50. Frei

Ich stand einfach nur da, sagte nichts, bewegte mich nicht und sah die brünette Frau an. Aufmerksam sah ich ihr dabei zu, wie sie langsam aufstand und auf mich zukam. Immer näher kam sie mir, weswegen ich unruhig Manuels Hand fester umschloss und mich näher an ihn drücken wollte, doch das verhinderte er gekonnt, indem er sich vorsichtig von mir löste und nur grinsend nickte, mir so signalisierte, dass alles in Ordnung war. Es machte mich nervös kein Wort von der Frau zu hören und nun, wo ich das erste Mal sehen konnte, dass ihr linker Arm einfach nicht da war. Obwohl sie ein normaler Mensch war, wirkte sie nicht ängstlich oder eingeschüchtert, wie ich es zu Anfang bei Manuel getan hatte, sondern eher einfach nur froh über die Tatsache, dass ich vor ihr stand und noch am Leben war. Sie musste seit meiner Geburt hoffen, dass ich nicht schon längst umgebracht wurde und dass sie mich irgendwann wiederfinden würde, schließlich konnte ich mir für ein junges Elternpaar nichts Schlimmeres vorstellen als ihr eigenes Kind wegzugeben oder es abgenommen zu bekommen. Ich wusste nichts über ihre Vergangenheit, ob sie mich bekommen hatten, weil sie mich wirklich wollten oder ob ich ein Unfall war, doch so wie sie jeden Tag die Hoffnung hatten mich wiederzufinden, konnte ich mir nichts anderes vorstellen als dass sie mich wirklich von ganzem Herzen wollten. Selbst wenn sie mich eigentlich gar nicht gewollt hatten, so hatten sie dennoch versucht nach mir zu suchen und bis zum Ende hin nicht aufgegeben, auch wenn es jeder andere schon längst getan hätte. Gut konnte ich die Brünette verstehen, wieso ihr Tränen über die Wangen liefen und was es ihr bedeutete mich nun sehen zu können.

Langsam und vorsichtig legte sich die rechte Hand der etwas Kleineren auf meine linke Wange, ich spürte ihren Daumen zärtlich über meine Haut streichen, was sich nicht falsch anfühlte. Mein Herz klopfte wild gegen meine Brust und obwohl ich Manuels starke Präsenz noch immer hinter mir spüren konnte, senkte ich verunsichert meinen Blick. „Du hast die Augen deines Vaters...", hauchte die Braunäugige leise, mit einem Lächeln auf den Lippen und noch währenddessen wanderte ihre Hand hinauf in mein Haar, wo sie sofort leicht begann mich zu kraulen, ein wenig unterhalb der Stelle, wo Manuel mich immer dann streichelte, wenn ich unruhig war. Wäre ich im Moment nicht so eingeschüchtert, hätte ich mit Sicherheit sofort begonnen zu schnurren und währe ihr näher gekommen, doch so aufgeregt wie ich war, stand ich einfach nur da und ließ die Ältere tun, was sie wollte. Es war ihr Recht mich nach einer so langen Zeit anzusehen, zu gucken, was aus mir geworden war und wie ich mich verändert hatte, denn als sie mich das letzte Mal in den Armen gehalten hatte, da war ich sicher kaum so groß wie zwei Bücher, die man nebeneinander legte. Ich war gewachsen, sie erkannte mich kaum mehr wieder und ich sah ihr deutlich an, dass sie mich am liebsten einfach in den Arm schließen wollte, von nun an für mich da sein wollte, doch tat sie es nicht. Manuel hatte ihr sicher erklärt, dass ich schreckhaft und ängstlich bei zu schnellen Bewegungen reagierte, die ich nicht erwartet hatte und da es sicher das letzte war was meine Mutter wollte, gab sie sich die größte Mühe dabei mir nicht das Gefühl zu geben bald bestraft zu werden.

„Und du bist so groß geworden! Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, da hast du gerade erst angefangen zu krabbeln und jetzt stehst du vor mir und bist sogar größer als ich! Mein kleiner Patrick ist wohl jetzt nicht mehr mein kleiner...", schniefte Sonja leise und auch wenn sie mich eigentlich ruhig ankommen lassen wollte, legte sie mir ihren Arm um den Nacken und umschloss mich fest, was mich vor Furcht zusammenzucken ließ. Ängstlich schloss ich die Augen und machte mich kleiner, zeigte unterbewusst Schwäche, doch das nahm der Mensch nicht einmal wahr. Meine Mutter drückte meinen viel zu dünnen und schmächtigen Körper an den ihren, gab mir Nähe und ich wusste nicht was ich tun sollte, verharrte einfach in meiner Position, bis sich schlussendlich Manuels rechte Hand auf meinen Rücken legte. Sofort reagierte ich und legte der Braunäugigen meine Arme unsicher um die Taille, drehte meinen Blick jedoch von ihr weg und wagte es nicht einmal mich zu bewegen, da ich nicht wusste, was ich durfte und was nicht. Die ganze Zeit über hatte ich darüber nachgedacht was ich meine Eltern fragen wollte, ob sie mich nach einer so langen Zeit überhaupt als Teil ihrer Familie akzeptieren würden und nun stand ich vor meiner eigenen Mutter, der Person, welche mir mein Leben geschenkt hatte und wusste nicht einmal ob ich sie zurückumarmen sollte oder nicht. Es musste so komisch für sie wirken, dass sie ihren Sohn zwanzig Jahre lang nicht sah, nicht wusste ob er lebte oder nicht, und dann stand er vor ihr und wusste nicht einmal, ob er sie umarmen durfte oder nicht. Dabei war die Antwort darauf eigentlich so klar wie nichts anderes.

„Willkommen Zuhause, Patrick. Es tut gut dich sehen zu dürfen und dich jetzt auch noch hier zu haben! Setzt euch beide ruhig, ich werde euch etwas zu essen machen, ihr seid ja sicher ganz ausgehungert! Bitte, gebt mir nur zwei Minuten, dann habt ihr was Leckeres, was euch hoffentlich gefällt...", lächelte meine Mutter schüchtern, als sie sich von mir gelöst hatte und mich nur für einen ganz kleinen Moment musterte, glücklich wirkte und sich in Bewegung setzte. Flach atmete ich und versuchte ruhig zu bleiben, drehte meinen Blick langsam in die Richtung meines Käufers, wobei sich Tränen in meinen Augen bildeten. Sicher war der Grünäugige nun enttäuscht von mir, da er gedacht hatte, ich freute mich über dieses Treffen und dass ich es nicht einmal hinbekam meine Mutter näher anzusehen, machte ihn nun sicher traurig. Er hatte sich doch so sehr gewünscht, dass ich meine Eltern kennenlernen konnte, hatte seinen Bruder dafür sogar nach diesen suchen lassen und ich schaffte es nicht einmal von mir aus eine Umarmung zu erwidern, auf welche meine Eltern seit Jahren gewartet hatten. Als der Schauspieler mich jedoch ansah, erkannte ich einzig und allein Liebe in seinem Blick, keine Enttäuschung oder Trauer, nichts von all dem. „Hey, nicht weinen! Ist doch alles gut, Süßer. Niemand tut dir weh, hm? Komm, setz dich und bleib einfach ruhig, ja? Ich bin ja da und passe auf dich auf!"

Schniefend folgte ich den Anweisungen meines Freundes, ließ mich unsicher auf die Couch fallen und machte mich gleichzeitig klein, um zu zeigen, dass ich Angst hatte. Liebevoll begann Manuel meinen Kopf an den seinen zu drücken, streichelte mich zärtlich und wartete mit mir darauf, dass meine Mutter mit etwas zu essen wiederkam. „Was ist, wenn mich meine Mutter nicht mag, Manu? Ich weiß nicht was ich machen soll...sie kann doch gar nicht verstehen warum ich so eine Angst habe und sie hält mich deshalb für komisch!", schluchzte ich leise, damit es niemand anderes mitbekommen konnte und sofort drehte mein Käufer seinen Kopf in meine Richtung, sah mich erstaunt an. Ich hatte den Jüngeren noch nie in meinem Leben um einen Rat gefragt und deshalb zögerte der Brünette auch ein paar Momente, ehe er mir einen Kuss auf die Stirn drückte und mir entschlossen in die Augen blickte. „Deine Mutter liebt dich, Patrick! Sieh dir einfach nur dieses Lächeln an und dann merkst du auch, wie dankbar sie dafür ist dich hier haben zu dürfen. Und wissen wieso du Angst hast braucht sie gar nicht, weil ich ihr schon erzählt habe, dass du wahrscheinlich sehr aufgeregt sein wirst. Sie ist also darauf eingestellt, dass du dich nicht sofort darüber freust hier zu sein und dass sie es erst langsam angehen muss! Ich habe deinen Eltern nichts von dem gesagt, was du schon alles erleben musstest, aber ich habe ihnen trotzdem gesagt, dass du mir vor ein paar Tagen ein wenig davon erzählt hast, was man dir alles angetan hat und deine Mutter hat auch gar nicht weiter nachgefragt. Es ist also alles gut. Niemand wird dich hier für komisch halten, versprochen...", sprach der Grünäugige auf mich ein, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen und obwohl ich noch immer das Gefühl hatte mich falsch verhalten zu haben, nickte ich leicht und konnte nicht anders als auf den Schoß des Hybriden zu krabbeln. Schniefend vergrub ich meinen Kopf in seiner Halsbeuge und wurde einfach nur festgehalten, zärtlich gekrault und geliebt.

