32. Abendessen

Blinzelnd öffnete ich meine Augen, als ich hörte, wie sich ein Schlüssel im Schloss der Eingangstür umdrehte und obwohl ich es sicher hätte anders machen sollen, blieb ich einfach still liegen und ließ meine Augen geschlossen. Den ganzen Tag über lag ich im Bett und hatte nichts anderes getan, als zu schlafen und die Decke anzustarren. Nur ein einziges Mal war ich auf der Toilette gewesen, als ich mir sicher war, dass mein Wächter schlief, und wäre Maurice mir nicht entgegengekommen, wäre ich mit Sicherheit einfach umgekippt und hätte mir den Kopf aufgeschlagen. Mein Gleichgewichtssinn hatte mich im Stich gelassen, auf halbem Wege und da der Blonde Angst hatte, ich würde im Badezimmer mein Bewusstsein verliere, hatte er mich bis zur Toilette gestützt und gewartet, dass ich fertig wurde, um mich schlussendlich in das Schlafzimmer zu begleiten und sich neben mich fallen zu lassen, zärtlich seinen rechten Arm um mich zu schließen und einfach zu entspannen. So lagen wir zu dritt da, Michael umschloss mich von der linken Seite, ich lag zu ihm gedreht da, um meinen Kopf auf seiner Brust ablegen zu können und Maurice legte mir von hinten seine Arme um den Körper. Beide hielten sie mich sicher und warm, sodass mir nicht passieren konnte.

Es dauerte einige Sekunden, ehe ich hörte, wie die Tür zum Schlafzimmer sich öffnete und das Licht der Deckenlampe unsere Körper erhellte, jedoch so niedrig gestellt war, dass keiner von uns durch dieses aufwachen konnte. Leise schnaubte Manuel einmal, betrachtete das sich ihm bietende Szenario und ich vernahm das leise Klicken einer Kamera, zumindest glaubte ich das, ehe sich die Tür wieder schloss und das Licht erlosch. Die beiden jungen Männer neben mir schliefen ruhig weiter, hatten nichts von all dem mitbekommen und auch ich seufzte einmal leise, ehe ich meinen Kopf leicht zur Seite drehte und ruhig blieb. Sowohl Michael als auch Maurice, sie beide hatten sich diese Ruhe mehr als nur verdient, für all ihre Arbeit, welche sie leisteten, während ich nur faul herumlag und nichts tat, außer von unserem Besitzer mit Streicheleinheiten und Liebe überhäuft zu werden. Mein Leben war von allen hier lebenden mit Abstand das einfachste, doch das wollte ich nicht. Irgendwann, wenn ich sterben würde, wollte ich sagen können, dass ich etwas in meinem Leben erreicht hatte und wenn es war, dass ich meinen Herrn glücklich machte, dann war es so. Doch es musste noch etwas geben, was ich tun konnte, mit dem ich ihm anders unter die Arme griff, als beim Haushalt zu helfen, denn das bekamen Michael und Maurice gut allein hin. Ich wollte ihm das zurückgeben, was ich ihm genommen hatte, sein ganzes Geld und dafür musste ich neues Geld verdienen, doch wie?

Einige Minuten später, in denen ich es immer wieder in der Küche hatte klimpern hören, betrat Manuel ein weiteres Mal das Zimmer und ließ den seichten Geruch von Essen in dieses hinein. Das Rascheln der hundert Augen begann zu erklingen und ich öffnete benommen meine Augen, erkannte vor mir das hübsche, reine Gesicht meines Besitzers auftauchen. Liebevoll musterte er den Brünetten neben mir, schien noch gar nicht wahrgenommen zu haben, dass ich schon wach war und deshalb schloss ich noch einmal meine Augen, um nicht zu stören. „Michael, aufwachen...", flüsterte der Grünäugige leise, dabei merkte ich, wie er sich mit seinen beiden Armen auf der Bettkante abstützte und sich vor dem Bett auf die Knie sinken ließ. Unruhig wand sich der Junge neben mir, schien aber noch nicht wach zu werden und das ließ den Pfau belustigt schnauben. „Hallo Michael, mach die Augen auf! Ich habe uns etwas zu essen gemacht!", versuchte es der Hybrid ein weiteres Mal und nun schien sein Vorhaben zu funktionieren, denn der Junge neben mir bewegte sich und brummte einmal leise, ehe sich sein Körper unter mir verspannte und sein Kopf sich nach links drehte.

