25. Schock
Müde lehnte ich an Manuels warme Brust, ließ ihn meinen Rücken immer wieder rauf und runter fahren, während meine Arme seinen Oberkörper umschlungen. Meine Augen ließ ich geschlossen, doch ich brummte zufrieden und genoss, wie zärtlich mein Besitzer mich zu streicheln vermochte, mir dabei selbst immer wieder ein Kompliment ins Ohr hauchte. Peter hatte kurzfristig abgesagt, da Noah sich krank fühlte und seine Frau Daniela nicht auf ihn aufpassen konnte, deshalb hatte mich Manuel vorsichtig auf die Couch gezogen und zu streicheln begonnen, als ich mich auf ihm verspannte. Bisher hatte ich immer nur neben dem Größeren gelegen, während er mich mit Streicheleinheiten verwöhnt hatte, doch nun hielt er es nicht einmal mehr für nötig in unser Zimmer zu gehen, sondern kam mir im Wohnzimmer so nahe. Michael und Maurice betrachteten uns erst unsicher, immer hin wollten sie uns nicht stören, doch als unser Besitzer ihnen anbot mit uns einen Film zu gucken, blieben sie bei uns und saßen zusammengekuschelt auf dem Boden. Eine große Decke lag über sie ausgebreitet, welche Manuel ihnen überreichte und irgendwann entspannte selbst Michael, dem der enge Kontakt zwischen dem Pfau und mir noch immer nicht ganz geheuer war, unter den zärtlichen Berührungen seines Freundes.
"Willst du ins Bett, Mäuschen?", fragte mich der Junge unter mir sanft, als ich immer ruhiger wurde und meine Hände sich nicht einmal mehr bewegten, um ihn zu streicheln. Schlaftrunken schüttelte ich meinen Kopf, brummte unaufhörlich und wollte am liebsten noch viel mehr von Manuels warmen Händen auf meinem Körper spüren, doch mein Herr stubste mich vorsichtig an, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Der Kopf von Michael zuckte in unsere Richtung, seine Haare berührten dabei mein Bein und um die Nähe meines Liebsten noch ein wenig länger zu genießen, öffnete ich blinzelnd meine Augen. Das helle Licht des Fernsehers ließ mich unzufrieden meinen Kopf in die andere Richtung drehen, weg von diesem und sofort umschlossen mich Manuels Arme stärker, zeigten mir, er war da und beschützte mich. Schüchtern sah ich zu ihm hinauf, musterte dirket ein sanftes Paar grüne Augen, welches mich belustigt musterte. "Los Hübscher, Morgen musst du schließlich fitt sein! Wir können auch im Bett weiter kuscheln. Ich muss nur gleich noch mal zu Claus gehen und ihm sagen, dass wir fünf Morgen einen Ausflug in den Wald machen. Der hat sich ja noch nicht Mal beim Essen blicken lassen!"
Untergeben nickte ich, ehe ich mich von dem Jüngeren löste und langsam aufstand, dabei gut darauf achtete, dass ich mich nicht auf die lange Federtracht des Pfauen niederließ. Michael und Maurice taten es mir gleich, standen auf und gingen an die Seite der Couch, so dass sie niemanden mehr im Weg stehen konnten. Im Fernseher lief im Moment eine Werbung, der Moderator erklärte die vielen Oberflächen, welche man mit dem gezeigten Putzmittel saubermachen konnte und ich wandte meinen Blick schnell wieder ab, als ich von dem Grellen Licht genervt war. Aus Reaktion begann ich mich zu strecken, schloss dabei meine Augen erneut und zuckte erschrocken zusammen, als meine rechte Hand etwas warmes, weiches traf. Ein schmerzerfüllter Laut war zu vernehmen und mit schockierten Augen sah ich in das leicht schmerzerfüllte Gesicht meines Herren, welcher sich seine Nase hielt und mich unentschlossen musterte. Ängstlich begannen meine Augen zu funkeln, als ich merkte, dass ich meinen Besitzer geschlagen hatte, wenn auch unabsichtlich. Ich hatte seit ich klein war gelernt, egal was passierte, wir Menschen durften niemals und unter keinen Umständen einen Hybriden verletzen, doch hatte ich es gewagt die Hand gegen die Person zu erheben, welche mich fütterte und das würde mir der Jüngere nicht so einfach durchgehen lassen. Die Schönheit des Pfaus stand an erster Stelle, sie war essentiell wichtig für seinen Job und sollte er nun gekündigt werden, weil ich ihn verletzt hatte, wollte ich mir meine Strafe dafür nicht einmal ausdenken.
