20. Handy und Polizisten
Überfordert drückte ich mich an den warmen Rücken von Claus, versteckte mich vor den Blicken der vielen Hybriden, welche ihrem Job nachgingen oder zur Arbeit liefen. Hunde, Katzen und Hasen-Hybriden, sie standen hinter der Theke und kassierten ihre Kunden ab, liefen an uns vorbei und starrten mich regelrecht an. Alle hatten sie einen verwirrten Blick und einige kamen uns sogar näher, wollten ansetzten zum sprechen, doch Claus beschleunigte unseren Schritt jedes Mal. Ich hatte ihn seit seinem Geständnis nicht mehr angesehen, zu sehr war ich damit beschäftigt zu verstehen, was er mir mitteilen wollte. Manuel verhielt sich recht ähnlich wie ich, war stets in meiner Nähe und schien nichts lieber zu wollen, als meine Aufmerksamkeit. Mit großen und liebevollen Augen betrachtete er mich, strich mir dabei zärtlich über die Haut und nach den Worten von Claus, wollte er genau dss auch haben. Von dem Grünäugigen gestreichelt werden, zärtlich berührt werden und in seinen Armen liegen, doch scheinbar wusste er etwas, was ich nur vermuten konnte. Es wäre ein Traum, wenn Manuel meine Gefühle erwidern würde und es schien so unerreichbar zu sein, immer hin war er ein Hybrid und ich nur ein einfacher Mensch. Das würde niemals jemand akzeptieren, egal was passierte.
"Bleib dicht hinter mir, ja? Und wenn etwas passiert, renn einfach weg und hol irgendwie Hilfe. Das ist die einige Möglichkeit, wie du als Mensch sicher davon kommst, ohne dafür belangt zu werden. Deine Sicherheit hat oberste Priorität, sonst bringt Manuel mich um, röstet mich und vergräbt mich im Garten und ich wollte noch nicht sterben! Wenn ich geschlagen werde ist das ok, interessiert ja niemanden, aber zumindest dich will ich unbeschadet nach Hause bringen...", erklärte mir Claus leise und als er mein Nicken spürte, öffnete er die große Tür zum Gebäude, in welchem viele Geschäfte standen. Hunderte Hybriden befanden sich in diesem Bau, welche mich auf einmal gar nicht mehr beachteten und auch eine Menge Menschen konnte ich sehen, vollgepackt mit Tüten und Kartons, dessen Inhalt mir vom Bild darauf nichts sagte. Jeder von ihnen trug eine Leine am Halsband und folgte seinem Besitzer stumm, mit gesenktem Kopf und teilweise waren diese Menschen entstellter als ich im Moment. Kratzer und blaue Flecke zierten die Körper derer, welche mit trostlosen Augen an uns vorbeigingen und kurz erinnerte es mich an mein Gefängnis, wo auch ich so kauptt herumgelaufen war und über jeden ruhigen Moment dankbar war, in dem ich verschnaufen konnte.
Erst einige Sekunden später fiel mir auf, dass auch der Junge vor mir Gedanken hegte, welche ihm nicht zuzumuten waren. Manuel würde sich für ihn interessieren, sollte er eine Wunde aufweisen und auch ich würde alles dafür tun, dass diese schnell wieder verheilte. Claus hatte schon so viel für mich getan, er trug mich ohne sich zu beschweren durch die Gegend und spielte mit mir Karten, half mir für Manu schreiben und lesen zu lernen, da war ich es ihm schuldig in der Gefahrensituation zu helfen. Gegen einen Hybriden würde ich nicht ankommen, gegen mehrere erst recht nicht und so bliebe mir nichts anderes übrig, als Hilfe zu holen. Das wäre nicht einfach, immer hin war es ohne die Fähigkeit sprechen zu können fast nicht möglich mich mit jemandem zu verständigen, der nichts von meiner Unfähigkeit wusste und da ich auch nicht schreiben konnte, müsste ich es mit Gesten deutlich machen. Hier drinnen, wo es so unfassbar viele Hybriden gab, starke und sicher auch hilfsbereite, würde es niemand wagen uns unangenehm anzumachen oder einen von uns zu berühren.
