18. Schlaflose Nacht
Kein bisschen hatte ich diese Nacht über schlafen können. Mich plagten Ängste und Sorgen, dazu kam das schlechte Gewissen, dass ich Schuld am schlechten Zustand Manuels hatte und ihn immer wieder leise schluchzen hörte. Mein Herz brannte, denn ich konnte durch seinen Befehl nichts weiter tun, als stumm zuzuhören und das Schoßhündchen zu sein, als welches ich verkauft wurde, dessen Rolle ich mir sicherer war, als jeder anderen. Bisher hatte mir der Grünäugige keinen einzigen Befehl gegeben, während der ganzen letzten Woche nicht und nur, weil er wusste, dass ich keine Ruhe geben würde, verwies er mich dem Zimmer und sorgte so dafür, dass ich keinen Schlafplatz mehr hatte. Claus hatte mein Zimmer bekommen, da ich bei Manu hätte schlafen sollen und nun, da ich diesen Raum nicht mehr betreten durfte, hatte ich nur noch den kalten Boden zur Auswahl. Es war wie in meinem Gefängnis, wo ich ohne Decke, ohne Licht und ohne jemanden zum kuscheln schlafen musste, Tag für Tag aufs neue und in mir stieg über Nacht die leise Angst auf, dass ich von nun an auch weiterhin so leben musste. Ohne Manuel neben mir, der mich in seinen Armen hielt und in der Nacht dafür sorgte, dass ich ruhig schlafen konnte.
Langsam wurde es hell am Himmel, das Licht der aufgehenden Sonne tauchte den Himmel in ein wunderschönes rot und so sehr meine Augen auch brannten, ich sah mit vollkommen entkräfteten Augen dabei zu, wie sich der riesige Himmelskörper immer mehr hinter den Wolken hervorschob. Die Sterne der Nacht verschwanden und machten Platz für Wolken, während ich im Schneidersitz vor der riesigen Fensterfront im Wohnzimmer saß und die beiden Bäume im Garten betrachtete, zwischen die eine orangene Hängematte gespannt war. Leicht schwankte diese im frischen Wind des Frühlings und zu gerne würde ich dort hinaus gehen, endlich ein wenig draußen sein und nicht nur in einem stickigen Haus sitzen müssen. Manuel schien mir eher nicht so begeistert von der Außenwelt zu sein, wieso sollte er das auch, er hatte schließlich sein gesamtes Leben über immer die Möglichkeit alleine rauszugehen und sein Leben zu genießen, ich jedoch musste drinnen bleiben und arbeiten, leiden oder lernen. Mir war nie in den Sinn gekommen, wie befreiend und toll es sein konnte draußen zu sein, in der Sonne oder auch im Regen. Wasser war das letzte, was ich auf meinem Körper spüren wollte, doch dieses welches vom Himmel auf uns hinab fiel, damit hatte ich kein Problem.
Es war kalt auf dem Boden zu sitzen, ohne Decke oder Heizung, doch mir blieb nichts anderes übrig, wie das. Claus und Michael hatten zu sehr ins Glas geschaut, irgendwann angefangen zu weinen, sich in den Armen zu liegen, über ihr Leben zu sprechen und dabei die Couch mit ihren Getränken überschüttet, deshalb hatte ich noch nicht einmal mehr die Möglichkeit dort zu nächtigen. Meine zitternden Finger schienen weiß zu sein, hatten kaum mehr Farbe und als mir auffiel, wie lang meine Nägel schon wieder geworden waren, zogen sich meine Augenbrauen unsicher zusammen. Es war immer so, dass meine Fingernägel sehr schnell wuchsen und auch sehr viel robuster waren, als die meiner vielen Kameraden. Sie alle hatten mich dafür ausgelacht, da ich immer der einzige war, dem die Nägel alle paar Tage geschnitten werden mussten, damit nicht die Gefahr bestand, dass wir uns mit diesen verletzten und wären diese Menschen schlauer gewesen, hätten sie mich ausgenutzt, um sterben zu können. Die Möglichkeiten sich selbst zu erlösen waren ohne Wächter vielfältig, doch da wir immer und von allen Seiten bewacht wurden, blieb nur noch der Tod durch verbluten. Vielleicht sahen sie die Welt anders als ich, wünschten sich rauszukommen und irgendwann von ihren Besitzern fliehen zu können, doch durch meine Erfahrungen der Woche wusste ich, das sterben war leichter.