„Herr, es tut mir leid, ich bin einfach eingeschlafen und...", stotterte der Jüngere nervös, doch mitten im Satz hörte er auf und drehte seinen Kopf zur Seite, um den Pfau nicht ansehen zu müssen, doch dabei merkte er, dass auch sein Freund am schlafen war und somit niemand dafür gesorgt hatte, dass etwas zu essen da war, sobald der Mischling von der Arbeit kam. Die einzige Aufgabe, welche Manuel uns gegeben hatte, den Haushalt zu schmeißen und dafür zu sorgen, dass es Essen gab, wenn er nach Hause kam, und diese Aufgabe hatten wir alle drei nicht gemacht. Ich durfte das Bett nicht verlassen, das hatte mir Manuel befohlen und so hatte ich keine Chance es für die anderen beiden zu übernehmen, auch wenn ich es wollte. „Bitte verzeiht uns, Sir! Ich habe die Zeit vergessen und wusste nicht, dass Maurice auch hier ist. Und Ihren Platz haben wir Ihnen auch weggenommen! Ich bitte um Vergebung, Herr. Es wird nie wieder passieren, versprochen!", sprach Michael ganz wirr, dabei änderte sich seine Stimmenfarbe und er klang deutlich höher als sonst, als hätte er Angst und ich verstand ihn, hätte in diesem Moment wahrscheinlich auch um Vergebung gebettelt, wüsste ich nicht, dass der Pfau keinem von uns böse war. Wäre er das, hätte er nicht Essen gekocht, sondern hätte die beiden gleich geweckt, damit sie das übernahmen und ihre Aufgabe zumindest noch verspätet abgaben.

„Steh mal kurz auf, Michael!", wies der Pfau seinen Besitz an, welcher der Aufforderung sofort nachkam und mich von sich schob, dabei noch vorsichtiger war als vorhin noch. Er wusste genau, dass ich des Herrn Liebling war und würde er mir bewusst Leid zufügen, würde es schlecht für ihn enden. Leicht öffnete ich meine Augen, nur ein kleines bisschen, um sehen zu können, dass Michael sich aufrecht vor das Bett gestellt hatte und den Kopf senkte, Unterwürfigkeit zeigte, so wie es uns unser Leben lang eingetrichtert wurde. Der Pfau allerdings machte das ganze zunichte, indem er den Kopf des Größeren sanft am Kinn hochdrückte und den Grauäugigen so dazu brachte ihm in die Augen zu sehen. „Ihr habt beide heute absolut nichts falsch gemacht. Du hast super auf Patrick aufgepasst und es ist kein bisschen schlimm, dass keiner von euch Essen gekocht hat! Sowas nennt man Arbeitsteilung, Micha. Während ihr beide auf Patrick aufgepasst habt und dafür gesorgt habt, dass er wieder gesund werden kann, habe ich uns allen etwas zu essen gemacht und war arbeiten! Und da ihr drei euch hier wohlzufühlen scheint, bin ich komplett zufrieden, ja? Das ist für mich nämlich etwas sehr Wichtiges, dass wir alle gegenseitig auf uns aufpassen und uns unterstützen. Du warst heute super, Michael!", redete Manuel auf seinen Schützling ein, während er ihm seine dünnen, grazilen Arme um den Nacken schlang und einfach liebevoll lächelte. Verspannt stand der Jüngere da, verstand noch nicht so recht, was da gerade geschah und dass er tatsächlich gelobt wurde, doch egal, was er im Moment dachte, diese Geste konnte er nicht als schlecht empfinden. Unser Besitzer gab sich alle Mühe uns zu zeigen, dass er niemals jemanden von uns schlecht behandeln würde und immer für uns da wäre, doch Michael war blind vor Angst und seiner Vergangenheit, würde noch eine ganze Weile Probleme damit haben dem Pfau zu vertrauen und dieser wusste nicht einmal, wieso.