Vorsichtig schnappte ich nach der Hand des Größeren, was diesen dazu brachte sich umzudrehen und mir direkt in die bemüht sanften Augen zu sehen. Manuel war nicht hier, um mich zu beschützen und da der Jüngere sich im Moment selbst kaputt zu machen schien, beschloss ich stumm für ihn da zu sein. Er zeigte seine wahren Gefühle nicht, spielte glücklich und froh, die gesamte Zeit über und nun, da ich von seinen Gefühlen zu meinem Herren wusste, wollte ich ihm alles zumindest ein bisschen leichter machen. Mir wurde auf einmal klar, warum der Brünette gestern zusammen mit Michael geweint haben musste und ich wusste nicht, wie ich ihm helfen konnte. Manuel hätte ich nun einfach einen Kuss auf die Wange oder Stirn gedrückt, seine Nähe gesucht und mit ihm geschmust, doch bei Claus konnte ich das nicht tun. Wir befanden uns in der Öffentlichkeit, wo wir nicht auffallen durften und so musterte ich den Jüngeren bloß vorsichtig, senkte meinen Blick nur leicht und lächelte lieb. Seine Augen verfolgten mein tun aufmerksam, doch sie glitzerten nicht und zeigten kaum so etwas wie Freude.
"Langsam verstehe ich, wieso Manu dich so süß findet...es sind deine Augen und dein Lächeln, die dich unschuldig wirken lassen. Dagegen habe ich keine Chance...", murmelte der Größere und wieder blitzten seine Augen traurig, doch anstatt darauf zu warten, dass ich etwas erwiderte, drehte er sich nach vorne und zog mich in einen Laden, dessen Boden von einem dunkelgrauen Teppich bedeckt wurde. Überall standen kleine Geräte auf weißen Tischen, Hybriden redeten miteinander oder testeten sie, ließen sich von Mitarbeitern beraten. Jeder von ihnen lief in einem hellblauen Shirt herum, was wohl der Arbeitskleidung entsprach und dann sah ich ein junges Mädchen, einen Menschen, genau in diesen Klamotten herumlaufen. Ihre rötlichen Haare hatte sie zu einem Zopf nach hinten gebunden und als sie merkte, dass ich zu ihr hinüber guckte, wurde ich rot und senkte meinen Kopf. Menschen war es nicht gestattet zu arbeiten, wir hatten nicht das Recht dazu und deshalb konnte sie nur der Besitz eines hier arbeitenden Hybriden sein. Ich schätzte die Kleinere auf höchstens zwanzig und da es nicht als Kinderarbeit galt, wenn ein Mensch in so jungen Jahren arbeitete, würde auch nie jemand etwas dagegen sagen.
Unser Weg führte direkt auf das Mädchen zu, welche ein Handy in der Hand hielt und es mit einem Taschentuch reinigte. Mit schüchternen Augen musterte sie uns, wie ich fast schon eingeschüchtert auf den Boden guckte und mich noch näher an meinen einzigen Freund drückte, der für mich in diesem Moment da war. "Kann ich vielleicht helfen?", erklang eine ruhige, zitternde Stimme und ganz leicht hob ich meinen Blick, um in die fast schwarzen Augen des Mädchens zu sehen, die mich lieb musterte. Ihr schmales Gesicht wies nicht ein Kratzer auf, oder eine Narbe und schien mir auf den ersten Blick perfekt zu sein. Doch auch ihr Körper wirkte zierlich und leicht zerbrechlich, als sie mein Gesicht genauer musterte. "Ja, wir suchen für ihn ein Handy! Ist sein erstes und der Preis ist komplett egal...", antwortete Claus für mich, weswegen ihre Augen sich wie automatisch zu ihm drehten und Verwirrung zeigten. Es war ungewöhnlich als Mensch angesprochen zu werden, besonders von einem anderen Menschen, da diese meist den Befehl hatten nur dann zu reden, wenn es ihr Herr erlaubte und dieses Mädchen tat es ohne die Sorge zu haben, dass sie geschlagen werden würde. Ob ihr Besitzer auch so lieb und nett war, wie es meiner war? Kein bisschen wirkte sie so, als ob sie Angst hatte und ein bisschen bewunderte ich sie, denn ich erkannte Stärke in ihrem Blick, welche ich nicht besaß.
