2. Chip

Stumm liefen mir Tränen meine Wange hinab, als ich in die liebevollen grünen Augen vor mir sah und kaum fassen konnte, was der Pfau zu mir gesagt hatte. Es wirkte so unwahrscheinlich und auch alle anderen hoben nun ihre Blicke, starrten den Brünetten verständnislos an. Kein Mensch hatte erwartet, dass ich jemals lebend dieses Gebäude verlassen dürfte und auch ich konnte mich mit diesem Gedanken nicht anfreunden. Dieser Hybrid war ein wahrer Engel, welcher drei von uns ein neues Zuhause bieten wollte, statt nur einem und dass, weil ein einziger Mann sein Leben bereit war zu opfern. Für das Glück der beiden, Michael und Maurice, war ich bereit zu sterben und dass, obwohl sie niemals großartig freundlich zu mir waren. Einem anderen Menschen von hier hätte ich niemals geholfen, sie hatten niemals auch nur versucht nett zu mir zu sein. Die beiden taten es nur ein paar Mal, doch teilten sie mit mir ihre Decken und ihr Essen, und auch wenn sie nicht mit mir sprachen, fühlte ich mich so, als wäre ich ihnen etwas schuldig.

"Sicher, dass Sie den mitnehmen wollen, Sir? Es gibt hier weitaus bessere Menschen, die Ihnen auch antworten können, wenn Sie ihnen etwas auftragen würden...", schaltete sich nun auch Frank ein, der bis jetzt nur still neben uns stand und mich kalt ansah. Er rief mir ein weiteres Mal in meinem Leben ins Gedächtnis, wie unnütz und widerwärtig ich war. Mit seiner Aussage hatte er Recht, jeder andere in diesem Raum wäre besser dafür geeignet gekauft zu werden, als ich und nun senkte ich traurig den Blick, schüttelte verneinend mein Kopf. Dieser Mann hatte jemanden verdient, der seinen Ansprüchen gerecht wurde und alle Tätigkeiten ausüben konnte, dazu zählte auch die Tür öffnen und Gäste begrüßen. Ich würde niemals alles tun können, was jeder andere tat und besonders für Hybriden, welche nicht von meiner Behinderung wussten, konnte ich abstoßend und dumm wirken.

"Nein, ich bin mir absolut sicher, dass ich Patrick haben will! Er wird seine Arbeit gut machen, davon bin ich überzeugt und wenn Sie noch einmal versuchen mir einen anderen Menschen anzudrehen, wird das schlecht für Sie enden!", so sagte es der Pfau dem Grizzly verärgert ins Gesicht, seine Schwanzfedern erhoben sich dabei teils und nur ganz leicht konnte ich die warme Hand an meiner Hüfte spüren, welche mich behutsam in Richtung Ausgang zog. Michael war schon längst vorgelaufen, hatte sich von einem Wärter die Augen verbinden lassen und stand zur Abreise bereit da. Mein Herz begann zu beschleunigen, als ich merkte, dass sich der junge Hybrid mit einem Grizzly anlegte, meinetwegen und sofort stieg in mir das Verlangen auf mich ihm um den Hals zu werfen. Der Grünäugige hätte keine Chance gegen den Verkäufer, er würde sich niemals gegen dessen Krallen und Zähne wehren können, doch allein meinetwegen tat er es trotzdem.

Schniefend versuchte ich ruhig zu bleiben, nicht auf einmal in Tränen auszubrechen und wie auf Knopfdruck schwenkte der Blick meines neuen Besitzers auf mich, suchte nach dem Grund für meine Trauer. Unter den wachsamen Augen des Größeren fühlte ich mich unsicher, doch gleichzeitig hatte ich das Bedürfnis ihm näher zu kommen und sein kräftiges Herz schlagen spüren zu dürfen. Beruhigend umfasste der Brünette meine linke Hand mit seiner rechten, begann behutsam mit seinem Daumen über meinen Handrücken zu fahren. "Komm Patrick, geh dir die Augen verbinden lassen und lauf mit Michael zum Doc! Ich bin gleich bei euch und dann geht es ab nach Hause!", lächelte mich der Pfau an, dabei konnte ich den liebevollen Ausdruck in seinen Augen nicht übersehen, selbst mit Tränengetrübtem Blick nicht und untergeben nickte ich. Die sanften Berührungen seiner Hand an meiner Wange, welche meine Tränen erneut wegwischte, gaben mir das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, etwas Seltenes in meinen Augen. Ich wusste nicht, womit ich mir diese Vorsicht verdient hatte und doch war ich dankbar dafür, dass würde ich dem Pfau später zeigen. Er hatte Vertrauen in meine Fähigkeiten und dass ich zu ihm passte, dieses durfte ich nicht verlieren.

