44. Überlegung
„Wie, du willst bei Adrien bleiben?", hörte ich meinen Freund schockiert fragen, dabei sah ich genau dabei zu, wie sich seine rechte Hand zu einer Faust ballte und handelte instinktiv, indem ich nach der Faust griff, den Jüngeren unsicher musterte und so dafür sorgte, dass er ruhig blieb. Sofort bemühte sich der Brünette wieder um einen sanfteren Blick, denn in meiner Gegenwart laut zu werden wollte er auf keinen Fall. Er kannte mich gut, wusste, wie schnell ich dazu neigte zu weinen und da ich nicht zulassen wollte, dass Claus sich noch einmal bedrängt fühlte und aus Panik weglief, jedoch dieses Mal nicht schnell genug von dem Polizisten gefasst wurde, sondern vielleicht entführt wurde. Der Schneeleopard war gerade dabei sich anzuziehen, da es langsam spät wurde und Claus, welcher die gesamte Zeit über recht schüchtern war und kaum den Blick anhob, eher zum Ende hin müde an der Brust seines Beschützers lag und sich von diesem streicheln ließ. Es sah unglaublich niedlich aus, wie aufmerksam der blau- und gelbäugige sich um den fünfzehnjährigen kümmerte, ihn sofort in seine sichere Umarmung zog, als er unterschwellig nach Nähe bettelte und auch, wenn ich Claus hier an meiner Seite vermisste, wusste ich, es wäre gut für ihn, wenn er bei dem Polizisten bleiben dürfte. Von ihm bekam er die Aufmerksamkeit, die Manuel ihm nicht geben konnte und es wäre ungerecht ihm sein Glück zu verwehren, nur weil der Pfau seinen Bruder bei sich in der Nähe haben wollte. Mich ließ er schließlich auch machen, was ich wollte, wenn ich etwas machen wollte und nur, weil der Braunäugige ein einfacher Mensch war, sollte er nicht von dem Hybriden benachteiligt werden, dagegen würde ich vorgehen. Mein Leben lang wurde ich unterdrückt, weil ich in den Augen von Hybriden nichts wert war, doch nun, wo ich etwas dagegen unternehmen konnte, würde ich versuchen allen Menschen zu helfen, die sich selbst nicht wehren konnten.
Nickend bestätigte Claus die Frage seines Bruders. „Ich fühle mich bei ihm viel wohler als hier und habe durch ihn endlich jemanden gefunden, der mich mag und das nicht nur, weil er es muss! Willst du mir also wirklich verbieten bei ihm zu bleiben? Mir meinen einzigen, wahren Freund nehmen und mir den einzigen Menschen verbieten zu treffen, bei dem ich sein darf?", fragte der fünfzehnjährige meinen Freund mit traurigen, nahezu enttäuschten Augen und sofort wurde mein Griff um den Größeren ein wenig stärker, denn schließlich hatte ihm sein Bruder gerade unterschwellig mitgeteilt, dass er dachte, der Pfau würde ihn nur mögen, weil er es musste. Niemals im Leben war es nur das, weswegen der Schauspieler den Jungen in sein Herz geschlossen hatte. Er mochte ihn, schließlich war er sein kleiner Bruder und diesen musste er genauso beschützen, wie mich. Im Moment schien er sich wirklich angegriffen zu fühlen von den Worten Claus, so erschrocken wie er über sie war und ich verstand ihn, schließlich liebte er den Braunäugigen von ganzem Herzen. Der enttäuschte Ton seiner Stimme ließ Manuel ihn wieder in seine Arme schließen, vorsichtig den Körper des Hünen an sich ziehen und hoffen, dass er seine Geste nicht als etwas vollkommen Falsches interpretierte. „Wie kommst du denn darauf, dass ich dich nur mag, weil ich muss! Gut, ich habe mich dich damals nicht ausgesucht, aber so geht es dir ja auch. Ich habe mich damals wie auch heute noch einfach nur darüber gefreut einen kleinen Bruder zu haben, den ich ärgern kann und so wird es mir auch immer gehen, egal was passiert. Und dir verbieten Adrien zu sehen würde ich auch nie, weil ich genau weiß, wie gut ihr beide euch miteinander versteht! Ich will doch bloß nicht, dass Mama sich Sorgen um dich macht, weil du nicht mehr nach Hause kommst, verstehst du? Mir geht es nur darum, dass Mama davon weiß!"
