30. Schlange
Der gesamte Park schien Hybriden leer zu sein. Auf unserem kleinen Spaziergang durch diesen Park kamen uns nur wenige andere Passanten entgegen, die meisten waren Hasen-, Hunde- oder Maus-Hybriden und keiner von ihnen hatte mir auch nur einen einzigen Blick zugeworfen, auch wenn ich es verdient hätte. Ich lief die gesamte Zeit über an Manuels rechter Hand, betrachtete ihn mitleidig und versuchte sogar einmal seine Aufmerksamkeit zu gewissen, in dem ich mich bei einem kurzen Stopp genau vor ihn stellte, doch sofort wies er meinen Versuch der Kommunikation ab und sah müde und traurig in meine Augen. Es tat weh zu sehen, dass er ein Problem damit zu haben schien, dass sein Bruder meine Eltern hatte ausfindig machen können und ich fragte mich, wieso er damit ein Problem hatte, schließlich wusste er doch, dass ich ihn trotzdem nicht verlassen wollte, doch da schien mir noch etwas zu sein, was ihm seine Nerven raubte. Obwohl ich noch so sehr wollte, konnte ich es nicht nachvollziehen und ließ es schlussendlich sogar sein, löste mich von meinem Besitzer und lief lustlos neben Daniel her. Unsicher hatte er sich unser Verhalten angesehen und bot mir trotzdem seine Nähe an, nahm mich an seine Hand und lief einige Meter hinter seinem Vorgesetzten her.
An einem großflächigen Rosengarten kamen wir vorbei, an Denkmälern, welche mehrere Jahrhunderte alt waren, bis wir an einer riesigen Wiese ankamen und Daniel mich losließ. „Darf Patrick sich hier frei bewegen, oder hast du Angst, dass er wegläuft?", fragte der Wolf seinen Freund, welcher uns fast schon emotionslos musterte. In nur dreißig Minuten schien er krank zu werden und er sah fast aus wie eine Leiche, blass und kaputt. Nur für ein paar Sekunden betrachtete er mich, mit seinen glanzlosen grünen Augen und sofort senkte ich meinen Blick, zeigte Unterwürfigkeit und Angst. „Patrick läuft nicht weg, so etwas macht er nicht. Wenn er will, darf er gerne gehen und sich ein wenig umsehen. Aber mach dich nicht dreckig, das kommt nicht gut an!", erlaubte mein Herr, doch ich stand einfach nur da und verstand nicht, wieso der Wolf das gefragt hatte. Eigentlich hatte ich nicht vor mich von den beiden Hybriden zu entfernen, besonders nicht von dem Wolf, welcher auf mich aufpasste, als würden wir uns schon Jahre lang kennen, doch vielleicht wollte dieser genau das, dass ich meinen Herrn einmal allein ließ. Daniel würde besser auf den Pfau einreden können als ich und wenn ich das Problem war, wegen dem er so traurig war, war es schlau mich aus seinen Augen zu schaffen, damit zumindest die ungestört miteinander reden konnten. Vielleicht störte den Grünäugigen auch etwas an mir, was er mir nicht in mein Gesicht sagen konnte oder wollte, oder was er mir noch verschwieg, doch egal was es war, wenn er es mit seinem Manager teilen konnte und ich dabei nicht erwünscht war, würde ich es akzeptieren und ihnen, ohne zu zögern, Freiraum geben.
Untergeben deutete ich eine Verbeugung an, sah meinem Besitzer noch ein letztes Mal in die Augen, ehe ich ihnen den Rücken zukehrte und mir das weite Grün der Graslandschaft ansah, welches schier unendlich schien. Irgendwann würde mich mein Herr wieder rufen, um zu seinem Termin gelangen zu können und das bedeutete, ich musste mir einen Ort suchen, an dem ich die beiden Hybriden nicht mit meiner Anwesenheit störte, jedoch auch nicht aus ihrem Augenwinkel verschwand. In einer für meine Wenigkeit noch annehmbaren Entfernung, erkannte ich einen kleinen See, welcher von einem Wanderweg und Bäumen umgeben war, auf welchen ich nun zögerlich Kurs setzte. Schon nach meinen ersten paar Schritten drehte ich das erste Mal meinen Kopf zurück und spürte meine Unsicherheit wachsen, denn auch, wenn der Brünette es niemals wagen würde, könnten sie mich hier beide einfach herrenlos zurücklassen und aussetzen, ohne, dass ich etwas dagegen tun könnte. Sie könnten mich vergessen und ich könnte niemandem erklären, wieso ich hier war, ohne einen Hybriden in meiner Nähe. Ich käme wieder zurück in ein Heim, würde neu verkauft werden und noch einmal hätte ich nicht das Glück einen so nachsichtigen, niedlichen und vor allem fürsorglichen Besitzer zu bekommen. Unter allen Umständen musste ich es schaffen bei Manuel bleiben zu können, ihn zufrieden zu stellen und ihn nicht zu enttäuschen. Um das zu schaffen, würde ich mich noch mehr ins Zeug legen, als jetzt schon und auch ein paar Aufgaben im Haushalt übernehmen, das nicht nur Michael und Maurice übernehmen lassen.