"Sicher, haben Sie einen bestimmten Wunsch? Welche Marke und welche Farbe soll es denn haben? Wir haben eine Menge Modelle, die für Berufstätige geeignet sind und viel Speicherplatz haben, aber auch einige, die eher für Leute gedacht sind, die nur wenig bis gar nicht am Handy sind. Die sind von allen am günstigsten und ich möchte Ihnen schon Mal das hier empfehlen! Es hat eine sehr gute Kamera, welche bei Jugendlichen vor allem sehr beliebt ist, weil sie selbst im Selfie-Modus ein fast schon perfektes und hochauflösendes Bild schießt! Wäre das was für Sie? Mit Ihrem Gesicht würde ich nämlich jeden Tag tausende von Fotos machen...oh, das war jetzt ein bisschen komisch, tut mir leid! Ich sollte mich echt von Kunden fernhalten, wenn ich so drauf bin...", sprach die Orangehaarige mit einem Lächeln auf den Lippen, wobei ihre Wangen sich röteten und mein Herz begann höher zu schlagen. In ihrer linken Hand hielt sie nun ein schwarzes Handy, welches von einem Kabel festgehalten wurde und als sie ihren Blick abwandte, mir das dünne Gerät mit zittrigen Händen hinhielt, da stiegen mir Tränen der Furcht in die Augen. Überall im Laden waren Kameras, die uns aufzeichneten und sollte ihr Besitzer herausfinden, dass ein unwürdiger Mensch ihre Aufmerksamkeit erregte, wollte ich nicht in meiner Haut stecken. Wir waren die Repräsentanten unserer Herren, mussten in den schönsten Sachen herumlaufen und widerspiegeln, wie hart und streng sie mit uns waren, dass sie viel Geld besaßen und wussten wo sie standen. Auch der Besitzer des Mädchens war sicher stolz auf seinen Fang, ließ sie sogar neben sich im Laden arbeiten und obwohl ich einen hässlichen Kratzer auf der Wange hatte und einen Bluterguss um mein linkes Auge, schien sie ein wenig Interesse an mir zu finden.
"Verzeihung, aber er kann leider nicht sprechen. Die Marke des Handys ist vollkommen egal, die Farbe sowieso und ich glaube auch nicht, dass er damit viele Fotos machen wird, das ist eigentlich bloß zum besser verständigen gedacht und damit er lernen kann, wie man schreibt und ließt! Es muss also gar nicht so unglaublich viel können...", wollte Claus der Verkäuferin erklären, doch mein rechter Finger zeigte in die Richtung des Handys und ich lehnte erschöpft meine Stirn an seine Schulter, sah mich nicht einmal mehr um. Ich wollte so schnell es ging diesen Laden verlassen, möglichst nie mehr zurückkehren und die schockierten Augen des Mädchens vergessen, die mich zu verfolgen schienen. Sie starrte mich an und ich fühlte mich bedroht, von den starrenden Augen derer, welche sich uns langsam zuwandten. Diese vielen Hybriden überforderten mich, dass die Rothaarige mich so behandelte wie einen normalen Mann und es ließ mich meinen Griff um die große Hand des Brünetten mehr verstärken, womit er kein Problem zu haben schien. Eher drehte er sich nun zu mir um, sah mich prüfend an und als er sah, wie sehr mich diese Situation überforderte, wurden seine Augen sanft, fast schon mitleidig. Er wusste, dass es nicht mehr viel brauchte, ehe ich in Tränen ausbrach und deshalb umschloss er nun vorsichtig meinen Körper, drückte mich sanft an sich, sodass ich meinen Kopf in seiner Halsbeuge vergraben konnte.