Leise entfernte ich mich von den beiden Geschwistern, um ihnen ein wenig Privatsphäre zu gönnen. Ohne einen Blick zurück zu werfen, ging ich in Richtung Flur und sah verwundert Adrien dabei zu, wie er es nicht schaffte sich die Schuhe zuzubinden. Ein paar lange, spitze und saubere Krallen verhinderten das, welche zuvor noch nicht dagewesen waren. Statt für einen Menschen normale Fingernägel, hatten die Krallen ihren Platz nun auf den Fingerspitzen des Leoparden-Hybriden gefunden und ich kam zögerlich näher, mit gesenktem Blick, um mich vor den Größeren fallen zu lassen. Genervt seufzte dieser auf und ließ es einfach sein, als ich langsam und vorsichtig begann seine Schnürsenkel für ihn zu einer Schleife zu binden. Es musste wirklich nervig sein ein Hybrid zu sein, dessen beide Eltern ebenfalls Hybriden waren, denn so wie der Polizist mit seinen Krallen zu kämpfen hatte, hatte Manuel mit seiner Federtracht zu kämpfen und den geschärften Instinkten, durch die er beinahe unübertrefflich war. „Danke, Patrick. Das passiert manchmal einfach so und ich kann da auch nicht wirklich was gegen machen! Ich bin echt neidisch auf dich, weil du nicht mit plötzlich einfach wachsenden Krallen kämpfen musst. Sei froh darüber, wirklich! Es ist zwar echt toll diese ganzen Fähigkeiten meines Mischtieres zu haben, aber sie nicht alle kontrollieren zu können ist ein so großer Nachteil. Da hast du es ganz gut, muss ich sagen. Bist zwar ein Hybrid, aber man erkennt das bei dir nur an deinem Verhalten und nicht an deinem Aussehen. Du kannst echt froh darüber sein, Patrick!"
Mit hochgezogener linker Augenbraue sah ich den Mann vor mir unsicher an, wusste nicht so recht, was genau ich tun sollte. Meinte der Ältere tatsächlich, ich sollte mich darüber freuen, dass ich kein vollwertiger Hybrid war und demnach keine wirklichen Fähigkeiten aufwies? Hätte ich zumindest irgendetwas auffälliges gezeigt, etwas was darauf hätte schließen lassen können, ich war ein Hybrid und zu Unrecht in dieser Hölle, dann wäre ich vielleicht schon viel früher dort herausgekommen und wäre nun nicht so psychisch und physisch zerstört. Der Polizist schien mich an meinem Geruch erkannt zu haben, welchen man in dem Gefängnis von all den Tausend anderen nicht unterscheiden konnte, besonders nicht, wenn es noch viel mehr Hybriden dort gab, wie es Manuel und Adrien annahmen. Sie beide hatten sich ausgiebig über die Theorie meines Herrn unterhalten und der Polizist hatte sogar angeboten der Sache einmal nachzugehen, da er nicht nur ein einfacher Streifenpolizist war, der kontrollierte, ob alles auf den Straßen der Stadt nach dem rechten ging, sondern er war ebenso in den Ermittlungen von Straftaten tätig und war höhergestellt, als so manch anderer Hybrid, welcher schon viel länger in diesem Berufsfeld arbeitete als der Leopard. Es lag daran, dass auch der Vater des Älteren schon bei der Polizei gearbeitet hatte, dessen vorheriger Besitzer auch und da der Schneeleopard niemanden enttäuschen wollte, ging er ebenfalls diese Laufbahn ein und übernahm die Stelle seines Vaters, nachdem dieser frühzeitig wegen einer schwerwiegenden Verletzung in den Ruhestand gegangen war. Ich hatte allein daran gemerkt, wie unglaublich treu und gutherzig dieser Mann war, schließlich hatte er uns sogleich angeboten ein wenig nachzuforschen und eine Ermittlung einzuleiten, oder sich das ganze zumindest einmal selbst anzusehen.
