weiß nicht, warum du so traurig bist, aber ich glaube ich weiß, wie ich dir helfen kann", hatte sie gesagt, nachdem Gray nicht geantwortet hatte. Danach hatte sie aus der Tüte fünfzehn Farbtuben geräumt und auf dem Bett verteilt. Von jeder hatte sie den Namen einzeln vorgelesen.
Es waren schöne Farbnamen, deren Klang allein schon ein Kunstwerk für sich waren. Gray nahm eine der Tuben aus dem Schubkasten. ,,Wachsbleich", stand in liebevoll geschwungener Handschrift darauf. Sier nahm eine weitere heraus: ,,Fuchsia". Eine andere trug den Namen ,,Lohfarben".
,,Biobodypaint".
,,Zieh dein T-Shirt aus", hatte Emily sanft gesagt und Gray hatte gezögert, aber sier vertraute Emily. Deswegen war sier ihrer Bitte nachgekommen.
Emily hatte dann angefangen, mit ihren Fingern und der Farbe Kreise auf Grays Oberkörper zu malen. Kreise, Sterne, Herzen und Schlangenlinien in den buntesten und strahlendsten Farben, die sier jemals gesehen hatte. Und dabei hatte Emily immer gelächelt und den Kopf mal in die eine, mal in die andere Richtung gedreht, um ihr Kunstwerk von allen Winkeln betrachten zu können. Sie hatten dabei kein einziges Wort gewechselt.
Gray hatte Emily nur beobachtet. Wie ihr die langen, blonden Stränen ins Gesicht gefallen waren, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten. Und wie ihre blauen Augen jeder ihrer Bewegungen verfolgt hatten.
Gray hatte es fast hypnotisiert. Alle siere Ängste waren verschwunden, als das schönste Wesen der Welt sieren Körper in ein Kunstwerk verwandelt hatte, das ihr ebenbürtig war.
Als Emily mit Grays Oberkörper fertig gewesen war, hatte sie begonnen, auch sieren Hals und sier Gesicht zu bemalen. Danach war sie vom Bett aufgestanden und hatte Gray eine Hand hingehalten, um sier beim Aufstehen zu helfen. Sie hatte Gray vor den Spiegel geführt und sier sieren Körper gezeigt.
,,Du bist wunderschön", hatte sie geflüstert und Gray auf die Wange geküsst. Dafür hatte sie sich auf die Zehenspitzen stellen und ganz nah an Gray herantreten müssen, sodass ihr weißes T-Shirt und ihr Gesicht danach mit bunten Farben beschmiert gewesen waren. Aber Gray hatte es zum Lachen gebracht.
Und sier weinte.
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Hey, Leute!
Eigentlich bin ich kein großer Fan von Bildern in Wattpad Stories, aber ich habe ein Bild von Gray gefunden, das ich absolut perfekt finde :D Es ist euch überlassen, ob ihr euch sier so vorstellt, aber ich tue es auf jeden Fall!
Außerdem könnt ihr ab jetzt auch Zitate vorschlagen, die am Anfang der Kapitel auftauchen können! Ich kann euch nicht versprechen, dass jedes Zitat sofort im nächsten Kapitel auftauchen wird, da sie ja auch ein bisschen zum Inhalt passen müssen, aber ich gebe mir sehr viel Mühe, sie alle irgendwann einzubauen! ^^
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