47. Frage
Mit zittrigen Händen ging ich die Treppe hinunter und vernahm nun auch das klägliche Schluchzen meines Liebsten, was mir mein Herz brach. Ich hatte ihm unnötig eine Heiden Angst eingejagt und war dafür verantwortlich, dass er mit einer Decke um den Schultern und einer Tasse heißem Tee auf der Couch saß und ins Leere starrte. Neben ihm saß Maurice und ob ich es glauben wollte oder nicht, er hatte unseren Käufer schützend in den Arm genommen und spendete ihm seine Nähe. Es sah niedlich aus wie sanft der Blonde dem Pfau durch das Haar strich und über ihn wachte, doch gleichzeitig wollte ich nichts lieber als derjenige zu sein, welcher an seiner Stelle war. Mir war bewusst, dass Maurice nur helfen wollte und dass Manuel mich niemals ersetzen würde, egal was ich tat, aber trotzdem wollte ich nicht Maurice in der Nähe des Schauspielers sehen, sondern mich. Michael schien im Gegensatz zu mir kein bisschen ein Problem damit zu haben, dass sein Partner mit meinem Freund kuschelte. Statt eifersüchtig zu werden, lächelte er mich noch einmal ermutigend an und öffnete die Tür zum Wohnzimmer, wodurch sich der Kopf von Maurice sofort zu uns drehte. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich sofort auf seine Lippen als er mich neben dem Hunde-Hybriden entdeckte und ich versuchte meine Nervosität zu verstecken, doch es war Zwecklos. „Kommst du Maurice? Der Laden schließt bald und wir brauchen noch Zucker für den Kuchen!"
Entsetzt musterte ich den Grauäugigen. Er wollte mir und Manuel offensichtlich Ruhe und Privatsphäre gönnen, doch dass er mich dafür allein ließ und der Gefahr auslieferte von Manuel misshandelt zu werden, ohne eine Möglichkeit der Verteidigung in meiner Nähe, machte mir Angst. Maurice entschuldigte sich bei unserem Käufer und sagte, er würde bald wieder zurück sein, was der Brünette mit einem einfachen Nicken abtat. Seine Schultern rutschten ihm noch ein ganzes Stück tiefer und ich wollte ihn einfach nur küssen, ihn aufheitern und zum lächeln bringen, doch darauf musste ich noch warten. „Was auch immer du tust Patrick...er liebt dich mehr als du es glauben magst!", flüsterte mir Maurice in mein linkes Ohr und ich nickte einfach nur mit gesenktem Blick, zeigte, dass ich die Worte des Jüngeren klar und deutlich verstanden hatte. Ich wusste selbst, dass der Pfau mich liebte und hatte das bereits verstanden, doch scheinbar hatte dieser dem fünfzehnjährigen gerade genaustens erzählt wie er für mich fühlte und das gab mir einen eindeutigen Beweis dafür, dass seine Worte noch nie gelogen waren. Niemand würde jemandem erzählen, dass man eine Person liebte und sie vermisste, wenn diese Gefühle nicht echt waren. Und da mein Freund mir immer wieder sagte, dass ich sein ein und alles war, vertraute ich ihm dabei und war mir zumindest dieser Tatsache sicher.
