16. Hybriden-Heim
Stillschweigend saß ich an die Wand gelehnt da, umschloss meine Beine mit den Armen und sah in Gedanken versunken den bläulichen Boden an, der frisch poliert glänzte. Keinen Zentimeter hatte ich mich bewegt, seit Ruth mit Michael und Maurice in das Behandlungszimmer gegangen war, ebenso Manuel nicht. Er saß da, mit verunsicherten Augen und ängstlichem Blick, dabei wusste er doch noch nicht einmal, was der Grauäugige überhaupt hatte. Sie kannten sich nicht wirklich und doch sorgte sich der Pfau um das Wohlbefinden des Jungen, schien sogar Angst um ihn zu haben. Wie niedlich er doch eigentlich war, wie fürsorglich und zur gleichen Zeit aufmerksam, ich konnte gar nicht so recht fassen, dass so ein junger Mann uns aufgenommen hatte. Kaum ein anderer Hybrid hätte sich so einen Kopf um einen einfachen Menschen gemacht, den man einfach austauschen hätte können, wäre er gestorben und im Gegensatz zu all den anderen, wollte Manuel uns tatsächlich nicht kaputt sehen. Er würde ohne zu zögern Medikamente für uns kaufen, uns alles mögliche besorgen, damit es uns besser ging und dafür verlangte er nur, dass wir ihm vertrauten.
Ich wusste, der Pfau interessierte sich deutlich für die Hühner-Hybridin im Nebenzimmer, benutzte mich wahrscheinlich nur um zu vergessen, dass er nicht mit der Älteren verkehren durfte und doch rutschte ich dem Brünetten vorsichtig näher, setzte mich in den Schneidersitz vor ihn. Es war Hybriden unterschiedlicher Art nicht erlaubt sich miteinander zu vergnügen, da es sonst zu schrecklichen Fehlgeburten und schweren Schmerzen für das daraus entstehende Kind kommen konnte, daher durften die beiden nicht miteinander schlafen, auch wenn Manuel es sicherlich so wollte. Mir selbst war klar, dass auch ich keine Chance haben würde mit Manuel auf diese Weise Zeit zu verbringen, ich war immer hin nur ein einfacher Mensch, doch als sein Besitz war es meine Pflicht ihn aufzumuntern, wenn er traurig schien. Das war meine Aufgabe, die ich mir selbst gegeben hatte, nach dem ich die unsicher funkelnden Augen des Größeren gesehen hatte, die sich im ersten Moment meiner Bewegung auf mich richteten.
Ruhig hielt ich Manuel meine beiden Hände hin, die zu meinem Erstaunen kein bisschen zitterten und obwohl ich wahrscheinlich traurig wirkte, versuchte ich dem Jüngeren ein Lächeln zu schenken. Er sollte sich beruhigen und keinen Gedanken mehr an eine mögliche Krankheit verschwenden, die Michael sowieso nicht hatte, doch dazu würde ich erstmal seine Aufmerksamkeit bekommen müssen. In seinen Augen lag eine gewisse Art von Traurigkeit, die sich bis in seine Bewegungen zurückverfolgen ließ. Langsam nur verband er unsere Hände miteinander und ließ seinen Blick stets gesenkt. Stark konzentrierte er sich auf die Stimmen aus dem Behandlungszimmer, schien jedoch schon nach kurzer Zeit aufzugeben und lehnte sich zu mir nach vorne, ließ seinen Kopf auf meine Schulter sinken. Still inhalierte er meinen Geruch und ich wusste nicht ganz wie, doch beruhigte sich sein schnell schlagendes Herz in meiner direkten Nähe wieder, je länger er sich still durch das Haar fahren ließ. Keinen einzigen Knoten konnte ich in ihnen finden, trotz des starken Windes von draußen und langsam wurde auch ich ruhiger, schloss irgendwann sogar müde meine Augen.