Dieses Gefühl allein zu sein, niemanden um mich herum zu haben, der mich bestrafen konnte oder mich anschrie, es ließ mich unsicher den Kopf immer wieder in die Richtung des Pfaus drehen und mich nervös die Gegend betrachten. Der Himmel über meinem Kopf war grau und ich dachte Regentropfen auf meinem Kopf spüren zu können, doch war es nur ein einfaches Hirngespinst und nicht real. Ohne jemanden, der mir sagte, was ich tun sollte und wie ich mich zu verhalten hatte, fühlte ich mich falsch und unsicher, schließlich hatte ich schon mein ganzes Leben lang immer jemanden bei mir, der mir sagte was ich wann machen musste und obwohl ich ein Ziel hatte, nicht meinen Besitzer aus den Augen zu verlieren, fühlte ich mich Ziel und Motivationslos, so stark wie noch nie zuvor. Es fühlte sich nicht schön an so auf sich allein gestellt zu sein, ich wollte am liebsten zurück gehen und Manuels Seite nie mehr wieder verlassen, doch Daniel sagte mir unterschwellig, ich sollte sie kurz allein lassen und das würde ich auch tun. Diese Freiheit, welche mir der Pfau gab, und vor allem das starke Vertrauen, wollte ich nutzen, um zu zeigen, er brauchte keine Angst davor zu haben, dass ich jemals weglaufen könnte, würde er mich allein lassen. Ich brauchte das Gefühl zu wissen, es gab da jemanden, der stärker und mächtiger war, als ich selbst und durch Manuel hatte ich dieses, fühlte mich das erste Mal in meinem Leben wirklich angekommen und richtig.
Der vor mir zu erkennende See war klein und kaum einen halben Meter tief. Hier und da lagen ein paar Steine, welche aus dem grünlichen Wasser herausragten, so aussahen, als könnte man auf ihnen hin und her springen, doch das würde ich nicht wagen. Auch, wenn es verlockend war, würde ich mich niemals in die direkte Nähe des Wassers bewegen und das nicht nur, um den Befehl meines Herrn zu befolgen, mich nicht dreckig zu machen, sondern weil mir das ganze zu gefährlich war. Jeder dahergelaufene Hybrid könnte mich einfach unbestraft in das Wasser schubsen und so lange auf den Grund des Sees drücken, bis ich keine Luft mehr bekam und ertrank. Ich könnte mich nicht wehren und bevor mir jemand zur Hilfe kommen konnte, wäre ich schon längst tot. Daniel und Manuel könnten niemals schnell genug hier ankommen, um mich zu retten und jemand anderes würde das nicht tun, wieso auch, ich war dumm und nutzlos, unbrauchbar und nahm dem Planeten wichtige Ressourcen. Deshalb senkte ich unsicher meinen Kopf und setzte mich ein paar Meter von dem See entfernt auf eine grüne Bank aus Eisen. Schon einige Jahre schien diese niemand mehr neu gestrichen zu haben und das merkte man ihr gut an, genau wie dem Rest des Parks. Daniel hatte mir gesagt, seitdem die Hybriden die Herrschaft über die Welt übernommen hatten, kümmerte man sich kaum noch um die alten Bauwerke von uns Menschen und ich fand es wirklich schade. Die meisten Statuen waren mit grünen Pflanzen überwuchert, hatten ihren vorherigen Glanz verloren oder waren sogar ganz zerstört worden.