„Aber wir hätten nicht einschlafen sollen, Herr...so ist Patrick doch unbeobachtet gewesen und es hätte so viel passieren können, wovon wir vielleicht nichts mitbekommen hätten! Ich habe meine Pflicht nicht erfüllt und es tut mir leid!", suchte der Grauäugige nach Gründen, weshalb unser Herr ihn bestrafen musste und ich verstand, was er da tat. Es schien mir so, als wollte der Brünette unseren Besitzer herausfordern und sehen, dass er mit seinem Denken recht hatte, er wollte uns, und ihm selbst einfach zeigen, dass wir falsch lagen und dass Manuel nicht anders war als sein letzter Besitzer, doch da hatte er sich mit dem falschen angelegt. Fester drückte der Pfau seinen gegenüber an sich. „Du hast doch selbst gerade gesehen, dass Patrick dich so sehr mag, dass er mit dir kuschelt und sich von euch beiden im Schlaf umarmen lässt, oder? Er macht das einfach so und weißt du, wie lange er bei mir gebraucht hat, um wirklich ruhig neben mir schlafen zu können und mir zu vertrauen? Lange, auf jeden Fall! Selbst jetzt hat er hin und wieder noch Phasen, in denen er unruhig wird, wenn ich ihn beim Schlafen umarme, aber die meiste Zeit bleibt er ruhig und dass er euch zwei so nahe an sich heranlässt, ist ein klares Zeichen dafür, dass er euch beiden blind vertraut! Also, denkst du wirklich, dass er sich nicht bemerkbar gemacht hätte, wenn es ihm schlecht gegangen wäre? Irgendwie hätte Patrick sich bemerkbar gemacht, weil er euch vertraut und deshalb hör auf zu behaupten, du hättest auch nur irgendetwas falsch gemacht, wenn du ausnahmslos alles richtig gemacht hast! Und jetzt los, ab ins Wohnzimmer und nimm dir schon Mal was zu essen!"

„Ich danke Ihnen, Sir...", flüsterte der Brünette und ich hörte, wie er einmal leise schniefte, ehe seine Schritte ertönten und er den Raum verließ. Wie er es bei Michael gemacht hatte, kniete sich Manuel nun auf die rechte Seite des Bettes und stützte sich nebenbei auf der Bettkante ab. „Aufwachen Maurice, es gibt Abendessen!", weckte der Pfau den Blonden, welcher jedoch bloß unzufrieden murrte und mich fester an sich drückte, sich gar nicht dafür zu interessieren schien, dass er aufwachen sollte. Als wäre ich ein riesiges Kuscheltier, umklammerte mich der Riese und wollte mich nicht mehr loslassen, was ich als niedlich empfand. Beide beschützten sie mich selbst im Schlaf, was mir zeigte, sie mochten mich. „Lass mich, Micha!", murrte der Grünäugige hinter mir undeutlich, was Manuel belustigt schnauben ließ. Der Blonde war selbst im Halbschlaf noch niedlicher, als jeder andere auf diesem Planeten und ich bewunderte ihn für das Talent so süß zu sein, dass jeder ihn mochte. Mit seinem Engels gleichen Aussehen, den blonden Haaren und den oft sehr hellen Klamotten, sowie seiner für einen Mann sehr hohen Stimme, brachte er jeden dazu ihn zu lieben und selbst Hybriden, welche seine Freundlichkeit erst kritisch musterten. „Wäre ich Micha, würde ich vielleicht Gnade walten lassen, aber ich bin der Manuel und der sagt, du musst jetzt wach werden und etwas essen!"

Mit einem Mal schien Maurice zu bemerken, wer da tatsächlich neben ihm kniete und liebevoll auf ihn herab lächelte, denn sein Arm löste sich vorsichtig von meinem Bauch, damit er sich abstützen und umsehen konnte. Ein sanftes Lächeln war das erste, was der Jüngere erkannte und sofort senkte er untergeben seinen Blick. „Aber ich habe doch noch gar nicht gekocht...", gab der Blonde leise zu, um mich nicht zu wecken und gespannt wartete ich auf die Reaktion unseres Herrn. Beide glichen sie sich, schienen mir das Spiegelbild des anderen zu sein, denn obwohl der Jüngere noch geschlafen hatte, als Manuel Michael geweckt hatte, reagierten beide ähnlich und entschuldigten sich, gestanden sich ihren Fehler ein. Sie verbrachten fast jede Sekunde miteinander, passten sich dem anderen, ohne es zu merken an und ich bewunderte die beiden dafür, schließlich kannte ich niemand anderen, der eine solch starke Verbindung zu jemand anderem hatte. Ihre Beziehung zueinander war in meinen Augen etwas ganz Besonderes, was nur die wenigsten verstehen konnten. „Ich habe das heute Mal übernommen, weil du und Micha so schön auf Patrick aufgepasst habt! Also los, Michael sitzt schon im Wohnzimmer und isst!", lächelte Manuel lieb und wie ihm befohlen, stand der Blonde auf und lief mit eiligen Schritten aus dem Raum raus, sodass nur noch mein Herr und ich in diesem waren. Still wartete dieser noch ein paar Sekunden, ehe er sich aufrichtete und sich hinter mich legte, meinen Bauch so umschloss, wie der Blonde Junge vor ihm.