Mein Körper reagierte instinktiv und ich begann zu rennen, so schnell ich konnte, in das Zimmer von meinem Herren und mir, um die Tür zuzumachen und mich ängstlich unter dem Bett zu verkriechen, mich panisch zusammenzuziehen. Wie ein Embryo lag ich nun da, leise wimmernd und schluchzend, aus Angst vor meiner folgenden Strafe. Immer mehr Tränen liefen mir über meine Wangen und ich wartete, hoffte still darauf, dass Manuel Mitleid mit mir haben würde und mich nicht zu sehr schlagen würde. Mein Fehler war unverzeihlich, ich hatte die Hand erhoben und meinen Liebsten verletzt, das war etwas, was niemals passieren durfte und nun würde mich der Grünäugige wieder abgeben, egal was ich tat. Ich würde wieder zurück ins Heim müssen und hätte niemanden mehr, denn nun waren auch Michael und Maurice nicht mehr da, um mit mir ihr Essen zu teilen oder eine Decke. Wie ein Feigling war ich weggelaufen vor meiner Strafe, hatte nicht einmal zurückgeschaut und auf Rufe nicht reagiert, das würde alles noch so viel schlimmer machen. Wenn er mich nicht zurück dorthin bringen würde, von wo er mich geholt hatte, dann würde er mich draußen aussetzen und mich dem Zufall überlassen. Entweder ließ er mich sterben, oder tötete mich sogar selbst, obwohl ich ihm das nicht zutrauen würde. Der Brünette war ein friedvoller Junge, welcher gegegen alle Gewalt war und mich vor allem beschützte, was mir gefährlich werden konnte, da konnte er mich nicht einfach umbringen, als wäre ich ein nichts. Er hatte teuer Geld für mich bezahlt, somit war ich etwas wert und er würde genau darüber nachdenken, ob er mich umbringen, oder nur bestrafen würde.
Einige Sekunden war es einfach nur still. Die Dunkelheit der Nacht verhinderte, dass ich viel sehen konnte und es liefen mir immer weiter Tränen die Wangen hinab, kamen auf einer der vielen Decken auf und wurden restlos von dieser aufgenommen. Mein Körper schien noch nie angespannter gewesen zu sein und mein Herz klopfte schneller denn je, doch noch viel schlimmer wurde es, als ich hörte, wie sich die Tür öffnete. Aus Angst hielt ich den Atem an, bewegte mich kein Stück und versuchte keinen Ton von mir zu geben, da Manuel mich sonst mit Sicherheit finden würde. Seine langen Federn raschelten leise, als sich der Größere über den Boden bewegte und mir näher kam, jedoch kein Wort sprach. Ich fühlte mich eingesperrt, unter dem Bett und hatte Angst vor Manuels Schlägen, die mich erwarteten, würde er mich finden und als ich kurz davor war zu schluchzen, bald würde er mich sowieso gefunden haben, mein Versteck war schließlich nicht gerade gut, da blieben die zwei Füße des Jüngeren genau vor mir stehen. In meinen Gedanken spielte ich all meine Möglichkeiten durch, ob ich ihn nun angreifen sollte und flüchtete, oder mich einfach ergab und auf Gnade hoffte, doch die tatsächliche Reaktion meines Herren konnte ich nicht verstehen.
"Komm unter dem Bett vor, Süßer! Na los, ich bin dir nicht böse...", sagte der Grünäugige mit sanfter, ruhiger Stimme und obwohl es ein Befehl war, zögerte ich sichtlich. Es fiel mir schwer den Worten des Pfauen zu glauben, sie klangen mir nach einer Falle und als wollte er mich nur aus meinem Versteck locken, deshalb blieb ich stumm und rückte noch weiter zurück. Mir war klar, mein Herr könnte mich einfach unter dem Bett hervorziehen und ich würde mich nicht einmal wehren, doch stattdessen sprach er auf mich ein und versuchte mir noch einmal eine Möglichkeit zu geben mich zu stellen. Nicht einmal sein verwendeter Spitzname interessierte mich groß, denn süß war ich auf keinen Fall. Immer wieder kam der Brünette mit neuen Spitznamen für mich an, Mal nannte er mich seinen Hübchen, ein anderes Mal war ich sein kleiner Engel und nun war ich für ihn ein Süßer. Das alles passte kein bisschen zu mir, ich war kein bisschen hübsch, süß schon gleich gar nicht und wäre ich ein Engel, so würde ich mich niemals schlecht benehmen, was ich jedoch oft tat. Gerade in diesem Moment, da widersetzte ich mich meinem Besitzer bewusst und bewies, wie schlecht erzogen ich zu sein schien.
