5. Baden
Unruhig sah ich zu Boden, versuchte mich allein auf die Nudeln zu konzentrieren, welche dampfend heiß auf einem Teller lagen und von einer leckeren Käsesoße übergossen wurden. Allein der Duft dieses Gerichts ließ mir das Wasser im Munde zusammenlaufen und doch bereitete mir der Gedanke baden zu müssen Magenschmerzen. Manuel beäugte mich ratlos, er verstand meine plötzliche Appetitlosigkeit nicht und auch Claus schien verwirrt von meinem Verhalten. Ich konnte mich nicht ausdrücken, ihnen nicht erklären, dass ich Angst vor Wasser hatte und ich zweifelte daran, dass der Pfau Mitleid mit mir hätte. Wasser war etwas Alltägliches, was man fast überall fand und die Angst davor konnte er nicht verstehen. Niemand könnte es jemals kapieren, wie stark meine Abscheu war und aus welchem Grund ich sie besaß, Michael und Maurice auch nicht.
"Schmeckt dir das Essen nicht? Willst du was anderes haben? Viktoria kann dir schnell etwas anderes kochen...", versuchte Manuel mir anzubieten, doch sofort schüttelte ich ablehnend meinen Kopf und nahm einen Bissen der Nudeln. Die junge Katze hatte sich neben mir fallen lassen und schnurrte zufrieden, während sie ihren Kopf an meine Schulter lehnte und ihre Augen schloss. Sie suchte fast noch stärker meine Nähe, als der Brünette es tat und jedes Mal glühten meine Wangen vor Scham, als ich sie schüchtern musterte. Claus hatte uns dreien jeweils eine Unterhose gegeben, da wir sowieso gleich baden sollten und doch war mir unwohl zumute bei dem Gedanken, dass die junge Frau mir so nahe war. Ich empfand ihren Geruch als einzigartig und beruhigend, doch entging mir der warnende Blick meines Herren nicht. Unter ihm fühlte ich mich unwohler als ich es sowieso tat, deshalb versuchte ich die Brünette neben mir so gut es ging zu ignorieren, in der Hoffnung, Manuel wäre mir nicht mehr böse.
"Herr?", vernahm ich die unsichere Stimme von Maurice, weshalb ich vorsichtig zu ihm sah. Der Blonde hatte bisher still geschwiegen und gegessen, es war sicher schon sein dritter Teller voll Nudeln, innerhalb von zwanzig Minuten. Alle Aufmerksam lag auf ihm, weshalb seine Wangen erröteten. "Patrick, Sir. Er wurde durch Waterboarding oft zum sprechen gezwungen. Deshalb isst er nichts!", erklärte der Jüngere unserem Herren, weshalb ich keinen Bissen runterbekam und nun schien dem Grünäugigen ein Licht aufzugehen. "Du hast Angst davor zu baden, stimmt's?", fragte mich der Größere vorsichtig, dabei rutschte er mir ein wenig näher und wie auf Knopfdruck versteifte ich mich, nickte jedoch leicht. Der Brünette hatte ein Recht darauf zu erfahren, dass ich kaputt war und mit was er es zu tun bekam, wenn er mich tatsächlich behalten wollte. Er sollte wissen, vor was ich Angst hatte und wieso ich so reagierte, wie ich es tat. Noch konnte er mich zurückgeben und sein Geld zurückverlangen, doch spätestens in einer Woche konnte er noch nicht einmal das tun.
Vorsichtig nahm er mir meinen Teller ab, stellte ihn auf den Holztisch vor uns und hob mich hoch, so wie Claus es tat. Viktoria begann sich bei dem Pfau zu beschweren, welcher das ganze gekonnt ignorierte und mit mir auf dem Arm das Zimmer verließ. "Du brauchst keine Angst zu haben, Patrick. Ich könnte dich niemals so behandeln, wie du es gewöhnt bist und das musst du merken! Um das baden kommst du sowieso nicht rum, ich möchte nämlich, dass du sauber bist und so deine Wunden nicht noch mehr belastest. Danach kannst du machen, was auch immer du willst! Aber erst werden wir dich waschen...", sprach der Grünäugige auf mich ein, während er mich eine Treppe nach oben trug, den Gang links abbog und direkt auf eine weiße Holztür zusteuerte. Mit der Schulter stieß er sie auf, ließ mich ein weißes Badezimmer sehen, mit einer großen Wanne, welche bereits mit Wasser gefüllt war, einer Toilette und einem Waschbecken. Auf dem Boden lag ein flauschig aussehender Teppich, welcher die Farbe rosa trug und an der Wand, an der die Wanne sich befand, klebten kleine Sticker mit Tieren.