Ohne ein weiteres Wort gingen Michael und Maurice, ließen mich ganz allein. Obwohl es warm war, wirkten meine Hände eiskalt und schwitzig, zitterten vor Angst und brachten so die beiden Zettel in meinen Händen zum rascheln. In wenigen Sekunden würde ich Manuel gegenüber stehen und er würde wissen, was ich schon alles gespürt und gesehen hatte, warum ich in manchen Situationen automatisch Schwäche und Angst zeigte, und wieso ich es nicht schaffte ihm all das ins Gesicht zu sagen. Ich wollte am liebsten einfach verschwinden und in der Zeit zurückreisen, um mich selbst davon abzuhalten den Jüngeren von mir wegzustoßen, doch ich konnte es nicht, so sehr ich es auch wollte. Nun musste ich mit dem leben, was ich getan hatte und die Hoffnung, dass Manu mich trotz all dem noch als seinen Partner akzeptieren würde und mir die Chance gab zu beweisen, dass ich es verdient hatte neben ihm im Bett zu schlafen. Es würde schwer werden das zu tun, denn schließlich konnte ich dem Grünäugigen nicht mehr geben als das Versprechen ihn immer zu achten und mich ihm zu unterwerfen, zu tun was er von mir wollte und wann er es wollte, bis er mich nicht mehr ansehen konnte. Ich hatte kein Geld und sicher keine reichen Eltern, nichts wofür es sich lohnte mit mir zusammen zu sein und deshalb konnte ich nicht verstehen wieso dieser Junge einen solchen Gefallen an mir fand.
Ich blieb einfach im Flur stehen und betrachtete die Blätter in meinen Händen, bis ich ein leises, trauriges Schluchzen vernehmen konnte, welches mir mein Herz brach. Traurig und verlassen saß der Schauspieler auf seiner Couch und war gekrümmt, hatte einfach keine Ahnung, was genau er nun tun sollte. Für ihn war ich irgendwo da draußen in der großen weiten Welt, weit entfernt von ihm und doch war ich ihm näher als er dachte. Seine Welt war in dem Moment zusammengebrochen, in dem ich das Wohnzimmer verlassen hatte und deshalb nahm ich all meinen Mut zusammen, den mir Michael gegeben hatte, und ging mit zittrigen Schritten auf den Jüngeren zu. Im ganzen Raum war es dunkel und auch, wenn der Geruchssinn des siebzehnjährigen unübertrefflich war, so waren seine Augen nicht gut genug um meinen Körper in der Spiegelung des Fensters zu erkennen. Erstrecht mit seinen Tränen gefüllten Augen war es unmöglich mich zu bemerken, sein Geruchssinn war ebenso getrübt und nur das leise Rascheln der Blätter in meinen Händen würde mich nun noch verraten können, bevor ich mich selbst verriet. Ich hatte keine Ahnung wie ich beginnen sollte, ob ich ihm einfach stumm die Zettel gab und wartete bis er sie gelesen hatte, oder seinen Namen sagte, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Wäre es vielleicht besser doch zu gehen oder um Gnade zu betteln? Niemals würde er die Worte auf meinem Brief als Entschuldigung annehmen. Für mich hatten sie eine riesige Bedeutung, ich hatte für Manuel meine Vergangenheit und meine größten Ängste heruntergeschrieben, um ihm zu zeigen, dass ich einen Grund dazu hatte Angst zu verspüren und dass er keine Schuld daran hatte, doch der Pfau selbst würde mit Sicherheit nur darüber lachen. Einfach verschwinden und dann zurückkommen, mit etwas wie einem Brief. Nicht einmal mit ihm sprechen konnte ich, es war erniedrigend so dumm zu sein.
Durch eine kleine, unnötige Sache zog ich schlussendlich ungewollt die Aufmerksamkeit meines Käufers auf mich. In meinen Händen, ich merkte es nicht einmal richtig, zerknickte ich die beiden Zettel und verursachte ein leises, jedoch perfekt vernehmbares Geräusch und sofort schoss der Kopf des Grünäugigen in die Höhe, ließ mich zurückschrecken. Mein Herz beschleunigte und ich zitterte wie Espenlaub, was sich noch einmal verschlimmerte, als sich der Blick des Hybriden auf mich richtete. Erst erkannte ich sein Staunen mich hier zu sehen, ohne einen Schlüssel gehört zu haben, doch noch in dem Moment, in welchem er aufstand und mich das erste Mal richtig musterte, änderte sich sein Blick in einen erleichterten. Nun waren es Tränen des Glücks und der Freude welche seine Wangen zierten und obwohl ich ängstlich zurückwich, dem Größeren meine Gefühle durch meine Körpersprache verständlich klar machte, ignorierte er all meine Zeichen und kam auf mich zu, umschloss schluchzend meinen Körper und drückte mich an sich, so als wäre ich das kostbarste auf dem ganzen Planeten. Aus Furcht machte ich mich klein und versteifte mich, drehte mich in seinen Armen zur Seite, doch trotzdem ließ mich der Brünette nicht mehr los und weigerte sich mir meinen Wunsch ihm zu entkommen zu gewähren. „Du hast mir so eine Angst gemacht, Patrick, als du einfach so weggelaufen bist und ich bin so dankbar, dass dir nichts passiert ist! Tu mir das bitte nie wieder an, ich flehe dich an...ich wollte dir nichts tun, wirklich nicht. Du warst nur von jetzt auf gleich so verängstigt und bist weggelaufen, da hatte ich einfach keine Zeit mehr dir das zu sagen, aber jetzt bist du da und ich werde versuchen nie mehr wieder so zu wirken als würde ich dir irgendetwas tun wollen! Gib mir nur noch eine Chance, bitte!"