"Bitte Patrick, du hast mir doch gar nicht wirklich wehgetan! Ich war gerade bloß erschrocken, weil deine Hand so plötzlich in meinem Gesicht aufgetaucht ist! Sieh mal, es ist absolut nichts passiert...", sprach der Pfau weiter auf mich ein, doch kniete er sich nun zu mir nieder und hielt mir seine rechte Hand hin. Langsam griff er die meine, zog sie jedoch nicht nach vorne zu ihm, sondern ließ mir Zeit und wartete ruhig ab. In meinem Kopf ging ich durch, alle Möglichkeiten die es gab, ob das nun eine Falle war oder nicht, doch mein Besitzer blieb leise. Ich wollte ihm nicht mehr in die Augen sehen, er hatte durch mich immer hin einen kleinen Schock gehabt und doch streckte ich zitternd meinen Kopf aus meinem Versteck, zeigte dem Grünäugigen meine Tränen. Er wusste genau wo ich war, sein Geruchssinn war nahe zu perfekt und seine Hand umschloss meine sicher, ließ mich spüren, dass er mir kein bisschen böse war. Mein Versteckspiel machte keinen Sinn mehr und doch zögerte ich mit dem rauskommen, wollte noch ein wenig mehr Zeit hinauszögern, bis ich geschlagen wurde. Gerade war mein blaues Auge, welches ich links durch zwei Wächter in meinem Gefängnis bekommen hatte, fast nicht mehr zu sehen und auch die Kratzer im Gesicht wichen langsam.
Bittend sah mir Manuel in die Augen, als er die Chance hatte mich anzusehen und tatsächlich konnte ich keine einzige Verletzung erspähen, nicht einmal einen Abdruck und obwohl ich Angst hatte, mein Herz klopfte in einem mehr als rasanten Tempo, kroch ich aus meinem Versteck heraus. Zitternd kniete ich nun vor meinem Herren, senkte so demütig den Kopf, wie ich nur konnte und würde er stehen, so hätte ich nun damit begonnen die Stirn auf den Boden zu drücken, doch er ließ das gar nicht erst zu. Überglücklich funkelten seine Augen, als er sich in den Schneidersitz begab und meinen Körper auf sich zog, mir liebevoll die Arme um den Oberkörper legte. Verspannt versuchte ich mich nicht zu bewegen, aus Angst ihm noch einmal meine Hand ins Gesicht zu schlagen und noch immer liefen mir Tränen über die Wangen, welche nun in Manuels Hemd verendeten. "Siehst du, es ist alles gut, du brauchst keine Angst vor einer Strafe zu haben! Ich würde dir niemals wehtun, du bist doch mein kleines Mäuschen. Es war einfach bloß ein unerwarteter Schlag und ich habe doch gesehen, dass dieser nicht gewollt war. Schau, mir tut nichts weh...", sprach der Grünäugige beruhigend auf mich ein, während er sich meine rechte Hand nahm und sie zu seinem Gesicht führte. Ganz behutsam legte er sie auf seine Nase, genau dorthin, wo ich ihn getroffen hatte und ich starrte ihn an, versuchte jede Kleinigkeit zu erkennen und zu sehen, ob er Anzeichen auf Schmerzen aufwies. Sein Gesicht verzog sich kein bisschen, er ließ mir Zeit, sodass ich meine flache Hand zärtlich über seine Nase fahren lassen konnte und die leichte Wärme spüren konnte, welche den Jüngeren ausmachte.