Tränen stiegen mir in die Augen und ich versuchte mich an meinem Herren festzuhalten, ihn irgendwie davon abzubringen mich zu baden, doch kein bisschen zeigte er Mitleid. Kaltblütig setzte er mich auf dem Rand der Wanne ab, hielt mich mit seinen Händen an den Schultern fest. "Patrick, reiß dich zusammen!", herrschte er mich an, dabei sah er mir verärgert in die Augen und sofort wurde ich ruhig, senkte unterwürfig meinen Blick. Tränen rannen mir in Bächen die Wangen hinab, kamen auf dem Boden auf und ohne noch etwas zu tun, ließ ich mir die Unterhose ausziehen. Stumm schloss ich die Augen und versuchte nicht zu schluchzen, hoffte, der Brünette würde ein wenig Erbarmen zeigen und mich nicht umbringen. Es war mein erstes Bad in einer Wanne wie dieser, zuvor wurden wir meist bloß mit Wasser abgespritzt und frierend in eine neue Zelle gesteckt, doch das war hier nicht möglich. Entweder, wir wuschen uns wie die Hybriden, oder gar nicht und da Manuel darauf bestand, gab es keine andere Möglichkeit, als die Wanne zu benutzen.
"Wir gewöhnen dich besser erst langsam an das Wasser, ich glaube, das wäre angenehmer für dich! Tut mir leid, dass ich gerade laut geworden bin...willst du selbst den ersten Schritt wagen, oder soll ich?", fragte der Pfau nun wieder liebevoll, doch eine Antwort von mir bekam er nicht. Zu sehr war ich damit beschäftigt leise vor mich hin zu schluchzen und zu zittern, meine Beine nahe aneinander zu drücken. Ich wehrte mich innerlich dagegen in dieses Gebräu zu steigen, fürchtete mich mehr davor, als jeder andere und das war schon fast peinlich. Maurice und Michael waren gegen mich handsam, hatten mit nichts ein Problem und passten sich auf ihre neue Umgebung an, während ich allen nur Ärger bereitete. Man musste mich durch die Gegend tragen, weil ich nicht laufen sollte und ich weigerte mich in warmes Wasser zu gehen, widersprach meinem Besitzer sogar ohne Worte. Er konnte sich nur für mich schämen, wusste in der Handlung nicht, was mit mir auf ihn zukommen würde.
"Dreht dich um!", forderte Manuel mich auf und sofort tat ich, was er mir befahl. Krampfhaft krallte ich mich am glatten Material der Wanne fest, während ich langsam meinen linken Fuß ins Wasser gleiten ließ. Schmerzerfüllt wimmerte ich auf, als ich die plötzliche Wärme um die Wunden meines Fußes spürte. Sofort drehte mein Herr einen Hahn auf, aus welchem keine Sekunde später Wasser strömte, und setzte sich neben mich. "Warte kurz!", sagte der Brünette und wie ich es automatisch getan hatte, hielt ich inne. Behutsam spürte ich eine Hand über meine Schulter fahren, kurz bevor sich ein Arm um meinen Bauch schlang und meinen Körper schützend an sich zog. "Du machst das super, Patrick. Ich bin so stolz auf dich, dass du dich deiner Angst stellst!", hauchte er mir ins Ohr und seicht nur schmiegte ich meinen Kopf an seinen. Der Jüngere sollte merken, dass ich seinen Schutz wollte und seine Nähe als beruhigend empfand. Die Worte des Brünetten ließen mich meine Augen schließen und seinen Geruch inhalieren.