"Darf ich mich auf deinen Schoß setzen? Ich brauche gerade einfach jemanden, der mich festhält...", fragte der Grünäugige irgendwann vorsichtig, ganz ohne mich anzusehen und sofort nickte ich auffordernd, wartete geduldig darauf, dass der Jüngere sich seitlich auf meinen Schoß setzte. Seine Federtracht hing locker von meinem linken Bein hinunter und ich umschloss zärtlich seinen Oberkörper mit meinen Armen, begann leicht mit dem Daumen über seine linke Hand zu streichen. Der Pfau legte sich seine beiden Arme selbst um den Bauch und schmiegte sich vorsichtig an meine warme Brust, schloss dabei müde seine Augen. Nun wirkte er nicht mehr so stark wie sonst, eher kaputt und erschöpft, was mein Herz noch schwerer werden ließ, als die letzten Minuten zuvor. Ihm ging die Sache mit Michael wirklich nahe und so wie er es bei mir gemacht hätte, küsste ich den Brünetten zärtlich auf seine Stirn. Könnte ich sprechen, würde ich nun irgendetwas beruhigendes in sein Ohr flüstern und zusätzlich durch seine Haare streichen, ihm Halt geben. Es war ungewohnt derjenige zu sein, welcher versuchte den anderen irgendwie zu beruhigen und doch gefiel es mir sehr gut, dem Grünäugigen behutsam zeigen zu können, dass ich von ihm lernte und dazu bereit war für ihn da zu sein.
"Michael hat gar nichts, oder? Er hat dir doch einmal zugezwinkert, bevor er ins Behandlungszimmer gegangen ist. Die drei versuchen leise da drinnen zu reden, aber ich höre sie trotzdem, weißt du? Ihr habt versucht Ruth von mir wegzulocken, weil du dich mit ihr an meiner Seite unwohl gefühlt hast...", murmelte Manuel leise und ohne es kontrollieren zu können, begannen mir Tränen in die Augen zu steigen. Die Beobachtungsgabe dieses Mannes war unglaublich gut, er konnte eins und eins immer zusammenzählen und nun wusste er, dass ich die Beziehung zwischen den beiden Hybriden nicht als gut empfand. Die Schwarzhaarige störte mich schon seit ich sie vorhin das erste Mal gesehen hatte, sie war mir direkt unsympathisch und auch wenn sie dafür nichts konnte, wollte ich nichts mehr mit ihr zu tun haben. Ich fühlte mich von ihr ersetzt und ausgetauscht, überflüssig und das merkten auch die beiden Jungs, sogar noch vor Manuel selbst. Die zwei hatten allein an meinen Reaktionen erkannt, dass ich mich elendig fühlte und das Bild nicht ertrug, welches die beiden Hybriden miteinander abgaben. Und trotz dessen, dass sie die Gefühle von mir zu unserem Herren nicht tolerierten, versuchten sie mir mit allen Mitteln zu helfen.
Leicht nickte ich, um zu zeigen, dass seine Worte stimmten. Es war ein elendes Gefühl zu wissen, dass man für sein eigenes Glück das einer Person zerstören würde, welche man über alles liebte. Ich war ein dreckiger und armseliger Mann, der es nicht wert wäre von jemandem geliebt zu werden und das hatte ich schon längst akzeptiert. "Sieh mich an, Patrick...", befahl mir der Grünäugige sanft, dabei rutschte er ein wenig höher und legte vorsichtig seine linke Hand auf meine Wange, drehte meinen Kopf langsam in seine Richtung. Ich konnte nicht anders, als einmal leise zu schniefen und ansonsten den Jüngeren einfach tun zu lassen, was er vorhatte. Liebevoll sahen mich seine zwei großen Augen an, wirkten kein bisschen böse oder enttäuscht über unser Verhalten zu sein. Selbst in diesem Moment, wo jemand anderes uns spätestens jetzt bestraft hätte, blieb der Pfau ruhig und gelassen. Sein Daumen fuhr behutsam über meine Wange und verstrich die einzige Träne, welche es sich gewagt hatte meine Augen zu verlassen.