Einen letzten Blick warf ich auf all die Menschen, welche mich Jahre lang schikaniert und zerstört hatten. Ihre Augen zeugten von purem Neid, Unverständnis und Hass, gegenüber mir und meinem neuen Besitzer. Sie sahen eine Möglichkeit von hier wegzukommen, ein neues und besseres Leben zu bekommen, mit einem liebevollen Meister bei sich. Es würde das letzte Mal sein, an dem ich in diese Augenpaare gucken musste und diese würde ich nicht vermissen. Mein Blick wanderte auf den Bauch einer jungen Frau, welcher schon eine kleine Wölbung zeigte und nur zu gut konnte ich mich an die Töne erinnern, welche bei der Tat aus ihrem Mund entflohen. Ich verspürte kein Mitleid mit ihr, sie war schließlich selbst schuld daran, dass einer unserer Wärter es für nötig hielt sich vor aller Augen mit ihr zu vergnügen, doch das heranwachsende Kind in ihr würde es schwer haben. Es würde in Gefangenschaft zur Welt kommen, genau wie ich und alle anderen auch, doch zu großer Wahrscheinlichkeit würde es von allen verachtet werden.

Fest wurde mir eine Augenbinde um den Kopf gebunden, welche mir die Möglichkeit zu sehen nahm. Der zuständige Wärter ging ruppig mit mir um, hatte spürbar Freude daran mich ein letztes Mal aggressiv zu behandeln und stumm ließ ich es über mich ergehen. Neben Michael wurde ich die Gänge des Gefängnisses entlanggeführt und hatte Mühe mich nicht zu übergeben, je weiter wir gingen. Mein Körper war überfordert mit der plötzlichen Bewegung, den fehlenden Nährstoffen und meiner Müdigkeit. Ich kam langsam, aber sicher an meine Grenzen, was das Leben anging. Würde ich nicht schon bald etwas zu Essen bekommen, würde ich kraftlos zusammenbrechen und so lange zum Weiterlaufen gezwungen werden, mit Tritten und Schlägen, dass ich sterben würde. Die Hybriden spielten gefährliche Spiele mit uns, zwangen uns demütigende Aufgaben zu erledigen und nahmen uns die Möglichkeit Kraft zu gewinnen. Die meisten Menschen waren abgemagert, kraftlos und müde, hatten mit Kreislaufproblemen zu kämpfen und wurden schnell krank, so auch ich.

"Der arme Mann, der dich gekauft hat! Du bist eine einzige Schande für jeden und er sucht sich dich trotzdem aus, anstatt einen nützlichen Menschen zu nehmen...", erklang die tiefe Stimme unseres Wärters, welche nahe an meinem Ohr war. Sofort senkte ich meinen Kopf noch ein wenig mehr, drückte mich unbewusst an den ebenso kalten Körper Michaels. Nur ganz leicht kam auch er mir näher, wollte mir ein wenig Kraft spenden. "Mal sehen wie lange es der Typ mit dir aushält! Ist schließlich einfacher sich was Neues zu suchen, wenn man genervt ist, als sich mit einem Menschen zu unterhalten, der selbst fürs Sprechen zu dumm ist. Ich glaube nicht, dass er dich länger als eine Woche aushält. Er wird dich entweder zurückbringen oder gleich töten! Lass dir gesagt sein, du wirst deinen ersten Tag nicht überleben, das kann ich dir versprechen!"