Eine ganze Weile saß ich still auf der Bank, drehte Däumchen und beobachtete drei Enten, welche fröhlich auf dem Wasser schwammen und mich kaum beachteten. Wirkliche Tiere hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen, besonders nicht aus einer solchen Nähe und deshalb schlich sich ein sanftes Lächeln auf meine Lippen, als ich sah, dass die Enten keine Angst vor mir zu haben schienen. Immer näher schwammen sie auf mich zu, tauchten mit dem Kopf unter Wasser und ich fragte mich, ob es auch in dem Park bei uns Zuhause solche Tiere gab, denn als Claus mich durch diesen hindurchgeführt hatte, sah ich keine einzige Ente auf dem Wasser schwimmen. Dort trieben einzig und allein Seerosen, welche den See hübscher wirken lassen sollten, doch diese interessierten mich nicht einmal halb so sehr, wie es Tiere taten. Diese waren vielfältig und hatten alle verschiedene Schwächen und Stärken, was in meinen Augen ein Grund dafür war, dass wir Menschen früher Hybriden erschaffen hatten. Ich wusste nicht einmal, wie es die Menschen geschafft hatten uns mit einem Tier zu kreuzen, das musste Jahre gedauert haben und viele misslungene Wesen erschaffen haben, doch trotzdem hatten sie nicht aufgegeben und schlussendlich ihren eigenen Untergang heraufbeschworen. Hätten sie niemals mit Tieren und Menschen experimentiert, hätte die Welt heute ganz anders aussehen können, ich hätte vielleicht problemlos sprechen können, doch so wollte es das Universum nicht und das akzeptierte ich. Könnte ich sprechen, wäre ich mit Sicherheit nicht auf Manuel gestoßen und das hätte mich vom heutigen Standpunkt aus trauriger gemacht als alles andere. Dieser Mann hatte sich in unter einem Monat zur wichtigsten Person für mich auf dem ganzen Planeten hochgearbeitet.
Erst, als ich ein leises Rascheln hinter mir vernahm, verspannte ich mich und zuckte heftig zusammen, wusste nicht ganz, was ich tun sollte. Instinktiv machte ich mich klein und stand von der Bank auf, damit der Hybrid sich setzen konnte. Meine Augen richteten sich auf den großen, dünnen und recht nett aussehenden Hybriden, jedoch kämpfte ich sofort mit mir, als ich sein Mischtier erkannte. Seine Augen besaßen ein helles, fast leuchtendes Grün und mein Herz klopfte schmerzhaft gegen meine Brust als ich sah, wie seine Pupillen sich zu kleinen Schlitzen verformten, wie sich nebenbei dunkle Schuppen auf seinen Armen bildeten und spitze Zähne aus seinen Schneidezähnen wurden. Ein Schlangen-Hybrid. Es war eine der gefährlichsten Hybridarten überhaupt, denn wenn man nicht aufpasste und ihnen zu lange in die Augen sah, konnte man sich leicht in ihnen verlieren und wusste irgendwann nicht einmal mehr, welchen Tag man hatte. Sie wirkten hypnotisierend und deshalb verbeugte ich mich einmal leicht, um zu zeigen, ich hatte Respekt vor ihm, ehe ich mich auf den Weg zurück zu Manuel machen konnte, doch der Ältere ließ mich nicht. Mit einem Mal griff er sich mein linkes Handgelenk und zog mich an diesem zurück, was mich zum Wimmern brachte.
„Nicht so schnell, Kleiner...", raunte mir der Rothaarige in mein Ohr, dabei hörte ich das Lispeln durch seine Eckzähne genau, und sofort blieb ich regungslos stehen, wagte es nicht mehr mich zu bewegen. Die Präsenz des eindeutig sehr viel Älteren spürte ich nur zu gut an meinem Rücken, ich kämpfte gegen die aufkommenden Tränen an, doch meine Sicht verschwamm und ich begann schneller zu atmen, hatte das Gefühl, nun würde es mit mir zu Ende gehen. Die Schlange müsste mich nur ein einziges Mal in den Nacken beißen, um mich umzubringen und so wie er roch, nach Alkohol und etwas sehr Bitterem, was in der Nase biss, würde er mit Sicherheit nicht zögern es auch zu tun. „Was tust du hier denn so ganz allein, ohne deinen Besitzer, hm? Bist du etwa weggelaufen?", fragte mich die Schlange mit dunkler, rauchiger Stimme und ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Den Hybriden verletzen durfte ich nicht, dafür könnte ich im schlimmsten Fall getötet werden und mich anders bemerkbar machen, schreien oder weinen, schaffte ich nicht. Noch bevor mein Herr hier ankommen würde, hätte mich der Ältere getötet und wäre unbemerkt verschwunden, ohne einen einzigen Mucks. Mir blieb keine andere Möglichkeit als das zu machen, was er von mir wollte und keine weitere Aufmerksamkeit zu erregen, denn noch mehr Hybriden bedeutete noch mehr Schmerzen für mich. Würden alle auf mich einprügeln, käme ich ins Krankenhaus und Manuel würde seinen Termin verpassen, allein wegen mir, das konnte ich ihm nicht antun. Für mich oder wegen mir musste er schon auf so viel verzichten, da wollte ich nicht auch noch der Grund dafür sein, dass er einen wichtigen Termin verpasste, welcher ihm vielleicht viel Geld einbringen könnte.