Einige Sekunden saßen wir so da, ich auf Manuel und dieser unter mir, bis sich ein mir irgendwie bekannter Geruch im Raum ausbreitete. Er erinnerte mich an die Eierkuchen, welche ich Noah so gerne zum Frühstück gemacht hatte und als ich meinen Blick ein wenig anhob, meinem Käufer so fragend in die Augen sehen konnte, grinste dieser nur scheinheilig und zwinkerte mir zu. „Was denn? Ich mochte deine Pfannkuchen!", sagte der Größere schmunzelnd und obwohl ein anderer seine Augen verdreht hätte, begann ich zu lächeln und mich auf die Tatsache zu konzentrieren, dass der Pfau meiner Mutter tatsächlich gesagt hatte, dass sie Eierkuchen machen sollte. Mir war bisher nicht so ganz klar, wie gerne der Schauspieler mein gekochtes Essen aß und hätte er mir das schon früher gesagt, hätte ich ihm das jeden Morgen gekocht. Natürlich wäre ich trotzdem noch etwas länger im Bett liegengeblieben und hätte mit dem Jüngeren gekuschelt, schließlich hatte er das gerne und genoss es mich mit Streicheleinheiten verwöhnen zu dürfen, doch trotzdem hätte ich ihm gerne das Essen gemacht, welches er am liebsten hatte. „Hättest du mir das früher gesagt, dann hätte ich dir jeden Morgen welche gemacht!", sagte ich leise und sofort bekam ich einen Kuss auf die Wange gehaucht, welcher mein Herz beschleunigen ließ. „Hätte ich machen können, ja. Aber noch lieber als deine Pfannkuchen habe ich es mit dir zu kuscheln!"

Dieser Mann wusste einfach was er zu sagen hatte, um mir zu schmeicheln. Obwohl ich vor nicht einmal fünf Minuten noch geweint hatte, schaffte es Manuel mir durch ein einfaches kleines Kompliment und die Tatsache, dass er es liebte mit mir zu kuscheln, ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Mir war es unverständlich wie der Brünette überhaupt denken konnte, dass meine Eltern ihn nicht so mögen könnten, wie er war und gerne hätte ich ihm das auch gesagt, doch bevor ich meinen Mund aufmachen konnte, vernahm ich das leise Öffnen einer Tür, welches mich instinktiv lauschen ließ. Im Eingangsbereich konnte ich Schritte vernehmen und ein belustigtes Kichern, welches klar von einem kleinen Kind kommen musste. Sofort musterte ich meinen Käufer erstaunt, denn von einem Kind hatte er mir nie etwas erzählt. Der Stimme zu urteilen war es ein Mädchen und dieses konnte kaum älter als sieben sein, was in mir die Frage aufwarf, ob es meine Schwester war oder ob es das Kind von Alex war, oder das des Fuchs-Hybriden, der uns den Weg hier her gezeigt hatte. Mir war es eigentlich recht egal, denn ein Kind war für mich ein Kind und da ich selbst keines haben konnte, Manu war dafür einfach noch zu jung, nahm ich jede sich mir bietende Möglichkeit gerne um ein wenig Freude und Liebe zu verteilen. So lange wie mein Freund sich nicht dazu bereit fühlte Vater zu werden, würde ich zumindest für Noah da sein und diesen liebhaben, mit ganzem Herzen verwöhnen und mit ihm zusammen ein wenig die Welt erkunden.

Ein glücklich lachender Daniel kam in das Wohnzimmer hereingestürmt, jedoch nicht allein. Auf seinen Schultern saß ein kleines, schwarzhaariges Mädchen, dessen Augen vor Freude nur so strahlten und welches mich neugierig werden ließ. Fest klammerte sich das Kind an Daniel, welcher ihre dünnen Beine zur Sicherheit festhielt, damit sie auf keinen Fall herunterfallen konnte und am liebsten wollte ich derjenige sein, welcher es so durch die Gegend trug, doch wusste ich, dass ich dazu noch nicht bereit war. Für solche Spielchen musste ich erst noch ein wenig Kraft und Ausdauer gewinnen, doch um einem Kind ein so glückliches Lächeln abzugewinnen, wie das des Mädchens, würde ich alles tun. Ich selbst hatte nie jemanden, der mir in so jungen Jahren dieses Glück gezeigt hatte und nun, wo ich die Möglichkeit dazu hatte andere so zu behandeln wie ich wollte, wollte ich am liebsten jedem auf der Welt zeigen, dass der Hass auf normale Menschen und Hybriden nicht nötig war, wenn man sich so verhielt, dass alle glücklich waren. Würden alle Menschen und Hybriden sich gegenseitig respektieren, wäre alles so viel besser und niemand müsste sich mehr Gedanken darum machen warum man so schlecht behandelt wurde, was man falsch gemacht hatte und wieso man nicht einfach sterben konnte. Doch jeder der etwas menschliches an sich hatte, somit auch die Hybriden, welche von sich immer sagten sie machten alles besser als die Menschen damals, war von Grund auf dazu verdammt anderen Schaden zuzufügen.

Selbst, als sich die blauen Augen des Kindes auf mich richteten, verlor es sein Lächeln nicht. „Daniel, setz mich auf die Couch!", befahl das Mädchen ihrem Träger, welcher sofort tat was ihm befohlen wurde und als sich auch der Wolf zu uns setzte, die Achtjährige von seinen Schultern nahm und auf seinem Schoß absetzte, wurden meine Augen ganz groß. Ich war nicht nur erstaunt darüber, was ein aufgedrehtes Mädchen die Blauäugige zu sein schien und wie kontaktfreudig sie war, sondern auch darüber, dass sie scheinbar ihre beiden Beine nicht benutzen konnte. Sie hingen einfach von der Couch herunter und statt auf uns zu zu rutschen, streckte die Schwarzhaarige grinsend ihre Arme nach uns und wartete darauf, dass einer von uns sie hochnahm. Die kleine ging scheinbar ganz normal mit ihrer Schwäche um, erwartete sofort von uns, dass wir sie so akzeptierten wie sie war und das fand ich stark von ihr, besonders da ich nicht wusste, ob sie nun ein einfacher Mensch war oder ebenso ein Hybrid wie wir. Kurz wechselte ich einen unsicheren Blick mit Manuel, welcher jedoch nur lieb grinste und mich so dazu brachte das zu tun, was das Mädchen neben uns wollte. Ganz vorsichtig hob ich die Kleine hoch und setzte sie auf meinem Schoß ab, sodass ihre Beine einfach herunterhingen und ich lächelte sanft als das Mädchen sich an meine Seite lehnte, dabei lieb grinste und abwechselnd von mir zu Manuel guckte. „Ich bin Madina! Seid ihr Daniels Freunde?"

Aufmerksam beobachteten uns die Augen des Mädchens, welches so unglaublich niedlich wirkte, während sie sich an mich schmiegte und das ganz ohne, dass ich sie überhaupt richtig kannte. „Freut uns dich kennenzulernen, Madina! Mein Name ist Manu und das hier ist der Patrick...", stellte uns mein Käufer vor, dabei musterte ihn das Mädchen auf meinem Schoß freudig und ihre Augen begannen zu glitzern als sie zu verstehen schien, wer wir waren. „Dann bist du ja mein großer Bruder! Aber wer bist du, Manu? Und warum hast du geweint, Patrick?", fragte mich meine Schwester mit großen Augen, während sie meinen Oberkörper mit ihren Armen umschlungen hatte und ganz offensichtlich hatte ihr niemand gesagt, dass ich nicht sprach, denn sonst hätte sie mich nicht so direkt mit einer Frage angesprochen, auf die ich mit meiner Stimme antworten musste. Hilfesuchend sah ich meinen Liebsten an, welcher für mich reagierte. „Ich bin Patricks Freund und Daniel arbeitet für mich! Ob du es also willst oder nicht, du musst mit mir leben, Süße. Und dein Bruder kann dir nicht antworten, weil er nicht spricht. Du musst ihm also immer Fragen stellen, die er mit ja oder nein beantworten kann, wenn du von ihm eine Antwort willst...", erklärte Manuel lächelnd, was das Mädchen verstehend nicken ließ. Hier bei meinen Eltern hatte sie es sicher und kam zu großer Wahrscheinlichkeit kaum mit Wesen wie mir in Kontakt, die wie ich einen Makel hatten, sie konnte gar nicht wirklich wissen wie sie mit mir umzugehen hatte. Sie würde es mit der Zeit lernen müssen, genau wie Manuel es auch erst lernen musste und dann würde ich ihr ein guter großer Bruder sein, der sie liebevoll bei sich aufnahm, sie umsorgte und mit ihr spielte. Ich war leicht zum weinen zu bringen, konnte sehr anhänglich sein und doch gab ich mir bei kleinen Kindern stets Mühe sie zum Lachen zu bringen, ihnen einen schönen Tag zu machen und die kleinen zu beschützen. Noah war noch nie gegangen ohne sich bei mir für einen tollen Tag zu bedanken und wenn ich durfte, würde ich auch mit Madina ein solches Vertrauensverhältnis aufbauen.

