19. Park

"Aufwachen, Patrick! Du musst was essen, damit du wieder zu Kräften kommst und nicht mehr nur doof rumliegen...", erklang die leise Stimme von Claus und als ich meine Augen öffnete, sah ich verschwommen eine leere Seite vor mir. Manuel lag nicht mehr neben mir, war wohl schon zur Arbeit gegangen und ich hatte statt ihm ein Kissen in den Armen gehalten, so wie ich es bei dem Brünetten selbst getan hatte, um von meinen Spaziergang ins Badezimmer abzulenken. Wie es mir schien, hatte er diese Idee geklaut und sie an mir ausprobiert, was scheinbar gut geklappt hatte. Kein bisschen hatte ich mich unruhig verhalten, so wie ich es für gewöhnlich ohne meinen Herren getan hätte und nun konnte ich mich gar nicht von ihm verabschieden, oder mit ihm frühstücken. Die anderen drei waren mit Sicherheit auch schon fertig mit dem Essen, Maurice würde den Brünetten vorgeschickt haben, welcher in keinster Weise so wirkte, als hätte er auch nur einen winzigen Tropfen Alkohol getrunken und müde brummte ich deshalb, streckte all meine Glieder von mir weg und drehte mich schlussendlich in die Richtung des Hünen, welcher mich belustigt angrinste. Wieso merkte man ihm kein bisschen an, dass seine Nacht genauso kurz war, wie die meine?

Mühsam setzte ich mich in den Schneidersitz und sah den Größeren aufmerksam an, erkannte auf dem Nachttisch ein Tablett stehen, mit einem Teller voll dampfend warmen Toast und Spiegelei, von Maurice mit Liebe zubereitet. Auch eine Tasse voll Kakao stand dabei, was mein Herz erwärmte. Der Blonde dachte immer über seine Mitmenschen nach und versuchte ihnen eine Freude zu machen, was in den meisten Fällen auch sehr gut funktionierte. "Übrigens, Manuel meinte vorhin beim Frühstück zu mir, dass wir beide dir ein Handy kaufen sollen und weil du noch kein passendes Halsband hast, können wir dir auch gleich noch eins besorgen gehen! Lass dir ruhig Zeit mit dem essen, ich mache mich schon Mal fertig und dusche...ach ja, du solltest vielleicht Michael und Maurice fürs erste in Ruhe lassen, die beiden reden gerade nicht mehr miteinander und sind beide echt nicht gut drauf! Aber das wird schon, die zwei sind schließlich beste Freunde und bekommen sich schon wieder ein!", erklärte mir der Braunäugige mit einem vorsichtigen Lächeln auf den Lippen und noch während er aufstand, mich dabei auch weiterhin musterte, nickte ich ihm lächelnd zu und nahm mir das Tablett vom Nachttisch, um mit dem essen zu beginnen. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie einkaufen, bisher waren nur Michael und Maurice in Läden gewesen und deshalb bereitete mir das ganze ein wenig Unbehagen, doch mit einem starken Jungen wie Claus an meiner Seite, konnte mir nichts passieren. Es würde eine neue Erfahrung werden, nicht nur von außen auf die vielen Hybriden zu schauen, die mit ihren Menschen einkaufen gingen, sondern selbst in der großen Masse zu stehen und vielleicht würde mir Manuel irgendwann so sehr vertrauen, dass auch ich einen Chip an mein zukünftiges Halsband gehängt bekam. Schon jetzt konnte ich sagen, dass er sich erst zu hundert Prozent sicher sein musste, dass ich mich nicht verlaufen konnte und auch verteidigen musste ich mich können, ansonsten hätte er immer Sorgen um mich und das wollte ich nicht. Er sollte unbesorgt Zuhause bleiben können, ohne über meine Gesundheit nachzudenken und ich würde es mir von nun an zum Ziel machen, meine Muskeln zu trainieren.