Schluchzend umschloss ich den Nacken Manuels, schmiegte mich fest an ihn und hoffte, dass er mir meinen Fehler verzeihen würde. Ich war wie ein Feigling weggelaufen, hatte mich unter dem Bett verkrochen und all die Anweisungen meines Besitzers ignoriert, hatte sogar überlegt ihn noch weiter zu verletzen, doch trotzdem hielt er mich liebevoll bei sich und hauchte mir immer wieder ins Ohr, dass alles gut war. Diesen Jungen hatte ich nicht verdient, er war etwas ganz besonderes und in meinem Herzen wusste ich, gab es eine Person, die ihn mehr als Besitzer verdiente als jeder andere, dann war das Jamie. Er gab sich seinen Strafen ohne zu überlegen hin, wehrte sich gegen niemanden und war trotzden so ein süßer und liebenswürdiger Junge, der Manuel klar besser tun würde als ich. Im Gegensatz zu mir, konnte der Blonde sprechen, rechnen, schreiben und auch lesen, das würde Sir Manuel bald schon merken lassen, dass ich nicht gut genug war und obwohl er immer sagte, ich war sein kleiner Liebling, beschlich mich die Angst, er könnte mich irgendwann gegen den Blauäugigen austauschen. Am Zaun meinte er zu ihm, könnte er, würde er ihn bei sich aufnehmen. Mit Jamie hätte er keinen Stress mehr, dieser würde sich an den Pfau anpassen und keinen Fehler mehr machen, in Ruhe leben können, während ich niemanden mehr hätte, der mich mochte. Und nun, da ich wusste, wie wunderschön das Leben sein konnte, wollte ich zumindest versuchen ihm zu zeigen, dass ich bereit war um seine Gunst zu kämpfen.
Vorsichtig und langsam löste ich mich von dem Brünetten, stand von seinem Schoß auf und krabbelte über das Bett, um mir mein Notizbuch von dem Nachttisch zu schnappen und einen dünnen, blauen Stift. Verwundert kam mir Manuel hinterher, setzte sich erneut in den Schneidersitz und umklammerte meinen Bauch leicht, als ich mich schutzsuchend auf seinen Schoß setzte. Aufmerksam betrachtete er, wie ich mir eine neue und leere Seite suchte, die Kappe vom Füller zog und den Stift ansetzte. Claus hatte mit mir in der letzten Woche ein paar Basisworte geübt, wie Danksagungen und Fragen, bis ich diese fehlerfrei schreiben konnte und nun wollte ich dem Hybriden endlich zeigen, dass ich mich für ihn weiterentwickeln wollte. Er sagte, dass wir drei nicht schreiben und lesen konnten war nicht so schlimm, wir würden das bald schon lernen und gemeinsam üben, doch nun konnte ich diese erlernte Fähigkeit als Überraschung nutzen. Da ich nicht vor anderen Menschen und Hybriden sprechen konnte, dem Jüngeren jedoch trotzdem behilflich sein wollte, hatte ich mir vorgenommen so viel wie möglich zu lesen und zu schreiben, bis ich mich ohne Gesten mit ihm verständigen konnte und ich hoffte, er würde meine Mühe schon jetzt zu schätzen wissen. Bei weitem konnte ich noch nicht so viel wie Jamie, doch ich würde diesen Stand erreichen und Manuel glücklich machen, egal was es kostete.
Langsam und zittrig führte ich den Füller über das Papier, schrieb insgesamt vier Worte auf, die ich mir selbst beigebracht hatte. Mit der Hilfe von Claus, welcher mir meine Schreibfehler verbessert hatte und darauf achtete, dass meine Schrift leserlich war, hatte ich mir einige Worte eingeprägt und selbst beigebracht, durch ein kleines Bild, auf welchem alle Buchstaben waren. In den ersten Tagen hatte ich immer wieder die einzelnen Buchstaben nachgezeichnet, mit Mühe und Fleiß war ich dabei, so lange sich mein Herr nicht mit im Raum befand. Es sollte eine Überraschung werden, die ihm ein Lächeln auf die Lippen zaubern sollte und auch, wenn ich mir das anders vorgestellt hatte, hoffte ich, der Langhaarige würde meine Geste schätzen. Ich wollte seinen stolzen Blick sehen, wenn er meine Worte entzifferte und mich verstand, ohne auf meine Gestik und Mimik geachtet zu haben. Das war ein Traum von mir, den Pfau stolz zu machen und ihm zu zeigen, dass ich es wert war bei ihm zu bleiben. Er durfte mich nicht austauschen, ich wollte genug für ihn sein und der Grund, weshalb er lächelte. Unsere Beziehung zueinander hatte nicht viel von der eines Besitzers und eines Sklaven, so wie es sein sollte. Sie war besonders, einzigartig und ich war stolz darauf, dass der Grünäugige mich so behandelte, als wäre ich ebenso ein Hybrid.