"Ist gut, nicht weinen...wir nehmen es, ok? Es ist auch nicht zu teuer, Manu würde es in Ordnung finden, wenn du es wirklich haben möchtest! Beruhig dich kurz, ich gehe schnell bezahlen, ja?", sprach der Hüne liebevoll auf mich ein, mit tiefer, ruhiger Stimme und als er sich schlussendlich von mir lösen wollte, umschloss ich seine Hüfte mit den Armen und hoffte, dass er mich nicht alleine ließ. Ohne ihn wäre mein letzter Halt weg, ich wäre gezwungen all die Hybriden anzusehen, welche mich ohnehin schon verwirrt oder angeekelt musterten, da mein Verhalten unerhört und nicht zu vergeben war. Sollte Manuel sich hier noch einmal mit mir sehen lassen, würde man sich sicher an mich erinnern und ihn für einen schlechten Besitzer halten, der seine Menschen nicht unter Kontrolle hatte. Es bekamen nicht viele meiner Art die Möglichkeit alleine durch die Gegend zu spazieren und für alle hier anwesenden musste es so wirken, als wenn ich es schamlos ausnutzen würde, einmal all meine angestaute Wut und Angst rauszulassen, wenn auch still und eher unbewusst. Sie alle kannten meine Geschichte nicht, wussten nichts über mich und doch bildeten sie sich eine eigene Meinung, was uns Menschen abtrainiert wurde. Wir hatten eine, doch sie kam niemals ans Licht.
"Also...das ist jetzt nicht böse gemeint, aber geht es deinem Besitzer wirklich gut? Ich arbeite ja schon seit vielen Jahren hier und habe noch nie gesehen, wie ein Mann einfach angefangen hat zu weinen. Er kann sich sonst auch im Mitarbeiter Raum kurz ausruhen, wenn es ihm nicht gut geht, ich mache euch beiden gerne auf...", stotterte die Rothaarige vor uns leise, mit mitfühlenden Augen und als ich sie näher ansah, hatte sie mein ausgesuchtes Handy schon weggelegt. Mein Herz begann schneller zu pochen, denn anstatt den Stärkeren von uns ebenfalls zu siezen, so wie das Mädchen es bei mir getan hatte, sprach sie so mit ihm, als wäre er nicht so viel wert. In ihren Augen schien ich ein Hybrid zu sein, was allein schon von unserem Auftreten her keinen Sinn machte. Claus war der stärkere von uns beiden, lief vorne und kümmerte sich um das geschäftliche, wirkte aus meiner Sicht viel eher wie ein Hybrid und ich war ein ängstlicher, schüchterner junge Mann, der sich nicht einmal traute einen anderen Menschen anzusprechen.
"Ihm geht es gut, keine Sorge. Er ist bloß neu in der Stadt und kommt mit so vielen Hybriden auf einmal nicht klar, aber das wird schon noch. Ich bin ja da und übe mit ihm, damit er auch Mal alleine losgehen kann! Denn wissen Sie, das hier ist das erste Mals, dass er in seinem Leben einkaufen geht! Es ist denke ich besser, wenn ich nicht näher ins Detail gehe, aber Patrick hier wurde sein Leben lang von Hybriden aller Art gefoltert und durfte nicht raus gehen, deshalb hat er auch so eine große Angst davor hier zu sein. Geben Sie mir einfach sein gewünschtes Handy und wir gehen schnell bezahlen, sonst weint er wirklich noch...", erklärte der Braunäugige leise, damit es möglichst wenige Hybriden hörten und kaum waren diese Worte ausgesprochen, umschloss ich seinen warmen Körper stärker. Der Jüngere agierte instinktiv, drückte mich näher zu sich und sah das Mädchen mit einem vorsichtigen Lächeln an, dessen Blick schockiert schien. Kurz zögerte die Braunäugige, ehe sie einen kleinen Schrank aufschloss, welcher die obere Platte stützte und dem Hünen eine weiße Packung in die Hand drückte, schüchtern ihren Kopf senkte. Nun wusste ein weiterer Hybrid von meiner Vergangenheit, doch schien sie sich nicht darüber lustig machen zu wollen oder mich damit aufzuziehen, sondern in ihren Augen spiegelte sich Mitleid, was bei mir fremden Menschen sehr selten der Fall war.