Die Schwarzhaarige wollte antworten, doch bevor sie das konnte, sah ich einen etwas älteren Mann im Türrahmen auftauchen, der ganz aufmerksam und vorsichtig zu uns hinüber guckte. Ein bräunlich bis gräuliches, flauschiges Paar Katzenohren war auf den schon braunen Haaren des Größeren zu sehen, die nervös hin und her zuckten, bei jeder neuen Bewegung und sofort begann ich mich zu versteifen. Liebevolle braune Augen musterten mich dabei, wie ich auf dem Schoße Manuels saß und mich kleiner machte, nebenbei verwirrt von meiner Schwester gemustert wurde, die nicht verstand, wieso ich vor unserem Vater Angst hatte und mich in den Armen meines Käufers versteckte. Für die Blauäugige war der Katzen-Hybrid eine Bezugsperson, sie vertraute ihm blind und liebte ihn, doch ich kannte den Älteren nicht, hatte ihn noch nie gesehen oder konnte mich zumindest nicht mehr daran erinnern, wusste nicht zu reagieren. Der Brünette schien mir noch vorsichtiger zu sein als meine Mutter, nahm Manuels Worte sicher wirklich ernst und wollte auf keinen Fall etwas falsch machen, mich auch nur irgendwie verängstigen, doch das war nicht möglich. Er sah so groß aus, doch hatte er keine Muskeln, wie sie Daniel hatte und auch seine Ohren, die seitlich an seinen Kopf angelehnt waren, zeigten seine innere Angst mich zum weinen zu bringen, jedoch konnte ich sie dem Älteren nicht nehmen. Ich selbst hatte von uns allen die größte Angst, denn ich wollte nicht abgewiesen und wieder nach Hause geschickt werden, weil ich den beiden Brünetten zu extravagant war oder einfach, weil sie sich etwas anderes unter mir vorgestellt hatten.

„Komm mal her, Madina! Deine Mama braucht Hilfe beim tragen...", sagte Daniel lächelnd, während er aufstand, das kleine Mädchen von meinem Schoß nahm und sie lustig mit den Ohren wackelnd in Richtung Küche trug, um uns ein wenig Privatsphäre zu geben. Sofort wollte ich mich mit meinen freigewordenen Armen an meinem Liebsten festklammern, doch dieser handelte eigenständig und ließ nicht zu, dass ich mich von meinem Vater abwandte. Dieser tat nichts als ruhig im Türrahmen zu stehen und darauf zu warten, dass ich ihn an mich heranließ oder zumindest ruhig blieb. Anders als bei meiner Mutter weinte ich nicht, sondern beobachtete den Braunäugigen nur dabei, wie er still dastand und mir die Zeit ließ, welche ich im Moment brauchte. „Darf ich mich neben euch setzen?", fragte der Kater uns mit vorsichtigem Lächeln, dabei zuckten seine Ohren nervös und ich wusste, dass diese Entscheidung allein bei mir lag und nickte leicht, denn schließlich war das hier das Haus des Älteren und nicht das meine. Er überließ mir das Ruder, ich durfte entscheiden was passierte und wie nahe er mir kam, was mich schon einmal sehr viel ruhiger werden ließ. Klar gab mir mein Vater zu erkennen, dass er mich zu nichts drängen würde und ich nahm das ganze wahr, beobachtete den Größeren trotzdem noch unruhig. Manuel ließ mich währenddessen machen was ich für richtig hielt, strich mir nebenbei zärtlich über den rechten Oberschenkel und achtete darauf, dass ich nicht noch einmal zu weinen begann. Notfalls würde er eingreifen und die Sache für mich übernehmen, mich irgendwie beruhigen, doch solange ich kein Anzeichen von Panik oder Verzweiflung zeigte, würde er einfach nur dafür sorgen, dass ich ruhig blieb.

Sanft lächelte mein Vater, während er langsam auf uns zukam und sich mit großem Abstand neben uns niederließ, jedoch nicht auf der Couch, sondern auf einem Sessel, mich einfach nur ansah und sich darum bemühte mir kein schlechtes Gefühl zu geben. „Es freut mich euch beide hier zu haben, Manuel und Patrick. Ihr beide glaubt nicht wie sehr ich mich darüber gefreut habe, dass du noch am Leben bist, Patrick und uns besuchen kommen willst! Ich weiß, dass du bestimmt eine riesige Angst vor mir und deiner Mutter hast, aber die brauchst du nicht, glaub mir. Wir freuen uns beide dich hier haben zu dürfen und ich bin mir sicher, dass wir uns alle bald sehr gut verstehen werden!", sprach der Katzen-Hybrid leise und seine Worte brachten mich tatsächlich dazu ruhiger zu werden, denn auch er meinte, dass alles gut sei, dass ich keine Angst zu haben brauchte und dass er sich freute mich hierzuhaben. Der Ältere kam mir nicht näher, wollte mich nicht umarmen und ich war ihm sehr dankbar dafür, denn trotz dessen, dass er mich nach Jahren das erste Mal wiedersah, bemühte er sich sehr darum mich nicht zu überfordern und zu verängstigen. Er schaffte es bisher besser als meine Mutter, doch sagte das nichts aus. Auch dieser Mann konnte im Endeffekt noch aggressiv werden, wenn ich ihm nicht bald schon begann zu vertrauen und das würde im gleichen Augenblick bedeuten, dass ich nie mehr wieder zu meinen Eltern gehen würde. Sie würden lernen müssen, dass ich nicht so aufgeschlossen und mutig war wie ihre Tochter, dass ich eine Menge Zuneigung und Worte benötigte, bis ich ein wenig ruhiger wurde und vor allem, dass man mich nicht zu etwas drängen durfte, denn sonst reagierte ich schnell panisch. Hier hieß es Vertrauen gewinnen und es nicht verlieren.

„Patrick freut sich auch sehr dich und Sonja kennenzulernen, Monty! Wir haben uns extra noch gestern auf den Weg hierher gemacht und wurden von Alex reingelassen...", erzählte Manuel, während er mich zärtlich streichelte und so dafür sorgte, dass ich mich näher an ihn kuschelte. Egal, was der Jüngere machte, er war derjenige zu dem ich als erstes ging, wenn ich ein Problem hatte und ich wusste er würde mich immer beschützen, da würde sich nichts dran ändern. Nun kannte ich den Namen meines Vaters, er hieß Monty und irgendwie gefiel mir dieser Name sehr, er war selten, denn auch wenn ich hunderte von Menschen und Hybriden kannte, so hieß meines Wissens noch nie jemand. Mein Vater lächelte Manuel ebenso sanft an wie mich, beäugte stumm unser Verhalten und stützte schlussendlich seinen Kopf auf einer seiner Hände ab. „Hat er uns schon erzählt! Du hast Patrick gestern scheinbar bis nach oben ins Schlafzimmer getragen, obwohl du müde wie sonst was ausgesehen hast und wolltest ihn auch nicht allein lassen! Sonja hat mir schon erzählt, dass du ein sehr gewissenhafter Mann bist und dich gut um unseren Sohn kümmerst. Ich danke dir dafür!", antwortete der Braunäugige, dabei wirkte er ehrlich und noch während er sprach konnte ich beobachten, wie die Wangen meines Liebsten sich rot färbten vor Scham, was mich wiederrum seine Nähe suchen ließ. Der Grünäugige hatte in der Nacht alles dafür getan, dass ich ruhig schlafen konnte und ausgeruht war, er war bei mir geblieben, obwohl ihm Alex ein Zimmer angeboten hatte und war erst ruhig geworden als ich mich schutzsuchend an ihn geschmiegt hatte, so wie immer. Wir beide brauchten die Nähe des anderen, es war einfach so und ich war glücklich über die Tatsache, dass er mich ohne zu überlegen bei sich behielt, sogar darauf bestand mich bei sich zu behalten, obwohl er auch ein Zimmer nur für sich haben konnte. Lieber war er bei mir, kuschelte mich warm und gab mir seine ganze Zuneigung.