„Du bist wohl ein aufmüpfiger, was? Ich muss dir wohl Mal ein paar Manieren beibringen!", stellte der Rothaarige hinter mir fest, dabei stärkte sich sein Griff um mein Handgelenk und ich begann mich panisch nach einem Ausweg zu suchen, doch es gab keinen. Ich durfte dem Hybriden nicht wehtun und so blieb mir nur die Möglichkeit wegzulaufen, doch dafür musste ich mich losreißen und ich hatte keine Kraft dazu. Der Ältere war trainierter als ich, war ebenso besser ernährt und würde man uns wehrend eines Kampfes erwischen, würde er das Recht bekommen, schließlich war ich bloß ein einfacher Mensch und nichts wert. Meine Meinung war in den Augen anderer ein nichts, ich könnte diese sowieso niemals kundtun und der einzige, der mir sicher glauben würde, dass ich nichts gemacht hatte, war mein Herr. Gerade war er nicht bei mir und konnte mich nicht verteidigen, er würde mit Sicherheit zu spät dafür kommen, doch zumindest würde er es versuchen und mir Beistand leisten, das war das einzige, was ich wollte.
Mit einem Mal wollte ich mich von meinem Peiniger losreißen, doch dieser reagierte schneller als ich denken konnte und stellte mir ein Bein, sodass ich zu Boden ging und versuchte nach vorne zu kriechen, doch half mir das nicht weiter. Die Schlange drehte mich mit einem Mal um, sodass ich auf dem Rücken lag, und setzte sich auf mich, damit ich nicht aufspringen und weglaufen konnte. Aggressiv sah der Rothaarige auf mich herab, ballte seine rechte Hand zur Faust und schlug mir mit voller Kraft in mein Gesicht, was mich instinktiv schreien ließ. Mein Kopf flog zu Boden, kam unsanft auf diesem auf und sofort schlug der Ältere weiter auf mich ein, benutzte auch seine zweite Hand, bis ich einfach nur noch kraftlos und weinend dalag, es nicht einmal mehr probierte seine Schläge abzuwehren. „Wegen euch Menschen ist mein Leben zerstört worden! Ihr habt euch selbst in den Ruin getrieben und auch die mit in euer Verderben gestürzt, welche nie etwas getan haben und immer brave Bürger waren. Und trotzdem dürft ihr noch weiterleben und wurdet nicht alle umgebracht, verdammt! Das hättet ihr alle so verdient, für die ganzen Kriege, die ihr geführt habt und die Tiere, welche ihr gequält habt, aber nein. Lieber werdet ihr nur eingesperrt und dann noch nicht Mal richtig gefoltert, sondern nur verkauft. Euch Menschen hätte man alle schon von Anfang an umbringen sollen!"
Die drei Enten, welche ich vorher noch friedlich beobachtet hatte, flogen bei dem von dem Hybriden veranstalteten Lärm davon, durch die Baumkronen hindurch und das war es, was mich wahrscheinlich vor schlimmerem gerettet hatte. Keine Minute später, die Schlange regte sich noch immer über mich auf und ich schaffte es nicht einmal mehr mich gegen irgendwas zu wehren, da hörte ich ein Geräusch, welches Bellen ähnlich klang und kurz darauf war alles um mich herum leicht, das Gewicht auf meinem Bauch verschwand. Schreie waren zu vernehmen und als ich versuchte meine Augen zu öffnen, mich irgendwie aufzusetzen, sah ich Daniel, wie er erbarmungslos auf meinen Peiniger einschlug und nicht aufzuhören schien. Seine Zähne hatte er gefletscht und das erste Mal sah ihn so aggressiv, es sah fast so aus, als könnte er nicht einmal mehr kontrollieren, was er tat und ich wollte ihn am liebsten aufhalten, schließlich würde er eine Strafe bekommen, doch mir fehlte die Kraft. Mein ganzer Körper schmerzte wie Hölle, ich hatte das Gefühl Blut schmecken zu können und der Wille fehlte mir auch, denn obwohl mir mein Herr befohlen hatte mich nicht dreckig zu machen, lag ich auf dem Boden, mit blutender Nase und neuen blauen Flecken. Zusätzlich hatte ich ihn bei seinem Gespräch gestört und seinen Manager in Gefahr gebracht, mich selbst noch dazu, das würde er mir doch niemals verzeihen.