Meine Tränen durchnässten die schwarze Augenbinde mehr, mit jedem Wort aus dem Munde des Hybriden. Es würde bloß ein kurzer Aufenthalt in der Außenwelt sein, vielleicht drei Tage und dann würde ich endlich sterben. Viel länger konnte man einen Menschen wie mich nicht aushalten, sodass es im Endeffekt eine Verschwendung seiner Möglichkeiten war. Der Brünette wollte erst nur einen Mann haben, einen neuen Koch und einzig und allein durch meine voreilige Reaktion war er gezwungen noch einen weiteren Arbeiter zu kaufen. Ich war komplett überflüssig, mich hätte er nicht gebraucht und mein Kopf tat weh, als ich nach Gründen dafür suchte, weshalb er mich ebenso ausgewählt hatte. Es ergab keinen Sinn, denn nun schmiss er Geld für etwas raus, was er nicht unbedingt benötigte. Auch Michael war nur ausgesucht worden, weil ich mich etwas getraut hatte, was sich ein einfacher Mensch wie ich noch nie getraut hatte und ob das gut war, würde ich erst noch herausfinden.

"Ich weiß nicht allzu viel über Patrick. Aber das letzte was er ist, ist unnütz. Ich verstehe sowieso nicht, wieso jetzt gerade alle so ein riesiges Tamtam um meine Entscheidung machen! Es ist mein Problem, ob ich einen Stummen kaufe oder nicht und wärt ihr nur ein ganz kleines bisschen schlau, hättet ihr sofort versucht ihn mir vorzuschlagen. Ein verkaufter Mensch weniger, um den ihr euch kümmern müsst! Euch kann es egal sein, für was und wen ich mich entscheide. Und jetzt lassen Sie die beiden los, ich bringe sie selbst zum Doc!", ertönte die genervte Stimme meines neuen Besitzers, woraufhin mein Nacken losgelassen wurde. Mein Herz beschleunigte wie von selbst, als sich der warme Arm des Brünetten um meine Taille schloss, der andere um die Michaels und ein angenehmer Druck verriet mir, der Grünäugige drückte uns schützend an sich. Ebenfalls begann er langsamer zu werden und uns näher zusammenzuziehen. "Nicht hinhören, klar? Du bist genauso gut wie Michael und Maurice. So lange du versuchst dein bestes zu geben und ein bisschen im Haushalt mithilfst, werde ich mich nicht über dich beschweren...", murmelte der Größere mir in mein Ohr und durch ein Nicken zeigte ich meine Aufmerksamkeit, auch wenn alles in mir drin gegen diese Worte sprach. Es würde nicht lange dauern, bis ich ihn nervte und wieder hier landen würde. In meinen jüngeren Jahren war oft etwas meinetwegen kaputt gegangen, da ich ungeschickt war und meist so sehr in Gedanken versunken war, dass ich mich nicht auf die Dinge vor mir konzentrierte. Der Grünäugige würde unzufrieden mit mir sein und das spätestens, wenn der erste Teller wegen meiner Dummheit zu Bruch gehen würde.

"Bevor ich es vergesse, ich möchte, dass ihr mich Manuel nennt! Und du kannst dich, wenn etwas sein sollte, einfach irgendwie bemerkbar machen, Patrick. Es ist kein Problem und ich werde dich nicht dafür bestrafen, wenn du mich deshalb berührst. Ihr werdet euch gleich erstmal ansehen, was euer neues Zuhause ist und wo alles steht. Alles ganz gemütlich und entspannt!", erzählte unser neuer Besitzer, während wir gut zuhörten und uns versuchten seinen Namen einzuprägen. Manuel schien auf den ersten Blick den perfekten Besitzer abzugeben, liebevoll und vorsichtig zu sein. Er zeigte Verständnis für meine Unfähigkeit zu sprechen und noch kein Mal hatte er seine Hand gegen uns erhoben, schien uns sogar vor weiteren Schlägen der Wärter schützen zu wollen. Sobald wir bei ihm Zuhause waren, würden wir sein wahres Gesicht kennenlernen. Auch wenn er in der Öffentlichkeit freundlich zu sein schien, so könnte er privat genauso ein Monster sein, wie seine restlichen Artgenossen.