"Nicht weinen, ja? Es ist alles in Ordnung, ich bin euch nicht böse. Ich verstehe dich ja auch irgendwie, weißt du? Du bist unglücklich, wenn ich jemand anderem so nahe komme wie dir und das finde ich wirklich niedlich. Schon bei Claus warst du gestern Nacht so eifersüchtig, weil ich mit ihm in einem Bett geschlafen habe und ich glaube, dass du auch auf Ruth eifersüchtig bist! Das ist dir wirklich nicht schwer anzusehen, aber du bist der letzte, der in irgendeiner Art und Weise neidisch auf jemanden zu sein braucht! Glaub mir, hätte ich die Wahl zwischen dir und diesem Huhn, dann würde ich immer dich wählen und weißt du warum? Ich habe dich lieb und das ist ein Privileg, welches allein du hast, niemand anderes sonst...", redete der Grünäugige sanft auf mich ein und mein Herz schlug schnell, als mir seine Worte bewusst wurden. In seinem Blick lag Liebe und Zuneigung, so viel wie noch nie zuvor und ich wusste nicht woher es kam, doch begann ich leise zu brummen. Es kam plötzlich und unerwartet, ich konnte nicht anders, als meinen Druck um seinen Körper ein wenig zu erhöhen und schweigend meine Augen zu schließen. War das ein Geständnis? Hatte er mir gerade tatsächlich gebeichtet, dass er mich von allen die er kannte, am meisten mochte und sogar lieb hatte? Ich konnte mir kaum ausdenken wie es war wahrhaftig geliebt zu werden, besonders nicht von so einem wichtigen Hybriden, wie es der junge Pfau war und ihm das zu glauben fiel mir schwer. Er hatte mich und meine zwei Freunde einfach durchschaut, hatte begriffen, dass ich mich ihm mehr verbunden fühlte, als jedem anderen sonst. Ein einziger Blick reichte, um mich zu durchschauen und ich fragte mich wirklich, ob es an seinem Mischtier lag, dass er so aufmerksam war, oder an etwas komplett anderem. Nicht einmal Claus beobachtete er so aufmerksam, wie mich.
"Und jetzt sei bitte nicht mehr so traurig, ja? Ich habe Ruth bloß schon sehr lange nicht mehr gesehen und es hat mich gefreut sie heute Morgen wieder getroffen zu haben, das kannst du hoffentlich verstehen...du wirst immer mein kleiner Liebling sein, verstehst du? Egal, wie gut ich auch mit Claus oder Ruth umgehe, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich dich deshalb vernachlässigen würde und ich hoffe, ihr beide werdet euch irgendwann auch miteinander verstehen. Gib ihr zumindest die Chance sich dir endlich ordentlich vorzustellen, wenn sie gleich rauskommt und nimm es ihr nicht übel, dass sie mich gleich ein wenig anzüglicher behandeln wird. Die drei wollen deine Eifersucht ein wenig mehr zum Ausdruck bringen, damit ich dich ein bisschen mehr beachte, aber das ist nicht nötig...lass mich einfach noch ein bisschen ausruhen, ja? Meine Nacht war ein wenig anstrengend!", lächelte der Pfau mich sanft an, bevor er mir einen Kuss auf die Wange hauchte und sich so dicht wie ihm nur irgendwie möglich an mich heran schmiegte. Klar nutzte er meinen Körper dabei als Stütze und so liebevoll wie ich konnte, strich ich ihm über seinen Kopf. Wusste er von meinen Gefühlen zu ihm? Weshalb ich eifersüchtig auf die Schwarzhaarige war und auch auf Claus? Es schien ihn kein bisschen zu stören, eher genoss er meine Berührungen wortlos und döste eine lange Zeit vor sich hin, ließ mir Zeit zum nachdenken. Ich konnte seinen Blick während seinem Monolog kaum deuten, denn erst schien der Jüngere betrübt zu sein, ich erkannte kaum mehr das schöne glitzern seiner Augen und dann schloss er einfach das dunkle Grün, in welchem ich mich doch so gerne verlor. Müde schmiegte er sich an mich und genoss meine Wärme, tat genau das, was ich sonst immer bei ihm tat. Es war das erste Mal, dass sich Manuel in meiner Gegenwart wirklich fallen ließ und still zeigte, wie wohl er sich in meinen Armen fühlte. Die ganze Zeit über umsorgte er mich ohne sich zu beschweren, spendete mir Nähe und Wärme, doch dabei vergaß er seinen eigenen Körper und sein Empfinden komplett. Auch er wollte jemanden haben, der sich gewissenhaft um ihn kümmerte und scheinbar hatte er diese Person in mir gesehen, einem ansonsten unnützen Mann.