"Ich wünsche euch beiden viel Glück und hoffe, dass ihr das wieder hinbekommt. Wenn ihr noch etwas brauchen solltet, dann weiß ich jetzt, wie ich mit euch umzugehen habe und dann stelle ich auch nicht mehr so viele Fragen, ok? Wir sehen uns hoffentlich wieder und dann möchte ich sehen, ob du schon Fortschritte gemacht hast, oder nicht! Einen schönen Tag noch euch beiden!", verabschiedete sich die Kleinere mit einem vorsichtigen Lächeln, während sie sich umdrehte und mit eiligen Schritten davon lief, irgendwo abbog und nicht mehr zu sehen war. Nun wurde mein Griff ein wenig sanfter, ich atmete immer noch zittrig und ließ auch nicht gänzlich locker, doch merkte mein einziger Halt im Moment deutlich, dass ich mich langsam beruhigte. Ich verstand nicht, weshalb mich die Rothaarige für einen Hybriden hielt, trotz Halsband und war überfordert mit der gesamten Situation, mit den vielen Blicken der verwirrten Hybriden und dem Mädchen, deren Interesse an mir nicht zu übersehen war. Mir war es unangenehm im Mittelpunkt zu stehen und am liebsten wäre ich nun hier rausgesprintet, durch den Park zurückgelaufen und hätte Zuhause geklingelt, in der leisen Hoffnung, dass Maurice und Michael mir aufmachen durften. Der einzige Grund, weshalb ich in der Nähe von Claus blieb war, dass ich Angst hatte mich zu verlaufen. Die Hälfte des Weges war weg, einfach vergessen und alleine herum irren wollte ich nicht, Manu würde sicher Angst um mich haben, würde er das erfahren.
"Ich glaube, du bist wirklich noch nicht bereit für sowas hier. Komm mit, ich zahle kurz und wir gehen nach Hause! Fürs erste solltest du nicht ohne Manu raus gehen, das wird zu viel für dich und ich möchte dir nicht noch mehr Aufregung zumuten. Dein Halsband können wir auch später noch kaufen gehen, dann kannst du auch gucken, was Manu so gefällt, hm? Den entführen wir einfach am Wochenende und dann bist du auch wieder schön ausgeschlafen und nicht mehr so leicht überfordert!", erzählte mir Claus, während er sich von mir löste und mich erneut an die Hand nahm, meinen zitternden Körper mit sich mit zerrte, zu einer Kasse. Ein einziger Hybrid stand vor uns, er trug auf dem Kopf zwei lange, braune Hasenohren und kicherte belustigt, da der Verkäufer an der Kasse wohl gerade etwas witziges erzählt hatte. Obwohl ich nichts mehr tun musste, als ruhig stehen zu bleiben und nichts genauer anzusehen, drückte ich meinen Kopf in den Rücken meines Begleiters und schloss meine Augen, hoffte mich dadurch ein wenig darauf konzentrieren zu können, nicht in Tränen auszubrechen. Hinter uns stellte sich ein blonder Mann an, dessen Hände zierten ein paar rote Federn und ich bekam das Gefühl bedrängt zu werden, obwohl er ruhig stehen blieb und mir nicht näher kam. Die direktr Nähe von so vielen Hybriden löste Erinnerungen aus, an dir Zeit in meinem Gefängnis, wo mich täglich mehrere Hybriden schlugen und im Nachhinein auslachten, oder anschrien, dass ich zu schwach und nichts wert wäre.