"So, probieren wir es nochmal!", entschied der Grünäugige nach einer kurzen Weile, in welcher er weiteres Wasser in die Wanne einließ und erneut spannte ich meine Muskeln an, bekam von dem Größeren jedoch bloß ein aufmunterndes Lächeln. Das Wasser war eindeutig kälter als zuvor, empfing meine geschundenen Füße widerstandslos und nun löste ich meine linke Hand von der Wanne, schlang meinen Arm um Manuels Bauch. Mit einem Mal stellte ich meine Füße auf dem Boden des kleinen Beckens, um mich näher an den Brünetten zu setzten. Allein wäre ich schon längst über alle Berge gewesen, hätte sogar einen Sprung aus dem Fenster in Betracht gezogen, weil ich es nicht ausgehalten hätte. Er war mein Anker, der mich dazu brachte mich meiner Angst zu stellen und nicht vom endlosen Ozean in mein eigenes Verderben gerissen zu werden. "Alles gut, wir haben genug Zeit...", hauchte mir der Grünäugige in mein linkes Ohr, doch darauf hörte ich nicht. Er wollte, dass ich sauber wurde und all den Dreck los wurde, welcher mich seit Jahren verfolgte, doch so schnell war das nicht möglich. Es würde Jahre dauern mich von dem Dreck zu befreien, vielleicht sogar für immer und auch wenn er es noch so sehr versuchte, ein einfaches Bad konnte das nicht rückgängig machen.
Zitternd stand ich auf, löste meinen Arm von dem Brünetten und ließ mich auf die Knie sinken, sodass mir das Wasser bis kurz über den Bauchnabel ging. Tränen trübten meinen Blick, doch trotzdem schnappte ich mir eine der starken Hände meines Besitzers, hoffte so auf ein wenig Beistand. Mein Griff war leicht, er könnte sich jederzeit von mir lösen und doch schenkte er mir durch vorsichtiges Streicheln Liebe. "Entspann dich, lehnt dich einfach zurück und lass mich den Rest für dich machen!", murmelte Manuel, dabei nahm er sich eine kleine Schüssel aus Plastik und befüllte sie mit Wasser. Keine Sekunde ließ er dabei meine Hand los, sie blieben immer verbunden und zeigten mir, ich war nicht allein in dieser Situation. "Vorsichtig, nicht erschrecken!", wies mich der Grünäugige an, bevor er mit ein wenig Wasser über den Rücken kippte, sodass es ihn wieder herunter lief und sich erneut mit dem Wasser verband. Mein verspannter Körper regte sich kein bisschen, blieb still und ließ meinen Herren seine Arbeit verrichten. Immer wieder lobte dieser mich, kippte neues Wasser über meinen Körper und schäumte diesen ein, um ihn kurz darauf abzuspülen. Ich hatte irgendwann aufgehört zu weinen, war sogar näher an den Brünetten herangerutscht, um behutsam von diesem gestreichelt zu werden.
"So, jetzt haben wir es geschafft! War nicht schlimm, oder?", fragte mich Manuel, während er das dreckige Wasser aus der Wanne herausließ und mir ein großes, kuscheliges Handtuch um die Schultern legte, mich vollkommen in dieses einwickelte. Schüchtern sah ich zu dem Größeren auf, musterte sein wunderschönes Grün und ging nervös einen Schritt auf ihn zu, um meine Stirn an seiner Schulter anzulehnen. Zärtlich hauchte er mir ein Kuss auf die Wange, legte seinen linken Arm um meine Taille und fuhr mir mit der anderen durch das Haar. "Weißt du eigentlich wie hübsch du bist? Ich habe bisher nur selten jemanden mit schöneren Augen gesehen, als du sie besitzt...bald glänzen sie so, wie sie sollen und der Rest deiner Wunden ist dann auch weg! Habe ein bisschen Geduld, wirklich nur noch ein paar Tage und dann wirst du sehen, wie schön du bist!", hauchte mir der Jüngere in mein Ohr und sofort begann mein Herz schneller zu schlagen. Seine Worte klangen alle ernst gemeint, so als würde er meine Augen tatsächlich schön finden und auch wenn ich ihm wirklich glauben wollte, konnte ich es einfach nicht. Der Brünette besaß noch kein bisschen mein Vertrauen, ich fühlte mich ihm unterlegen und hatte Angst ihn zu nerven, auch wenn er kein bisschen den Anschein erweckte, dass ich ihn fertig machte. Mit all seiner Kraft zeigte er mir, was ein liebevoller Besitzer er war und so lange es so blieb, wollte ich die kurze Phase der Entspannung nutzen.