Ein Lächeln legte sich auf die Lippen des Blonden. „Du würdest gerne auch irgendwie sofort als ein Hybrid von jedem zu erkennen sein, nicht wahr? Je länger du schon bei Manu bist, desto mehr fängt dein Körper an nach deinem Mischtier zu riechen und auch, wenn ich den Geruch von Manus Pfau deutlich wahrnehme, rieche ich deinen eigenen Geruch immer mehr! Aber es gibt natürlich auch Hybriden, die keinen so feinen Geruchssinn haben und dich für einen Menschen halten würden. Vielleicht arbeitest du ja irgendwann einmal und kannst dir mit deinem verdienten Geld eine Operation leisten, damit du ein Paar Katzenohren hast oder Fell am Körper! Ist sehr teuer, aber wenn du das wirklich willst...", erzählte der Größere mir, was mich aufhorchen ließ. Von solch einer Art Operation hatte ich noch nie etwas gehört, bisher hatte mich das auch niemals interessiert und nun, wo mir Adrien erzählte, dass ich vielleicht eines Tages ein paar Merkmale meines Mischtieres haben konnte, wie Ohren, begann ich zu überlegen. Sicher würde ich Manuel mit zwei kleinen, flauschigen Ohren noch mehr gefallen als jetzt, schließlich mochte er es, wenn ich etwas niedliches tat und ich hatte schon eine Menge Katzen-Hybriden gesehen, welche fast ausnahmslos niedlich und unschuldig auf mich wirkten. Mein Herr hatte schon oft gesagt, wie süß er mich fand, wenn ich unbeholfen war und dass er mir gerne half, wenn ich nicht weiterwusste, deshalb würde ich ihm mit Ohren sicher noch ein wenig mehr gefallen, als ich es im Moment schon tat. Nur das fehlende Geld würde ein Problem sein, welches ich auf keinen Fall so schnell würde auftreiben können.
Verwundert sah mich der Polizist an. „Wusstest du nichts davon?", fragte mich Adrien verwirrt und sofort schüttelte ich verneinend den Kopf, begab mich in den Schneidersitz und hoffte, dass mir der Ältere etwas mehr über die Operation erzählen würde. Bis ich eine Arbeit gefunden hatte und das nötige Geld besaß um mir den operativen Eingriff leisten zu können, würde noch einige Zeit vergehen und dass mein Herr mir diesen aus eigener Tasche zahlte, wollte ich unbedingt verhindern. Er hatte schon so viel für mich getan, da konnte ich nicht auch noch verlangen, dass er mir etwas bezahlte, was ihn selbst kein bisschen weiterbrachte und mir bloß den Vorteil verschaffte von jedem als das wahrgenommen zu werden was ich war, ein Hybrid. Ihm würde es nur Geld nehmen, was er für wichtigere Dinge ausgeben konnte, wie seinen Wunsch mit uns allen nach Japan zu fliegen und dort Urlaub zu machen. Er dachte sofort für uns alle mit, währen mein Wunsch nur mir etwas brachte und deshalb wollte ich auf keinen Fall, dass der Pfau ihn mir bezahlte, sondern wollte selbst mein Ziel erreichen, egal wie lang es dauern würde. Damit würde ich meinen Freund schon stolz machen, wenn er sah, dass ich mir selbst etwas erarbeitet hatte und nicht finanziell abhängig von ihm war. Je weniger er für mich und meine viel zu teuren Bedürfnisse ausgab, desto mehr konnte er sparen und irgendwann einmal etwas kaufen, was er wollte, nicht was ich brauchte. Der Schauspieler arbeitete schließlich für sich selbst und um sich seine eigenen Träume zu erfüllen, nicht um mich durchzufüttern und mir etwas davon zu kaufen.