Meine Konzentration lag allein auf dem Hybriden hinter mir, sodass ich im Ernstfall wegrennen hätte können, hätte er etwas getan und während ich um mein Leben bangte, kaufte Claus mein Handy. Alle hier anwesenden blieben ruhig und auch der etwas ältere Hybrid an der Kasse schenkte mir kaum Aufmerksamkeit, sah mich bloß einmal kurz vorsichtig an und bemühte sich nach meinem ängstlichen Verhalten langsam zu machen, mir nicht noch mehr unnötige Angst zu machen. Niemals hätte ich gedacht, dass sich an einem so überlaufenen Platz wie diesem, jeder für einen einzigen Menschen so sehr zurückhalten würde und obwohl es mir als einfacher Mensch untersagt war einen mir fremden Hybriden anzusehen, hob ich meinen Blick und sah vorsichtig den Blonden Maus-Hybriden an, dessen kleine Ohren auf dem Kopf sich lustig hin und her drehten. Noch nie hatte ich einen so niedlichen Mann gesehen, welcher sich offensichtlich darauf konzentrierte mir keine Angst zu machen und als sich seine Augen auf mich richteten, legte sich ein liebes Lächeln auf seine Lippen. Er wirkte nicht böse, so wie Manuel am Anfang eher unbeholfen und ich wusste nicht wieso, doch gab mir dieser Mann ein kleines bisschen Sicherheit. Statt mich anzupöbeln, dass ich endlich ruhiger werden sollte, wünschte er mir sogar noch einen schönen Tag und winkte mir lieb zu, als Claus sich die Packung schnappte und mit mir dieses riesige Gebäude verließ.
Draußen hatte es angefangen zu nieseln, der Himmel hatte sich schlagartig verdunkelt und als Claus merkte, dass es nicht gut wäre mit einem elektrischen Gerät durch starken Regen zu laufen, seufzte er und zog mich mit sich mit, unter ein großes Dach, ein wenig abseits des riesigen Gebäudes. "Dass der Wetterbericht nicht lügen kann, kotzt mich schon wieder an!", beschwerte sich der Brünette leise bei sich selbst, während er sich in den Schneidersitz auf den Boden setzte und sich mit dem Rücken an die Wand lehnte, was ich ihm gleich tat. Zitternd umschloss ich meine Beine und beobachtete, wie der Regen immer stärker wurde und mein Gehör trübte. Es wurde mit jedem Tropfen schwerer Schritte und Töne zu erkennen, sie einer Richtung zuordnen zu können und deshalb drehte ich hin und wieder nervös meinen Kopf, betrachtete die Gegend aufmerksam. Ich sah es als meine Aufgabe an diejenigen zu beschützen, welche mir etwas wert waren und Claus war im Moment nicht ganz bei der Sache, regte sich stumm über das Wetter auf und war demnach unkonzentriert. Hier draußen wimmelte es nur so vor Hybriden, doch nicht jeder von diesen konnte uns gut gesinnt sein und bevor uns jemand aus dem Hinterhalt angriff, wollte ich den Stärkeren warnen.
Ein wenig von uns entfernt sah ich eine Gruppe Amsel-Hybriden, deren Blicke uns zu zerfleischen schienen. Hungrig sahen sie Claus an, der davon nichts zu bemerken schien und ich rutschte ein wenig näher zu ihm, ließ die vier Männer jedoch nicht aus den Augen. Sie trugen kaputte Klamotten und ihre Haare waren lang, zottelig und ungekämmt, schienen heruntergekommen und ich fühlte mich mit jeder Sekunde unwohler, in der die Schwarzhaarigen Männer uns anstarrten. Claus guckte gerade auf sein Handy und tippte in einer so hohen Geschwindigkeit die Buchstaben ein, dass es fast schon übermenschlich war in meinen Augen, da begann die Gruppe leise miteinander zu sprechen. "Manu kommt heute ein bisschen früher nach Hause wie sonst, soll ich dir sagen! Er würde sich über Nudeln mit Käsesoße freuen und heute geht es für dich wieder baden! Willst du es ohne ihn mal probieren?", fragte mich Claus irgendwann vorsichtig, während ich ihm noch einmal näher rutschte, sodass sich unsere Schultern leicht berührten und als er das Wort baden erwähnte, wurde mir unwohl zumute. Ohne meinen Herren wollte ich nicht ins Wasser steigen, aus Angst und doch nickte ich einmal leicht, da ich wusste, dass Manuel sich über einen weiteren Fortschritt freuen würde. Er saß bis jetzt jedes einzelne Mal an meiner Seite und redete auf mich ein, pflegte meinen Körper und ich hatte die leise Angst, dass sich vielleicht einer meiner anderen Mitbewohner einen Spaß daraus machte und mich untertauchte, so wie in meinem Gefängnis. Es mochte schwach wirken, dumm und unnötig, doch diese Angst würde mich noch ein wenig länger verfolgen und dagegen konnte ich nichts tun. Manu würde es schon verstehen, wenn ich es nicht schaffte alleine zu sein, während ich bedeckt war von Unmengen an Wasser, zumindest hoffte ich das.