Ich hörte das Quietschen einer sich öffnenden Tür, weshalb sich mein Körper unbewusst anspannte. Wir waren beim Doc angekommen, eine grausame Frau, mit dichten und langen roten Haaren, sowie grünen Schuppen auf der Haut. Eine Krokodil-Hybridin, mit welcher jeder Mensch mindestens einmal im Jahr das Vergnügen hatte. Sie sorgte dafür, dass wir nicht allzu oft krank wurden und untersuchte uns auf Infektionen. Alle fürchteten sich vor ihr, denn sie war gnadenlos. Hatte man eine Krankheit, mit welcher man die anderen anstecken konnte, wie Grippe oder Fieber, so wurde man auf längere Zeit isoliert und in manchen Fällen sogar getötet, da es einfacher war neue Menschen zu beschaffen, als diese gesund zu pflegen. Es nahm wichtige Ressourcen, wie Medikamente und allein, als ich die dunkle Stimme der Älteren hörte, wurde ich nervös.

"Sie sind der Herr, welcher gleich drei Menschen kauft? Sagen Sie mir, was gemacht werden soll und dann können Sie los...", lächelte die Braunäugige freundlich, doch war mir klar, es war falsch. Viele Hybriden ließen ihre Neuzugänge hier rasieren, damit sie es nicht selbst Zuhause tun mussten und oft wurde erklärt, was die besten Foltermethoden waren und was wir alles können sollten. Von Waterboarding bis hin zum Strangulieren, eine Methode war grausamer als die andere. "Nur die Haare stutzen, aber nicht ganz ab, und dann chippen. Ich möchte nicht, dass einer der drei wegläuft!", erklärte Manuel der Ärztin, welche sogleich damit begann, einen Rasierer zu holen und ihn an den Strom anzuschließen. Ich sah vor meinem geistigen Auge, wie die Ältere einen Schrank öffnete und das kleine Gerät herausholte, womit sie mir schon ein paar Mal den Kopf kahl rasiert hatte. "Möchten Sie den dreien selbst die Haare schneiden? Dann kann ich sie schon mal chippen, das dauert immer so lange!"

Behutsam drückte unser neuer Besitzer Michael und mich auf die Liege, auf welcher Maurice schon saß. Dicht an dicht saßen wir da, warteten darauf, dass wir einen Schmerz im Nacken spüren würden. Das chippen seiner gekauften Menschen kostete extra, da die meisten nicht lange am Leben waren und es eine Verschwendung von Geld wäre, würde man jedem Menschen einen Chip einpflanzen lassen. Manuel hatte also tatsächlich vor uns drei langfristig zu behalten. Michael war der einzige von uns, der schon einmal einen Chip bekommen hatte und deshalb nun nicht auf den Schmerz warten musste. Wir anderen hatten keine Ahnung, wie es sich anfühlte und mit jeder Sekunde, die verstrich, in welcher ich die Ärztin mit dem Gerät hantieren hörte, spannte ich mich mehr an. "Sie haben einen außergewöhnlichen Geschmack, was ihre Wahl angeht, wenn ich das so sagen darf, Sir", so begann die Ärztin eine Konversation mit ihrem Kunden, "nicht jeder hat die Geduld sich mit einem Wortlosen zu beschäftigen!"

Ein schmerzerfülltes Wimmern war zu vernehmen, eindeutig stammte es von Maurice und mein Puls stieg rasant in die Höhe, als ich ein erneutes Klappern vernahm. Genervt stöhnte Manuel auf. "Er reagiert auf meine Fragen und Befehle. Es ist ihm möglich im Haushalt mit zu helfen und das ist alles, was ich von den dreien verlangen werde! Ob Patrick nun spricht oder nicht ist vollkommen irrelevant, finden Sie nicht? Er ist ja trotzdem ein guter Arbeiter und dann kann der Rest doch egal sein!", erklärte der Grünäugige, während er sich hinter mich stellte und begann meine Haare mit einer Schere zu schneiden. Kurz zuckte ich erschrocken zusammen, hatte Mühe dabei nicht zu wimmern, bis mir eine kalte Hand beruhigend über das Bein strich. Sie stammte eindeutig von Michael, welcher scheinbar ruhig blieb und versuchte mir diese Situation ein wenig einfacher zu machen. "Und außerdem wirkt er in keinster Weise anders eingeschränkt in seinen Fähigkeiten. Er kann laufen, seine Hände benutzen und wenn seine Wunden verheilt sind, kann er auch einkaufen gehen! So lange das nicht so ist, ruht er sich ein wenig aus und bleibt in meiner Gegenwart. Dann kann er mir helfen und ich lerne schneller, wie ich mit ihm umgehen muss!"