Schluchzend drückte ich mich dem kalten, frierenden Körper des Pfaus näher und spürte sofort, wie er mich sicher umschloss, es als seine Aufgabe sah mich vor allem Bösen der Welt zu beschützen. Wie unglaublich zärtlich er mich fasste und an sich zog, einfach da war, es ließ meine Zweifel daran verstoßen zu werden komplett verschwinden. Wieder einmal hielt er sich für das Problem und bat mich untertänigst um Vergebung, hatte spürbar Angst davor es komplett mit mir vermasselt zu haben und all das, weil ich das in ihm auslöste. Mit meinem schwachen, dünnen und zierlichen Körper war es nur verständlich, dass Manuel gegenüber mir das Gefühl verspürte mich beschützen zu müssen, wenn er sich weigerte mich zu schlagen und auszusetzen, wofür ich ihm mehr als nur dankbar war. Er hätte auch einfach seinen Bruder davon abhalten können uns das Ergebnis der Bluttests zu verraten, dann müsste ich noch immer stummen Gehorsam zeigen und er hätte das Recht mich zu schlagen, doch stattdessen war er der Auslöser dafür, dass bei uns überhaupt festgestellt werden konnte, dass wir Hybriden waren und selbst Maurice, welcher keiner von uns war, behandelte er noch immer ebenbürtig und liebevoll, eben genau so, als wäre er ein Hybrid. Obwohl ich selbst sehr anfällig für Kälte war, drückte ich mich nicht von dem Jüngeren weg und entkam so seinem eiskalten, fast schneeweißen Körper, sondern ließ ihn einfach machen und wehrte mich gegen nichts. Er selbst würde nun entscheiden was er mit mir tat, ich wollte nicht noch einmal weglaufen und uns beide zum weinen bringen, wie zuvor. Und so lange wie mir Manuel nichts tat, würde ich mich zusammenreißen und versuchen meinen Fluchtinstinkt unter Kontrolle zu halten.
„Lass es mich irgendwie wieder gut machen, bitte! Ich werde mir was ausdenken und...", wollte der Pfau mir versprechen, doch das ließ ich gar nicht erst zu. Hier hatte nicht er den Fehler gemacht, sondern ich und deshalb würde ich mir zu gegebener Zeit noch etwas für ihn ausdenken, da es nicht das erste Mal war, dass ich einen von uns oder gar beide zum weinen brachte. Aus genau diesem Grund würde ich mir etwas besonderes ausdenken und mir riesige Mühe dabei geben ihm zu zeigen, dass ich mir Mühe dabei geben würde um ihn zu kämpfen. Sonst tat nur er das, er bemühte sich stets um meine Gunst und darum, dass ich mich bei ihm wohlfühlte, da sorgten seine ein oder zwei Missgeschicke, in denen er mich erschreckte oder mir Angst machte nur dafür, dass ich ihm danach noch näher kam. Meine linke Hand, in welcher die beiden zusammengefalteten Briefe lagen, erhob sich und so richtete sich der Blick des Jüngeren auf diese, wirkte verwundert darüber, dass ich nach Stunden der Angst und des Schocks mit einem Brief zu ihm kam, wo ich sonst nie wirklich viel geschrieben hatte, was jedoch nur daran lag, dass ich es nicht wirklich gut konnte und noch üben musste. Langsam und vorsichtig, klar um mir nicht erneut das Gefühl der Furcht zu geben, nahm er die beiden Zettel in seine rechte Hand und warf nur einen einzigen, kurzen Blick auf den oberen, um mich daraufhin mit großen Augen zu mustern und mich meinen Blick senken zu lassen. Die Angst in wenigen Minuten von dem Hybriden für meine Vergangenheit verurteilt zu werden verfolgte mich noch immer schwer und das konnte ich auch nicht abstellen, so gerne ich es auch wollte. Gleich würde sich herausstellen, ob ich gehen musste oder bleiben durfte.