"Hey Patrick, alles gut, nicht erschrecken! Lässt du mich Mal kurz etwas ausprobieren? Es tut nicht weh, versprochen...", erklang nach einer gewissen Zeit die ruhige Stimme Peters, welcher sich still nebem uns gekniet hatte und mich aufrichtig anlächelte, dabei ein hellgraues Gerät in der Hand hielt, welches ich sofort erkannte. Drei Knöpfe waren oberhalb des Chip-Lesegerätes zu erkennen, darüber ein kleiner Bildschirm, der dem Arzt einen Code anzeigen würde, sollte das Gerät einen finden. Meine Augen verfolgten starr, wie der Braunäugige einen Knopf an der Seite des grauen Apparates drückte und nun spannte sich mein Körper leicht an, als der Gedanke an den Arztbesuch im Gefängnis wiederkam. Manuel hatte uns vorzeitig mitgenommen, noch bevor mir die Krokodil-Hybridin einen Chip einpflanzen konnte und nun, da Peter sich auf die menschliche Medizin spezialisiert hatte, würde er mich hier chippen. Alles dafür nötige hatte er in seiner Praxis, doch so wie es zu einem Routine Check gehörte, prüfte er, ob ich nicht doch schon einen im Nacken hatte. Nicht viel wusste ich über die Zeit, in der wir Menschen noch an der Macht waren und alles was ich irgendwo aufgeschnappt hatte, bei Gesprächen von mir fremden Hybriden, war, dass früher Tiere und Hybriden gechippt wurden, um sie ihren Besitzern zuordnen zu können. Es war damals Pflicht, denn anders als heute, wo man sich einen Menschen nur zum kaputt machen anschaffte, wollte man sein neues Familienmitglied wirklich behalten und liebevoll behandeln, es hatte in einer gewissen Weise einen Wert. Kaum vorstellbar für jemanden wie mich, der sein Leben lang in Gefangenschaft verbracht hatte und nicht einmal eigenständig die Kraft dazu aufbringen konnte einem fremden Hybriden in die Augen zu sehen aus Angst, wieder einmal für nichts geschlagen zu werden.
"Manu mag dich wirklich sehr gerne, das solltest du wissen. Er würde sich nicht bei jedem trauen einfach zu schlafen, besonders nicht in einem so öffentlichen Raum wie diesem, wo immer jemand vorbeikommen könnte! Die Persönlichkeit seines Pfaus ist wirklich stark ausgeprägt, deshalb fällt es ihm schwer zur Ruhe zu kommen, allerdings scheint er sich in deiner Gegenwart wirklich sicher zu fühlen und das ist selten der Fall. Wir Pfauen weisen sehr achtsame Verhaltensweisen auf und deshalb ist es auch so schwer ruhig einzuschlafen, verstehst du? Der Verstand und das Gehör sind bei uns so geschärft, dass wir nur in wirklich absoluter Ruhe schlafen können und deshalb ist es überraschend zu sehen, dass mein Bruder gerade bei dir ein seltenes Gefühl von Sicherheit zu verspüren scheint...bitte, sorge dafür, dass er sich auch weiterhin wohl in deiner Nähe fühlt! Ich vertraue dir den kleinen Stinkstiefel an und erwarte, dass du ihn zum lächeln bringst, ja?", sprach der Brünette leise auf mich ein, während er das Gerät mit ein wenig Abstand über meinen Hals schweben ließ und dabei seinen kleinen Bruder sanft anlächelte. Ihm schien