„Was meinst du, ob die beiden wohl endlich verstanden haben, dass ich ihnen nichts tun werde?", fragte mich der Pfau mit sanfter Stimme und nun wurde mir klar, er hatte doch bemerkt, dass ich wach war und wusste es die ganze Zeit über. Sicher hielt er mich nun für komisch, da ich ihn und die anderen bei dem kurzen Gespräch belauscht hatte, doch auch jetzt noch wirkte er kein bisschen böse auf mich, sondern behandelte mich ganz normal, als wäre ich ebenso ein Hybrid. Er sprach mit mir von Angesicht zu Angesicht, agierte nicht von oben, so als wäre er etwas Besseres, sondern war mit mir auf einer Wellenlänge und ich wollte ihm dafür am liebsten meinen Dank aussprechen, doch ich konnte nicht. Kein anderer Hybrid würde sich jemals freiwillig von seiner höheren Position bewegen, außer der Pfau und wenn Michael und Maurice das nicht verstanden, dass unser Besitzer extra, um ein besseres Gefühl zu verbreiten auf unsere Augenhöhe ging, dann wusste ich auch nicht weiter. Der Jüngere unterschied sich von allen anderen mir bekannten Hybriden, gab sich Mühe uns allen ein möglichst angenehmes Leben zu verschaffen und uns zum lächeln zu bringen, das würde doch niemals jemand tun, der nicht darauf aus war das Vertrauen der anderen zu gewinnen oder ihnen wirklich bloß ein wenig Liebe zukommen lassen wollte. Was auch immer es war, ich würde meinem Herrn vertrauen und ihm zeigen, dass ich mich bei ihm wohlfühlte.

Müde drehte ich meinen schweren Körper um, sodass ich dem Jüngeren direkt in die Augen sehen konnte. Liebevoll glänzten sie und ich fühlte mich sofort in seinen Armen sicher, geborgen und wohl. Mit einem Nicken gab ich dem Pfau zu verstehen, dass ich zustimmte und wurde gleich darauf einmal auf die Stirn geküsst, so wie ich es mittlerweile von meinem Besitzer gewohnt war. „Das klingt doch gut, Süßer! Geht es dir soweit gut, oder brauchst du noch einmal Ibuprofen?", wollte der Brünette wissen und ehrlich schüttelte ich meinen Kopf, denn so schlecht, wie ich mich den ganzen Tag gefühlt hatte, fühlte ich mich gar nicht mehr. Eher genoss ich es von beiden Seiten gewärmt zu werden, einfach nicht allein zu sein und zur Belohnung, dass ich brav im Bett geblieben war, von meinem Besitzer gestreichelt zu werden. Dieser hatte mich seit der ersten Sekunde, in der wir uns in die Augen geschaut hatten, genau analysiert und beobachtet, wie ich in den verschiedensten Situationen reagierte, und konnte mich genau deshalb so gut einschätzen, was ich beeindruckend fand. Egal was ich auch tat, er hatte immer ein Auge auf mich geworfen und war im Ernstfall immer schnell an meiner Seite gewesen, um mich zu beruhigen oder vor bösen Worten zu schützen, selbst da schon, als ich noch nicht einmal seinen Namen kannte.

„Dann komm, Mäuschen! Ich habe was super Leckeres gemacht und bin schon gespannt, wie es euch schmeckt. Als kleines Kind habe ich sowas immer dann gemacht, wenn meine Mutter auf Geschäftsreise war und weil ihr auch Mal sehen sollt, was ich so kann, habe ich mir extra viel Mühe gegeben!", grinste der Pfau, wobei seine Augen so hübsch leuchteten, wie schon lange nicht mehr und obwohl ich gerne so liegengeblieben wäre, mit dem Größeren vor mir, welcher mich sicher bei sich hielt, setzte ich mich auf und kämpfte gegen die aufkommenden schwarzen Punkte vor meinen Augen an. Mein Kopf drehte sich, so kam es mir zumindest vor und das merkte der Brünette, denn bevor ich aufstehen konnte, drückte er mich an meinen Schultern auf das Bett und hockte sich vor mich. Fest sah er mir in die Augen, schien mich und meine Reaktionen genau zu beobachten, was mich nervös machte. „Vielleicht solltest du doch lieber im Bett bleiben und dich noch ein bisschen ausruhen, Patrick. Ich kann dir gleich gerne etwas zu essen bringen und wenn wir mit dem Essen fertig sind, komme ich dann her und wir können weiter kuscheln, ja? Das wäre mir lieber, als dich umkippen zu sehen!"