„Also, diese Operationen sind eigentlich für Hybriden da, die keine äußeren Merkmale haben, obwohl ihre beiden Eltern auch Hybriden sind, aber für Leute wie dich wird so etwas auch häufig gemacht! Die Katzenohren brauchen zwar lange, um so zu wirken, als wären sie wirklich echt und es ist ein sehr gefährlicher Eingriff, weil es eben eine Operation am Kopf ist, aber mit dem Ergebnis sind immer alle zufrieden. Soweit ich weiß kostet die Operation so um die zwölftausend Dollar und die Wartezeiten sind ewig lang, weil es eine Menge Hybriden gibt, die diesen Eingriff tatsächlich wollen, aber da Peter sicher ein paar gute Kontakte hat, könnte er diese spielen lassen und du würdest ein wenig früher drangenommen werden! Bevor du das aber machst, sprich lieber nochmal mit Manu darüber und guckt gemeinsam, ob du das wirklich willst oder lasst euch in irgendeiner Klinik beraten, weil ich weiß halt auch nicht wirklich viel darüber. Da hättet ihr dann Hybriden, die euch dann über die genauen Risiken und den Eingriff an sich aufklären können!", sprach Adrien, was mich tatsächlich zum überlegen brachte. Konnte man von diesem Eingriff sterben, wenn dafür am Kopf gearbeitet werden musste? Ich wollte nicht mehr sterben, nun wo ich eine Person gefunden hatte, für die es sich zu leben lohnte und sicher würde mir auch mein Freund davon abraten es zu tun, denn schließlich wollte er mich nicht verlieren, doch meine Entscheidung von ihm abhängig machen sollte ich nicht. Mit meinem Körper durfte ich machen was ich will, nun wo ich ein Hybrid war und wenn das dem Brünetten missfiel, dann sollte er mich rauswerfen und in Ruhe lassen. Wenn er mich nicht mit meinen Wünschen akzeptierte, dann brauchte ich gar nicht weiter hier zu bleiben und mir anhören, wie gefährlich dieser Eingriff war und dass ich sterben könnte, denn bei allem was man tun konnte gab es die Gefahr zu sterben. Ob man es mit einer hören Chance tat oder nicht, war für mich nicht wichtig.
Es war ein paar Sekunden still, in denen ich überlegte, ob ich einen solchen Eingriff potenziell tatsächlich durchführen lassen wollte, ehe ich hinter mir Manuels sanfte Stimme vernahm und Adrien aufstand. „Aufstehen Süßer!", wies er mich an, während er sich vor mich stellte und mir seine rechte Hand reichte, woran er mich einen Moment später auf die Beine zog. Lächelnd empfing er mich und sah mich an, als wäre ich ein teures, unbezahlbares Gemälde, einfach wertvoll. Schüchtern wandte ich meinem Blick dem Boden zu und machte mich automatisch klein, so wie ich es seit meiner Geburt gelernt hatte. „Also, es war wirklich lieb, dass ihr beide hier wart, Adrien! Pass gut auf meinen Bruder auf, ja? Ihr beide seid hier immer herzlich willkommen!", sagte mein Freund mit einem sanften Lächeln auf seinen Lippen, für welches ich ihn beneidete. Aus Gewohnheit legte mir der Größere seinen rechten Arm um die Taille und ich schmiegte mich an seinen warmen Körper, genoss seinen Schutz und seine Nähe. Claus schlich sich nebenbei an uns vorbei und stellte sich mit vorsichtigem Lächeln neben seinen Beschützer, welcher ihn sofort einmal von oben bis unten betrachtete um zu gucken, ob er verletzt war oder geweint hatte. Nichts war zu sehen und da mein Pfau ebenso sanft war, kein bisschen vor Wut geladen war, glaubte ich nicht, dass eben etwas zwischen ihnen vorgefallen war. Der Grünäugige musste ruhig geblieben sein und seinen Bruder ausreden lassen haben, was mich beruhigte. Noch einen Streit und eine Flucht aus Verzweiflung wollte ich sowohl Manuel als auch Claus selbst nicht antun, das hatten sie beide nicht verdient. Nicht, wo sie sich doch gerade erst wieder miteinander vertragen hatten und wo mein Herr den Freund seines Bruders akzeptierte, sich mit ihm anzufreunden schien und dass trotz der genetischen Voraussetzungen ihrer beiden Mischtiere. Der Schauspieler gab sich große Mühe dabei zu akzeptieren, wer nun an der Seite seines Bruders war und ich bewunderte ihn dafür, denn so unterschiedlich wie der Polizist und Manuel waren, hätte ich es gut verstanden, wenn er sich von ihm abwenden würde.