seine Gesundheit und sein Wohlbefinden wirklich am Herzen zu liegen, da war ich mir sicher und mit einem Nicken gab ich ihm zu verstehen, dass ich seinen Anweisungen Folge leisten würde. Vollkommen übermüdet ließ mein Herr seinen Kopf auf meiner Schulter liegen, dabei lehnte seine Stirn in meiner Halsbeuge und so liebevoll wie ich konnte, fasste ich ihn sicher. Als Pfau musste er sämtliche Geräusche beim schlafen hassen, die Familienmitglieder oder auch wir entstehen ließen, in dem wir uns ruckartig bewegten und auch hier fand ich eine Geste meines Besitzers, welche mich lächeln ließ. Schon seit Tag eins machte er mir stets einen Radiosender auf dem Fernseher an, oder eine Dokumentation, nur, damit ich angenehm einschlafen konnte und dass er dafür selbst wach blieb, da ihn die Geräusche und Stimmen störten, hatte ich nie mitbekommen. Wachte ich auf, so war der Fernseher ausgeschaltet und bisher konnte ich mich an kein Mal erinnern, wo nicht ich der erste war, der ins Land der Träume fiel. Manuel musste jedes Mal noch wach geblieben sein, um sich wirklich sicher sein zu können, dass ich schlief und erst dann machte er leise den Fernseher aus, um selbst einschlafen zu können. Er opferte für mich einen Teil seines Schlafes, damit ich mich erholen konnte und am nächsten Tag ausgeschlafen war.
"Interessant...ich bin gleich wieder bei dir, ja? Muss nur kurz etwas überprüfen!", erklärte Peter leise, dabei stand er auf und betrachtete überlegend den Bildschirm des Lesegerätes, auf dem ich einige Zahlen erkennen konnte. Es handelte sich dabei um einen Code, der aussagte, aus welchem Land, welcher Stadt und aus welchem Laden ich ursprünglich kam, das sagten zumindest die ersten neun Zahlen aus, doch wofür die letzten sechs standen, wusste ich nicht. Sorge kam in mir auf, denn dieser Code bedeutete, dass ich schon längst gechippt worden war, doch wozu? Ich hatte noch nie jemandem gehört, mein Leben lang hatte ich in diesem Gefängnis verbracht, weit weg von jeglicher Möglichkeit auf einen Besitzer und doch schien ich aus irgendeinem Grund gechippt worden zu sein. Das alles hatte ich nicht einmal mitbekommen, also musste es schon länger her sein und auch das konnte ich mir nicht vorstellen. Es war ein unvergesslicher Schmerz, der für einen kurzen Moment im Nacken zu spüren war und auch wenn ich schon viele grausame Dinge erlebt hatte, dieses Schmerz konnte ich von allen anderen auseinander halten. Doch konnte ich das wirklich? Wieso konnte ich es überhaupt, immer hin hatte ich diesen Schmerz noch nie zu spüren bekommen? Ich fürchtete mich vor der Spitze, die unsere Ärztin mir schon ansetzen wollte und zuckte damals ängstlich zusammen, als ich Maurices gequältes wimmern vernahm, das war Grund genug mich vor den Schmerzen zu fürchten. Und auch, wenn ich diese niemals selbst erlebt hatte, zumindest nicht bewusst, so spürte ich den dadurch entstandenen Schmerz so deutlich wie nichts anderes, allein bei dem Gedanken daran.