Tränen stiegen mir in die Augen, als ich diese paar Worte aus dem Munde des Jüngeren hörte. Zwar wollte er mich bloß davor schützen umzukippen und mir den Kopf noch einmal zu verletzen, doch dass er mich allein lassen wollte und mit Michael und Maurice essen würde, ganz ohne mich, verletzte mich sehr. Er wusste mittlerweile wie ich tickte, hätte schon in der ersten Nacht hier merken können, dass ich es nicht mochte allein gelassen zu werden, da ich dazu neigte mich einsam zu fühlen und mir unter Umständen sogar selbst wehtat, nur um von irgendjemandem Aufmerksamkeit zu erlangen, doch das ließ der Grünäugige außeracht und entschied glatt über meinen Kopf hinweg, dass es so besser für mich wäre. Auch, wenn der Pfau noch so nett zu uns war und sich bemühte uns ein warmes Zuhause zu bieten, hin und wieder kam sich seine bestimmende Seite zum Vorschein, welche Widerspruch gar nicht gerne sah und am liebsten Recht haben wollte, obwohl es unter Umständen falsch war. Ich kämpfte mit mir selbst, sollte ich dem Brünetten widersprechen und hoffen, dass er Gnade walten ließ und mich mit ins Wohnzimmer nahm, oder Anstand bewies und meinem Besitzer zeigte, dass ich gut erzogen war und auf ihn hören würde, selbst, wenn mir seine Entscheidung kein bisschen gefiel. Nur einer von uns konnte mit dieser Situation glücklich werden und das war Manuel. Würde er nämlich nachgeben und mich in das Wohnzimmer stützen, könnte ich niemals die Gemeinsamkeit mit meinen liebsten genießen, wenn der Grünäugige mich immer wieder besorgt von der Seite mustern würde, doch das zu akzeptieren fiel mir schwerer, als es eigentlich sollte.

„Das ist nicht böse gemeint, Süßer, wirklich nicht. Ich will bloß verhindern, dass du auf dem Weg umkippst und dich verletzt! Du weißt doch, dass ich dich liebhabe, Patrick und wenn ich fertig mit dem essen bin, können wir das ganze Wochenende machen, was auch immer du willst. So in diesem Zustand halte ich es nämlich nicht für richtig halte dich so fünf Stunden Auto oder Zug fahren zu lassen. Das Treffen mit deinen Eltern habe ich auf nächste Woche verschoben, aber dann bleiben wir auch zwei Tage und ich verspreche dir, dass wir dann wirklich fahren, egal was passiert. Ich kann dir gleich ein Foto von deiner Mutter zeigen, wenn du möchtest...", sprach der Brünette auf mich ein und obwohl ich traurig war allein gelassen zu werden, nickte ich leicht und krabbelte wieder unter die wärmende, schützende Decke, aus der ich mich kurz davor noch geschält hatte. Ich hatte nicht einmal etwas dagegen diesen Samstag nicht wegzufahren, immerhin waren fünf oder sogar sechs Stunden Fahrt mit starken Kopfschmerzen und Schwindelgefühl nicht angenehm, doch mich nicht einmal zu fragen, ob ich mich fit genug für solch eine Reise fühlte, fand ich ungerecht. Darüber beschweren würde ich mich niemals, schließlich war es schon mehr als großzügig von dem Pfau, dass er nach meinen Eltern hat suchen lassen und mir auch noch die Möglichkeit gab sie besuchen zu können, doch durch seine ständige Aufmerksamkeit hatte ich mich daran gewöhnt immer das zu bekommen, was ich wollte und das würde mir eines Tages noch gefährlich werden. Würde ich auf den falschen Hybriden treffen und aus Gewohnheit mich dessen Befehlen widersetzen, bekäme ich eine Strafe und das durfte ich nicht zulassen. In der Gegenwart Manuels verlernte ich irgendwann all den Respekt, welcher mir mein Leben lang eingeprügelt wurde und obwohl genau das sein Ziel sein musste, wollte ich das nicht. Ich wollte zeigen, dass mein Besitzer mich im Griff hatte und gute, vornehme Menschen erzog, welche ihn respektierten und ihn gut dastehen ließen.