Schüchtern lächelte mein Käufer. „Ich schlafe schon seitdem ich ihn gekauft habe mit Patrick in einem Bett. Er ist von Anfang an sehr unruhig gewesen und dann bin ich eben bei ihm geblieben, weil ich dachte, dass er so vielleicht ein wenig besser schlafen könnte! Das hat dann tatsächlich irgendwann so gut funktioniert, dass er nirgendwo anders mehr schlafen wollte und ich mich so sehr an ihn gewöhnt habe, dass ich selbst ganz unruhig geworden bin, wenn er nicht bei mir geschlafen hat. Und gestern wollte ich einfach nur, dass Patrick sich gut ausruht, damit er heute fit ist. Da war mir meine Müdigkeit gestern ganz egal...", sprach mein Freund aus, doch galt sein Blick nicht meinem Vater, sondern allein mir. Ein verliebtes Lächeln war auf seinen Lippen zu erkennen und obwohl ich mich in der Nähe des Katers neben uns sehr unwohl fühlte, lehnte ich mich an den Körper des Größeren, um zu zeigen, dass ich seine Gesten wertschätzte. Ohne etwas dafür zu verlangen, nicht einmal meiner Liebe wegen, bemühte sich Manuel darum mir mein Leben so einfach und schön wie möglich zu machen. Das tat er aus reiner Liebe und ich würde ihm gerne dafür danken, ihm endlich das geben was er wollte, sich von ganzem Herzen wünschte, doch ich konnte es einfach nicht. Auch ich wollte ihn gerne küssen, sanft und vorsichtig, doch der richtige Moment dafür war noch nicht gekommen. Ich würde ihn sofort nutzen, wenn er sich mir anbot und wenn mich der Pfau ließ, würde ich ihn darum bitten gemeinsam mit Daniel in einen Wald zu gehen, so wie wir es schon seit Anfang an geplant hatten. Er hatte sein Versprechen wegen der Arbeit nicht halten können, doch nun, an einem freien Tag, da würde der Brünette sicher nichts dagegen haben mir den eigentlichen Lebensraum seines Mischtieres zu zeigen.

Schmunzelnd musterte mein Vater uns, sagte jedoch nichts weiter. Seine Ohren zuckten in die Richtung der Küche und genau aus dieser Richtung kamen nun Daniel und meine Schwester zu uns hinübergelaufen, beide mit jeweils einem Teller in der Hand, auf dem zwei Pfannenkuchen lagen. Sie waren mit einer Art braunem Sirup übergossen worden, was mich verwunderte. Manuel hatte mir bei unserer ersten gemeinsamen Autofahrt nach Hause ein wenig Schokolade gegeben, da er nicht damit gerechnet hatte gleich mit drei neuen Familienmitgliedern nach Hause zu fahren und nur noch das hatte, und seitdem stand ich voll auf jegliche Art von Süßigkeiten. Ich aß niemals viel davon, wenn mir mein Freund etwas mitbrachte, da ich dazu neigte, wenn ich einmal anfing etwas zu essen, gleich alles davon zu vernichten und im Endeffekt alles wieder auszuspucken, da mein Körper zu viel Essen auf einmal nicht vertrug. Dass Manuel jedoch scheinbar meiner Mutter mitgeteilt hatte, dass ich Süßes mochte. Mir war jetzt schon bewusst, dass ich kaum etwas hiervon essen würde und doch würde ich mir Mühe geben so viel runterzubekommen, wie es mir nur irgendwie möglich war. Sonja hatte sich große Mühe dabei gegeben uns etwas Leckeres zu machen, was Manuel und mir gefiel, da wäre es respektlos von mir ihr Essen abzulehnen, auch wenn ich ein wenig davon gegessen hatte. Manuel würde seine beiden Eierkuchen sicher schaffen, doch meine Reste nicht und Daniel wollte ich diese nicht geben, er hatte etwas Besseres als das verdient.

„Da, was Leckeres zu essen für euch! Die sind echt mega!", meinte Daniel, während er Manuel und mir unsere Teller gab und sofort grinste der Mann unter mir belustigt als er die Worte seines Arbeiters vernahm. „War ja klar, dass du das sagen würdest, du kleiner Vielfraß! Wenn du so weitermachst wirst du noch rund, dann kann ich dich durch die Gegend rollen!", entgegnete der Schauspieler, was den Wolf schmollen ließ. Wieder einmal neckte der Grünäugige seinen Begleiter und ich hatte sofort das Gefühl in Sicherheit zu sein, fühlte mich geborgen und das ließ mich automatisch leicht lächeln. Die Freundschaft der beiden war für mich etwas ganz Besonderes, sie schien mir unkaputtbar zu sein und obwohl mein Herz Manuel gehörte, sowie das seine mir, empfand ich Daniel als niedlich und wollte auch so von ihm behandelt werden, wie er Manuel behandelte. Der Wolf wirkte im Umgang mit dem Schauspieler besonders liebevoll, es war beinahe, als wenn er ihn mehr respektieren würde als sich selbst und auch, wenn der Grünäugige hin und wieder Mal über die Stränge schlug, ließ er sich das ganze gefallen und erwiderte spielerisch etwas. Hätte mich dieser Mann aus dem Gefängnis befreit und nicht der Pfau, hätte er mich genauso behandelt, dann war ich mir sicher, dass ich mich in ihn ebenso verliebt hätte wie in meinen Käufer. Trotz anfänglicher Angst vor ihm, fand ich den Älteren hübsch mit seiner Brille und den flauschigen, braunen Haaren, dem durchtrainierten Körper und den lustig wackelnden Wolfsohren auf seinem Kopf. Es war entspannend in seinen Armen zu liegen, von ihm gekrault zu werden und nebenbei seine wunderschön tiefe Stimme hören zu können, doch war der Mann, den ich stattdessen meine große Liebe nennen durfte genauso gut. Nicht so muskulös, aber er war aufmerksam und gab mir seine ganze Liebe.

Unbemerkt schlich sich Sonja in das Wohnzimmer, setzte sich ohne zu zögern auf den Schoß ihres Mannes und lächelte noch immer überglücklich, betrachtete mich liebevoll. Sofort setzte ich mich aufrecht hin und sah Daniel dabei zu, wie er mitsamt Madina auf den Schultern den Raum verließ, beobachtete wachsam meine Eltern und blickte nur einmal kurz meinen Herrn an, welcher mich auffordernd musterte. Den noch leicht dampfenden Pfannkuchen zerriss mein Freund, zumindest an den Seiten wo kein Sirup hingelaufen war und ich tat es ihm sofort gleich, was mich jedoch nicht davon abhielt mich an den waren Körper unter mir heran zu schmiegen. Nun wurde ich wieder unsicher, hatte keine Ahnung, was mich nun für ein Gespräch erwarten würde. Ich hatte Tage lang Zeit gehabt, um mir Fragen auszudenken, mich hier rauf gut vorzubereiten und nun saß ich hier, wusste nur noch, dass ich gerne wissen wollte, wieso mich meine Eltern hatten gehen lassen. Wenn sie mich liebten, dann mussten sie doch alles in ihrer Macht Stehende versucht haben, um mich zu behalten und vor diesem grausamen Schicksal zu retten, welches mir widerfahren war. Eltern beschützten ihr Kind mit ihrem Leben, sorgten dafür, dass es ihm gut ging und vielleicht war es ungerecht von mir das zu denken, schließlich wusste ich nichts von damals, doch in dieser Aufgabe hatten die beiden versagt. Ich hatte Dinge erlebt und gesehen, die würde mir niemand glauben, ich war kaputtgemacht worden und das war etwas, worüber ich mittlerweile nicht einmal mehr wütend war, ich nahm es einfach so hin.

„Dürfen wir euch vielleicht ein paar Fragen stellen? Das würde es Patrick sicher einfacher machen euch zwei besser kennenzulernen...", begann Manuel ein Gespräch, bevor er sich ein Stück Eierkuchen in den Mund stopfte und mir dabei zusah, wie ich es ihm gleichtat. Sofort nickte meine Mutter bestätigend, während sie begann sich an die Brust ihres Mannes zu legen und ihn sanft hinter den Ohren zu kraulen. Liebevoll küsste Monty meine Mutter auf die Wange, schloss entspannt seine Augen und genoss es gestreichelt zu werden, da hatte ich eindeutig etwas von ihm abbekommen. „Wie habt ihr zwei euch kennengelernt, wäre jetzt Mal meine erste Frage an euch!", begann Manuel, was meinen Vater unterbewusst zum lächeln brachte. Vorsichtig sah ich die beiden an und aß mein Frühstück. Ich würde nach dieser Frage in die Hose meines Liebsten greifen, sein Handy herausholen und die einzige Frage aufschreiben, die mir brennend auf der Zunge lag. „Ich bin in einer sehr wohlhabenden Familie aufgewachsen, müsst ihr wissen. Damals, als die Welt noch von uns Menschen regiert wurde, da war sowas wie ein Hybrid das größte Zeichen von Reichtum was man besitzen konnte und jeder wollte einen haben! Besonders Fuchs-Hybriden und sowas wie du, Pfauen-Hybriden, eben alles, was gefährlich oder interessant ausgesehen hat, waren angesagt und es hieß, je teurer desto besser. Zu meinem achtzehnten Geburtstag haben meine Eltern mich in eines der teuersten Hybriden-Heime mitgenommen, die es zu dieser Zeit gab, weil alle dort gezüchteten Hybriden wirklich gute Qualität hatten, also so wurde es damals zumindest gesagt und ich sollte mir einen Hybriden aussuchen, der etwas ganz Besonderes ist und mit dem ich bei allen angeben konnte, so viel ich will! Ich habe mir wirklich jeden einzelnen Hybriden angesehen, von Pfau über Jaguar bis Kaninchen und dann, in der hintersten Ecke dieses Ladens, da habe ich dann diesen kleinen Engel gefunden und war sofort verliebt in ihn! An seinen Blick erinnere ich mich bis heute noch, wisst ihr? Er war damals ganz aufgeregt, als ich zu seinem Käfig gegangen bin und hat gar nicht geglaubt, dass sich tatsächlich jemand für ihn interessiert, denn damals waren nicht alle Hybriden gleich viel wert, da war ein einfacher Katzen-Hybrid das langweiligste was es gegeben hat, aber das hat mich kein bisschen interessiert. Mein Vater hat zwar versucht mich von ihm abzubringen, aber das habe ich nicht eingesehen und so bin ich mit meinem süßen kleinen Monty nach Hause gefahren!"