Claus verließ stumm das Zimmer und ließ mich mein Frühstück essen, wofür ich nicht einmal lange brauchte. Mit der Zeit machte ich mir Sorgen um Michael und Maurice, denn von einem Streit hatte ich nichts mitbekommen. Es war den ganzen Morgen über ruhig im Haus, Manuel hatte ich nicht gehen hören und ein Streitgespräch hatte ich auch nicht vernommen, welches mich aus meinem bitter nötigen Schlaf gerissen hatte. Ich fragte mich, was zwischen den beiden vorgefallen war, denn es gab noch nie einen Streit zwischen ihnen. Sie hingen immer aufeinander, waren in der Nähe des anderen und beschützten sich gegenseitig, so wie es nur wahre Freunde füreinander taten. Niemand anderes verstand sich besser als sie und deshalb kam ich mit dem Gedanken nicht klar, dass beide sich nun trennten. Sie gehörten zusammen und waren so etwas wie Seelenverwandte, sollte es das wirklich geben und egal was Claus sagte, ich konnte so eine Freundschaft nicht zerbrechen lassen. Irgendwie mussten sie miteinander reden, sich aussprechen und wenn sie es nicht von alleine taten, würde ich ihnen helfen. Das war ich vor allem Maurice schuldig, welcher sich von sich aus für mich in Gefahr gebracht hatte und auch wenn er es nicht wollte, würde ich ihm zumindest meine Hilfe anbieten.

Mit entschlossenen Augen legte ich den nun leeren Teller auf das Tablett und verließ das warme, schützende Bett, in dessen ich vor einigen Stunden noch gemeinsam mit Manuel lag. Seine Seite war nun kalt, doch konnte ich genaustens erkennen, wo er lag und auch auf meiner Seite hatte sich bereits eine Kuhle gebildet, obwohl es meine erste Nacht neben dem Pfau war. Irgendwann würde es eine dauerhafte Kuhle sein und das bewies, dass mich der Hybrid als sein Partner akzeptiert hatte, wenn auch nicht so, wie ich es mir wünschte. Es gab nicht viele Menschen, denen es vergönnt war ein eigenes Zimmer zu besitzen und trotzdem freute ich mich mehr bei meinem Herren nächtigen zu dürfen, als ganz allein. Da ich mein Leben lang von anderen umgeben war, die laut atmeten, schnarchten oder sogar miteinander sprachen, während ich schlief, kam ich mit absoluter Stille fast nicht klar und zumindest das leise atmen meines Herren hören zu dürfen, hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Es bewies mir, dass ich bei ihm und nicht allein war, mich in der Sicherheit einer von mir geliebten Person befand und das mochte ich noch viel mehr, als meine Ruhe vor allen zu haben.

Leise machte ich die Tür auf und lief aus dem Zimmer hinaus, mitsamt dem Tablett. Ich vernahm ein gedämpftes Schluchzen aus dem Wohnzimmer und legte besorgt meine Stirn in Falten, stellte das Tablett vorsichtig auf dem Boden ab und guckte vorsichtig um die Ecke, erkannte einen traurigen Michael auf der Couch sitzen. Neben ihm befand sich Maurice, welcher behutsam seine Arme um den schwachen Körper des Grauäugigen geschlungen hatte und liebevoll durch dessen ungekämmte Haare fuhr. Aufmerksamkeit betrachtete ich dieses Geschehen durch die Tür hindurch, welche sie geschlossen hatten. Claus hatte mir erzählt, dass das Glas in der Tür Spiegelglas war, durch welches man nur von einer Seite aus durchschauen konnte und als dieses Haus vor einigen Jahren neu gebaut wurde, kurz vor dem Einzug des Pfaus, hatte ein Praktikant der Firma, welche die Fenster eingebaut hatte, dieses Fenster falsch herum eingesetzt, sodass man nun von außen hineinsehen konnte, jedoch von innen nicht in den Flur. Ich wusste, dass es sich nicht gehörte zu spionieren und zu lauschen, doch da ich nichts zu tun hatte und die beiden auf keinen Fall stören wollte, blieb ich gespannt im Gang stehen.