„Daniel, lass gut sein!", erklang die Stimme meines Herrn, welcher sich, ohne zu zögern, neben mich fallen ließ und meinen Kopf mit seiner rechten Hand vorsichtig in seine Richtung drehte, jedoch sofort stoppte, als er sah, dass ich mich wimmernd zusammenkugelte. Tränen flossen ihm seine Wangen hinab und ich erkannte Angst in seinem Blick, wollte ihn am liebsten einfach umarmen, doch es ging nicht. Ich würde ihn dreckig machen mit meinem Schmutz und sicher wollte er das nicht mehr, nun, wo mich ein anderer, viel älterer Mann mich angefasst hatte und mir genau so nahe war, wie Manu es immer war. Er würde mich nun eklig finden und dieser Gedanke trieb mir Tränen in die Augen, ließ mich leise aufschluchzen und die Augen schließen. „Patrick, hey! Kannst du dich aufsetzen?", fragte mich mein Besitzer vorsichtig, dabei strich er mir meine braunen Haarsträhnen von der Stirn und beobachtete meine verzögerten Reaktionen, hielt mir instinktiv seine beiden Hände hin als er sah, dass ich drohte wieder nach hinten zu kippen. „Nicht mehr bewegen, ja? Du musst zum Arzt, Süßer. Ich rufe kurz einen Krankenwagen für diese Schlange und dann fahren wir ohne einen weiteren Stopp jemanden suchen, der sich dich ansieht! Bleib einfach liegen und ruh dich aus!", schniefte mein Besitzer leise, dabei kramte er nach seinem Handy und tippte mit zitternder Hand auf dessen Bildschirm herum, hielt es sich an sein Ohr und hob mit der anderen sanft meinen Kopf hoch, um diesen langsam auf seinem Schoß abzulegen und mir durch die Haare streichen zu können.
Wie in Trance kraulte er mir durch mein Haar, sprach mit einem anderen, ihm vollkommen fremden Hybriden und ich bewunderte den Pfau dafür, wie ruhig er dem Notruf erzählte, was geschehen war und dass es zwei Verletzte gab, einen Hybriden und einen Menschen. Die ganze Zeit über hörte er nicht auf mich zu streicheln, er wurde mit jeder weiteren Sekunde zärtlicher und ich versuchte mich zu beruhigen, ihm nicht noch eine größere Last zu sein. Daniel schien nebenbei komplett abgeschaltet zu haben, er sah einfach still auf seine Hände, welche von Blut besudelt waren und ich sah ihm an, dass er selbst über das geschehene geschockt war. Manchmal kam es vor, dass man sich als Hybrid einfach nicht mehr kontrollieren konnte, weil man auf seine Instinkte gehört hatte und meist wurde man für diese Momente nicht bestraft, zumindest dann nicht, wenn man einen guten Grund vorweisen konnte, wieso man plötzlich aggressiv wurde. Hier war der Grund in meinen Augen klar und deutlich gegeben, der Wolf wollte sein Rudel beschützen, welches angegriffen wurde und doch konnte ich mir denken, dass er trotzdem bestraft wurde, schließlich schlug er die Schlange für mich, einen einfachen Menschen, zusammen. Es tat mir so verdammt leid, dass ich kein starker und anmutiger Hybrid sein konnte, welcher sich selbst beschützen konnte und dadurch immer auf andere angewiesen war, sie in Gefahren und Schwierigkeiten brachte. Erst Claus, welcher durch mich verprügelt wurde und nur knapp einer Strafe entgangen war, dann mich selbst und Daniel, welcher das Gefühl hatte mich beschützen zu müssen. Jedem brachte ich nur schlechtes, was war ich nur für ein Monster.
„Gleich kommt Hilfe, Patrick. Halte durch, ja? Es tut mir so leid, du wärst ohne mich nicht in diese Lage gekommen! Wir fahren nach Hause, sobald wir beim Arzt waren und dann darfst du dich den ganzen Tag über ausruhen, versprochen. Und ich werde dich nie mehr wieder so allein lassen, wie ich es gerade gemacht habe. Hörst du, nie mehr!"
~3210 Worte, geschrieben am 10.10.2020, hochgeladen am 11.10.2020
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