Gespannt hörte ich meiner Mutter beim erzählen zu, während ich einige Parallelen zu mir und Manuel erkannte. Der Jüngere hatte sich vor mir hunderte Menschen angesehen, war jedoch nachdem er mich gesehen hatte sofort bereit mich zu kaufen, egal wie viel es kostete und ihm war es genauso egal, dass ich ein unnützes Stück Dreck war, er hat sich nicht von irgendjemandem beirren lassen und hat mich einfach gekauft. Unsere Geschichte war tatsächlich der meiner Eltern sehr ähnlich, jedoch nicht gleich. Manu musste sich mein Vertrauen erst hart erkämpfen, hat Wochen gebraucht, um mich zum sprechen zu bringen und tat alles dafür, dass ich mich wohlfühlte, das war bei Sonja und Monty ein wenig anders. Mein Vater musste unendlich glücklich gewesen sein, dass sich jemand für ihn interessiert hatte und mit Sicherheit waren die beiden von Anfang an vertraut miteinander. Ich war in den ersten Tagen kein bisschen glücklich über die Aufmerksamkeit meines Liebsten, zu sehr nagte meine Vergangenheit an mir und das war teilweise noch heute so, doch arbeitete der Schauspieler konsequent mit mir daran, dass ich meine Angst gegen alles verlor, was mich verunsicherte. Obwohl unsere beiden Geschichten so unterschiedlich waren, hatten sie doch auch einiges gemeinsam und ich war glücklich darüber, denn es zeigte mir, dass ich mit meinen Eltern ein wenig was gemeinsam hatte.

Zögernd griff ich in die rechte Hosentasche meines Liebsten, wovon sich dieser jedoch nicht beirren ließ. Ohne zu überlegen gab ich meinen Geburtstag ein, um die Notizen öffnen zu können und meine Frage einzutippen. „Patrick übt übrigens gerade ein wenig das schreiben und lesen! Das macht er wirklich klasse bisher. Er hat sich das ganze selbst beigebracht, mit ein wenig Hilfe von meinem Bruder und YouTube. Das braucht zwar noch ein wenig Zeit, bis er mit dem schreiben fertig ist, aber es macht mich stolz, dass er sich innerhalb eines Monats so sehr weiterentwickelt hat...", lächelte mein Freund, um die Zeit zu überbrücken, in der ich langsam auf der Tastatur herumtippte und sofort schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen, während meine Wangen rot wurden. Es war niedlich von dem Größeren, dass er mir unterbewusst solche Komplimente machte und sagte, wie stolz er auf mich war, weil ich mir durch Claus Hilfe das Schreiben beigebracht hatte. Ich hatte mir das schreiben nur wegen ihm beigebracht, um Manuel ein wenig nützlicher zu sein und ihn bei dem was er tat unterstützen zu können, indem ich zumindest auf Papier kommunizieren konnte, von mir aus selbst hätte ich erst einmal darauf verzichtet, denn ich war gut ohne diese Fähigkeit zurechtgekommen. Alles was ich tat hing mit dem Pfau zusammen, egal was. Er sollte stolz auf mich sein, sich über mich freuen und mir sein Lächeln schenken, dafür würde ich alles tun.

„Hauptsache er lernt es überhaupt! Das ist das wichtigste und solange du ihn dabei unterstützt ist alles in bester Ordnung. Wir sind sowieso stolz auf euch beide. Du Manuel hast unseren Sohn gerettet und ihn uns wiedergebracht und Patrick kämpft sich zurück ins Leben! Monty und ich könnten nie stolzer auf euch sein...", sprach meine Mutter erneut und obwohl ich gehofft hatte zumindest ein bisschen Zustimmung meines Vaters zu bekommen, ließ sich dieser still kraulen und hatte nicht einmal das Verlangen aufzusehen. Da war ich ihm sehr ähnlich, denn begann Manuel mich einmal so sehr zu verwöhnen, dann ließ ich mich einfach fallen und beschwerte mich stets mit einem traurigen Blick, wenn er aufhörte mir seine Liebe zu schenken. Ich war ein anstrengender Mann, der es hasste alleingelassen zu werden und sehr viel Aufmerksamkeit brauchte, doch das war meinem Käufer mittlerweile bewusst geworden. Er bemühte sich stets darum mich so zu behandeln, wie ich es brauchte und ich gab ihm mit Kuscheleinheiten etwas zurück, versuchte ihn zum lächeln zu bringen und glücklich zu machen, auch wenn das noch längst nicht genug für seine Aufopferungen war. Für mein Wohlergehen tat er alles, er vernachlässigte sich selbst und schlief nicht mehr genug, damit ich in Ruhe schlafen konnte und das tat er alles, um mich glücklich zu sehen. Damit ich ein Lächeln auf den Lippen hatte, gab er alles und ich beschloss ihm das zurückzugeben, egal wie.

Grinsend fütterte mich mein Liebster mit meinem Frühstück, während ich meine Frage aufschrieb und nebenbei auf dem Pfannkuchen herumkaute, welcher um einiges besser schmeckte als es die meinen taten. Ich überlegte hin und wieder Mal wie ein Wort geschrieben wurde, ehe ich nach dem richtigen Buchstaben suchte und weitermachte. Geduldig warteten meine Eltern darauf, dass ich eine Frage stellte und beobachteten uns schmunzelnd dabei, wie liebevoll wir miteinander umgingen. Es war für uns ganz normal so eng umschlungen dazusitzen, miteinander zu essen und wären wir allein, würde uns niemand beobachten, dann hätte ich den Grünäugigen nun liebevoll auf die Wange oder Stirn geküsst, doch das würde ich mir vor jemandem mir fast komplett fremden nicht trauen. Schon bei Michael und Maurice hatte ich lange gebraucht, um meinem Käufer näher zu kommen während die beiden da waren und hier würde ich mindestens genauso lange brauchen, besonders da ich keine Ahnung hatte, ob sie es gut fanden, dass ich mit einem Pfau wie Manuel so eng war oder ob sie sich für mich jemand anderen vorstellten, eine junge Katzen-Hybridin, mit der ich ihnen Enkelkinder geben konnte. Mir war ihre Meinung in diesem Sinne komplett egal, ich würde für sie nicht den einzigen Mann verlassen, den ich liebte und der mich so behandelte als wäre ich tatsächlich etwas wert.

Als ich fertig war meine Frage auszuformulieren, hielt ich meinem Liebsten das Handy hin und ließ ihn lesen, was ich versucht hatte auszudrücken. Mit jedem neuen Wort was er las wurde er unsicherer, bis er mich am Ende einfach nur überlegend ansah und versuchte meine Frage so zu formulieren, dass es nicht allzu verletzend klang. Ich achtete nicht darauf wie meine Worte klangen, denn schließlich kannte ich das Paar vor mir nicht wirklich und wenn ich keine Verbindung zu ihnen hatte, konnte ich sie mit einer einfachen Frage nicht verletzen. „Patrick fragt, wie es dazu gekommen ist, dass er von euch beiden getrennt wurde und in Köln gelandet ist...", stellte Manuel schlussendlich meine Frage und ich war erstaunt wie gut er etwas umformulieren konnte, ohne dass der Satz ein komplett anderer war. Sofort erkannte ich, wie meine Mutter zu zögern begann und auch, wie das Gesicht meines Vaters sich leicht verzog, doch da mussten sie nun durch. Ich wollte erfahren wer ich war, wer die beiden waren und wieso ich diese Qualen durchleben musste. Es würde mir nichts bringen, schließlich war alles was bisher geschehen war nicht mehr rückgängig zu machen und doch wollte ich ein wenig über meine Vergangenheit erfahren. Vielleicht hatte ich sogar noch ein wenig Freiheit erlebt, war als kleines Baby glücklich und hatte eine Zukunft, das war zumindest das, was ich mir bei der Vorgeschichte meiner Eltern vorstellen konnte.