Schritte ertönten hinter mir, welche ich ohne hinzusehen Maurice zuordnete, der von allen hier wohnenden den leisesten Schritt besaß. Manuels Federn würde ich über den Boden schleifen hören, Michael würde nach seiner Nacht sicher viel langsamer laufen und Claus trampelte, da er groß und schwer war. Nur der Blonde schaffte es leise zu gehen, seine Schritte schlurften hin und wieder über den Boden, er war immer zu erkennen. Langsam führte ihn sein Weg zu mir ins Wohnzimmer, doch bemerken tat er mich zuerst nicht. Er dachte, dass er ganz alleine war und begann eine Melodie zu summen, wie es Manuel manchmal in Gedanken tat, und Frühstück für alle zuzubereiten. Michael und Claus würden zu großer Wahrscheinlichkeit noch schlafen, das sollten sie auch noch ein wenig länger tun, denn zumindest der Grauäugige hatte noch nie in seinem Leben Alkohol getrunken und hatte nun das erste Mal zu sehr übertrieben. Seine Kopfschmerzen wollte ich mir gar nicht vorstellen, so sehr mussten diese dröhnen und ich war glücklich darüber, dass ich mich die ganze Zeit von solchen Drogen fern hielt. Mir würde niemals auch nur in den Sinn kommen, Alkohol zu mir zu nehmen oder zu rauchen, das war ungesund und ekelhaft, doch den anderen wollte ich das nicht verbieten. Ich war ein Spießer, oder wie man Leute wie mich nannte.
Es dauerte noch ein paar Minuten, während dessen schien der Blonde ein paar Spiegeleier zu machen, da quietschte er erschrocken auf und begann leise zu sprechen. "Patrick, was machst du denn schon hier?", fragte mich der Riese, doch ich widmete ihm keinen Blick und starrte weiterhin hinaus, in das, vom Morgenthau, glitzernde Grün. Es würde sich eklig nass unter meinen Füßen anfühlen und zu großer Wahrscheinlichkeit würde mein Herr es nicht gut heißen, dass ich ohne sein Einverständnis draußen war, deshalb blieb ich weiterhin still sitzen. Maurice kam derweile mit großen Schritten auf mich zu, ließ sich direkt vor mir auf die Knie fallen und im Bruchteil einer Sekunde senkte sich mein Blick, da ich ihm nicht zeigen wollte, dass ich nicht geschlafen hatte. Um niemanden zu stören, hatte ich mich bis zu dem Moment, wo jeder einzelne in seinem Zimmer war im Flur versteckt und mich erst dann leise in das Wohnzimmer geschlichen. Es sollte niemand mitbekommen, wie sehr ich unter der abweisenden Laune des Hybriden litt und wie sehr es mich traf, dass er mir so sehr misstraute. Manuel fühlte sich einsam und betrogen, so als ob ihn keiner von uns mögen würde und irgendwie musste ich ihm zeigen, dass seine Gedanken falsch waren. Nur wie, ich konnte ihm das nicht einfach ins Gesicht sagen.