„Komm mit, setz dich auf die Couch, Süßer!", wies mich der Grünäugige vorsichtig lächelnd an und wie er es mir befohlen hatte, ging ich mit ihm neben mir auf die Couch zu und ließ mich mit hängendem Kopf auf dieser nieder. Fürsorglich wie mein Freund war, legte er mir die rote Decke um die Schultern, obwohl ihm selbst sehr viel kälter war als mir und noch während er sich mit ein wenig Abstand neben mich fallen ließ, nahm ich mir die Decke und legte sie um die Schultern des Größeren, lehnte mich jedoch schutzsuchend an seinen Körper, um auch ein wenig Wärme abbekommen zu können. Verunsichert darüber ob der Pfau meine Geste in Ordnung fand oder nicht, sah ich ihn unterwürfig von der Seite an und bekam sofort einen liebevollen Kuss auf die Schläfe gehaucht, welcher mir mehr als nur klar machte, dass Manuel damit kein Problem hatte. Wie gewohnt zog er mich auf seinen Schoß, nachdem er sich in den Schneidersitz gesetzt hatte und mir genug Zeit gab mich müde an seinen Oberkörper zu lehnen. Es fühlte sich wunderschön warm und geborgen an in den Armen des Schauspielers liegen zu dürfen, seinen ganzen Schutz und die Liebe spüren zu dürfen, welche er für mich empfand, doch trotzdem verspannte ich mich nervös und betrachtete den Grünäugigen dabei, wie er still für sich die beiden Zettel durchlas. Konzentriert blendete er dabei alles andere aus, seine Farbe wich mit jedem weiteren meiner Worte mehr aus seinem Gesicht und mir stiegen Tränen in die Augen als ich merkte, wie schockiert der Brünette über all das war, was in meinem Leben schon geschehen war. Es tat weh zu sehen, dass ich selbst mit etwas wofür ich nichts konnte, ich war damals schließlich noch zu jung und schwach, um mich vor mehreren älteren Hybriden zu wehren, diesem Jungen sein Herz brach und das dieses Mal sogar gewollt.