Meine abgeschnittenen Haare fielen mir Stück für Stück vom Körper, landeten auf dem Boden des Raumes und immer wieder spürte ich, wie der Größere mir beruhigend über die Schulter strich. Die Seiten meines Kopfes rasierte er kahl, sodass nur noch oben ein paar Haare wuchsen, welche mir nicht einmal mehr über die Augen hängen würden und lobend klopfte er mir zum Schluss auf die Schulter, flüsterte mir zu, ich hätte es großartig gemacht. Allein auf seine Stimme fokussierte ich mich, während ich auf den anderen Hybriden wartete, welcher mir einen Chip einpflanzen würde. "Gut, wenn das so ist, wünsche ich Ihnen viel Vergnügen mit dem Kerl. Sie wollen gar nicht wissen, wie viele Dinge schon durch ihn kaputt gegangen sind! Allein die ganzen Teller sind schon eine Sache für sich. Patrick ist einer der ungeschicktesten Menschen, welche mir jemals über den Weg gelaufen sind und wenn Sie ihm das irgendwie abtrainieren wollen, schlage ich vor, Sie schlagen ihm mit einem Bambusstab immer wieder auf die Brust! Tut weh und zeigt ihm, dass er mehr aufzupassen hat. Ich kann Ihnen gerne eine Broschüre mitgeben, mit den besten Möglichkeiten, um die drei nach Ihrem Belieben zu erziehen oder einfach nur Ihren Spaß zu haben!"

Ungerne erinnerte ich mich an die unzähligen Abende zurück, in denen ich für mein gesamtes schlechtes Verhalten bestraft wurde. Schläge mit einem Bambusstab war eine der sanfteren Methoden, wie man mir beibringen wollte zu putzen und mich zum Sprechen zu zwingen. Zitternd drückte ich meinen Körper in Michaels Richtung, hoffte auf Beistand und keine Sekunde später spürte ich, wie mir ein knochiger Arm um die Hüfte geschlungen wurde. Behutsam zog mein Sitznachbar mich näher zu sich, sorgte durch zarte Streicheleinheiten am Bauch für das Gefühl, jemand war bei mir. Wären meine Augen nicht durch ein dichtes Band verbunden, würden mir längst Bäche aus Tränen über die Wangen laufen und könnte ich sprechen, würde ich nach Hilfe schreien und mir die Seele aus dem Leibe weinen. Meine Gedanken überschlugen sich und ich begann panisch nach Luft zu ringen, als ich eine Erinnerung durchlebte, in welcher mein Kopf immer wieder in einen Topf voller Wasser getunkt wurde. Ich war zu diesem Zeitpunkt vielleicht neun gewesen, damals rannte ich in Gedanken versunken in einen Wärter hinein und wurde umgehend dafür bestraft.

Eine warme Hand entfernte mir behutsam die Augenbinde, sodass ich verschwommen das hübsche grün sah, welches mich erschrocken musterte. Nur leicht konnte ich einen Druck in meinem Nacken spüren, von einer vorsichtigen Hand ausgehend und unwohl versuchte ich mich loszureißen, wendete meinen Blick ab. Ich war maßlos überfordert, wusste nicht, ob Manuel mich bestrafen würde oder der Krokodil-Hybrid, deshalb versuchte ich schluchzend zur Seite auszuweichen, dachte nicht einmal daran, dass meine Strafe dafür noch härter werden würde. Niemals hätte es mir etwas gebracht, das war mir klar und doch reagierte ich eigenwillig. Mein Leben lang wurde versucht mir beizubringen, ich solle stets auf die Befehle meines Besitzers hören und niemals auch nur versuchen meinen eigenen Ideen zu folgen. Immer wieder musste ich aufpassen, was ich tat und wie ich handelte, doch in diesem Moment setzte mein Verstand komplett aus.