"Seit wann sitzt du denn hier? Du bist ja ganz kalt und warum bist du nicht bei Manuel?", fragte mich der Riese, während er meinen Kopf mit der rechten Hand nach oben drückte und mir mit großen Augen ins Gesicht sah, meine dunklen Augenringe erspähte. Sicher sah ich komplett heruntergekommen aus, mit fettigen Haaren und geröteten Augen, sowie Wangen. Es störte mich selbst kein bisschen, immer hin bewies dieses Aussehen, dass ich meine Worte aus der Nacht ernst meinte und verletzt war, doch mit dieser Tatsache schien der Blonde ein Problem zu haben. Schockiert sah er mich von vorne an, schien meine Trauer nicht so einfach so hinnehmen zu wollen, wie ich es selbst tat. Ich hatte schon längst akzeptiert, dass mein Leben nicht so verlaufen konnte, wie ich es mir wünschte und dass Manuel eigene Vorstellungen hatte, die er verfolgte. Jeder hatte einen anderen Charakter, verschiedene Eigenschaften und der Pfau besaß einen starken, eigenen Willen, durch den er es nicht akzeptieren wollte und konnte, dass ich ihn doch mochte. Er wollte recht haben und war zusätzlich auch sehr schnell eingeschnappt, was es mir nicht leicht machte. Das konnte ich nicht ändern, er war nun mal so und ich liebte ihn mit all seinen Ecken und Kanten, so wie er war.
Wütend brummte der Blonde auf und erhob sich wieder, um mit entschlossenem Blick und zur Faust geballten Händen den Raum zu verlassen. Es war selten geschehen, dass ich den Grünäugigen wahrhaft wütend erlebt hatte und deshalb sah ich ihm erschrocken hinterher, wie er nicht in die Richtung seines Zimmers lief, sondern in die unseres Herren. Ich bekam Angst um ihn, denn wenn ein Hybrid gerade schlechte Laune hatte, konnte er aggressiv auf den Menschen einschlagen, der es wagte sich ihm ein wenig zu widersetzen und mir war klar, es war schon zu spät, um ihm hinterherzulaufen, doch begann ich mich nun mit zitternden Händen auf meinem Bein abzustürzen. Maurice legte sich extra für mich mit einem Hybriden an, der stärker und mächtiger war als er selbst, wie sollte ich ihm nur jemals dafür danken? Er begab sich für meine Gesundheit in Gefahr, das konnte ich ihm nie mehr zurückgeben. Das Leben eines Menschen war an sich kaum etwas wert, immer hin war es einfacher ein neues Kind zu zeugen, als einen schon ausgewachsenen Menschen zu retten, doch Maurice war ein so niedlicher und toller Mann, dass ich mich für ihn vor einen fahrenden Zug schmeißen würde. Das hätte er verdient, für all seine Mühen und Taten, die er mir zuliebe ausführte.
Kurz war es komplett still im Haus, nur das stumpfe Schnarchen von Claus war durch die Wände zu vernehmen und ich hatte Sorge, dass Maurice gleich mit einem blauen Auge durch die Tür stapfen würde, da Manuel ihn geschlagen hatte. Noch nie hatte es der Pfau gewagt sich an einem von uns körperlich zu vergreifen, wir hatten sogar sein Versprechen, dass er uns niemals weh tun würde und doch war ein unangenehmes Gefühl von Unsicherheit in meiner Brust zu verspüren, je länger der Jüngere weg blieb. Erst, als leise Schritte im Flur hallten, dazu noch das leise Rascheln von Federn auf dem Boden, drehte ich meinen Blick wieder nach vorne und versuchte dem Brünetten nicht in die Augen zu sehen. Er würde nur noch mehr belastest sein, durch meine Unfähigkeit ihm zu zeigen, dass ich bei ihm bleiben wollte und er hatte heute noch einen langen Arbeitstag vor sich, würde gereizt zurückkommen und einfach nur seine Ruhe wollen. Für mich, einen übermüdeten und komplett kaputten Mann, der es nicht Mal schaffte auf dem Boden zu schlafen, so wie er es sein Leben lang getan hatte, würde er sich kein bisschen mehr interessieren und ich wusste, dass es vielleicht sogar das richtige war. Wir hatten in den letzten Tagen zu viel Zeit miteinander verbracht, das konnte unter Umständen nicht förderlich für die Beziehung zweier Personen sein und da ich auch weiterhin mein Leben mit dem Brünetten verbringen wollte, so schön ruhig wie die letzte Woche über, würde ich dieses Opfer bringen und mich von meinem Herren fernhalten.