"Was ist denn los, Micha? Du kannst mit mir reden und ich bin sicher, dass es nicht schlimm sein wird. Versprochen, ich bin doch immer für dich da...", sprach der Blonde leise auf den Jungen ein, welcher teilweise auf seinem Schoß saß und meine linke Hand wanderte automatisch zu meiner Brust, legte sich auf die Stelle über meinem Herzen. Auch nach einer Auseinandersetzung gab er noch immer das beste um zu zeigen, dass er seinen Kumpel trotz allem gern hatte. "Du wirst mich hassen, Mau, wenn ich dir mein Problem verrate! Ich will nicht, dass du mich mit anderen Augen siehst, oder am Ende sogar hasst...", schluchzte der Ältere leise, dabei konzentrierte ich mich auf seine Stimme, denn mir würde in diesem Moment kein einziger Grund einfallen, wegen dem der Brünette traurig sein sollte. Es gab nichts, was Maurice dazu bringen könnte seinen Freund zu verabscheuen und das sollte dieser auch wissen, immer hin war der Grünäugige der verständnisvollste Mann, den ich kannte. Er hörte zu und gab Ratschläge, schützte einen sogar in den traurigsten Momenten und würde ich nicht Manuel haben, der mich in seinen Armen hielt, so wäre ich sicher neidisch auf den Grauäugigen. Maurice war der Traum eines jeden, er war niedlich, vorsichtig und aufmerksam, kuschelte für sein Leben gerne und vielleicht würde er auch zu mir irgendwann dieses gewisse Vertrauen aufweisen, sodass ich ihm meine Probleme schildern konnte.

"Das ist nicht wahr und das weißt du auch. Ich habe dich doch lieb und wenn es eine einzige Sache gibt, die ich dir versprechen kann, dann ist es, dass ich dich niemals hassen könnte! Du bist mein ein und alles, es gibt nichts, was mir wichtiger ist, als du...", versuchte Maurice seinem Freund zu erklären und so sanft wie er nur konnte, als ginge es ihm um Leben oder Tod, küsste er den Brünetten auf die Stirn. Kraftlos klammerte dieser sich an den orangen Pullover, der die schmächtige Brust des Blonden verdeckte, und schmiegte seinen Kopf in dessen Halsbeuge. Diese Pose erinnerte mich an Manuel und mich, immer war ich der schwache, kaputte Junge, der weinte und mein Herr war der starke, liebevolle Freund, der mich tröstete. Maurice fungierte recht ähnlich, bloß dass sein Partner ihm all seine Sorgen mitteilen konnte und nicht stumm dasitzen musste. "Ich habe mich in dich verliebt, Maurice! Du bist süß und aufmerksam und ich weiß, dass du meine Gefühle nicht erwidern kannst, aber das beschäftigt mich seit so langer Zeit...als du dich gestern mit Patrick beschäftigt hast, da habe ich Claus davon erzählt und er meinte, ich solle dir das unbedingt endlich sagen, sonst würde ich noch irgendwann an meinen Gefühlen kaputt gehen. Nur durch ihn konnte ich den Mut fassen dich darauf anzusprechen, aber wie soll jemand so tolles wie du, auf jemand so ignorantes wie mich stehen? Das geht nicht und das weiß ich, deshalb bitte ich dich...wenn dir unsere Zeit zusammen auch nur irgend etwas bedeutet hat, lass mich jetzt nicht allein!"

