29. Plan

Liebevoll strich ich meinem Herrn durch sein langes, glattes Haar und betrachtete ihn von oben, sah stumm dabei zu, wie er die Rückseite des Fahrersitzes betrachtete und in seinen Gedanken festhing. Wir saßen nun zu dritt im Auto, Daniel vorne und ich mit meinem Besitzer hinten, doch anders als vorhin, schien er niedergeschlagen und ich konnte nichts anderes tun, als da zu sitzen und still für ihn da zu sein. Ihn nahm die Tatsache, dass er seinen kleinen Bruder bei einem ihm fast gänzlich unbekannten Polizisten lassen musste, mehr mit als gedacht und ich sah seine Sorgen, dass es doch die falsche Entscheidung gewesen war, doch das war es nicht. Mein Freund hatte vor unserem Abgang noch einmal in das Schlafzimmer des Schneeleoparden geschaut, unter Aufsicht von diesem, und auch ich hatte einen Blick gewagt, sah den Fünfzehnjährigen eingekuschelt in zwei Decken auf einem Doppelbett liegen und musterte nebenbei unauffällig den Besitzer dessen, erkannte einen genauso liebevollen Glanz in seinen Augen, wie Manuel ihn in meiner Gegenwart hatte. Dieser Mann würde Claus niemals wehtun, das konnte und wollte ich nicht glauben, nicht nach seiner klar zu lesenden Körpersprache. Ich hatte einen guten Blick, was das anging und konnte Hybriden allein an der Weise, wie sie handelten, einschätzen und Adrien war ein guter und treuer Mann, der Menschen liebevoll behandelte.

Mein Besitzer hatte sich neben mir auf dem Sitz zusammengekugelt und seinen Kopf auf meinem Schoß abgelegt, verlangte wortlos nach meiner Zärtlichkeit und ich tat was er von mir wollte, gab dem Größeren Nähe und Zuflucht. Er wirkte in meiner Nähe wieder einmal ruhig und zahm, ließ alles was ich tat einfach über sich ergehen und am liebsten würde ich mich einfach neben ihn legen, ihm zeigen, dass er nicht allein war und sagen, dass seine Entscheidung richtig war, doch ich konnte nicht. Der Gurt um meinen Oberkörper verhinderte, dass ich mich bewegen konnte und durch seine langen Federn hatte ich nicht einmal die Chance mich auszustrecken, da ich sie nicht kaputtmachen durfte. Manuel wäre sicher böse auf mich, denn seine Federn waren ihm heilig und auch, wenn er uns geschworen hatte niemals seine Hand gegen uns zu erheben, doch dass ich ungestraft davonkam, wenn ich eine seiner Federn kaputt machen würde, glaubte ich nicht. Besondern jetzt, vor einem wichtigen Fotoshooting, wo seine Federn wirklich gebraucht wurden, wäre es fatal sie zu zerknicken und ihnen so ihre natürliche Schönheit zu nehmen. Lieber blieb ich einfach stillsitzen und strich meinem Herrn durch sein Haar, hoffte, dass ihm das zumindest ein wenig zeigte, dass ich für ihn da war.

„Wollen wir Patrick, wenn wir da sind, vielleicht ein wenig die Stadt zeigen? Es scheint so, als wenn der Termin ein wenig nach hinten verschoben wird, weil der Fotograph kurzfristig abgesagt hat und ein neuer aus Köln anreisen muss, also haben wir noch drei Stunden Zeit und wenn wir sowieso schon Mal da sind, können wir dem Kleinen ja ein wenig etwas von der Welt zeigen. Und ein paar Fotos für Instagram können wir auch gleich noch machen, dann kommt da endlich mal wieder etwas!", erzählte uns Daniel, mitten in der Fahrt und sofort ließ ich meinen Blick auf ihn fallen, war verwirrt, denn beim Beginn der Fahrt hatte er noch keine Kopfhörer im Ohr. Wir hatten gleich am Anfang auf einer Autobahn im Stau gestanden, schon da war es ruhig und ich hatte all meine Aufmerksamkeit meinem Herrn geschenkt, welcher an seinem Handy war und WhatsApp geöffnet hatte. Mit wem und über was er schrieb konnte ich nicht so recht sagen, schließlich konnte es auch privat sein und deshalb hatte ich still nach draußen geschaut, die an uns vorbeiziehenden Autos gemustert, in denen ich hin und wieder Menschen in großen, Transportbox ähnlichen Kisten im Kofferraum gesehen hatte. Sofort erinnerte ich mich an die Zeit zurück, in der mit uns Menschen trainiert wurde, wie wir uns in bestimmten Situationen zu verhalten hatten und auch das wurde mit uns geprobt, wie wir in eine enge Transportbox kamen, welche kaum Licht durch die Öffnungen für Sauerstoff ließ und mein Körper verspannte sich, allein schon, weil ich dieses Gefühl eingesperrt und wie Dreck behandelt zu werden kannte. In mir kam Mitleid und Sorge auf, schließlich bewies so etwas wie ein Käfig doch, dass der Besitzer kein Vertrauen zu seinem Menschen hatte und nicht so nett war, wie es Manuel war, was ich unfair fand.