„In Ordnung, das ist eine wirklich gute Frage! Erstmal musst du wissen, dass du noch in Freiheit geboren wurdest. Ich bin mit deinem Vater von Hamburg nach München gezogen, nachdem ich mit dir schwanger wurde und du kannst nicht glauben wie glücklich ich war dich dann endlich in den Armen gehalten zu haben! Du warst so winzig und bist ein paar Wochen zu früh geboren worden, aber wie man sieht bist du ein kleiner Kämpfer, der nicht aufgegeben hat. Wir waren so stolz darauf dich zu haben und eine echte, kleine Familie zu sein...und dann kam der Tag, an dem ich mit dir zusammen einkaufen war, weil dein Vater krank gewesen ist und nicht auf dich aufpassen konnte. Nach und nach wurden alle freilaufenden Menschen von einer riesigen Gruppe Hybriden eingefangen und in eines der vielen Hybriden-Heime aus der Nähe gesteckt. Ich konnte mich nicht wehren, schließlich war ich mit dir allein und du warst viel zu jung, um von selbst weglaufen zu können, also bin ich ohne etwas zu sagen mit ihnen mitgegangen. Es hat Wochen gedauert, bis Monty uns gefunden hat und selbst dann durfte er uns nicht mit nach Hause nehmen, ich weiß bis heute nicht wieso! Wir haben versucht zumindest dich aus diesem Heim rauszubekommen, weil du ja trotz dem Großteil deines menschlichen Aussehens ein Hybrid bist, aber da dafür erst einmal ein für uns viel zu teurer DNA-Test verlangt wurde, blieb uns nichts anderes übrig als zu warten. Monty hat lange gespart, um mich und dich freizukaufen, aber als er dann endlich das Geld für deinen Test und mich zusammen hatte, da hieß es, dass jemand anderes dich gekauft hat und das hat mein Leben endgültig zerstört. Ich habe wirklich alles versucht, ich habe nach diesen Hybriden getreten und geschlagen, die dich mir wegnehmen wollten, aber sie waren in der Mehrheit. Danach habe ich dich nie mehr wieder gesehen! Man hat mir meinen Arm amputiert, aber das hat mich alles nicht interessiert. Diese Hybriden haben uns das einzige genommen, was wir mit ganzem Herzen geliebt haben! Aber dafür sitzt du ja jetzt hier und ich danke euch beiden dafür, dass ihr uns die Chance gebt zumindest ein bisschen für euch da zu sein!"

Schockiert hörte ich auf zu essen, sah meine Eltern stumm an und senkte schlussendlich meinen Blick. Sie hatten mich wirklich lieb, meine Mutter hatte wegen mir ihren Arm verloren und so viel Leid erfahren, dabei hätte sie sicher ohne mich fliehen können. Ich war schuld daran, dass zwei wunderbare Menschen getrennt wurden und alles versuchen mussten, um einen Nichtsnutz wie mich zu retten, es tat mir so leid. Wäre ich nie geboren worden, hätten meine Eltern nicht so viel Grausamkeit und Trauer erleben müssen, wären niemals in so eine Lage gekommen und doch war ich nun da, saß auf ihrer Couch und aß ihr Essen. Dass sie sich überhaupt freuen konnten mit mir Zeit zu verbringen, wo ich sie doch todtraurig gemacht hatte, es war ein Wunder und immer mehr tat es mir leid, dass ich nicht mit ihnen sprach, sie nicht an mich heranließ und auch sehr vorsichtig im Umgang mit ihnen war, so als könnten sie mir irgendetwas antun. Beide gaben sie sich riesige Mühe um mich freundlich willkommen zu heißen, sie akzeptierten selbst Manuel hier und versuchten sich mir zuliebe zurückzuhalten, damit ich mich ein wenig wohler in der mir neuen Umgebung fühlte. Mein Herz sagte, ich musste mich unbedingt bei den beiden entschuldigen und mich bei ihnen für ihre Gastfreundschaft bedanken, doch mein Kopf vernichtete diese Tat innerhalb eines einzigen Momentes. Es war wie bei Manuel, als ich ihm das erste Mal im Bad sagen wollte, dass ich ihn liebhatte, ich öffnete meinen Mund und wollte sprechen, doch nicht ein einziger Ton verließ meinen Mund. Ich schwieg und meine Augen füllten sich mit Tränen der Reue.

„Hey, nicht weinen, alles ist gut! Ich bin doch da...", murmelte mir mein Liebster ins Ohr, während er seinen Teller beiseite stellte und begann mir zärtlich durch die Haare zu kraulen, meinen Kopf an den seinen zu drücken und trotzdem nahm ich mir erneut das Handy zur Hand, begann etwas Neues einzutippen. Schniefend gab ich mir Mühe die richtigen Buchstaben zu treffen, während mein Käufer mir seine Liebe gab und auf mich aufpasste. So sanft wie nur irgendwie möglich zog er mich näher, wisperte mir zu, dass ich gar keinen Grund hatte zu weinen und doch tippte ich in die Notizen ein, dass es mir leidtat wie viel Schlechtes meine Eltern erlebt hatten durch mich und wie gerne ich doch mit ihnen sprechen wollte, doch genau das nicht möglich war, wieso auch immer. Es war so unfair, dass ich nicht dazu fähig war mich meinen eigenen Eltern verständlich mitzuteilen und je länger ich darüber nachdachte, desto schneller wollte ich zu dem Psychologen, von dem Manuel die ganze Zeit über schwärmte, damit dieser mir helfen und mich wieder reparieren konnte. Für all die Qualen, welche meine Eltern für mich durchlebt hatten, wäre es nur gerechtfertigt zumindest ihnen meine Stimme sofort zu zeigen und mich bei ihnen zu bedanken, doch mein Kopf wollte es einfach nicht, er war schuld, allein er. „Patrick tut es leid, dass ihr wegen ihm traurig wart und er würde gerne mit euch reden, aber er schafft es nicht. Außerdem bedankt er sich dafür, dass ihr ihn so kaputt wie er ist akzeptiert!"

Ohne meine Worte wirklich zu verändern las mein Käufer das Geschriebene vor. Sein Blick sprach Bände, ihm sagte das was ich dachte kein bisschen zu und ich sah ihm an, dass er mich am liebsten küssen wollte, mir all meine negativen Gedanken nehmen wollte, doch er ließ es sein. Verunsichert sah ich meine Eltern an, welche noch viel schockierter waren als mein Freund, der zu gut wusste, was für ein schlechtes Selbstbild ich von mir hatte. Er hatte sich schon daran gewöhnt mich hin und wieder mal sanft zurechtzuweisen, mir zu sagen, dass ich so etwas gar nicht erst anfangen sollte zu denken, doch meine Eltern konnten damit nicht rechnen. Sie wussten nichts von all dem, was ich ohne sie erlebt hatte und würden es auch erstmal nicht durch mich erfahren, demnach konnten sie sich nicht auf meine leicht depressive Art zu denken vorbereiten und das erwartete ich auch gar nicht. „Patrick, du bist nicht kaputt, wie kommst du denn nur auf sowas? Ich sollte mich bei dir entschuldigen, nicht du bei mir, schließlich hätte ich dich damals auch einfach ein bisschen besser beschützen können, dann wärst du nie in Gefangenschaft aufgewachsen und reden könntest du sicher auch. An nichts was passiert ist, hast auch nur irgendwie du Schuld, verstanden? Es ist unsere Schuld, dass wir nicht gut genug auf dich aufgepasst haben und wir werden uns alle Mühe der Welt geben, um das irgendwie wieder gut zu machen, aber diese zwanzig Jahre Leid können wir dir so gerne wir es wollen nicht nehmen. Wir sind unglaublich stolz auf dich, Patrick und das werden wir auch immer sein! Du hast es geschafft dich ganz allein durch diese Zeit im Gefängnis zu schlagen und hast gekämpft bis zum geht nicht mehr, das können nicht viele von sich behaupten und hey, dass du nicht vor uns sprichst ist in Ordnung, damit kommen wir klar. Es ist okay, wenn du dich erst einmal ein wenig zurücklehnst, uns kennenlernst und mich dich bemuttern lässt!"

Meine Sicht war durch die Tränen verschwommen und doch nickte ich vorsichtig, wurde nebenbei zärtlich von Manuel gestreichelt und lehnte mich so nahe an ihn, dass er meinen Atem mit Sicherheit auf seiner Wange spüren konnte. Auch jetzt noch, obwohl ich erwachsen war und mich selbst versorgen könnte, hätte ich einen Beruf und Geld, wollte meine Mutter sich um mich kümmern und das fand ich wirklich lobenswert. Madina war klein, brauchte bei vielem sicher Hilfe und bei ihr konnte sich Sonja ganz nach ihren Wünschen austoben, doch trotzdem wollte sie mir ebenso Liebe schenken und dafür sorgen, dass ich es gut hatte, es war ein Zeichen von noch immer vorhandenem Mutterinstinkt mir gegenüber. Ebenso merkte ich wohl eher nebenbei, dass die Brünette ganz klar die Oberhand bei Gesprächen mit anderen hatte und dass mein Vater recht passiv war, sich lieber nicht zu sehr einmischte, um dafür ein wenig mehr Zärtlichkeit abzubekommen, woran ich ganz klar merkte, dass der Ältere in Gefangenschaft großgeworden war. Er ordnete sich auch nach mehr als zwanzig Jahren noch seiner ursprünglichen Besitzerin unter, suchte statt zu reden ihre Sicherheit und irgendwann würde ich sicher auch so sein. Dann würde ich mich an Manuel kuscheln, ihn reden lassen und einfach den Tag genießen, so wie er kam.

Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich mich endlich beruhigt hatte und noch ein wenig aß. „Sagt mal, was sind das eigentlich für Armbänder?", fragte nun mein Vater, welcher bisher nur still da saß und wie automatisch wanderte mein Blick zu meinem Arm, um die kleine Kette mit weißen Perlen zu betrachten. Seitdem Noah sie uns gegeben hatte, setzte ich sie nur noch zum baden ab und trug sie mit Freude, denn noch immer war ich glücklich über den Gedanken, dass mich der kleine braunäugige Junge mit Manuel verlobt hatte. Er wollte unbedingt, dass ich sein Onkel wurde und schloss mich von Anfang an in sein Herz, obwohl er nicht wusste, dass ich damals noch nicht als Hybrid galt. Kinder waren so unschuldig und niedlich, ihnen war es egal wer ihnen gegenüber stand, sie spielten mit jedem gerne und das liebte ich so sehr an Kindern. Es war für mich wirklich traurig, dass ich kein eigenes kleines Wunder in meinen Armen halten konnte, um das ich mich kümmern konnte, doch konnte ich meinem Liebsten nicht verübeln, dass er noch nicht bereit dafür war ein Kind zu haben. Der Jüngere war erst siebzehn, aus der Sicht der Menschen war er nicht einmal volljährig und deshalb durfte ich nicht erwarten, dass er sein lustiges, spaßiges Leben schon jetzt opferte, nur um mir meinen Kinderwunsch zu erfüllen.

Schmunzelnd begann auch Manuel das Armband zu betrachten. „Mein Neffe Noah hat uns die gebastelt. Er wollte, dass ich Patrick heirate, damit er sein Onkel ist und naja, wir sind zwar nicht verheirate, aber irgendwie miteinander verlobt!", lautete die Erklärung meines Liebsten, weshalb meine Eltern erstaunt zu uns hinüber guckten. Sofort errötete ich und versteckte meinen Kopf hinter dem des Größeren, da es mir unangenehm war so angesehen zu werden. Wir kannten uns keine zwei Monate und trotzdem hatte der Pfau sich ohne zu zögern auf mich eingelassen, sich mit mir verlobt und obwohl ich erst dachte, es war ein Spaß, um seinen Neffen glücklich zu machen, schien er es wirklich ernst zu meinen. Er stand zu der Entscheidung und erzählte das auch meinen Eltern, ohne zu zögern, was mich stolz machte. Vorhin noch hatte ich gemerkt, wie groß seine Angst war von ihnen abgelehnt zu werden und nun stellte er sich ohne zu zögern seiner Angst, erzählte ihnen, dass er mein Verlobter war und hoffte akzeptiert zu werden. Beruhigend begann ich leise zu schnurren, mich näher an ihn zu schmiegen und wurde sofort lächelnd auf die Stirn geküsst, still beachtet. Von außen betrachtet würde man niemals denken, dass wir nicht einmal zusammen und theoretisch verlobt waren, man würde einfach nur denken, wir waren ein frisch verliebtes Paar und das gefiel mir.

Sanft sahen uns meine Eltern schließlich an. „Na dann heißen wir dich herzlich willkommen in unserer Familie!"

(...)

Glücklich und zufrieden lächelnd lief ich neben meinem Herrn her, hielt ihn an der Hand und sah nebenbei achtsam Daniel dabei zu, wie er mit meiner kleinen Schwester auf den Schultern vor uns her ging. Die beiden verstanden sich prächtig miteinander, der Wolf kümmerte sich seit dem Morgen am gestrigen Tag liebevoll um sie und spielte mit ihr, brachte ihr das Essen und munterte sie auf, als sie erfuhr, dass wir heute schon wieder nach Hause fahren würden. Um ihr noch einmal ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern hatte der Manager meine Eltern gebeten Madina mit in einen Park nehmen zu dürfen, was die beiden jedoch nur verunsichert zugelassen hatten, da sie den Wolf kaum kannten und da ich sofort von dieser Idee rauszugehen begeistert war, beschloss Manuel mit mir die beiden zu begleiten. Wir liefen vierzig Minuten durch die Straßen Münchens, bekamen von meiner Schwester eine kleine Rundführung und irgendwann ließen Manu und ich uns ein wenig zurückfallen, um in Ruhe nebeneinander herlaufen zu können. Immer wieder lächelte mich mein Liebster sanft an, wirkte fast schon glücklicher als ich und das war im Moment vielleicht auch so, doch nur, weil ich nervöser war als jemals zuvor. Ich hatte mir vorgenommen mich endlich zu trauen ihm den Kuss zu schenken, welchen er sich so sehnlichst wünschte und doch hatte ich die Angst es zu überstürzen, ich wusste nicht einmal wieso.

„Ist was, Süßer? Du siehst so betrübt aus...", fragte mich mein grünäugiger Begleiter sanft, jedoch trotzdem klar besorgt und sofort senkte ich schüchtern meinen Blick, da ich wusste, wie achtsam Manuel war, wenn es um mich ging. Er merkte mir stets an, wenn mich etwas beschäftigte und stand mir bei, ganz egal ob uns sein Arbeiter hören konnte oder nicht. Sofort schüttelte ich meinen Kopf und bemühte mich um ein ehrliches Lächeln. Der Pfau sah mir an, dass ich sehr wohl etwas auf dem Herzen hatte und doch beließ er es dabei, sah mich einfach nur überlegend an. Mich zu etwas zu drängen hatte keinen Sinn, ich würde ihm sowieso nicht antworten, egal was er versuchte und deshalb nickte er nur, ohne mich weiter anzusehen. Unruhig sah ich mich in der Gegend um, sah jedoch keinen anderen Hybriden und das war der Grund dafür, dass ich mich näher an ihn drückte. Er wirkte auf einmal so verletzt, weil ich ihm nicht die Wahrheit sagte und das gab mir ein ganz schlechtes Gewissen, so sollte der Jüngere nicht gucken. Wie auf Knopfdruck blieb der Brünette mit mir stehen, betrachtete mich verwundert und umschloss zärtlich meinen Körper als ich mich schutzsuchend an ihn lehnte. Daniel und Madina liefen einfach weiter, beachteten gar nicht, dass sie sich immer mehr von uns entfernten und das interessierte mich auch nicht.

Liebevoll hauchte mir Manuel einen Kuss auf die Schläfe. „Ist gut, Kleiner, alles wird wieder gut...ich bin für dich da! Sag mir einfach was dich bedrückt, dann finden wir zusammen ganz schnell eine Lösung für dein Problem, ja? Ich liebe dich!", sagte mein Liebster, während ich es einfach genoss bei ihm zu sein und den frischen Wind um meine Nase herum zu spüren, der durch den Frühling nicht ausblieb. Um uns herum war ein dichter Wald in welchem irgendwann ein kleiner Spielplatz kommen sollte und ich merkte, wie es schon dunkel wurde, jedoch nur langsam und gemächlich. Hier und da konnte ich einen Kuckuck oder Specht hören, doch in diesem Moment war es einfach still. Ich hörte nur den leicht erhöhten Puls Manuels, spürte seinen warmen Atem, der immer wieder auf meiner Wange aufkam und das beruhigte mich sehr. Immer wieder strich mir mein gegenüber sanft über den Rücken, wartete geduldig darauf, dass ich etwas sagte und ich begann zu lächeln. Der Schauspieler hatte keine Hemmungen mehr, wenn es darum ging mir klar und deutlich zu sagen, dass er mich liebte und das zeigte mir, dass unser gemeinsames Glück tatsächlich nur noch an mir hing. Ich war dafür verantwortlich, dass wir uns küssten, Manuel selbst würde es nicht wagen mich anzurühren, bis ich nicht ausdrücklich bestätigte, dass ich es wollte und allein schon, weil der Größere sich eine solche Mühe gab mich nicht zu bedrängen, würde ich ihm seinen Wunsch erfüllen.