„Wenn ihr aus München wieder zurück seid, können wir uns sicher nochmal treffen und vielleicht habt ihr dann ja ein paar nützliche Informationen, damit ich mal mit dem Nachforschen anfangen kann! Und wenn Patrick ein bisschen besser schreiben kann, kann er ja auch ein bisschen von seiner Zeit im Heim erzählen oder ich befrage Michael und Maurice, weil alles kann helfen ein solches Verbrechen aufzuklären. Außerdem könntet ihr beide dann dieses Heim verklagen, wenn wir tatsächlich herausfinden, dass nicht nur ihr beide eigentlich Hybriden seid und ich werde euch mit einem guten Anwalt zur Seite stehen, wie Manu wahrscheinlich auch!", antwortete Adrien, wobei er zum Schluss hin mich anlächelte und sofort senkte ich unterwürfig meinen Blick, da ich mich irgendwie unwohl dabei fühlte über die Zeit vor Manuel nachzudenken. Ich erinnerte mich oft von mir aus daran zurück und das ohne Grund, dann war alles in Ordnung, doch würden mir extra Fragen gestellt werden, die ich dann beantworten musste, würde das ganz anders aussehen. Während meiner Zeit in der Hölle hatte ich so viele Dinge erlebt, die aus der heutigen Sicht unmöglich erschienen und die man mir nicht glauben würde, wenn man es nicht zumindest einmal miterlebt oder es gehört hatte. Nur Michael und Maurice konnten bezeugen was mir alles widerfahren war, sie selbst hatten einiges davon am eigenen Leibe erfahren, doch längst nicht so viel, wie ich spüren und miterleben musste. Sie konnten beide so vieles berichten, über den Umgang mit den Personen in diesem Gebäude und was ihnen angetan wurde, doch ich hatte noch so vieles mehr im Kopf, wofür mich Manuel sicher hassen würde, wenn er es wüsste. Mit mir wurden Dinge gemacht, von denen nicht einmal Michael und Maurice wussten, wofür ich in gewisser Weise dankbar war, denn wüssten sie es, hätten sie ein ganz anderes Bild von mir und würden mich nicht mehr in dem Licht sehen, in welchem ich stand.
Besorgt begannen die Augen meines Herrn zu glitzern als ich mich in seiner Brust versteckte und sofort reagierte er für mich, drückte meinen Körper schützend an den seinen. „Sicherlich würde ich das machen! Für das was die drei erlebt haben, haben diese...Schweine nichts anderes verdient. Aber einen der drei zu einer Aussage zwingen werden wir nicht, das kannst du vergessen! Wenn die drei von sich aus reden wollen ist alles gut, aber sie dazu zu nötigen eine Aussage zu machen werden wir nicht. Sonst hast du uns das letzte Mal gesehen, Adrien!", erklärte mein Freund mit gefährlich gedrückter Stimme, welche mich sofort zahm seine Nähe suchen ließ. Diese leise Drohung, Manuel würde auch nur bei einem kleinen Fehler dafür sorgen, dass Claus wieder von dem Polizisten wegkam und ich achtete ihn wirklich hoch dafür, dass er uns auch jetzt noch verteidigte, obwohl er wusste, dass wir Hybriden waren und unsere Stimmen einfach erheben durften, wenn wir es wollten. Allein eine einzige Reaktion meinerseits reichte ihm um einen Grund zu haben mich verteidigen zu wollen und das ließ mein Herz beschleunigen, denn es zeigte mir, dass er auf mich aufpasste und mich stets vor allem schützen würde, was mir gefährlich werden könnte. Der Polizist riss schockiert seine Augen auf und hob beschwichtigend die Hände, wobei sein Schützling ihn ansah, als hätte er tatsächlich Angst ihn verlassen zu müssen. „Manuel, nein! Ich würde niemals jemanden dazu zwingen über sowas zu reden, der das nicht will. Keine Sorge, niemand muss hier irgendwas aussagen!"
„Das will ich für dich auch hoffen..."
(...)