Seufzend schmiegte sich Manuel näher an mich. „Und wo gehen wir dann hin? Große Gruppen von Hybriden müssen wir mit ihm auf jeden Fall meiden, weil das noch zu viel für ihn ist, also bleibt ja nicht mehr viel übrig, oder? Mir fällt nur der Stadtpark ein...", überlegte mein Herr, was mich unsicher den Blick senken ließ. Wieder einmal grenzte ich unsere Möglichkeiten mit meinen Ängsten ein und war der Grund, wegen dem wir einige sicher wirklich schöne Orte nicht betreten konnten, doch schien mir das mein Herr nicht böse zu nehmen. Zärtlich fuhr er mir mit seiner rechten Hand über mein rechtes Knie, zeigte so auch mir, dass er da war und ich sah ihn von oben schüchtern an, erkannte nun das erste Mal seit gestern ein ehrliches Lächeln auf seinen Lippen, als er zu mir hinaufsah. Geradezu niedlich sah es aus, wie der Jüngere sich zusammengekugelt hatte und unschuldig guckte, mein Herz schlug sofort eine Oktave höher und ich war mir sicher, der Pfau wusste genau, wie verrückt er mich mit diesem Lächeln machte. Es brauchte nicht mehr als das, um mich erröten zu lassen und das nutzte mein Freund schamlos aus, ärgerte mich sogar noch mehr, indem er seinen Kopf leicht bewegte. Dieser war genau auf einer Stelle platziert, auf der er eigentlich nichts zu suchen hatte und das machte mich nervös, brachte mich dazu meine Beine näher aneinander zu drücken. Das letzte was ich wollte war, dem Jüngeren zu zeigen, dass mein Körper empfindlich auf seine Berührungen reagierte und diese genoss, denn dann würde er mich als einen ekligen, perversen Mann abstempeln und mich aus unserem Zimmer schmeißen, das wollte ich unter allen Umständen vermeiden. Ich brauchte den Brünetten neben mir beim Einschlafen, er hielt mich sicher und fest, ließ nicht zu, dass mir etwas passierte und ich liebte diesen Schutz, genoss ihn mehr als alles andere auf der Welt.

„Dann lass uns in den Stadtpark gehen und da ein paar Fotos machen! Wenn ihr wollt, mache ich auch welche von euch, so von eurem ersten gemeinsamen Ausflug miteinander und vielleicht auch eins davon hochladen. Das wäre doch Mal ein gutes Zeichen und es würde dir eine Menge gute Publicity geben! Es gibt doch viele Hybriden, die Menschen eigentlich mögen und es falsch finden, wie sie behandelt werden. Du kannst damit ein Zeichen setzen, Manu!", bestätigte Daniel den Vorschlag meines Herrn, dessen Augen automatisch zurück nach vorne wanderten, seinen Manager ansahen, als hätte er einen Geist gesehen. Auch meine Augen wurden groß, denn ich wusste, was mein Herr auf dieser Plattform für eine Reichweite hatte, er hatte mir am Abend einmal gezeigt und erklärt, was er die ganze Zeit am Handy tat und es waren so viele, ich konnte nicht einmal die Zahl ganz ausschreiben. So viele Menschen würden mein Gesicht kennen, mich vielleicht irgendwann genauso auf der Straße erkennen, wie sie es bei Manuel taten und allein diese Vorstellung machte mir Angst, ließ mich unruhig den Blick meines Herrn suchen. Schlussendlich war es seine Entscheidung, was mit mir geschah und ich würde nicht versuchen ihm sein Urteil zu verändern, dazu hatte ich gar kein Recht. Egal wie es ausfiel, mit dem Ergebnis musste ich leben, ohne mich zu beschweren und wenn ich dadurch meinem Besitzer etwas gutes tat, lohnte es sich mich dafür im Internet zu zeigen. Wenn ich sonst nicht wirklich viel tun konnte, dann wollte ich zumindest so helfen und alles dafür geben, ihm irgendwie zur Seite stehen und zeigen, dass ich ihn unterstützen wollte.