Ein einziges Mal schniefte ich, ehe ich die Augen schloss und mich einkugelte. Ich hatte keinen Hunger, auch wenn ich das letzte Mal nach dem Aufwachen etwas zu mir genommen hatte und dann auch nur ein wenig Pudding, doch so wie ich meinen Herrn kannte, würde er so lange auf mich einreden, bis ich zumindest ein bisschen etwas gegessen hatte. Er würde mich breitschlagen, mit Argumenten, denen ich nichts gegenzusetzen hatte und ich würde einknicken, schlussendlich etwas essen und mich ihm unterwerfen, so wie es meine Pflicht war. Ich wurde dazu geboren die Befehle meines Besitzers zu befolgen und ihm sein Leben zu erleichtern, nicht, um eigene Ziele und Wünsche zu haben, welche ich verfolgen konnte. Dazu hatte ich kein Recht und dieses wollte ich mir nicht einfach herausnehmen, weil ich es konnte und durfte. Es gab genug andere Menschen, die jeden Tag Angst haben mussten aufzustehen und einen neuen Tag in der Hölle namens Welt verbringen zu müssen, bis vor kurzem noch zählte ich selbst zu diesen, da empfand ich es als unfair ihnen gegenüber der einzige zu sein, der es sich erlauben durfte gegen seinen Herrn zu sprechen und sich eigene Meinungen zu bilden. Jamie würde es sich niemals trauen können etwas gegen seinen Besitzer zu sagen, würde er das tun, würde er geschlagen werden und müsste sicher wieder nach draußen in die kleine, alte Hundehütte, ohne Verpflegung und Wärme.

Einige Sekunden blieb es still, ehe ich leise Schritte hörte, jedoch kein dazugehöriges Rascheln, und deshalb öffnete ich irritiert meine Augen, musterte den sanft lächelnden Michael, welcher mir wie am Morgen mein Essen brachte. Mein Anblick musste traurig wirken, so wie ich dalag, mit tränenden Augen und eingekuschelt in eine Decke, doch dass er mich so sah interessierte mich kein bisschen. „Patrick, was hast du denn?", fragte mich der Grauäugige geschockt, da er mich das letzte Mal noch nicht so traurig gesehen hatte und da es gemein wäre nicht zu antworten, setzte ich mich auf und wischte mir die Bahnen meiner Tränen von den Wangen, griff zu meinem Zeichenblock und einem Stift, um meine Antwort zeigen zu können. Während ich drei Strichmännchen malte, die in einer Reihe standen und einen, der ganz allein war, stellte mein Freund den weißen Teller, welcher gefüllt war mit einem Pfannenkuchen, der wiederrum mit flüssiger Schokolade überzogen war. Bemüht meinen Grund der Trauer erkenntlich zu zeichnen, gab ich dem einzelnen Mann ein trauriges Gesicht und den anderen dreien ein glückliches, was zeigen sollte, dass ich bei den anderen sein wollte. Am Ende kritzelte ich einen Pfeil in die Mitte, zwischen die Gruppe und den einzelnen, und deutete erst auf mich, dann auf das kleine, traurige Männchen. Verwirrt beobachtete Michael das geschehen, setzte sich neben mich.

„Du willst zu uns, weil du dich allein fühlst?", mutmaßte der Jüngere nach ein paar Sekunden und bestätigend nickte ich, verstärkte meinen Griff um den Block. Er schien meine Zeichen wirklich zu verstehen und als er mich schlussendlich ansah, mir direkt in die Augen sah, schniefte ich einmal. Manuel erlaubte mir nicht das Bett zu verlassen, damit ich nicht noch einmal verletzt werden konnte und dabei sah er eine einzige Tatsache nicht, dass ich doch einfach nur bei ihm und den anderen beiden sein wollte. Würde einer von ihnen mich stützen, so wie es Maurice getan hatte, gäbe es kein Problem und ich könnte zu ihnen, doch sicher störte das unseren Herrn, dass er immerzu ein Auge auf mich haben musste und nie Zeit für sich hatte. Ich verstand den Pfau, sogar sehr gut, schließlich war ich ansträngend und nervig, doch könnte er mir das doch einfach ins Gesicht sagen und mich nicht anlügen, dass er mich liebhatte.