Unruhig wälzte ich mich im Bett hin und her, fand keine bequeme Position und das, obwohl Manuel still neben mir lag und mir zärtlich über den Bauch streichelte. Mich hielt der Gedanke wach, ob es mein Leben wert war wie ein Hybrid auszusehen und langsam kamen mir immer mehr Zweifel, denn auch wenn ich einer war, wollte ich eigentlich keiner sein. In meinem bisherigen Leben wurde ich nur von ihnen geschlagen und verachtet, was auf einmal nicht mehr so sein sollte, nur weil durch einen Test nachgewiesen wurde, dass ich ein Katzen-Hybrid war? Es war so heuchlerisch und grausam von dieser Art Lebewesen, wie sie andere behandelten, die ihnen zum größten Teil niemals etwas getan hatten und ich bedauerte es zu ihnen gehören zu müssen, so wie ich es bedauerte ein Mensch zu sein. Zu beidem wollte ich auf keinen Fall gehören, ich hasste Menschen und Hybriden zugleich, doch ändern einer von ihnen zu sein konnte ich nicht. Diese Entscheidung, ob ich mehr einem Menschen ähneln wollte und damit unterbewusst mitteilte, dass ich mich als einer von ihnen sah, oder mich zu einem vollwertigen Hybriden mit Merkmalen machen wollte und mir unbekannten zeigte, dass ich hinter dem stand, was diese mit normalen Menschen taten, war etwas, was ich auf keinen Fall allein entscheiden wollte. Dass ich von dieser Operation sterben könnte und dass das sogar nicht wirklich unwahrscheinlich war, interessierte mich nicht wirklich. Ich hatte bei Manuel ein sicheres und liebevolles Zuhause gefunden, für das es sich zu leben lohnte, doch würde ich im Ernstfall nicht mich selbst, sondern nur meine Freunde beschützen und wenn ich dabei starb, dann war das in Ordnung. Das hätte vielleicht schon längst geschehen sein sollen.
Als ich mich das sicher schon fünfzigste Mal zu Manuel drehte, seufzte dieser leise und umschloss meine Taille fest, sodass er mich an sich heranziehen konnte und mich so dazu brachte erschrocken zusammen zu zucken. „Was ist los, Kleiner? Kannst du nicht schlafen, hm? Willst du Musik hören?", fragte mich der Pfau leise, dabei schmiegte er sich nahe an meinen Körper und da ich ihn nicht noch durch Geräusche stören wollte, schüttelte ich ablehnend den Kopf. Die ganze Zeit über hatte der Jüngere meine Unruhe gespürt und war wach geblieben, hatte sein Bestes versucht um mich zu beruhigen, was mir schon wieder zeigte, wie unglaublich toll dieser Mann war. Für mich verzichtete er auf seinen Schlaf und bot mir zusätzlich an Musik zu hören, was ihm im Endeffekt noch mehr Schlaf klauen würde, doch das nahm er freiwillig für mich in Kauf. „Beschäftigt dich dann etwas anderes, Süßer? Erzähl ruhig, wenn du etwas auf dem Herzen hast, ich höre einfach nur zu und dann können wir gemeinsam überlegen, ob wir eine Lösung für dein Problem finden!", murmelte mir der Grünäugige in mein Ohr, bevor er mir einen Kuss auf die Stirn hauchte und sie mit der seinen verband. Sofort fühlte ich mich ein wenig wohler und legte dem Größeren meinen rechten Arm um die Taille, sodass ich ihn näher an mich ziehen konnte. Es mochte sich komisch anhören, doch brauchte ich die Nähe dieses Jungen um mich zu beruhigen und mich sicher zu fühlen, mehr als alles andere auf der Welt.
„Ich überlege, ob ich mich operieren lassen möchte oder nicht. Adrien hat mir vorhin erzählt, dass man sich, zum Beispiel wenn man ein Katzen-Hybrid ist und ohne äußere Merkmale geboren wurde, Katzenohren an den Kopf heran operieren lassen kann, die echt wirken! Und ich weiß nicht so wirklich, ob ich sowas machen lassen sollte oder nicht...was würdest du machen, Manu?", erzählte ich dem Schauspieler von meinen Gedanken, was ihn kurz mit dem streicheln meines Rückens zögern ließ und sofort machte ich mich ängstlich kleiner, hoffte nun keinen Ärger für diesen Gedanken zu bekommen. Dass er diese Operation für etwas Schlechtes hielt hatte ich schon erwartet, schließlich mochte er mich so wie ich war, doch wie er das rüberbrachte hatte ich nicht einmal überlegt. Ich zweifelt daran, dass er mich nun anschreien würde, weil ich mich selbst nicht so mochte wie ich war, doch dass er ganz ruhig blieb und nicht versuchen würde mich von diesem Gedanken abzubringen, erwartete ich genauso wenig. So schockiert wie er mich ansah, mit sein wunderschönen und vor Verwirrung schimmernden Augen, konnte seine Meinung zu diesem Thema nur negativ ausfallen. Es störte mich nicht, schließlich hatte ich ihn nach seiner persönlichen Meinung gefragt und erwartet, dass er dagegen sein würde und versuchen würde mir das ganze auszureden.