Groß wurden die Augen meines Herren, als er Stück für Stück mehr meiner Worte erkannte und ich konnte spüren, wie er sogar gespannt die Luft anhielt, um ja nichts zu verpassen. Mein Kopf drehte sich leicht zur Seite, so dass ich gut den beeindruckten und stolzen Blick meines Liebsten sehen konnte, wie dieser mir hauchzart die Tränen von der Wange küsste. Ein verliebtes Lächeln nahm auf seinen Lippen Platz, welches von seinen glitzernden Augen gut untermalt wurde und genoss seine starken Arme, die mich beruhigend festhielten. Es tut mir leid, stand in großer Schrift auf dem Blatt und mein Herz beschleunigte, als ich spürte, wie glücklich auch das des Größeren schlug. "Ich dachte, du könntest nicht schreiben...hast du dir das selbst beigebracht?", fragte Manuel mich verwirrt, dabei stotterte er leicht und ich wusste, er hatte keine genaue Ahnung, wie er reagieren sollte. In seinen Augen sah ich, er war glücklich und freute sich, dass ich lernte und meine neuen Mittel nutzte, doch ebenso erkannte ich Unsicherheit und das ließ eine erneute Angst in mir aufsteigen. Er schien nicht begeistert von meiner neuen Fähigkeit zu sein, obwohl er sich bemühte Freude zu zeigen und ich fragte mich, was er hatte. Bisher hatte er sich immer gefreut, hatte ich bei etwas Fortschritte gemacht und nun schien er nicht einmal glücklich lächeln zu können, das beunruhigte mich sehr.
Klaus, schrieb ich unsicher, in der Hoffnung, dass der Brünette nicht böse war und nun schnaubte der Grünäugige belustigt, als er den Namen sah, welchen ich auf das Blatt geschrieben hatte. Bisher war es mir nur möglich mit einzelnen Worten zu antworten, abgesehen von den beiden Sätzen, welche ich auswendig gelernt hatte und so musste der Jüngere nun immer überlegen, bis ich besser werden würde. Und nun, da er wusste, ich übte fleißig, konnte ich offen mit ihm das kommunizieren über Papier üben. "Gott, du bist so unglaublich süß, Engelchen! Machst du dir wegen mir diese Mühe?", fragte Manuel mich nun mit glücklichem Grinsen und von meinen Schultern schienen hundert Zentner Last zu fallen. Er war mir nicht böse, dass ich schon damit begonnen hatte zu lernen und nannte mich süß, etwas, was vor ihm noch niemand getan hatte. Jede andere Person auf diesem Planeten sah mich als einen hässlichen, unnützen Idioten an, der es nicht einmal hinbekam zu sprechen und dann kam auf einmal dieser Junge an, gab mir seine Nähe und Liebe, befreite mich aus meinem Gefängnis der Angst und machte mir von sich aus Komplimente. Seine Augen strotzten nur so vor Liebe, Glück und Freude, jedes Mal, wenn ich in sie sah und besonders in meiner Nähe schien er sanft zu werden, ließ sich nicht mehr so oft auf die Späße ein, welche Claus für gewöhnlich mit ihm machte. Er wollte mir auf keinen Fall Angst machen, lieber ließ er sich still beleidigen und zeigte mir so, dass er eigentlich nicht gemein war.
Leicht nickte ich, schmiegte schniefend meinen Kopf in seine Halsbeuge und ließ mir zärtlich durch die Haare kraulen. Ich mochte das, da unterschied ich mich stark von allen anderen Menschen, die ich kannte und Manu schien ebenso Gefallen daran zu finden mich immer wieder mit Streicheleinheiten zu verwöhnen, denn er mochte es, wie ich mich jedes Mal unter seinen Berührungen entspannte. "Wieso bloß habe ich dich nicht schon viel früher gefunden, Patrick? Du bist ein so unglaublich niedlicher Kerl und dazu auch noch liebenswürdiger, als jede andere Person, auf diesem Planeten! Ich bin dir so dankbar, dass du dir für mich so viel Mühe gibst und weiß einfach nicht, womit ich dich verdient habe. In meinen Augen bist du ein wahres Wunder und ich wünsche mir, dass du nie mehr wieder so eine Angst vor mir hast, wie eben, ja? Dafür gibt es keinen Grund! Ich werde euch dreien, aber besonders dir, niemals in meinem Leben weh tun und egal was du auch tust, so lange ich bei dir bin, bist du sicher. Für kein Geld der Welt könnte ich dich hergeben und weißt du warum? Weil ich dich lieb habe und zwar wirklich sehr. Du bist mein kleiner Engel und du bedeutest mir so viel mehr, als alles andere auf der Welt! Nein, du bist meine Welt und ich will dich für immer bei mir haben, so lange ich lebe. Lass dir das gesagt sein, du bist mein ein und alles!"