Brummend begann sich Manuel zu bewegen, als er meine unruhigen Blicke in die Richtung merkte, in welche der Arzt verschwunden war und sofort bemühte ich mich ruhiger zu werden, sah dem Jüngeren entschuldigend entgegen. Verwirrt sah er sich im Flur um, schien seine Augen auf mich fokussieren zu wollen und als er schlussendlich erschöpft gähnte, was sich nebenbei bemerkt niedlich anhörte, legte er mir seine Hand auf die Wange. "Was ist los, hm? Du bist ja ganz aufgeregt...alles ist gut, ich bin ja da...", hauchte der Grünäugige mit leiser Stimme, welche mich sofort ruhiger werden ließ und noch bevor er seine Augen noch einmal schloss, begann er damit sich noch ein wenig näher an mich zu schmiegen. Plötzlich kam es mir so vor, als wenn ihm kalt wäre und ohne zu zögern, zog ich den Größeren ein wenig mehr auf meinen Schoß. Die letzte Woche musste ihn wahrhaftig viel Energie und Kraft gekostet haben, so erschöpft war er und es tat mir leid, dass ich Schuld daran hatte. Wegen mir konnte er nicht pünktlich einschlafen und auch in diesem Moment wurde er durch mich davon abgehalten sich auszuruhen, da ich meinen Kopf immer wieder nervös gedreht hatte. Es war ein Wunder, dass der Jüngere es so lange mit mir aushielt, ohne sich auch nur einmal über mich und mein selbstsüchtiges Verhalten zu beschweren. Still ließ er es über sich ergehen und allein daran konnte ich erkennen, dass seine Worte niemals gelogen waren. Der Brünette mochte mich wirklich, sogar so sehr, dass er mehr auf meine Gesundheit achtete, als auf seine und das würde ihn eines Tages kaputt machen.
"Manuel? Komm Mal kurz!", erklang ein paar Minuten später die Stimme Peters, welche durch dem zwischen uns liegenden Raum gedämpft klang und es dauerte kurz ein paar Sekunden, ehe sich mein Herr ordentlich aufsetzte. Desorientiert sah er sich im Flur um und ich hatte Mühe nicht aufzuwimmern, da er all sein Gewicht auf meine Beine verlagerte. Schmerzerfüllt drehte ich meinen Kopf ein wenig zur Seite, stürzte mich nun mit meinen frei gewordenen Händen auf dem sauberen Boden ab, da Manuel meine Sicherheit nicht mehr benötigte. Brummend stemmte er sich auf, streckte sich ausgiebig und sah mich danach von oben sanft an. Ich erwiederte seinen Blick unsicher, wusste nun nicht, ob ich meinem Herren folgen sollte oder auf der Stelle sitzen bleiben musste und wieder fiel mir auf, was für ein festes Vertrauen ich zu ihm aufgebaut hatte. Er war der einzige Hybrid, bei dem ich mir durch und durch sicher war, er würde mich nicht dafür schlagen, dass ich ihn in der Öffentlichkeit ansah und ich hatte keine Ahnung, ob er es merkte, doch mit jedem Blick wartete ich auf seine Reaktion. Ich würde mich ihm bis aufs Äußere anpassen, um ihm zu gefallen und seine Liebe spüren zu dürfen. Meine Gedanken passten zu denen eines Hundes, welcher seinen Besitzer als seinen Rudelführer anerkannt hatte und daran sah man deutlich, dass dieser Junge all mein Vertrauen besaß.
Sanft lächelte mich mein Herr an, hielt mir seine rechte Hand offen hin und wartete geduldig darauf, dass ich sie mit meiner verband. Er hatte still gesprochen, forderte mich auf ihm zu folgen und wie es sich für einen anständigen Menschen gehörte, ließ ich mich von dem Hybriden auf die Beine ziehen. Schüchtern musterte ich meinen Herren von der Seite, wollte unsere Hände voneinander trennen, doch Manuel kam mir zuvor. Nur einen kleinen Schritt kam er mir näher, meine Brust berührte schon längst die seine und zärtlich legten sich seine zwei Arme um meine Taille, zogen mich näher in seine Richtung, sodass sich unsere Gesichter ganz nahe waren. Den warmen Atem des Pfaus spürte ich auf meinen Lippen und ganz automatisch legten sich meine Hände auf seine Schultern, während ich in die sanften Augen vor mir guckte. Mein Herz schien auf einmal schneller zu schlagen und ich konnte nicht einmal klar feststellen, weshalb, doch als sich auf einmal zwei warme Lippen auf meine Stirn legten, bildete sich auch auf meinen Lippen endlich ein glückliches Lächeln. Es brauchte nicht viel, um mich glücklich zu machen und eine Sache, die auf jeden Fall dazugehörte, waren die liebevollen Küsse meines Herren. Immer wieder spielte er diesen Joker, es war sein Ass im Ärmel und ich lehnte wie automatisch meinen Kopf auf seiner Schulter ab, suchte seine Nähe.