„Patrick, willst du sowas wirklich? Ich meine, wenn du möchtest, dann sollst du das gerne machen und ich werde dir selbstverständlich dabei helfen, aber wieso möchtest du so eine Operation, die auch noch so gefährlich ist? Du könntest sterben Süßer, wenn da etwas schiefläuft und das ist recht häufig der Fall...", fragte mich der Pfau ohne mir diese Idee schlecht zu reden oder eine wirkliche Wertung abzugeben. Wie er es mir versprochen hatte würde er mich unterstützen und mir zur Seite stehen, würde ich mich für so eine Operation entscheiden. Egal wie meine Entscheidung schlussendlich lauten würde, der Schauspieler wäre für mich da und würde sich um meine schnelle Genesung kümmern, mit allem was er hatte und konnte. Er war der Meinung, dass ich allein über meinen Körper bestimmen sollte und würde mir nicht reingrätschen, sollte ich mich für das entscheiden, was er nicht wollte. Obwohl er mich rechtmäßig erworben hatte, es sein gutes Recht war bestimmen zu dürfen was mit meinem Körper geschah und wie ich mich zu verhalten hatte, der Kaufvertrag war schließlich der eindeutige Beweis dafür, gab er mir die freie Entscheidungsgewalt und würde mich nicht dafür verurteilen, für was auch immer ich mich am Ende entschied.
„Ich weiß nicht...du sagst doch immer, ich wäre süß und dann siehst du mich immer mit so einem Blick an, ich könnte den gar nicht nachmachen, aber das gefällt mir irgendwie! Und da dachte ich, dass ich dir mit zwei Katzenohren vielleicht noch mehr gefallen könnte. Es tut mir leid, ich sollte nicht mehr darüber nachdenken, das war dumm. Entschuldigung...", stotterte ich traurig und überfordert, dabei kämpfte ich gegen die Tränen der Verzweiflung an und wollte mich von dem Größeren wegdrehen, doch das ließ dieser gar nicht zu. Fest drückte er meinen Körper gegen den seinen, sodass sich unsere Stirnen wieder verbanden und obwohl er mir mit dieser Geste deutlich zu verstehen gab, ich hatte nichts getan, wofür er mich bestrafen würde, hielt ich meine vorherigen Überlegungen nun für dumm. Mir war das Bild, welches der Jüngere von mir hatte tatsächlich hundert Mal wichtiger als mein eigenes Leben und allein, dass ich mich für ihn operieren lassen würde, da er es mochte, wenn ich etwas süßes tat, bewies mir immer mehr wie sehr ich mich selbst von ihm abhängig machte. Würde es dem Pfau nicht gut gehen, ginge es mir auch nicht gut und wenn er glücklich war, sogar mit mir Späße machte, dann brachte er mich sogar zum Grinsen und dafür war ich ihm dankbar. Für das was er tat, dafür dass er mich glücklich machte, würde ich alles tun, um ihm genauso ein Lächeln zu schenken und selbst, wenn er meine Gesten nicht immer als gut ansah, waren sie doch stets lieb gemeint und ich gab mir Mühe den Grünäugigen glücklich zu machen.
Fest jedoch sanft sah mir Manuel in die Augen. „Hör zu, Patrick. Du bist der schönste und süßeste Mann, den ich kenne! Es ist dein Körper und was du mit diesem machst, ist komplett dir überlassen. Wenn du diese Operation willst, dann mach es auch und wenn nicht, dann tu es eben nicht, aber mach deine Entscheidung ja nicht von mir abhängig, verstanden? Ich werde dich mit Katzenohren genauso sehr lieben, als hättest du keine und das wird auch immer so sein! Du sollst nicht mir gefallen durch diese Operation, weil ich würde dich auch noch lieben, wenn es niemand anderes tut, sondern du musst dir selbst damit gefallen und wenn du denkst, dass du mit Katzenohren besser aussiehst, dann mach es. Aber wenn du das nur machen willst, um mir mehr zu gefallen, dann tu es nicht. Präge dir das gut ein, Patrick, du musst dich selbst lieben und das so, wie du bist!"
~4300 Worte, hochgeladen am 30.11.2020
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