Unterbewusst hielt ich die Luft an, sah mit großen Augen dabei zu, wie Michael sich noch fester an den Riesen unter ihm krallte und herzzerreißend auf schluchzte. Dass er so sehr an sich selbst zweifelte, hätte ich niemals von ihm erwartet, immer hin wirkte er in der Nähe seines Freundes immer recht glücklich und auch, wenn dieser einmal nicht zur Stelle war, lag ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen. Er ließ sich all seine Ängste nicht anmerken und so stark diese Eigenschaft auch sein mochte, sie machte diesen Jungen kaputt und das ließ er sich erst anmerken, als er sich schon lange innerlich selbst fertig gemacht hatte. Wie lange genau ihn seine Gedanken schon zerstörten wollte ich gar nicht wissen, es musste schon länger so sein, wenn er ohne Hemmungen weinte und sogar Angst davor hatte, dass der Mensch, welcher ihm am nächsten von allen stand, sich dazu entschied ihn zu verlassen. Er war verunsichert, fast genau so wie ich und mit großen Augen sah ich den beiden zu, wie sie sich gegenseitig umarmten.

"Ich liebe dich doch auch, Michael...du hast immer so gewirkt, als wenn du die Beziehung von zwei Männern miteinander nicht gut finden würdest und ich wollte dich deshalb nicht verlieren! Bei Patrick und Manuel warst du jedes Mal so wütend, wenn die beiden sich näher gekommen sind! Wir beide haben uns in Manu sowas von getäuscht, das kannst du gar nicht glauben. Er hat die ganze Nacht geweint, weil er dachte, dass Patrick zu seinen Eltern gehen möchte, wenn diese überhaupt noch am Leben sind und als ich ihm dann erzählt habe, dass das nicht stimmt, da wollte er nicht Mal mehr Patrick bei sich haben. Wegen uns hat er immer Angst, dass er zu überstürzt handelt und weißt du, das kann ich nicht mehr mit ansehen. Er gibt sich doch wirklich Mühe sich mit uns anzufreunden und wenn er Patrick von sich überzeugen konnte, den Mann, der keinem Hybriden über den Weg traut, dann muss er doch etwas besonderes sein! Und wenn du mit mir zusammen sein möchtest, sollten wir uns ihm anvertrauen und ihn darum bitten, uns deshalb nicht zu trennen...vertrauen wir ihm nur dieses eine Mal, er wird uns mit Sicherheit nicht enttäuschen!", erklärte Maurice dem Brünetten und kaum hatte er zu Ende gesprochen, spürte ich eine warme Hand um meinen Oberarm und drehte mich leise fiepsend um, sodass ich geradewegs in die belustigten Augen von Claus sehen konnte, in denen Freude zu erkennen war. Ein schwarzes, lockeres Lederhalsband umschloss seinen Hals und noch ein zweites war in seiner Hand zu sehen, beide trugen einen roten Chip vorne dran, an dem man erkennen konnte, dass wir auch ohne unseren Herren das Haus verlassen durften. Anders als erwartet, waren seine Haare nicht nass und er trug auch noch seine alten Klamotten, also würde er sich wohl doch gegen das Duschen entschieden haben und wortlos nickte er in Richtung Tür, gab mir somit zu verstehen, dass wir nun gehen würden.

Ohne den beiden Freunden Bescheid zu geben, verließen wir das Haus und der Hüne schmiss die Tür so laut zu, dass die zwei Zurückgebliebenen es gar nicht überhört haben konnten. "Hat Michael ihm endlich gestanden, was er schon so lange auf dem Herzen hat?", fragte Claus mit glänzenden Augen, während er mir das schwarze Halsband um den Hals legte und den Verschluss zu klickte. In meinem Gefängnis wurde dieses Verfahren mit uns trainiert, für den Fall, dass wir einen Besitzer fanden, der uns langfristig bei sich aufnahm und so wartete ich brav mit gesenktem Kopf auf eine Leine, damit ich nicht weglaufen konnte. Zusätzlich verkrampfte sich meine Hand leicht, denn wenn ich nun auf seine Frage antwortete, wüsste er, was für ein neugieriger Mensch ich war und da er nun der mit dem höchsten Rang war, Manuel war schließlich nicht da, wollte ich es mir nicht mit dem Jüngeren verscherzen. Er sollte den beiden Freunden nicht erzählen, dass ich gelauscht hatte und somit sämtliches Vertrauen in mich verlieren, welches er vielleicht über die gesamte Zeit aufgebaut hatte.