Leise tappte der Hybrid auf mich zu und immer mehr senkte ich meinen Blick, so dass ich nicht einmal sah, wie sich der Größere vor mich kniete und versuchte mich anzusehen. Er sollte mich nicht so sehen, kaputt und von meiner Trauer zerfressen, ich wollte ihm nicht noch mehr Probleme bereiten. Fest umschloss ich meine beiden Hände miteinander, um so ein wenig ruhiger zu werden und meine Tränen zu unterdrücken. "Sieh mich an, Patrick! Bitte, gib mir die Chance mich zu entschuldigen...", schniefte der Grünäugige leise, während er mir behutsam eine Hand auf die linke Wange legte und sanft meinen Kopf zu ihm nach oben drückte, mich dazu zwang ihn anzusehen. Schwer fühlte sich mein Körper erneut an, als ich die geröteten Wangen des Jüngeren sah und seine blasse Haut, die fettigen, ungekämmten Haare und seine verweinten Augen. Ihm ging es die Nacht über genau so schlecht wie mir, hin und wieder hatte ich sein Schluchzen gehört und auch, dass er irgendwann Nachts durch das Haus spaziert war. Schnell hatte ich mich so klein zusammengekauert wie nur möglich, die Augen geschlossen und gehofft, dass er mich nicht finden würde. Es sah armselig aus, wie ich mit allen Mitteln versuchte nicht entdeckt zu werden und vielleicht hatte er mich gesehen, doch einfach ignoriert, so wie jeder andere es auch tat.
"Verzeih mir, dass ich so ein dummer Idiot bin und nicht merke, wie gut du es mit mir meinst. Ich bin ein sturer Esel und habe Angst gehabt, dass du mich verlassen könntest...statt auf deine Gesten zu achten und das, was Maurice mir erzählt hat, habe ich nur das gesehen, was ich unbedingt vermeiden wollte und dadurch habe ich uns beiden nur unnötig wehgetan, das tut mir so verdammt leid. In dir sehe ich jemanden, den ich noch viel mehr mag, als jeden anderen auf der Welt und deshalb bin ich sehr emotional, was dich angeht. Und deshalb habe ich die ganze Nacht nachgedacht, über dich und deine Zukunft, bis Maurice mir gerade erzählt hat, dass du wahrscheinlich die ganze Zeit über kein Auge zugemacht hast! Bitte vergib mir meine Dummheit und dass ich dir nicht glauben wollte...", versuchte mir Manuel zu erklären, was in ihm vorging, dabei fand ich keinen wirklichen roten Faden in seinen Worten, doch trotzdem schlug mein Herz schneller, als sich dieser mächtige Hybrid vor mir verbeugt und um Gnade flehte. Schwach bat er mich ihm zu verzeihen, gab dafür sogar das Recht auf der stärkste von uns beiden sein zu können und wenn auch nur für einen kurzen Moment, stellte er sich unter mich. In meinen Augen schimmerte meine Angst der letzten Nacht, die Verwirrung um die Gefühle des Brünetten und meine Freude, dass er mich nun doch zu verstehen schien. Es hatte seine Zeit gedauert, ehe er meinen eigentlichen Willen verstanden hatte und nun hoffte er auf meine Vergebung, dass ich bereit war ihm sein Missgeschick zu verzeihen. Dabei hatte er keinen Fehler gemacht, sondern war nur seinen wahren Gefühlen gefolgt, welche er vehement zu unterdrücken schien, um niemanden zu verletzen.
Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine, die welche noch immer auf meiner Wange ruhte und zärtlich nahm ich sie in meine, während ich mich auf den Schoß des Brünetten setzte und meinen Körper von seinem anderen Arm umschließen ließ, sodass ich mich kraftlos an seine Schulter lehnen konnte. Meine Augen brannten vor Müdigkeit, doch trotzdem behielt ich sie offen und legte meine Lippen auf die Wange, welche vorher von warmen Tränen überströmt war. Leicht noch konnte ich das Salz schmecken, doch anstatt mein Gesicht angeekelt zu verziehen, so wie es viele andere gemacht hätten, lächelte ich und schmiegte meine Stirn an sie heran. Wie schon oft in seinen Armen, begann ich glücklich zu brummen und obwohl es sicher komisch wirken mochte, führte ich die Hand des Grünäugigen zu meinem Herzen, legte sie auf meine Brust und sah glücklich zu ihm hinauf. Groß wurden seine Augen, als er meinen beschleunigten Herzschlag spürte und mir wurde ganz warm in dem Moment, wo sich seine Lippen auf meine Stirn legten, liebevoll einen Kuss auf dieser platzierten und auf einmal glänzten seine Augen wieder glücklich, schienen zu strahlen wie die Sonne selbst. Fester schloss sich der Arm um meine Taille, während seine Hand noch immer auf meiner Brust ruhte und am liebsten wäre es mir, würden wir ewig in dieser Position verweilen. Es gab in meinen Augen nichts besseres, als in den Armen dieses Mannes liegen zu dürfen, von ihm gehalten zu werden und stumm seinem beschleunigten Herzschlag zuhören zu können, der gleich wie meiner schien.
"Du möchtest wirklich bei mir bleiben? Auch dann, wenn wir deine Eltern finden oder die Besitzer, welchen du rechtmäßig gehörst? Es könnte dir bei ihnen sehr viel besser gehen, als bei mir und obwohl du jetzt weißt, dass ich dich am liebsten nicht mehr hergeben würde, sollst du dich davon nicht beeinflussen lassen. So lange du hier bist, wünsche ich mir von dir, dass du deine Entscheidungen selbstständig triffst und ein wenig mehr Mut bekommst, dazu gehört auch mir etwas ins Gesicht zu sagen, selbst wenn es mir nicht gefällt! Muss es auch gar nicht, deshalb bin ich auch so versessen darauf, dass jeder die Wahrheit sagt, verstehst du? Das ist nämlich in meinen Augen der wahre Mut, den nicht viele Menschen und Hybriden übers Herz bringen zu zeigen...", fragte mich der Langhaarige mit leiser, sanfter Stimme und nur nebenbei fiel mir auf, wie sehr er sich anstrengte mir ein guter Freund zu sein. Immer hatte er mein Wohlbefinden im Sinne, bemühte sich um ein liebevolles Lächeln und gab mir jeder Zeit das Gefühl dazuzugehören, er war ganz anders als seine Artgenossen und als die meine. Mein eigener Wille wurde schon in jungen Jahren unterdrückt, es war schon ein Segen für mich, wenn ich selbst entscheiden durfte, ob ich mit Manuel bei seiner Mutter unten aß oder mit ihm im Bett blieb. Dieser Junge gab mir die Freiheit, welche mir mein Leben lang verwehrt blieb und würde ich ihn wirklich verlassen wollen, wäre ich ziemlich dumm. Es gab nichts und niemand, bei dem ich es jemals besser haben könnte, als bei ihm und obwohl ich alle anderen Möglichkeiten nicht einmal genau kannte, wusste ich schon zu Beginn meiner Reise, dass ich für immer bei dem Pfau bleiben würde.
Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich an zwei junge Hunde-Hybriden dachte, welche sich in meiner Gegenwart einst ein Versprechen gegeben hatten. Ich hatte keine Ahnung, was genau sie gesagt hatten, sie hatten eine mir fremde Sprache gespürt und doch erinnerte ich mich gerne an die fröhlich glitzernden Augen, während sie ihre kleinen Finger umeinander krümmten und kurz darauf begannen, sich unter allen anwesenden einen kleinen Jungen auszusuchen, dessen unscheinbaren Namen ich wohl niemals vergessen würde. Tim lautete er und ich war gerade Mal acht Jahre alt, er war sieben, doch trotzdem hatte auch er ein Handycap, denn er wurde blind geboren. Ein wunderschönes, helles Grün hätten seine Augen ohne diesen Makel gehabt und obwohl ich kein Wort mit ihm geredet hatte, ich konnte es schon damals nicht, fand ich diesen Jungen wirklich niedlich. Immer hatte er sich ängstlich an jemandem festgehalten, als er nicht wusste wohin mit sich und auch an meinen Arm hatte er sich geklammert, was mir das seltsame Gefühl von Geborgenheit gab. Als Kind brauchte man die Nähe und Wärme eines Freundes oder die eines Verwandten, doch ich hatte niemanden und freute mich, dass sich dieser kleine Junge von dort an immer in meiner Nähe aufhielt und mir ein wenig etwas erzählt, wenn auch nur dann, als niemand uns beachtete.