„Wir können Patrick doch nicht einfach so im Internet zeigen, Daniel! Wer weiß, wer ihn da so alles sieht und dann auch noch auf der Straße erkennt. Stell dir doch Mal vor, er geht allein einkaufen und dann wird er angesprochen, kann aber nicht erklären, dass er nicht spricht und fängt deshalb aus Angst an zu weinen. Das kann ich ihm nicht antun, da ist mir gute Publicity komplett egal! Mach lieber ein Foto nur von mir und schick mir das später, dann lade ich es heute Abend oder morgen früh hoch. Ich möchte Patrick von der Öffentlichkeit fernhalten, solange es geht...", argumentierte Manuel, während er sich aufsetzte und seinen Manager ansah, sich dabei wie gewohnt meine linke Hand nahm und mir Sicherheit gab. Meine Augen wurden ganz groß, als mir auffiel, dass dem Pfau mein Wohlergehen tatsächlich wichtiger war, als seine vielleicht durch mich steigende Präsenz im Internet und ohne es kontrollieren zu können, schlich sich ein verliebtes Lächeln auf meine Lippen. Wieder einmal konnte ich spüren, dass der Jüngere mich wirklich mochte und es nicht nur vorspielte, denn welcher Hybrid würde freiwillig auf positive Aufmerksamkeit verzichten, für einen einfachen Menschen? So sehr Hybriden sich allein durch ihre tierischen Merkmale unterschieden, einige Eigenschaften besaßen sie auch von uns einfachen Menschen und eine davon war es, immer auf den größtmöglichen Erfolg aus zu sein. Für Manuel wäre es ideal, er würde durch Fotos mit uns Menschen mehr Leute finden, die ihm folgen würden und mehr Follower bedeutete, mehr Geld für Manuel. Alle würden seine Meinung erfahren und er könnte dafür kämpfen, dass es uns irgendwann bessergehen würde, doch das tat er nicht, um meine Identität geheim zu halten und dafür war ich ihm dankbar. Jemand anderes hätte sofort zugestimmt, mich zu seinen Gunsten ausgenutzt, doch so war der Pfau nicht und würde es auch niemals sein.

„Gut, es war ja auch bloß eine Idee. Du kannst ja auch unter den Post schreiben, dass du irgendetwas gefunden hast, dass dein Leben verändert hat und dann noch ein Foto davon machen, wie ihr Händchen haltet, dann sieht man Patrick nicht und irgendwann, wenn er das schreiben gemeistert hat und so mit anderen kommunizieren kann, kannst du immer noch auflösen, dass du dir Patrick geholt hast. Und wenn er das wirklich nicht will, muss es nicht wirklich aufgelöst werden! Oder du sagst, dass du den besten Manager auf der Welt hast und lädst später noch ein Bild von uns beiden hoch!", grinste Daniel belustigt über seine eigene Idee, welcher auch meinen Besitzer zum Lächeln brachte. Er verdrehte seine Augen und legte sich wieder hin, dieses Mal jedoch so, dass sein Kopf in meine Richtung lag und das ließ mich erneut erröten. Kein bisschen interessierte es meinen Herrn, wo er lag und wie er das tat, er lächelte einfach niedlich von unten zu mir hinauf und machte sich wieder klein, kugelte sich neben mir zusammen. Vorsichtig begann ich ihm wieder durch seine Haare zu fahren, war beruhigt, als der Mann neben mir zu lächeln begann und seine Augen entspannt zu schließen. Er zeigte mir, dass ihm meine Berührungen gefielen, das ließ er niemand andern mit sich tun und ich bekam herzrasen als ich merkte, er ließ niemand anderen außer mich so nahe an sich heran. Ich war in seinen Augen etwas ganz Besonderes, so wie er es immer sagte und das machte mich glücklich. Von allen möglichen Besitzern, den aggressiven und manipulativen, hatte ich einen liebevollen und nachsichtigen erwischt, und es war, als würde Gott mir endlich etwas für meine jahrelangen Qualen zurückgeben. Die Menschen, welche mich mein gesamtes Leben lang ausgelacht und verachtet hatten, saßen nun noch immer im Gefängnis und hofften irgendwann einen Besitzer zu finden, jemanden wie Manuel, doch das Karma für ihr Verhalten mir gegenüber würde kommen und dafür sorgen, dass sie spürten, wie es mir immer ging.