"Komm mit, geh in mein Zimmer und zieh dich schon mal an! Ich bringe dir gleich was zu essen hoch, jetzt solltest du dich ja wieder ein wenig besser fühlen...", lächelte Manuel mich an, während er sich meine rechte Hand nahm und begann, langsam in Richtung andere Seite des Ganges zu gehen. Mich und meine Reaktionen hatte er dabei immer im Blick, schließlich wollte er, dass ich keine Schmerzen hatte und allein schon, dass er mit erlaubte mit meinen kaputten Füßen auf dem Parkett zu laufen, zeigte seine wohlwollende Gestalt. Vorhin hätte er mich noch klar und deutlich darauf bestanden mich auch den kleinsten Weg zu tragen, doch im Moment schien er sich sicher zu sein, hier war der Boden so sauber, dass es mir nicht schaden würde. Im Gegensatz zu draußen lief niemand mit Schuhen herum, sondern nur mit Socken und das gab mir die Möglichkeit zumindest hier oben gehen zu können.
Eine helle Holztür versperrte mir die Sicht auf das Kinderzimmer des Brünetten, in welchem er sein bisheriges Leben gewohnt hatte. Mein Herz lief einen ganzen Marathon, je mehr ich dem Raum näher kam und unsicher drückte ich mich dem Brünetten in die Seite, bekam von ihm beruhigend durch die Haare gestrichen, bevor er die Tür öffnete und mich eintreten ließ. Das erste was ich erblickte waren die blau gestrichenen Wände, welche eine ähnliche Farbe aufwiesen, wie es seine Federn taten. Ein breites Doppelbett stand in der Mitte der Wand, welches mit einem schwarzen Bettlaken bezogen war und neben ihm standen zwei kleine Nachttische, jeweils mit einer kleinen Lampe. Ein großes Fenster hinter dem Bett ließ Licht in das Zimmer rein und rechts an der Wand befand sich ein ebenso schwarzer Schreibtisch, mit passendem Bürostuhl. An den Seiten des Tisches standen zwei große Schränke, in welchen ich alles mögliche sehen konnte, von Stiften bis hin zu Büchern. Auf der linken Seite des Zimmers stand ein großer Schrank, ebenfalls in schwarz gehalten und überall an den Wänden hingen Bilder. Auch Pfauen Federn konnte ich viele aufgehängt sehen, sie waren klein und noch lange nicht so wunderschön farbig wie Manuels es heute waren.
"Du wirst diese Woche neben mir schlafen, habe ich beschlossen! Michael und Maurice werden neben uns im Zimmer schlafen, also keine Sorge, du wirst niemals allein sein, außer du wünscht dir das. Wir haben hier nicht so viel Platz, als dass ich euch allen ein Einzelzimmer geben könnte, so wie ihr es bei mir Zuhause hättet, also wollte ich zumindest dafür sorgen, dass ihr auch ordentlich schlafen könnt. Zu dritt in einem Bett wäre einfach zu viel und eigentlich ist es mir sowieso lieber, wenn ich dich ein bisschen beobachten kann!", erklärte mir der Jüngere schüchtern lächelnd, während er mir vorsichtig seinen rechten Arm um die Hüfte legte und in das Zimmer lief, mich so mit sich zog. Sofort fiel mir der Unterschied zwischen dem Boden dieses Raumes auf und denen der anderen, denn er besaß eine Bodenheizung, welche angeschaltet war. Meine Augen wurden groß, als mir die Worte des Pfaus klar wurden und sofort wollte ich nichts lieber, als in seinen Armen Zuflucht zu suchen. Betten waren Objekte, welche ich für gewöhnlich nicht einmal ansehen durfte und in meinem Gedächtnis fand ich kein Bild, welches mir zeigte, ich lag schon mal in einem von ihnen. Sie waren viel zu teuer für uns normale Menschen, uns stand sowas luxuriöses gar nicht zu.