"Ey, ihr zwei da!", erklang eine tiefe, raue Stimme, welche ich nicht kannte und da ich mich in Alarmbereitschaft befand, schwenkte mein Blick auf die drei der vier Männer, die mit schnellen und harten Schritten auf uns zukamen. Nun schien auch Claus auf sie aufmerksam zu werden, richtete sich auf und nahm sich die weiße Packung mit dem Handy, um sie mir in die Hand zu drücken. "Lauf weg, wenn die drei aggressiv werden...", hauchte der Braunäugige mir ins Ohr, während er sich nach anderen Hybriden umsah, doch es schien, als wären wir komplett auf uns allein gestellt. Mir war klar, auch wenn der Größere stark war, so hätte er niemals eine Chance gegen drei fast ebenso starke Männer und im Falle eines Angriffs, müsste ich schnell rennen, so schnell, wie noch nie zuvor. Der scheinbare Anführer der drei, sein Körper war an einigen Stellen bedeckt mit schwarzen Federn, trat hervor und ballte seine Hände zu Fäusten, fixierte mit seinem Blick erst das noch verpackte Handy in meiner Hand, dann musterte er mich mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen.
"Lass das Handy rüberwachsen!", sprach er mich mit lauter, kraftvoller Stimme an und da er mir überlegen war, er war schließlich ein Hybrid, wollte ich die weiße Packung mit zitternden Händen in seine Obhut geben, doch Claus umschloss bestimmend mein Handgelenk und hielt mich davon ab. Er machte sich groß, drängte mich leicht in den Hintergrund, um sich schützend vor mich zu stellen und nun sah ich den Blonden nur noch leicht, sah seine verärgerten Augen aufblitzen. Ihm gefiel es nicht, dass sich zwei Menschen gegen seine Anweisungen wehrten und als nun einer seiner Freunde auf uns zutrat, spannte ich meinen Körper an und rannte in Richtung links, als ginge es um mein Leben. Mein Herz pochte schmerzhaft gegen meine Brust, als ich den schmerzerfüllten Schrei von Claus hörte und noch einmal beschleunigte, die Rufe des Hybriden hinter mir bewusst ignorierte. Lautstark rief er mir zu, ich solle gefälligst stehen bleiben und trotz allem, dass meine Lunge brannte wie Feuer und mein Herz ebenso, war ich schneller. Rechts neben uns regnete es in Strömen, links neben uns waren Fenster, durch welche man in die verschiedensten Läden schauen konnte und trotz allem, lief ich geradeaus durch, bis ich einen jungen Mann sah, welcher in Begleitung von zwei weiteren Männern waren. Sie alle wiesen ein paar schwarze Flecken an ihren Armen und am Hals auf, einer von ihnen hatte schwarze Streifen auf dem Hals und ich quietschte ängstlich auf, als ich die drei Raubtiere so da stehen sah. Zwei Schneeleoparden-Hybriden und ein Tiger-Hybrid, alle waren sie trainiert und zwei von ihnen trugen eine dunkelblaue, fast schwarze Uniform, während der Blonde Leopard normale Alltagsklamotten trug. Polizisten, es waren zwei Wächter des Gesetzes.