„Bevor man dich auf meinem Account sieht, musst du ein Wunder vollbringen, Daniel!", meinte Manuel, was den Wolf zum Schmollen brachte.

(...)

Aufgeregt sah ich mich um, als der Wagen endlich zum Stehen kam. Überall waren Bäume zu sehen, Hybriden, die über Wanderwege spazierten und sich dabei unterhielten. Der Himmel war noch immer bedeckt von dunklen Wolken, doch anders als in Hamburg, sollte es hier nicht regnen und das gab uns genug Zeit, um den Park zu erkunden. Zu gerne würde ich einfach allein hier herumlaufen, mir alles genau ansehen und die Zeit in der Natur genießen, doch ich durfte nicht. Dieser Platz war öffentlich und deshalb war ich gezwungen von Manuel oder Daniel an die Hand genommen zu werden, oder an die Leine genommen zu werden, so durfte ich zwar mitkommen und musste nicht im Auto warten, doch ebenso durfte ich nicht einfach gehen. Würde man sehen, wie ich ohne Begleitung durch diesen Park lief, bekäme Manuel eine hohe Geldstrafe und das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Ich war schon für so viel verantwortlich, dass Manuel eine Menge Geld ausgegeben hatte, zwei Menschen zusätzlich gekauft hatte, die er nicht brauchte und ich war schuld, dass er zu wenig Schlaf abbekam, da ich ihn wachhielt und deshalb würde ich zumindest mein bestes dafür geben, keine Fehler zu machen und so Ärger zu vermeiden.

„Komm Süßer, aussteigen und Daniel an die Hand nehmen! Ich muss kurz noch einmal telefonieren gehen, dann komme ich nach...", lächelte mich mein Herr sanft an, dabei schnallte er mich ab und nahm sich sein Handy aus der Hosentasche, ließ mir ein paar Sekunden Zeit, um auszusteigen. Kurz, bevor wir in Hannover angekommen waren, hatte der Brünette angefangen mit jemandem zu schreiben und ich hatte etwas Zeit gebraucht, um zu entziffern, dass es sich dabei um seinen Bruder Peter handelte. Über was ihr Gespräch ging konnte ich nicht herausfinden, schließlich wollte ich meinem Herrn Privatsphäre geben, doch konnte ich mir vorstellen, dass es um die Ergebnisse unserer Bluttests ging, welche wir noch immer nicht erhalten hatten. Mit Sicherheit wollte er einen neuen Termin vereinbaren, um die Ergebnisse zu besprächen und sofort kam ein schlechtes Gefühl in mir auf, denn immer noch verfolgte mich die Angst eine unheilbare Krankheit zu haben und somit niemals meinem Besitzer das zurückgeben zu können, was er verdiente. Ich wollte für den Größeren alles geben und der Grund für sein Lächeln sein, ihm nicht noch mehr Sorgen bereiten, als ich es schon tat. Zumindest das Geld, was er für mich ausgegeben hatte, sollte ich wertgewesen sein, bevor ich irgendwann diesen Planeten verließ und mit Glück könnte ich dann sagen, es hatte sich gelohnt niemals aufzugeben und immer weiterzukämpfen, obwohl die Lage noch so aussichtslos erschien.