(...)
Mein Schlaf war unruhig und ich fühlte mich schwer, als ich meine Augen aufschlug und ins leere starrte. Die ganze Nacht hatte ich an Manuels Worte gedacht, wie er sagte, ich sei sein ein und alles und dass er mich mehr lieb hatte, als jeden anderen auf der Welt. Es war ein Liebesgeständnis, wenn auch sehr unterschwellige und ich hatte keine Ahnung, wie ich reagieren sollte. Am liebsten wollte ich ihn küssen, vor Glück weinen und ihm einfach um den Hals fallen, doch mein Verstand sagte, ich solle damit warten. Der Jüngere war spürbar müde und wusste sicher nicht einmal genau, was er da von sich gab. Der Sechzehnjährige befand sich noch mitten in der Pubertät und es war in meinen Augen gar nicht gut, dass er schon arbeitete und nicht mehr von seiner Mutter verpflegt wurde, denn obwohl ich nie viel lernen hatte können, wusste ich, dass pubertierende oft schnell müde wurden und mehr Schlaf benötigten, als andere. Durch mich fehlte dem Grünäugigen einiges, er wollte schließlich immer kurz vor zwei wach sein, um mich sicher festhalten zu können und auch sonst würde er wohl ständig aufwachen, immer, wenn ich mich bewegte oder einer der anderen im Haus. Als Pfau hatte er es nicht leicht, auch wenn sein buntes Gefieder noch so hübsch war und ich bemühte mich ihm sein Leben erträglicher zu machen, auch wenn das nicht immer so klappte, wie ich es wollte.
Grummelnd stieg ich aus dem Bett heraus, streckte mich ausgiebig und betrachtete den grauen Himmel. Es war noch früh am Morgen, viel früher als gestern und ich fragte mich, wieso Manuel mich nicht geweckt hatte, als er aufgewacht war. Ich liebte den Klang seiner rauen Stimme am Morgen, sie weckte in mir das Gefühl von Geborgenheit und Ruhe, doch nun war der Brünette schon vor mir auf den Beinen und ich hatte keine Chance mehr zu hören, was ich wollte. Leise seufzte ich und verließ das Zimmer, machte sogar das Fenster auf, lüftete den stickigen Raum. Meine Füße führten mich durch die Wohnung, bis ins Wohnzimmer, doch mein Herr war nicht aufzufinden. Kein Maurice, kein Michael und auch kein Claus war zu sehen und obwohl ich wusste, sie würden mich niemals alleine lassen, ohne mir Bescheid zu geben, dass sie wegfuhren, stieg in mir die leise Angst auf alleine gelassen worden zu sein. Manuel wusste, wie sehr ich es hasste allein zu sein und nach dem Abend gestern glaubte ich nicht, dass er mich ohne eine Nachricht zurücklassen würde. So war der Pfau nicht, er achtete immer auf mein Wohlbefinden und dass ich keine Angst bekam, deshalb ging ich unruhig in die Richtung des Badezimmers, doch anstatt von dort ein Geräusch zu vernehmen, hörte ich aus dem Zimmer daneben ein leises Schluchzen.
Vorsichtig öffnete ich die Tür zu Claus Zimmer und lugte hinein, erspähte einen weinenden Manuel auf dem Bett knien, mit einer Nachricht in den Händen. Sofort zog sich mein Herz schmerzerfüllt zusammen und ich wurde unsicher, verstand nicht, wieso der Langhaarige weinte. Meine Schritte führten zu ihm und ich ließ mich neben ihm nieder, brummte leise, um zu zeigen, ich war für ihn da. "Claus, er ist weg!"
~3750 Worte, hochgeladen am 30.06.2020
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