Grinsend verband ich den kleinen Finger des Hybriden mit dem meinen, nickte bestätigend und sah dabei zu, wie sich ein wunderschönes Lächeln auf den Lippen des Jüngeren bildete. Mit nichts konnte ich das glitzern seiner Augen vergleichen, als er erst unsere Finger und dann direkt in meine Augen sah, unfassbar glücklich wirkte. Egal wie kalt mir noch vor einigen Minuten war, in der Gegenwart dieses jungen Mannes wärmte ich mich auf und wurde ruhiger, genoss den starken Arm um meiner Hüfte, welcher mich sicher hielt und ganz leicht nur hauchte er mir einen Kuss auf die Nase, was meine Wangen zum erröten brachte und mich schüchtern meinen Blick senken ließ. "Ich habe dich lieb, Patrick! Und jetzt komm, du musst ein bisschen schlafen gehen, aber nicht zu lange, sonst kannst du heute Abend nicht schlafen und das wollen wir ja nicht, oder? Eine schlaflose Nacht reicht erstmal, finde ich...", entschied der Hybrid, während er seinen Arm von mir nahm und mich auffordernt ansah, sodass mich schweren Herzens von dem warmen Körper löste. Auf zitternd Beinen stand ich vor meinem Herren, hielt ihm aufmerksam die Hand hin und zog ihn daran hoch, doch ließ ich es nicht zu, dass er unsere Hände trennte. Ich wollte bei ihm bleiben, egal was es kostete und so bekam ich das leise Gefühl, wir waren nun wieder auf einer Wellenlänge. Manuel sah unsere Verbundenheit einmal kurz verwirrt an, wollte sie im ersten Moment sogar lösen, doch sofort stärkte ich den Durck auf die zarte Hand des Jüngeren und bewirkte so, dass er mich lieb anlächelte und mir einen Kuss auf die Wange drückte, sich danach in Bewegung setzte und mich mit ihm in sein Zimmer zog.
Maurice schien es ein wenig aufgeräumt zu haben, denn als wir hineingingen, war das Fenster geöffnet und das Bett gemacht. Der Blonde stand mit sanftem Lächeln auf den Lippen neben Manuels Seite des Bettes, betrachtete unsere verbundenen Hände glücklich und bevor er reagieren konnte, löste sich unser Herr von mir und legte dem Riesen seine Arme um den Hals, drückte ihn daran vorsichtig zu ihm hinunter. "Ich danke dir, Maurice! Wir legen uns noch mal hin und schlafen ein bisschen. Weil du mir geholfen hast, bin ich dir jetzt irgendetwas schuldig, ok? Also egal was du auf dem Herzen hast, sage es mir und du wirst es bekommen, versprochen!", erklärte der Brünette dem Jüngeren mit einem aufrichtigen Lächeln auf den Lippen, welches den Riesen erschrocken seine Augen aufreißen ließ und ganz vorsichtig, sodass man es kaum merken konnte, schmiegte er sich an den Pfau. Schüchtern lagen seine Augen nun auf mir, suchten nach Hilfe und obwohl er sich dadurch noch unwohler fühlte, ging ich den letzten Schritt auf beide zu und legte vorsichtig meine Arme um den schlaksigen Jungen. Grinsend sah ich zu ihm hoch, genau wie mein Nebenmann und da wir fast gleichgroß waren, der Brünette war nur ein paar Zentimeter größer als ich, musste es ganz schön komisch aussehen für den überforderten Jungen, dem wir unsere Nähe gaben. Wie niedlich seine Wangen die Farbe eines sanften rotes annahmen, den blassen Jungen noch viel süßer erscheinen ließen, als er es schon von Natur aus war. Manuels Spitzname, den er mir gegeben hatte, Engel, dieser passte eher zu diesem Blonden Jungen, welcher in meinen Augen die Lieblichkeit in Person war. Niemand anderes schaffte es zu jedem so nett zu sein, sich vornehm zu verhalten und immer darauf zu achten, dass es jedem in seiner Gegenwart gut ging.