Eilig kam ich dem Befehl Manuels nach, verließ das warme und schützende Auto, um mich schüchtern neben Daniels zu stellen und den Kopf zu senken, Untergebenheit und Schwäche zu zeigen. Obwohl es ein eindeutiger Befehl meines Herrn war, konnte ich mich nicht dazu aufbringen die Hand des Wolfs-Hybriden zu nehmen, denn schließlich wollte ich diesen weder erschrecken noch in seine Komfortzone eindringen. Lieber umschloss ich meine beiden Hände still miteinander und achtete darauf die Konzentration des Blauäugigen nicht zu stören, so wie es sich für einen einfachen Menschen wie mich gehörte. Ich wartete auf Anweisungen und musterte den dunklen, trockenen Erdboden, welcher ein paar Meter weiter in einen Wanderweg mündete und mein Herz freute sich bei dem Gedanken, dass wir in wenigen Minuten über diesen laufen würden, an Bäumen entlanglaufen würden und vielleicht, wenn niemand anderes in Sicht war, würde mir Manuel erlauben vom normalen Weg abzuweichen und mich umzusehen. Schon im Gefängnis hatte ich den Wunsch mich nur ein einziges Mal frei bewegen zu dürfen, ohne jegliche Art von Kontrolle und auch, wenn es ein großes Vertrauen benötigte, war ich mir sicher, der Pfau würde mir zumindest erlauben, ohne an jemandes Hand gebunden zu sein. Selbst, wenn ich tatsächlich weglaufen würde, wäre Daniel hundert Mal schneller als ich und könnte mich einfangen. Niemals würde ich es schaffen können ihm zu entkommen und meinen Herrn verlassen, welcher so viel für mich getan hatte, das würde ich niemals über mein Herz bringen. Ihm würde ich bis ans Ende der Welt folgen, meinem Freund und Besitzer.                                                                                                                                                                                                                                       „Wieso guckst du denn so nach unten, Patrick?", fragte mich Daniel verwirrt, was mich sofort den Kopf heben ließ, mein Herz beschleunigen ließ und mich zum Zittern brachte. Offensichtlich gefiel dem Wolf mein Verhalten nicht, dabei hatte ich mir große Mühe gegeben es genauso auszuführen, wie es mir mein Leben lang eingeprügelt wurde. Unterwürfig machte ich mich noch kleiner, als ich es schon war und das beobachtete mein Nebenmann aufmerksam, was mich noch nervöser als sowieso werden ließ. Mit einem Mal könnte mich der Größere wegen meines Verhaltens durch Schläge und mit seinen scharfen Krallen bestrafen, ich musste nicht einmal viel dafür tun und er könnte es tun. Nur Manuel würde ihn dann noch davon abhalten können, doch dieser stand abseits von uns und hielt sich sein Handy ans rechte Ohr, telefonierte so leise, dass ich ihn nicht verstehen konnte. Nur an seinem ernsten Blick erkannte ich, dass es etwas wirklich Wichtiges sein musste. „Hey, ist gut. Keine Angst haben, sondern lächeln! Hier ist doch niemand, der dir wehtun könnte und selbst wenn, bin ich doch da, um dich und Manu zu beschützen! Also, was macht dich so nervös, hm?", redete der Größere lächelnd auf mich ein, dabei drehte er sich zu mir und musterte mich liebevoll, fast so, wie es mein Herr meist tat. Zärtlich begann mir der Blauäugige durch meine Haare zu fahren, kraulte mich ganz sanft, so wie schon am morgen und ich wagte es nicht ihm zu beichten, dass ich allein wegen ihm solch eine Angst verspürte. Sicher würde er mir das übel nehmen, der große und grimmige, seinen Anführer beschützenden Wolf, und das musste ich auf jeden Fall vermeiden. Es mir mit ihm zu verscherzen, würde große Schwierigkeiten bringen und deshalb hielt ich dem Stärkeren meine linke, zitternde Hand hin und hoffte, er würde verstehen, was ich wollte.

Grinsend schnaubte Daniel und kam mir einen Schritt näher, sodass er genau vor mir stand. „Du bist wohl einfach aufgeregt, oder? Aber das brauchst du nicht zu sein. Hier sind nie wirklich viele Hybriden unterwegs und wenn dich jemand doof anmacht, weil du keine Leinen trägst, bekommt er es mit mir zu tun! Wer sich mit meiner Familie anlegt, kann gleich einpacken gehen...", erzählte mir der Manager mit treuen, leuchtenden Augen, dabei legte er mir seinen linken Arm um die Hüfte und mir stiegen Tränen in die Augen, als ich merkte, dass der Wolf mich tatsächlich als sein Rudelmitglied akzeptiert hatte und mich beschützen wollte. Er sah mich als seine Familie an, versuchte mich vorsichtig zu beruhigen und selbst seine Rute wedelte fröhlich, als ich mich leicht, kaum merklich, an seinen Körper lehnte. Wölfe waren treu, setzten sich für diejenigen ein, von denen sie dachten, sie wären schützenswert. Kaum waren diese Wesen aus der Ruhe zu bringen und ich hatte selbst schon viele Wolfs-Hybriden gesehen, die einander beschützt hatten, mit ihrem gesamten Körper und dass sich eines dieser Wesen dazu bereiterklärte mich zu beschützen, mich in sein Rudel aufzunehmen, diese Tatsache passte einfach nicht in meinen Kopf hinein. Das war ich gar nicht wert und doch, aus Respekt vor seinem Rudelführer, akzeptierte er mich in der Gruppe als vollwertiges Mitglied und zeigte mir durch bloße Körpernähe, er würde für mich und mein Wohlergehen sorgen. Selbst, wenn er sich dadurch in Gefahr bringen würde, würde er nicht vor einem Kampf mit einem anderen Hybriden zurückschrecken und das für einen nutzlosen, dummen Menschen wie mich.