Und dann, als er meine letzten drei Worte gelesen hatte und die Blätter sinken ließ, richtete sich sein schockierter Blick auf mich und zeigte, dass er einfach ein wenig Zeit zum nachdenken brauchte. Wie er sonst immer mir, ließ ich ihm alle Zeit der Welt und sah einfach bloß in die Augen, welche mich von nun an ganz anders ansehen würden. Er wusste von meiner dunklen Vergangenheit, dass ich sowohl physisch als auch psychisch gefoltert wurde und das nicht nur so, wie man es aus Filmen kannte. Zwar hatte man mir schon oft mit Peitschenhieben gezeigt, wie wenig ich wert war und dass ich niemandem etwas nützte, doch dass diese Strafen nur der Anfang von etwas noch viel Schlimmeren waren, das beschäftigte Manuel nun noch ein paar Sekunden. Er erwartete nicht, dass ich ihm auf einmal ein solches Geständnis übergab und dann nicht einmal etwas dazu sagte, ihn einfach nur denken und überlegen ließ, ob er mich so noch akzeptieren konnte oder nicht. Ich lag einfach nur still an ihn gelehnt da, betrachtete den Brünetten und kämpfte mit den Tränen der Angst und Verzweiflung, da ich nicht gehen wollte. Mir war schon bei dem Gedanken allein ohne den Mann rauszugehen, welcher mich mit seinem Leben beschützte, unwohl und ich würde mit Sicherheit kein Wort gegen seine Entscheidung sprechen, egal wie diese ausfiel, doch in jedem Fall würde diese Entscheidung mein weiteres Leben bestimmen und wie genau es weiter ging. Alles hing von dem Pfau ab und ob er das wusste oder nicht, konnte ich nicht einmal sagen. Er musste das auch gar nicht wissen, es war für mich nur wichtig was er von meiner Vergangenheit hielt und ob er sich trotz dieser noch vorstellen konnte mich zu seinem Partner zu nehmen.
"Ich...", wollte Manuel beginnen zu sprechen, doch seine Stimme brach und das machte mir Angst. Er wusste nicht auf meinen Brief zu reagieren, konnte sich sicher nicht einmal wirklich entscheiden wie er nun handeln sollte und das konnte nur bedeuten, dass er tatsächlich den Gedanken hatte, ich war eklig und unbrauchbar für ihn. Ich war unwürdig sein Freund zu sein, das musste ich einsehen. "Scheiße...in Ordnung Patrick, hör mir zu! Ich weiß, dass deine Vergangenheit schrecklich war und ich weiß auch, dass du deshalb schnell unruhig wirst und Angst bekommst. Aber für das was dir angetan wurde, dafür werde ich dich nie und nimmer verurteilen! Ganz im Gegenteil, du hast hier geschrieben, dass es dir leid tut nicht meinen Wünschen zu entsprechen und dass du es verstehen würdest, wenn ich dich jetzt nicht mehr haben will, aber nein! Du bist doch dadurch nicht weniger wert als davor, Süßer. Ich liebe dich, weil du ein wunderbarer Mensch und Hybrid bist, welcher sich große Mühe dabei gibt sich gut anzustellen und nebenbei die niedlichste Person ist, die ich kenne! Es ist so mutig von dir mir diesen Brief geschrieben zu haben und ich kann mir auch immer noch nichts Schöneres vorstellen als dich hier haben zu dürfen. Rede dich nicht schlecht, weil du in deinem Leben so schlechte Erfahrungen gemacht hast, sondern guck nach vorne und lass mich dich auf deinem Weg begleiten! Bei mir kannst du dir sicher sein, dass ich dich niemals auch nur mit einem Wort schlechtreden oder dich noch einmal so behandeln würde, wie du von allen anderen behandelt worden bist. Vor allem nicht wegen deiner Vergangenheit, Süßer, nein...mir ist es egal, dass du schon so viel scheiße in deinem Leben erlebt hast und deswegen hin und wieder Angst vor mir bekommst! Es ist mir einfach nur wichtig, dass es dir von jetzt an gut geht und der Rest ist mir komplett egal! Ich liebe dich und daran wird auch all das was dir angetan wurde niemals etwas ändern."