Langsam zog ich meinen Kopf ein wenig zurück, sodass ich direkt in die Augen meines Käufers sehen konnte. Aufmerksam verfolgte er meine Gesten und nur zu gut konnte ich beobachten, wie seine Augen immer größer wurden, je näher ich ihm meinen Kopf entgegen lehnte, doch wagte ich es noch nicht meine Lippen mit den seinen zu verbinden. Keinen Zentimeter bewegte sich der Größere nun mehr, er ließ mich einfach machen und ich sah dieses niedliche, hoffnungsvolle Glitzern in seinen Augen, welches mir zeigte, wie sehr er sich nun danach sehnte einen Kuss mit mir auszutauschen. Eigentlich wollte ich ihn nicht so quälen, auf die Folter spannen, doch gleichzeitig fühlte ich mich auf dem Wanderweg durch den Wald beobachtet. Jederzeit könnte jemand an uns vorbeigehen, uns sehen und darauf ansprechen, dass es unangebracht war sich so in der Öffentlichkeit zu verhalten und genau das wollte ich vermeiden, doch dazu fiel mir nur eine einzige Sache ein. Es war riskant, schließlich wurde mir dieses Verhalten von klein auf als Ungehorsam beigebracht und jeder der es gewagt hatte so etwas zu versuchen wurde auf der stelle vor uns anderen bestraft, sogar härter als ich, doch dieses Mal musste ich es tun, ich musste fliehen.

„Fang mich!", flüsterte ich dem Jüngeren noch in sein Ohr, bevor ich mich von ihm löste, noch verwirrt gemustert wurde und einfach los stürmte, ab in den Wald. Ohne nach hinten zu gucken lief ich voran, an vielen Bäumen und Büschen vorbei, ich stolperte kein Mal über eine plötzlich auftauchende Wurzel und fühlte mich das erste Mal in meinem Leben wirklich frei. Niemand war da, der mich aufhalten konnte zu rennen und mein schnell wie der Wind schlagendes Herz pumpte Blut durch meinen Körper, durch welches mir warm wurde. Nur Manuel hörte ich nach mir rufen, er sagte ich solle stehen bleiben und rief nebenbei Daniel zu, dass alles in Ordnung sei, dabei rannte er mir hinterher, doch ich war um einiges schneller und dass, obwohl ich sehr viel untrainierter war. Niemals war mir klar gewesen wie wunderschön es war einfach zu laufen, sich bis zum Ende auszupowern und das ganze ohne Ziel. Mir war es egal wo ich war, im Wald selbst sah es überall gleich aus und ich war mir sicher, ohne Hilfe würde ich hier nie mehr wieder rausfinden, doch das interessierte mich gerade kein bisschen.

„Patrick, bitte warte!", hörte ich die Stimme meines Herrn, welche mich sofort den Blick zu ihm nach hinten werfen ließ. Erschöpft versuchte er mich endlich zu erreichen, ich sah ihm an, dass er alles gab und als ich das blaue Spray in seiner rechten Hand sah, welches er seitdem er seinen Asthmaanfall hatte immer mit sich mit nahm, da ich darauf bestand, begann ich abzubremsen und mich zu ihm umzudrehen. Schwer atmend blieb der Brünette vor mir stehen und sah mich mit leicht glasigen Augen an, was mich schockierte. Scheinbar war Sport gar nichts für den Pfau, so kaputt wie er einfach nur dastand und nach Sauerstoff rang, es tat mir so leid ihn dazu genötigt zu haben sich so zu verausgaben, doch nachdem er sich schlussendlich wieder aufgerichtet hatte, lag ein schüchternes Lächeln auf seinen Lippen. „Ich bin leider nicht so eine Sportskanone wie du, Süßer. Es war trotzdem schön zu sehen, dass du es scheinbar richtig genießt frei laufen zu können, aber wenn du mich noch lebend bei dir haben willst, solltest du nicht so schnell machen!", schnaufte mein Freund leise, total entkräftet und obwohl ich mich nun gerne für mein Verhalten entschuldigt hätte, stand ich einfach nur still da, sah das gerötete Gesicht meines Liebsten an und merkte, dass er selbst jetzt noch nur das beste in meinen Handlungen sah, trotz dessen, dass ich ihn hatte bis fast ans Ende getrieben mit den Kräften. Vorher hatte er mir noch gesagt, dass er mich liebte und sah mich so hoffnungsvoll an, ich zerbrach innerlich fast daran, wie tapfer er weiter auf mich wartete und auch kein bisschen Druck auf mich ausübte. Und ich hatte ihm noch nicht einmal seine Worte erwidert, dabei wusste ich genau wie viel ihm das bedeuten würde.

Angespannt ging ich einen Schritt auf den Größeren zu, sah mich noch einmal im Wald um und erkannte trotz der Dunkelheit, welche durch die vielen Baumkronen über uns entstand, noch immer alles perfekt. Aufmerksam musterte mich Manuel dabei, so wie auch schon auf dem kleinen Waldweg, doch dieses Mal kam ich ihm zuvor und lehnte mich zu ihm hinüber, stoppte jedoch erneut genau vor seinen Lippen. Sein noch immer beschleunigter Atem prallte auf meinen Lippen ab, was mich jedoch kein bisschen störte. Der Brünette legte mir einfach seine linke Hand auf die Wange, strich zärtlich mit dem Daumen über sie und tat einen Moment später genau dasselbe mit der anderen Hand, um sich ein wenig zu wärmen. Trotz dem Sport war seine Hand eiskalt und ich bewunderte ihn dafür, machte mir gleichzeitig jedoch Sorgen um seine innere Durchblutung. Ich zuckte nicht einmal weg und ließ ihn die Wärme haben, welche er im Moment brauchte, so wie er es sonst bei mir machte. „Möchtest du mich testen, Patrick? Wenn ja, dann kann ich dir versprechen, dass ich dich nicht küssen werde, bis du es mir erlaubt hast. Ich halte mich an das was ich sage, auch wenn es mir wirklich schwer fällt...", meinte mein Käufer, was mir ein letztes Mal bestätigte, dass der Mann vor mir es tatsächlich wert war, dass man um ihn kämpfte. Es war so unwahrscheinlich, dass er sich von all den Personen, die er kannte, darunter auch hübsche Schauspielerinnen und Schauspieler, die ihm ein gutes Leben bieten konnten, genau mich aussuchte und auch alles dafür tat mich zu bekommen, egal wie sehr er dafür mit sich kämpfen musste. Doch das sollte nun vorbei sein, nun war ich mit dem kämpfen an der Reihe.

Entschlossen beugte ich mich die letzten Zentimeter nach vorne, drückte meine Lippen auf die weichen des Jüngeren und sah noch, wie er erstaunt die Augen aufriss, ehe ich die meinen schloss und einfach den Moment genoss. Aus reinem Instinkt legte ich dem Pfau meine beiden Arme um die Taille, drückte ihn dadurch näher an mich und ließ ihn sich leicht nach hinten beugen, doch das ließ der Grünäugige einfach zu. Er gab ohne eine Beschwerde nach, zuckte dieses Mal nicht weg und brauchte ein paar Sekunden, ehe er den Druck auf seine Lippen erwiderte, nebenbei in den Kuss hinein lächelte und sich entspannte. Alles legte ich in diesen Moment rein, meine Angst weggestoßen zu werden, die Freude endlich angekommen zu sein und frei sein zu können, meine ganze Liebe zu ihm und vor allem die Sehnsucht genau das spüren zu dürfen, all diese Gefühle durch ihn kennengelernt zu haben. Dieser Mann hatte mir eine ganz neue Welt gezeigt und mich in diese geführt, hatte mich gelehrt, dass es einen Grund gab zu leben, dass ich doch so vielen etwas bedeutete und er war der Grund, warum ich nun hier sein durfte. Hätte mich Manuel nicht aus dem Gefängnis geholt, dann hätte ich niemals meine Eltern kennenlernen dürfen, keine neue Familie gefunden und mein Lächeln wäre für immer verloren gewesen. Ich verdankte diesem Mann mein Leben und mein Glück, alles was ich hatte und das würde ich ihm nun zurückgeben, egal wie. Er hatte keine Ahnung davon wie sehr ich nun nach seiner Nähe, Liebe und Küssen schmachten würde, was er in diesem Moment ohne es zu wissen tat.

Atemlos lehnte ich meine Stirn an Manuels, brauchte eine Sekunde, um zu verschnaufen. Blinzelnd öffneten sich unsere beiden Augenpaare, fast zeitgleich und als ich hinter ihm seine hundert Augen sah, welche sich vor Schock und Freude aufgerichtet hatten, legte sich ein Lächeln auf meine Lippen. „Ich weiß, dass das jetzt sicher ein komischer Moment dafür, aber ich wollte einfach meine Ruhe, damit ich dir sagen kann, dass...", begann ich zu sprechen, wobei seine Augen vor Neugierde niedlich glitzerten. Voller Hoffnung sah er mich an, unterbrach mich jedoch nicht. „Ich liebe dich, Manuel. Danke, dass es dich gibt!"

~10450 Worte, hochgeladen am 31.12.2020

Das ist tatsächlich das letzte Kapitel, meine Freunde. Ich habe durch maynotmyself_ (Grüße gehen raus, ist eine wahre Ehrenfrau) noch einmal die nötige Motivation gehabt das alles hier in zwei Tagen zu schreiben. Danke an jeden der sich diese Geschichte bis zum Ende durchgelesen hat <3 Bald gibt es noch einen abschließenden Epilog! 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top