Still schmiegte sich der Blauäugige an mich, gab mir Nähe und Wärme, einfach Zuneigung, dabei leckte er mir sogar einmal leicht über meine Stirn und ich konnte nicht anders, begann nun selbst damit mich dem Älteren ein wenig näher zu drücken und seine Aufmerksamkeit zu suchen. Die dunkle, brummige Stimme des Wolfes und seine an den Kopf angelegten Ohren gaben mir das Gefühl, er würde mir nichts tun und obwohl mir mein Geist sagte, es wäre gefährlich, blieb ich in der Nähe des Größeren und ließ mich streicheln. Obwohl er liebevoll und sanft war, mich mit seinen Armen beschützend an sich drückte, blieb das Gefühl von Angst und Anspannung die gesamte Zeit über, und auch sein sanftes Brummen konnte nichts daran ändern, was ich einfach nicht verstand. Selbst bei Manuel hatte ich mich schneller entspannt an ihn gelehnt, an dem Tag, an welchem er uns geholt hatte, nur bei dem Wolf schaffte ich es nicht das Vertrauen zu bekommen, das ich brauchte, um mich in seiner Nähe sicher zu fühlen und obwohl ich doch wusste, er wollte mir nichts Böses, wollte sich mein Körper nicht entspannen. Es war, als würden mein Geist und mein Körper gegeneinander kämpfen und mein Körper ging als Sieger heraus, gewann den Kampf darum sagen zu können, was ich nun tat und sorgte so dafür, dass ich unruhig auf meinen Herrn wartete. Beide waren sie nett zu mir, lächelten und bestraften mich nicht für schlechtes, ungezogenes Verhalten, doch trotzdem schaffte ich es nur in Manuels Armen ruhig zu werden, oder in denen Viktorias. Sie beide hatten eine ganz besondere Aura, hatten mir lange genug bewiesen, dass sie mich nicht verletzen würden und irgendwann, vielleicht erst in ein paar Monaten, würde ich auch Daniel so sehr vertrauen können, dass er mich ruhigen Gewissens in den Arm nehmen konnte.

Einige Minuten später, ich hatte mich mittlerweile allein darauf konzentriert mit dem Weinen aufzuhören, sah ich meinen Herrn auf mich zukommen, mit einer dunklen Miene und nicht einmal mehr ansatzweise so schön glänzten, wie vor dem Telefonat. Sofort besaß der Jüngere meine gesamte Aufmerksamkeit und ich wurde von Daniel losgelassen, welcher zu merken schien, dass ich zu meinem Besitzer wollte. Als hätte er einen Geist gesehen, war sein Gesicht weiß wie Schnee und schien jegliche Farbe verloren zu haben, die es zuvor besessen hatte. Ich konnte nicht anders, als ihm leise brummend meine Arme um den Nacken zu legen, mich nahe an seinen Körper zu drücken und ihm genau in die Augen zu sehen. Zögerlich folgte er meiner Handlung, legte mir seinen linken Arm um die Hüfte, nur, um seine Stirn mit der meinen zu verbinden und mir so deutlich zu zeigen, ihm ging es nicht gut. Die Sorge um ihn stieg immer mehr, je länger mir der Größere einfach in die Augen sah und nichts sagte, einfach still vor mir stand und wartete. Er suchte nach den richtigen Worten und versuchte ihm seinen Druck zu nehmen, in dem ich ihm beistand und einmal leise brummte, wie ich es Zuhause auch getan hatte, wenn es ihm Mal nicht gut ging und das schien den Pfau tatsächlich weiterzubringen, denn er seufzte einmal leise.

„Peter hat deine Eltern finden können und es sieht wohl so aus, als würden wir am Samstag nach München fahren..."

~3760 Worte, hochgeladen am 09.10.2020

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