Fest umschloss Manuel meinen Bauch und lehnte seinen Kopf ein wenig näher zu mir rüber, jedoch nur langsam, da er mich nicht bedrängen wollte, so wie es etliche andere schon vor ihm getan hatten. Mein Herz klopfte im Eiltempo als ich die Worte meines Freundes vernahm und mein Blick sprach wahrscheinlich Bände, denn der vorher feste Blick des Jüngeren wandelte sich in einen vorsichtigen, liebevollen, mit dem er mein Herz zum schmelzen brachte. Ich wusste ganz genau, dass des Größeren Worte alle wahr waren und obwohl ich es nicht wirklich fassen konnte, dass er mich trotz den Erlebnissen meines früheren Lebens akzeptierte, schniefte ich leise und kuschelte mich schutzsuchend an den Grünäugigen. Es tat unglaublich gut zu hören, dass da jemand war der mich selbst dann noch akzeptierte, wenn ich ihm von meinen Fehlern, Ängsten und Wünschen erzählte, mich nicht verstieß und über mich lachte, sondern mir eine warme Umarmung bot und mir das Versprechen gab sicher zu sein. Die ganze Zeit über hatte ich mir umsonst die größten Sorgen gemacht und war zu überempfindlich gewesen, hatte einfach noch nicht genug Vertrauen in den Pfau, obwohl er mir schon so oft bewiesen hatte, dass er es wert war ihm zu vertrauen. Dieser Junge tat mir gut, auch wenn meine Gedanken mir oft etwas anderes vorspielten und ihn mit den Hybriden verglichen, welche meine Vergangenheit zur Hölle gemacht hatten, und das musste ich lernen. Vielleicht würde es noch eine ganze Weile dauern, ehe ich Manuel mein gesamtes Vertrauen schenken konnte und mir auch bei solchen Umarmungen wie vorhin in der Küche sicher war, dass er mich nicht unsittlich und ohne mein Einverständnis berühren würde, doch dieser Brief war der Anfang von etwas vollkommen Neuem, dem Gedanken daran ihm mein ganzes ich zu zeigen und nicht nur das, wofür er gezahlt hatte, um es zu bekommen.
So saßen wir da, eingekuschelt in eine warme und weiche Decke, ich hatte mich auf Manuels Schoß klein gemacht und genoss einfach still die zärtlichen Streicheleinheiten, welche mir der Schauspieler schenkte, seine Nähe und Zuneigung, sowie die Tasse Himbeertee, welche er eigentlich von Maurice bekommen hatte und nun mit mir teilte. Ich fühlte mich irgendwie frei und so, als würde ich tatsächlich nun, nach all den Qualen und Ängsten meines bisherigen Lebens glücklich werden können und als wäre nun jemand an meiner Seite, der mich mit ganzem Herzen liebte und wertschätzte. Durch Manuel hatte sich mein Leben von Grund auf verändert, ich hatte viele neue Erfahrungen gemacht, welche anders als zuvor gut für mich waren und die mir zeigten, dass ich nicht mehr allein auf der Welt war. Obwohl ich früher nicht wirklich viel mit ihnen zu tun hatte, waren mir Michael und Maurice in den letzten Wochen ans Herz gewachsen und ich war mehr als nur glücklich darüber, dass ich mich im Gefängnis getraut hatte Manuel vom Gehen abzuhalten, denn ansonsten hätte ich niemals diesen liebevollen und fürsorglichen Mann kennengelernt, dem ich bald schon mein Herz schenken würde und auch die beiden fünfzehnjährigen hätte ich niemals so kennengelernt, wie sie sich mir gezeigt hatten. Sie beide waren früher stets unauffällig und hatten den Hybriden still gehorcht, um niemals so misshandelt zu werden wie ich und das nahm ich ihnen auch nicht übel, schließlich hätte ich in ihrer Lage sicher genau so gehandelt. Doch zumindest hatten sie ab und zu Mal ihr Essen mit mir geteilt, wenn ich keines bekam oder sie liehen mir eine ihrer Decken, da sie sich unter eine Decke kuscheln konnten, während ich nichts hatte. Das war schon mehr, als zuvor jemals jemand anderes für mich getan hatte.