"Ach ja, während du gegessen hast, hat Manu mir geschrieben und gefragt, ob du auch schon neue Klamotten möchtest oder noch warten willst! Soll ich ihm schreiben, dass du mit mir guckst?", fragte der Braunäugige nun sanft, während er seinen Kopf ein wenig zur Seite neigte und mir die rechte Hand hin hielt, darauf wartete, dass ich diese mit der meinen verband. Meine Augen verfolgten aufmerksam eine junge Hybridin, deren Körper teilweise von weißen Federn bedeckt war. Sie joggte langsam an uns vorbei, dabei schwenkten ihre langen Haare wild hin und her, doch auch wenn sie uns nicht einmal ansah, senkte ich demütig meinen Kopf. Ich wusste schon bevor ich in einem Laden war, dass es schwer werden würde für mich, da ich automatisch Deckung suchte und meinen Blick dem Boden zuwenden würde. Alles war mir lieber als Ärger zu bekommen, denn da mein Herr nicht bei mir war, um mich zu beschützen, galt es auch nicht als Sachbeschädigung, wenn man mich schlagen und treten würde. Dagegen konnte Manuel nichts machen, sollte ich bewusst misshandelt werden und so würde ich alles dafür tun, keinen Schaden zu nehmen. Nur, damit der Pfau sich nicht mehr um mich sorgen musste und für ein glückliches Lächeln, wenn wir uns heute Abend wieder sehen würden.

Leicht schüttelte ich meinen Kopf und verband unsere Hände miteinander, spürte sofort, wie die Wärme seines Körpers in mich überging. Erst, als ich keine Schritte mehr auf den dünnen Gehwegen um das Haus vernahm, hob ich vorsichtig meinen Blick und sah mich erst einmal staunend um, erblickte einen frisch gemähten Rasen und einen kleinen Weg aus Steinen, welcher direkt in die Richtung des großen Weges führte. "Nicht? Dann schreibe ich ihm das nachher. Wir nehmen übrigens nicht das Auto, sondern gehen den Weg zu Fuß, damit du ihn dir auch einprägen kannst! Keine Sorge, es ist noch früh am Morgen und Montag, wenn wir Glück haben, sind noch nicht so viele Hybriden unterwegs und du musst dich nicht verstecken. Maurice und Michael haben sich auch erst daran gewöhnen müssen unter dieser riesigen Menge an Hybriden zu sein, aber das schaffst du schon, ich glaube an dich!", erzählte Claus lächelnd, während er sich in Bewegung setzte und mich an der Hand mit sich zog. Erschrocken quietschte ich auf, lief ein wenig versetzt hinter ihm, sodass jeder an dem wir vorbei liefen merkte, dass ich mich auch freiwillig unterordnete. Ein Missverständnis wollte ich vermeiden, denn so würde auch Claus zu Schaden kommen und das wäre unverzeihlich. Er könnte sich gegen einen Angreifer zur Wehr setzen, immer hin trainierte er regelmäßig und baute dadurch Muskeln auf, ich jedoch würde mich ergeben und es einfach zu lassen, um noch größeren Ärger zu verhindern. Hybriden zu provozieren war die schlechteste aller Lösungen, denn diese hatten das Recht auf uns unnütze und widerwärtige Menschen einzuprügeln, wohingegen wir nur stumm bleiben sollten, uns diese Behandlung gefallen lassen sollten. Ich konnte das, mir wurde es mein Leben lang antrainiert, doch Claus würde einen Schlag zu großer Wahrscheinlichkeit nicht auf sich sitzen lassen.