"Ihr seid doch alle krank...", ertönte die wütende Stimme Manuels. "Holen Sie mir die nötigen Papiere, mir reichtes! Menschen haben es verdient mal zu sehen, wie wir uns gefühlt haben, aber dass hier ist zu viel des Guten. Ihr habt diesen jungen Mann kaputt gemacht! Es ist enttäuschend derselben Art angehören zu müssen, wie Sie alle es tun!", beschwerte sich der Brünette weiter, bevor er sich neben mich setzte und mir eine Hand auf die linke Schulter legte. Diese zitterte unter Anspannung und als ich den Stoff seiner Hose spürte, begann ich ängstlich nach dem Größeren auszuschlagen. Es würde mir nichts bringen, außer weitere Schläge und Tritte und wenn er wirklich wollen würde, könnte er mich einfach dazu zwingen das zu tun, was er mit mir machen wollte. Nichts und niemand würde ihn aufhalten können, er hatte das Recht seinen Besitz so zu behandeln, wie er es für richtig hielt. Ich hatte nichts zu sagen, nicht zuletzt, weil ich die Fähigkeit zu sprechen nicht besaß und doch rang ich mit meiner inneren Angst.

"Ist gut, Patrick...ruhig ein und ausatmen!", gab mir Manuel Anweisungen und trotz meiner Angst vor seinen Berührungen, ließ er eine Hand auf meinem linken Bein liegen. Auch mein immer wiederkehrendes Wimmern stoppte ihn nicht mir seine Hand auf das Bein zu legen, eher schien es ihn zu ermutigen beruhigend auf mich einzureden. "Du wirst nicht bestraft, Patrick. Ich werde dafür sorgen, dass du nie mehr wieder bestraft wirst und diese Qualen, welche du hier erleiden musstest, nicht mehr durchmachen musst. Diese Frau dort erzählt Schwachsinn und ich werde diese Broschüre nicht annehmen! Ihr drei seid schon genug bestraft worden im Leben und ich weiß jetzt schon, dass es schwer wird euch von euren momentanen Sichtweisen wegzubekommen, aber wir schaffen das!", redete der Pfauen-Hybrid auf uns ein, doch glauben tat ich ihm kein Stück. Das alles war ein Trick, mit dem er sich unser Vertrauen holen wollte und am Ende würde er uns eiskalt dafür bestrafen, dass wir so dumm waren auf diese verführerischen Dinge zu hören. Er hatte drei perfekt getrimmte Männer gekauft, die es nicht einmal wagen würden, sich schlechte Verhaltensweisen anzugewöhnen. Wir hörten auf unsere Meister, taten auf Befehl hin alles, was er uns auftragen würde und niemals würde es uns auch nur im Schlaf einfallen uns über etwas zu beschweren. Ich wollte nie mehr in Wasser getränkt werden oder mit Bambusröhren geschlagen werden, mit all meinem Können würde ich diesen Foltermethoden aus dem Weg gehen.

Meine Schläge wurden immer kleiner und schwächer, bis sie ganz ruhten. Mein Atem wurde immer ruhiger, kam schließlich wieder bei seinem normalen Tempo an und blinzelnd öffnete ich meine Augen, aus welchen noch immer Tränen entflohen. Allein für diese Panikreaktion würde ich später bei Manuel eine Strafe bekommen und angeschrien werden. Seine rechte Hand lag noch immer auf meinem Bein, strich mit dem Daumen beruhigend über es und brachte mich dazu meinen von Tränen getrübten Blick in seine Richtung zu drehen. Aufmerksam wachte der des Brünetten über mir, schien darauf zu warten, dass ich wieder einen klaren Verstand bekam und langsam streckte er seine freie Hand nach mir aus. Achtsam versuchte er herauszufinden, wann mir seine Nähe unangenehm wurde und innerlich riss ich mich so stark zusammen wie noch nie, verband seine knochige Hand mit meiner. Zaghaft zog er sie in seine Richtung, befahl mir stumm zu ihm zu kommen und auch wenn sich alles in mir dagegen sträubte, rutschte ich in seine Richtung, sodass sich unsere Beine berührten.

"Alles wieder gut?", fragte mich der Größere vorsichtig und automatisch nickte ich, musterte den weißen Boden, auf welchem meine Haare lagen und verkümmern würden. Lange waren sie mit mir gewachsen, das letzte mal wurden sie mir vor drei Jahren geschnitten und nun würde ich von meinem neuen Besitzer eine Frisur vorgegeben bekommen, mit welcher ich seiner Meinung nach am besten aussah. "Schön. Dann können wir jetzt zum Auto gehen, oder?"

~3540 Worte, hochgeladen am 29.03.2020

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