Entschlossen begann Michael zu lächeln. „Ich kümmere mich darum!", sagte er, bevor er sich vom Bett erhob und erhobenen Hauptes das Zimmer verließ. Unsicher sah ich dem Brünetten hinterher, denn ich glaubte kaum daran, dass er viel bewirken konnte, da er selbst ein genauso unnützer Mensch war wie ich. Wir unterschieden uns gar nicht viel voneinander, das einzige gravierende war, dass er mit seiner Stimme sprechen konnte und ich dazu gezwungen war mit meiner Körpersprache zu kommunizieren. Nicht einmal das schien ich wirklich hinzubekommen, schließlich hätte ich unserem Besitzer sonst sofort zum verstehen geben können, dass ich doch einfach nur nicht allein sein wollte und traurig war, wenn niemand sich zu mir gesellte. Michael und Maurice hatten dieses Problem gar nicht, sie waren immer beieinander und mussten sich nicht einmal darum bemühen ein wenig Aufmerksamkeit von irgendjemandem zu bekommen, denn das wollten sie gar nicht. Ihr Leben war einfach und ruhig, ein jeder Mensch wäre sofort neidisch auf sie, da die beiden nichts anderes tun mussten, als den Haushalt zu erledigen und immer, wenn Manuel daheim war, etwas Leckeres zu Essen auf dem Tisch zu haben. Nur mein Leben war auf den ersten Blick noch leichter als ihres, schließlich musste ich nicht einmal das tun und das machte mir Angst. Manuel brauchte mich nicht, um gut leben zu können und glücklich zu sein. Wenn er irgendwann keine Lust mehr auf mich hatte, ich ihm zu viel wurde, würde er mich einfach an einen Händler weitergeben oder mich gleich aussetzen, unter Umständen sogar töten lassen.

In Gedanken versunken merkte ich erst gar nicht, dass jemand den Raum betrat und das mitsamt zwei Tellern. Erst, als mich Michael lächelnd darum bat mich in den Schneidersitz zu begeben, erwachte ich aus meiner Trance und beobachtete mit großen Augen, wie sich auch Maurice zu uns begab, welcher die Flasche flüssige Schokolade und noch einen weiteren Teller, gefüllt mit Gabeln und Messern bei sich trug. Beide setzten sie sich mir gegenüber und grinsten lieb, begannen sich leise zu unterhalten und auch mich bezogen sie irgendwann mit in ihr Gespräch ein, stellten mir ja oder nein Fragen, welche ich mit einem Nicken oder Kopfschütteln bestätigen oder verneinen konnte. Nur Manuel ließ sich nicht bei uns blicken, das ganze Abendessen über nicht, was mich nervös machte. Ich hatte dafür gesorgt, dass Michael und Maurice zu mir kamen, ihm sozusagen seine beiden anderen Sklaven genommen, mit denen er vielleicht gerne ein wenig Zeit zu zweit verbracht hätte. Ich hatte von uns dreien die meiste Zeit mit unserem Herrn verbracht, hatte lernen können, wie er tickte und somit unbewusst den anderen diese Chance genommen, was sich schon stark in unserem Verhalten widerspiegelte. Während ich offen nach der Aufmerksamkeit des Pfaus suchte, ihn ohne zu zögern berührte und mich sogar gegen Befehle stellte, schaffte es Michael nicht einmal immer in der Nähe unseres Besitzers den Blick zu heben und ihn mit seinem Namen anzusprechen, geschweige denn ihn zu berühren. Die beiden würden niemals lernen, dass Manuel ihnen für nichts eine Strafe geben würde, wenn sie keine Zeit mit ihm verbrachten und das wusste der Grünäugige, doch ich machte ihm mit meinem Verhalten einen Strich durch die Rechnung.

Einige Minuten, nachdem Michael und Maurice die Teller weggebracht hatten und beschlossen baden zu gehen, so wie es uns unser Herr beibrachte, betrat Manuel mit einem mir undefinierbaren Blick das Zimmer und dieser ließ mich ängstlich meinen Kopf senken. Mein Besitzer war sauer auf mich.

~4370 Worte, hochgeladen am 14.10.2020

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