"Auf dem Bett liegen neue Sachen für dich, die Claus dir netterweise bereitgestellt hat. Sie werden dir nicht unbedingt perfekt passen, aber bis deine Füße wieder in Ordnung sind, werden wir wohl höchstens über das Internet Klamotten für euch drei kaufen müssen! Ich komme gleich wieder, dann kann ich dir auch was zu schreiben geben, damit ich nicht immer raten muss, was du mir sagen möchtest!", erklärte mir Manuel mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, bevor er seinen Arm wieder von meiner Hüfte nahm und das Zimmer verließ. Die Tür schloss sich hinter ihm, leise und vorsichtig, sodass ich komplett allein in seinen vier Wänden war und mich erst einmal interessiert umsah. Nichts würde ich hier auch nur berühren, allein schon, weil mich die Angst vor meiner Tollpatschigkeit verfolgte. Es wäre ein fataler Fehler, sollte ich etwas kaputt machen, was meinem Herren gehörte und das letzte was ich dann wollen würde, war in meiner eigenen Haut zu stecken. Alles hier hatte eine Bedeutung für ihn, die Bücher, seine Bilder und selbst seine vielen Souvenirs, aus anderen Ländern ließen ihn sich an längst vergangenes erinnern. Reisen waren teuer und schön, man konnte vieles neues erleben und sehen, was man hier niemals erblicken würde. Jedes Land hatte seine eigenen Begebenheiten, mit denen man klarkommen musste, beispielsweise gab es wärmere und kältere Gegenden und überall lebten Hybriden, welche sich perfekt darauf angepasst hatten.
Eine etwas zu große Boxershort bedeckte meinen Schritt nun, wie auch vorhin schon, nach dem Claus mich ins Badezimmer getragen hatte, damit ich mein Geschäft verrichten konnte. Kein bisschen schämte ich mich dafür, immer hin war dieses Bedürfnis etwas, was jeder hatte und nicht nur wir Menschen. Darüber zog ich mir die viel zu weite Jogginghose an, welche die Farbe orange trug und als letztes zog ich mir ein schwarzes Shirt über. Es hing einfach schlaff an meinem Körper hinunter, ging mir bis zur Hälfte meiner Oberschenkel und unsicher zupfte ich an dem weichen Stoff, sah unzufrieden an mir herunter. So blass und kaputt wie ich aussah konnte ich kein bisschen nachvollziehen, wie Manuel sich dafür entscheiden konnte mich zu kaufen. Mit mir konnte man nur unzufrieden sein, selbst wenn man die Abwesenheit meiner Stimme nicht mit einbeziehen würde. Ich sah schrecklich aus, in allerlei Hinsichten und war selbst fürs lesen und schreiben zu unfähig.
Die Tür öffnete sich mit einem Mal, weshalb mein Blick erschrocken nach oben wanderte und direkt in zwei Paare grüne Augen sah. Viktoria kam mit einer weißen Kiste auf mich zu, welche mit jedem Schritt fröhlich vor sich hin klapperte und hinter ihr lief mein Besitzer, welcher bepackt war mit einem dampfend heißen Teller Nudeln und einem kleinen Block. Instinktiv senkte ich meinen Kopf, wollte die beiden Hybriden nicht verärgern. "Setz dich in die Mitte vom Bett, ich muss mir deine Füße ein bisschen genauer ansehen!", befahl mir Manuel lächelnd, während er den Teller auf dem linken Nachttisch abstellte und den Block daneben legte. Automatisch tat ich was er sagte, ließ mich im Schneidersitz auf das Bett fallen und senkte meinen Kopf so tief, dass mein Kinn meine Brust berührte. Niemals würde es mir im Traum einfallen einen schlechten Eindruck bei einem anderen Hybriden zu hinterlassen und so Manuels Ansehen zu gefährden.
Der Pfau setzte sich mir gegenüber, ließ entspannt seine Federn die Bettkante herunter hängen und umschloss vorsichtig meinen linken Fuß, um ihn in seine Richtung zu ziehen. Die junge Katze an meiner rechten Seite öffnete den Verbandskasten und überreichte ihrem Vorgesetzten eine Pinzette, mitsamt einer Flasche Desinfektionsmittel. "Das hier wird mit Sicherheit weh tun, aber es muss sein, wenn deine Füße gesund bleiben sollen! Du hast dir im Laufe der Zeit ein paar Steine eingelaufen und die werde ich jetzt vorsichtig mit der Pinzette entfernen, damit sich nichts entzündet. Ich möchte dir raten während all dem hier Viktorias Hand zu halten, damit du zumindest ein bisschen deine Schmerzen verlagern kannst...", erklärte mir mein Brünette Besitzer sein Vorhaben, doch keinen Zentimeter bewegte ich mich, verblieb still in meiner momentanen Position. Ich wollte der Älteren nicht weh tun, wenn ich auf einmal ihre Hand drückte und auch, wenn sie mir diese aufmerksam hinhielt, rührte ich mich nicht. Diesen Schmerz hatte ich verdient, für alles schlechte was ich bisher getan hatte und für jenes, was in der Zukunft folgen würde.