„Darf ich dich etwas fragen? Also, du musst darauf auch nicht antworten, wenn du nicht willst, das würde ich verstehen...", erklang die vorsichtige, unsichere Stimme meines Freundes und da ich wusste, sowas würde auf mich zukommen, der Brünette hatte schließlich die ganze Zeit über nachgedacht und war sicher innerlich sehr überfordert, denn man erfuhr nicht alle paar Tage etwas über die Misshandlungen seines Liebsten, nickte ich leicht und lehnte erschöpft meinen Kopf an den seinen. Wir beide waren erschöpft und hungrig, doch keiner von uns hatte Lust aufzustehen und sich von dem anderen zu trennen. Ich lag lieber in den schützenden Armen des Größeren und ließ mir liebevoll über den Bauch streichen, beruhigend und langsam, so wie ich es gewöhnt war. Obwohl es eine sehr empfindliche Stelle am Körper war, genoss ich es dort berührt zu werden und das zeigte ich dem Grünäugigen auch immer wieder, indem ich seine Nähe und Wärme suchte, einfach nur glücklich und zufrieden war. „Hast du dich bei mir schon einmal unwohl gefühlt, weil du dich an etwas erinnert hast, was du schon einmal erleben musstest? Also abgesehen von der Sache vorhin? Du musst auch nicht sagen an was, ich möchte nur in Zukunft genau sowas vermeiden!"
Ich brauchte einige Sekunden um darüber nachzudenken und sofort fiel mir meine erste Autofahrt ein, bei der mir Manuel mit der Hand über den Bauch gestrichen hatte, so wie er es jetzt tat. Damals empfand ich es als störend und unangenehm, da ich Berührungen von anderen und erst recht von Hybriden nicht gewöhnt war, doch durch diese ganze Aufmerksamkeit wurde ich fast schon süchtig nach der Nähe des Brünetten, auch wenn ich nicht so recht verstand wie aus einem Gefühl der Angst in einer solch kurzen Zeitspanne etwas wie Liebe werden konnte. Darüber beschweren würde ich mich niemals, schließlich hatte ich durch dieses Gefühl eine Menge gewonnen und hatte mich ins positive verändert, doch interessant fand ich es trotzdem. Meine Veränderungen der letzten Wochen hatte ich allein wegen ihm durchgemacht und ich wollte am liebsten wissen ob es anders gekommen wäre, wäre ich nicht von Manuel gekauft worden, sondern niemals oder von jemand ganz anderem. Sicher hätte ich niemals den Gedanken gehegt meinen Besitzer anzusehen oder jemals meine Stimme zu erheben, denn bei jemand anderem hätte ich vielleicht nicht das Vertrauen dazu entwickelt und wäre für immer der unterwürfige, ängstliche und unbrauchbare Patrick gewesen, welcher zu nichts allein fähig war.
„Anfangs habe ich mich sehr unwohl dabei gefühlt von dir berührt zu werden, weil ich einfach nicht wusste, dass es auch eine Art von...naja von guten Berührungen gibt! Aber das ist nicht mehr so. Ich mag es so nahe bei dir zu sein und das Einzige was mich jetzt noch stört ist, wenn du jemand anderen mehr beachtest als mich! Das kann ich auch nicht einfach abstellen, tut mir...", wollte ich mich entschuldigen, doch das ließ mein Freund nicht zu. Schnell legten sich seine weichen Lippen auf meine Stirn und brachten mich so dazu aufzusehen, direkt zu erkennen, dass der Jüngere nun keine weiteren Entschuldigungen hören wollte. Wie es mir beigebracht wurde, kehrte ich sofort in eine unterwürfige Position zurück und machte mich klein, senkte meinen Blick wieder und hoffte nun nicht dafür angeschrien zu werden. Wo andere nun beleidigt eine Schnute ziehen würden, da man sie unterbrochen hatte, versuchte ich zu zeigen, dass ich mich dem anderen freiwillig untergeben würde und es nicht so meinte, ich bat instinktiv um Vergebung. Die Umgebung veränderte ein jedes Lebewesen, denn so wie man von anderen behandelt wurde, so verhielt man sich oft automatisch, da man immer und überall lernte. Mir wurde mein Leben lang diese stille, ängstliche und unterwürfige Verhaltensweise eingebläut, welche man nicht mehr so leicht aus mir herausbekommen würde, wie es Manuel sicher von mir wollte. Es brauchte lange um sich an etwas Neues und Unbekanntes zu gewöhnen, etwas schon längst Gelerntes wieder zu verwerfen und dafür etwas Neues zu lerne, doch wenn ich mir Mühe gab und wenn Manuel mir zeigte wie ich mich stattdessen zu verhalten hatte, dann würde ich es versuchen mir einzuprägen.