"Wenn ich etwas finde, werde ich es Ihnen sagen, Herr. Ist es euch recht, wenn ich in einer Stunde noch einmal vorbeikommen würde und Sie wecke? Dann sollten Sie noch genug Zeit haben, um sich fertig zu machen und in Ruhe zu frühstücken. Es ist besser, wenn Ihr nicht so lange schlaft, damit Ihr heute Abend früh schlafen gehen könnt und Morgen wieder wohl auf seid...", stotterte der Blonde leise, während er sich schleunigst von uns löste und uns einen guten Schlaf wünschte, fluchtartig das Zimmer verließ und einen besorgten Manuel zurückließ. Ich stand neben dem Brünetten und sah zu, wie er seine Hand hob, ihm nachrief, dass er später geweckt werden wollte und vorsichtig legte ich meine linke Hand um seine, zog so die Aufmerksamkeit auf mich. Schon wieder sah ich, wie der Jüngere sich selbst dafür fertig machte, dass er noch keinen guten Draht zu den beiden besten Freunden aufgebaut hatte und so liebevoll wie ich konnte, lächelte ich meinen Besitzer an. Er musste verstehen, dass eine gute Beziehung Zeit brauchte und sich bei zwei so jungen Menschen, welche ihr Leben lang misshandelt wurden, erst viel später entwickeln konnte und auch wenn er es wirklich gut machte, immer versuchte ihnen ein lieber Freund zu sein, würden Michael und Maurice noch ein wenig länger brauchen, um sich wirklich an den Braunschopf zu gewöhnen und ihm eine Chance zu geben, sich ihnen zu beweisen.
"Ob ich wohl zu schnell war? Er sah ganz schön überfordert aus und ich wollte nicht...", wollte der Grünäugige mich fragen, dabei blickte er ganz automatisch direkt in meine Augen und bevor er weiter sprechen konnte, pustete ich ihm ins Gesicht. Erschrocken weiteten sich seine Augen ein Stück und er quietschte unmännlich auf, was mich belustigt schnauben ließ. Es ließ mein Herz beschleunigen, als der Brünette seine Unterlippe leicht hervorschob und dabei wohl unbewusst seine Backen aufzublasen schien, fast schon zu schmollen begann und auch, wenn es nicht den Regel entsprach, welche ich mein Leben lang verinnerlicht hatte, es war eher ein instinktives Handeln, piekte ich dem Größeren in die rechte Wange und betrachtete mit funkelnden Augen, wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen bildete. Er versuchte es zu verbergen, bemühte sich sichtlich mir böse zu sein und doch versagte er kläglich, als ich fast tonlos fiepste und dem Brünetten einen Kuss auf die Wange hauchte, mich danach kurz mit meiner Stirn an seiner Schulter anlehnte und mich von dem Hybriden löste, um mit vor Müdigkeit brennenden Augen unter die warme Bettdecke zu krabbeln. Das offene Fenster oder das dadurch strahlende Licht der Sonne, diese beiden Dinge störten mich kein bisschen dabei kraftlos meine Augen zu schließen und genau auf die Schritte meines Herren zu achten, welcher sich neben mich fallen ließ und keine Sekunde später seinen Arm um meinen erschöpften Körper schloss, mich sicher fest hielt und mir einen Kuss auf die Stirn hauchte.
"Schlaf schön, kleiner Fratz! Und träum was schönes, ja?"
~4070 Worte, hochgeladen am 25.05.2020
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