"Komm Engelchen, lass uns zu Peter gehen!", schmunzelte Manuel mir ins Ohr und wie mir befohlen, nickte ich willig und lief mit meinem Herren an der Hand in das Behandlungszimmer, in welchem ich Peter mit starrem Blick auf seinen Computerbildschirm sitzen sah. Beruhigend strich der Größere mir mit seinem Daumen über den Handrücken, spendete mir so seine Nähe und so wie es sich gehörte, ließ ich erst meinen Herren eintreten und folgte ihm schließlich mit gesenktem Kopf. So sehr ich Manuel vertraute, dass er mich nicht schlagen würde, bei Peter hatte ich noch kein Gefühl der Sicherheit und das würde auch fürs erste so bleiben, deshalb entschied ich mich in seiner Gegenwart einen guten Eindruck zu machen, um mich vor Schlägen zu schützen und Manuels Ansehen steigen zu lassen. Es sollte so wirken, als wenn mich mein Herr auch wortlos im Griff hatte und da dies der Wahrheit entsprach, immer hin musste der Pfau bloß kurz gucken und schon reagierte ich, war es einfach den Arzt glauben zu lassen, dass mir mein Eindruck vor ihm wichtig war.
"Setzt euch beide Mal kurz...", wies uns der Arzt konzentriert an, während er sich auf seinen Bildschirm konzentrierte und schon lief Manuel in Richtung der beiden Stühle, die dem des Braunäugigen gegenüber standen. Vorsichtig ließ er sich auf den hinteren fallen, so dass seine Federn keinen Knick bekommen würden und als er meine Unsicherheit bemerkte, nickte er mir einmal kurz auffordernd zu. Für gewöhnlich hatten wir Menschen nicht das Recht uns auf Möbel von Hybriden zu setzen, besonders nicht auf die von uns Fremden und deshalb wartete ich ruhig auf ein Zeichen meines Besitzers, ließ mich erst auf den schwarzen Holzstuhl fallen, als er nickte. Sofort nahm der Brünette meine linke Hand in die seine, um mir ein wenig Mut zu geben und ganz leicht lächelte ich ihm zu, um zu zeigen, dass es mir gut ging. In den Augen meines Sitznachbarn erkannte ich Sorge und so gut ich es konnte, versuchte ich ihm diese wieder zu nehmen. Der Jüngere hatte genug Probleme, die er zu bewältigen hatte und ich wollte kein Teil davon sein, dafür waren wir Menschen nicht gedacht. Wir sollten unseren Besitzern ihr Leben erleichtern und nicht noch schwerer machen, als es schon war, sonst galt es als Ungehorsam und dieser wurde immer mit Schlägen bestraft, das wollte ich mit allem mir aufzubietenden vermeiden.
"Du meintest doch, dass die Ärztin bei Patricks Verkäufer ihn nicht gechippt hat, oder? Sie hat ihr komisches Gerät, welches nach deiner Beschreibung sogar rechtswidrig sein sollte, einfach wieder zusammengebaut, als sie Maurice gechippt hat und wollte anfangen ihm die Haare zu schneiden, ja? Michael ist ja schon Mal bei einem anderen Besitzer gewesen, deshalb war es verständlich, dass er keinen Chip bekommen hat, aber Patrick ist laut den Akten noch nie von dort verkauft worden und deshalb habe ich ihn Mal darauf geprüft, ob er vielleicht schon einen Chip eingepflanzt bekommen hat und ja, meine Vermutung war korrekt! Der Kleine kommt nicht aus Köln, sondern aus München und wenn die Angaben auf deinen Akten stimmen, die du über ihn bekommen hast, dann ist er in einem Hybriden-Heim geboren worden und weiß Gott wie in dem Heim gelandet, aus welchem du ihn gekauft hast!"
~3990 Worte, hochgeladen am 20.05.2020
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