Ihre Blicke richteten sich sofort auf mich und noch bevor ich an ihnen vorbei rennen konnte, rannten die zwei Geparden in die Richtung, aus der ich gelaufen kam. Der Tiger breitete seine Arme aus und schloss sie um mich, stolperte ein paar Schritte mit mir nach hinten, während ich meinen Blick nach hinten warf und erschrocken dabei zusah, wie die beiden Gepaden den Amsel-Hybriden zu Boden drückten. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen und meine Beine zitterten, waren überlastet mit der plötzlichen Bewegung. So viel war ich in meinem ganzen Leben noch nicht gerannt, ich war kein bisschen an die viele Bewegung gewöhnt und als ich merkte, dass die zwei Polizisten und der Mann im Hoodie sich nur mit dem am Boden liegenden beschädigten, gar nicht wirklich in die Richtung von Claus rannten, wurde ich unruhig, fiepste leise und deutete dort hin. Mit bräunlichen, fast gelblichen Augen sah mich der Tiger-Hybrid mit hochgezogenen Augenbrauen an, sah in die Richtung, in welche mein Zeigefinger deutete und staunend, nach Luft hechelnd, sah ich dem Älteren dabei zu, wie er seinen Blick schärfte und mich freigab.
"Adrien, mitkommen! Und du kümmerst dich um den Kerl, klar?", wies der Größere die beiden Leoparden an, von denen der Blonde sich schnell aufrichtete und dem Tiger folgte, so schnell er konnte. Der übriggebliebene Polizist legte dem sich lautstark beschwerenden Straftäter Handschellen an und führte ihn in einen Streifenwagen, doch seine Worte schockierten mich. Er redete davon, dass das nicht rechtens war und dass wir ihn gehen lassen mussten, seine Schwester würde sonst sterben und als der Größere in das Auto einstieg, sah er mich auffordernd an. "Los, steigen Sie ein!", wies er mich der Tiger an und da ich keinen weiteren Ärger machen wollte, ging ich mit zittrigen Beinen auf das bläuliche Gefährt zu und öffnete die Beifahrertür, ließ mich auf dem weichen Polster nieder und schloss die Tür. Das Radio lief und spielte leise Musik, während sich der Vogel-Hybrid beschwerte und erschöpft schnaufte ich, legte meine Hände zusammen und senkte meinen Blick dem Boden zu. Für die Kurze Strecke schien der Tiger es nicht für nötig zu halten sich anzuschnallen, deshalb tat ich es auch nicht, als er langsam losfuhr und durch den Rückspiegel hin und wieder seinen Gefangenen musterte.
"Geht es Ihnen gut, Sir?", fragte mich der Polizist mit einem aufmerksamen Blick und da ich wusste, er musste sich auf die Straße konzentrieren, brummte ich zustimmend. Meine Augen verfolgten die Strecke, bis ich schlussendlich einen schwer atmenden Claus auf dem dreckigen Straßenboden sehen konnte. Die beiden übrigen Polizisten hatten den flüchtigen Amseln nachgejagt und wieder lagen sie auf dem Boden, wurden mit aller Kraft nach unten gedrückt. In meinen Augen sammelten sich Tränen, als ich merkte, dass diese ganze Situation meine Schuld war. Hätten wir nicht für mich ein Handy gesucht, wäre Claus niemals verletzt worden und obwohl er mir versicherte, dass es schon gut war, gab ich mir selbst die Schuld daran. Alles wäre in Ordnung, hätte es nicht begonnen zu regnen.
Der Wagen blieb in direkter Nähe zu den zwei Polizisten stehen, doch als dieser den Wagen verließ, fiel mein Blick auf helle, blonde Haare, welche nur schwerlich in einem Gebüsch zu erspähen waren, welches in direkter Nähe zum Gebäude wuchs. War das die mysteriöse Schwester, von welcher der Amsel-Hybrid erzählt hatte?
~4540 Worte, hochgeladen am 28.05.2020
Danke für den guten Adrien, liebe SkaylerUzumaki! Die restlichen werden noch eingebaut, aber erst ein bisschen später :3
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