Manuel sprühte ein wenig des kalten Desinfektionsmittel auf meinen Fuß und auf die Pinzette, sah mich noch einmal prüfend an. Er ärgerte sich innerlich über meine Sturheit, dass ich nicht auf seine Befehle hörte und doch war mir das in diesem Moment egal. Einen Hybriden hatte man nicht zu verletzen, egal unter welchen Umständen und wie es einem ging, dafür bekam man im schlimmsten Falle den Tod. Ich verkrampfte mich sofort, als das kalte Metall meine warme Haut berührte und augenblicklich hielt Manuel inne, prüfte, ob er fortfahren durfte. So behutsam wie er würde niemand anderes mit mir umgehen, dafür gab es gar keinen Grund und auch bei ihm war ich mir noch unsicher, weshalb er so liebevoll war.
Keinen Halt machte der Jüngere nun mehr, selbst als er mir Tränen die Wangen herunterlaufen sah. Er sammelte alle kleinen Steine aus den Schnittwunden heraus, vorsichtig und so, dass ich möglichst wenig davon spürte. Viktoria schnurrte neben mir beruhigend, lehnte sich an meine Schulter und strich mit ihrer Hand leicht über meine. Sie suchte meine Nähe mehr als nur auffällig, was mich unruhig wimmern ließ und ich wusste nicht wie, doch wollte ich Manuel zeigen, dass ich nicht auf ihr deutliches Angebot eingehen würde. Vorhin schon sah er mich nicht begeistert an, als die Ältere sich an mich schmiegte und ihre Katzenseite wohlig auslebte. Er sollte nicht böse auf mich sein, weil ich mich durch das leise Schnurren wohlfühlte und auch wenn ich darauf verzichten müsste, würde ich es für ihn tun, wenn es sein Wille war.
"Hast es geschafft, Patrick...", lächelte mir der Grünäugige liebevoll zu, während er meine frisch verbundenen Füße noch ein letztes Mal musterte und schlussendlich die verwendeten Materialien wieder einpackte. Mein verkrampfter Körper konnte selbst unter den beruhigenden Streicheleinheiten der Katze keine Spannung verlieren, zu stark pochten meine Wunden und zeigten mir meinen Schmerz. "Nimm das Zeug hier schon mal mit, Vik, und sieh mal nach Maurice! Danke für deine Hilfe...", wies er die Ältere an, welche sich wortlos von mir löste und die weiße Box nahm, mit dieser in der Hand das Zimmer des Pfau verließ und uns so Privatsphäre gönnte. Es wurde auf einmal still im Raum, Manuel setzte sich neben mich und hauchte mir einen Kuss auf die Wange, griff aufmunternd nach meiner linken Hand.
"Deine Füße brauchen jetzt Ruhe und du auch. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie sehr deine Füße jetzt bei jedem Schritt schmerzen müssen und um dir die nächste Zeit ein wenig zu erleichtern, würde ich dir ein wenig Gesellschaft leisten! Wir finden bestimmt etwas, wofür du nicht zu reden brauchst und vielleicht ein wenig lachen kannst, da bin ich mir sicher. Michael und Maurice werde ich auch ab und zu mal herholen, dann habt ihr Zeit euch ein wenig miteinander zu beschäftigen und eure Freundschaft zu pflegen, die ihr im laufe eures Lebens aufgebaut habt! Ihr drei sollt glücklich werden und ich will ein Teil davon sein. Aber bevor wir mit all dem anfangen, gibt es erstmal was leckeres zu essen für dich!"
~3610 Worte, hochgeladen am 06.04.2020
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