„Entschuldige dich doch nicht dafür, Süßer! Es macht dich liebenswert, dass du von mir beachtet werden möchtest und ich werde mir von jetzt an noch mehr Mühe dabei geben dir so viel Aufmerksamkeit zu geben, wie du sie brauchst! Das schaffe ich schon, versprochen. Du wirst dich nie mehr wieder vernachlässigt fühlen, also zumindest nicht so lange wie ich bei dir bin!", versprach mir der Grünäugige mit einem aufrichtigen Blick und treuen Augen, weshalb ich erleichtert lächelte und den Kuss des Jüngeren erwiderte, indem ich meine Lippen auf seine Wange drückte. Es freute mich, dass sich der Pfau solch eine große Mühe geben wollte mich wohlfühlen zu lassen und mir jeden einzelnen meiner Wünsche von den Lippen abzulesen, das würde ich auch gerne tun, doch seinen einzigen Wunsch würde ich erst dann erfüllen, wenn ich mir sicher war, dass der richtige Moment dazu gekommen war. Unser zweiter Kuss sollte etwas Besonderes werden, liebevoll und ich wollte mich sicher dabei fühlen, dass ich keinen Fehler damit machen würde. Wenn dem Grünäugigen der Kuss dann gefiel, fragte er mich vielleicht ob ich ihn als meinen Partner akzeptieren würde und nach all dem was er für mich tat, nach seinen Mühen und den seinem Kampf um meine Gunst, wusste ich, dass meine Antwort ein ja sein würde. Er hatte es verdient glücklich zu sein und wenn er mich dafür brauchte, dann wollte ich ihm nicht im Wege stehen und ihn so unterstützen, wie er mich.
„Aber das ist gerade gar nicht so unbedingt das, was ich eigentlich vorhatte zu sagen. Ich würde gerne etwas mit dir ausprobieren und das ist dieses Mal etwas, von dem ich wirklich möchte, dass du es zumindest einmal probierst und es nicht sofort ablehnst! Vielleicht kennst du dich damit nicht so wirklich aus und das ist auch nicht schlimm, aber diese ganzen Erlebnisse von früher, die du hier aufgeschrieben hast, die hast du noch nicht verarbeitet und das ist der Grund dafür, dass du so schnell in Panik gerätst. Du gewöhnst dich gerade zwar daran, dass du jetzt sicher bist und keine Angst mehr vor irgendwas zu haben brauchst, aber das löst noch lange nicht das eigentliche Problem. Dir fällt es schwer über deine Vergangenheit zu reden und du willst das ganze am liebsten einfach vergessen, aber das ist so nicht richtig! Wenn du dich nicht mit all dem beschäftigst, was dir passiert ist, wirst du dich niemals so akzeptieren können wie du bist und deshalb habe ich mir überlegt, dass wir zusammen zu einem Psychologen gehen werden, der dir helfen wird mit deinen Erlebnissen besser umzugehen und mir zeigt, wie ich dich am besten dabei unterstützen kann! Wir werden das alles zusammen machen und ich werde auch die ganze Zeit bei dir bleiben, also außer du möchtest, dass ich den Raum verlasse, dann mache ich das natürlich, aber ansonsten bin ich da und wir finden gemeinsam einen Weg wie du mit deiner Vergangenheit klarkommst und wieder ein ehrliches Lächeln haben kannst! Es ist egal wie lange das dauert, wir haben genug Zeit und ich bin jederzeit für dich da, damit du glücklich werden kannst. Also Patrick...gibst du mir die Chance dir durch einen Psychologen und Therapeuten zu helfen ein normales Leben führen zu können, bei dem du nicht mehr auf die Hilfe anderer angewiesen bist?"
~4620 Worte, hochgeladen am 12.12.2020
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