Stumm liefen wir den Weg entlang, ich blieb die ganze Zeit ein wenig hinter dem Hünen und beobachtete aufmerksam die Straßenverläufe, wo ich abbiegen musste und wo nicht. Als letztes gingen wir durch einen riesigen Park, in welchem so viele Bäume standen, wie ich sie noch nie in meinem Leben auf einem Ort gesehen hatte. Bänke und Blumen schmückten den schmalen Steinweg, welcher um einen großen und sicher nicht einmal tiefen See führte. Von diesem hielt ich mich besonders fern, was auch der Langhaarige neben mir zu merken schien, denn aufmerksam sah er mir dabei zu, wie ich interessiert meine neue Umgebung betrachtete. Ohne ein Wort zu sagen, nahm er nun meine rechte Hand in seine linke, sodass ich vom See weg lief und als er meine funkelnden Augen sah, als ich merkte, wie er sich extra für mich näher in Richtung Gefahrenzone brachte, lächelte ich sogar leicht. Mir war klar, dass niemand sonst so ein Problem mit Wasser hatte und ich schämte mich dafür, immer hin machte ich Manuels Leben damit nicht gerade einfacher, doch sofort kam mir das liebevolle Lächeln meines Herren in den Sinn, wie er mir vorsichtig die Haare einschäumte und murmelte, dass ich das super machte. Nicht einmal mit meiner wohl größten Schwäche hatte er ein Problem, dabei ließ sie so vieles nicht zu, beispielsweise, dass ich mit ihm zusammen in ein Schwimmbad ging und es würde die Zeit kommen, da musste ich ihm dafür danken. Persönlich, mit eigenen Worten und nicht über Papier.

"Wir gehen zuerst dein Handy kaufen und danach gucken wir nach einem schönen Halsband für dich, ja? Manuel meinte, du hättest die freie Wahl und egal wie teuer das alles wird, er möchte, dass du damit glücklich bist...", sagte Claus lächelnd, während er meine Hand ein wenig fester drückte und stolz die Brust heraus streckte, um seine Überlegenheit zu beweisen. Alles was ich wollte, egal wie viel Geld, das war definitiv zu viel für einen einfachen Menschen. Ich konnte noch nicht einmal wirklich Zahlen lesen und große Zahlen erst recht nicht, das lernte ich erst und so würde ich immer zu Claus bitten müssen mir alles vorzulesen, wie ein kleiner, dummer Junge. Der Braunäugige wusste davon, dass ich noch keine Zahlen lesen konnte oder rechnen, zumindest nicht wirklich viel, denn im Bereich von eins bis zwanzig konnte ich zumindest alle Zahlen auswendig. Das hatte ich mir selbst beigebracht, mit der Hilfe von Claus und ich war stolz darauf, denn so konnte ich zumindest kleine Dinge kaufen gehen, wenn man es mir sagte.

Bevor ich etwas erwidern konnte, zog der Hüne mich auf eine der Bänke, sodass ich mich erschrocken neben ihn fallen ließ und sein irgendwie besorgtes Gesicht musterte, welches im Licht der Sonne hell wirkte. Mein Herz begann schneller zu schlagen, denn wir waren komplett allein in diesem Park und die Miene des Jüngeren wurde mit jeder Sekunde ernster. Trüb blickten seine Augen auf den See, dessen gesamte Oberfläche still lag und nicht einmal von einer Windböe getroffen wurde. "Du hast so ein unfassbares Glück, weißt du das? Manu ist ein guter Fang und ich beneide dich darum, dass er sich scheinbar dich ausgesucht hat und dir seine ganze Liebe schenkt. Ich liebe ihn schon seit Jahren, so wie er dich und trotzdem hält er mich immer noch für seinen kleinen, dummen Bruder...das Leben verläuft nicht immer ganz gerade und meistens ist es echt scheiße zu einem, aber wenn man die richtige Person findet, mit der man sein Leben teilen kann und möchte, ist es schon fast erträglich! Brich ihm nicht sein Herz, das ist meine einzige Bitte an dich. Ich will ihn glücklich sehen, mit einem Lächeln und wenn du die Person bist, die dafür sorgt, dann werde ich euch euer Glück gönnen...", sprach der Größere zu mir, was meine Augen ganz groß werden ließ. Claus hatte sich in Manuel verliebt und dieser sich in mich?

~3460 Worte, hochgeladen am 26.05.2020

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