1. Federn

Stumm liefen mir Tränen über die Wangen, welche auf meiner zerkratzen Brust aufkamen und die noch frischen Wunden brennen ließen. In meinem Kopf hallten die Peitschenhiebe wider, welche einen lauten Knall hinterlassen hatten und mir höllische Schmerzen bescherten, wie schon so oft in meinem Leben. Immer wieder schnellte das lange Objekt auf mich ein, zerstörte meine dreckige Haut und verwundete mich stark. Man sollte meinen, ich hätte in meinem Alter noch keine Sorgen und Ängste, konnte mein Leben genießen und doch wünschte ich mir jeden Tag meine Erlösung. Alles war besser als in dieser Hölle gefangen sein zu müssen, von allen verachtet zu werden, weil man nicht so war wie die anderen. Könnte ich, würde ich sofort anfangen meine Stimme zu erheben und mich mit anderen unterhalten, doch ich war unfähig. Zu dumm, um mich zu verständigen und deshalb würde ich niemals das Glück haben von einem Hybriden ausgesucht zu werden. Es wäre die einzige Möglichkeit auf Freiheit, doch hatte jemand, der nicht sprechen konnte, keinen Nutzen für die Gesellschaft. Ich konnte alles tun, putzen, kochen, alles was ein Hybrid begehrte, nur sprechen konnte ich nicht.

Jeder, der mit in diesem Raum war, sah mich abschätzig an und redete über mich, so wie ich es von klein auf gewohnt war. Kein anderer Mensch wurde so gehasst, wie ich, und das gaben mir alle deutlich zu spüren. Noch nie war jemand dabei gewesen, der mich wie einen Freund behandelt hatte oder zumindest nicht in jedem zweiten Satz beleidigte. Egal ob Mensch oder Hybrid, ich wurde geärgert und geschlagen. Je mehr Zeit ich mit all diesen Wesen verbrachte, wurde mir immer mehr klar, weshalb sich die Hybriden gegen uns zusammengeschlossen hatten und alles dafür gaben, dass wir nie mehr an die Macht kommen konnten. Menschen waren eigenwillig und stur, egoistisch und hasserfüllt noch dazu. Ich schämte mich dieser Rasse anzugehören und das nicht nur, weil ich täglich zu spüren bekam, wie sie andere behandelten.

Kraftlos verzog ich mich in eine dreckige Ecke, weit weg vom Rest der Menschen und begann damit gedankenverloren aus dem Fenster zu starren, welches durch dicke Gitterstäbe gesichert war. Mein Körper zitterte stark und ich besaß nichts, um mich zu wärmen, da niemand meiner Genossen auf die Idee kam mir eine Decke abzugeben. Die starken unterdrückten die schwächeren, so hatten wir Menschen einst alle anderen Lebewesen behandelt, bis diese sich bitter bei uns gerecht hatten. Ich wusste nicht viel über die Geschehnisse von damals, da ich nach all dem in Gefangenschaft geboren wurde, und doch kam schon die ein oder andere Information bei mir an. Wir behandelten Hybriden wie dreckige Tiere, trotz ihrer größtenteils menschlichen Gene und das hatten sie sich nicht länger gefallen lassen. Sie waren es leid herumgeschubst zu werden und von jedem wie Dreck behandelt zu werden, so sperrten sie uns in Gefängnisse und übernahmen die Welt. Ich kannte keine andere Seite, war gezwungen all das Leid zu spüren, welches wir Menschen sie zu lange hatten fühlen lassen und das, obwohl ich nie etwas verbrochen hatte.

(...)

Ein starker Tritt in den Magen ließ mich schmerzerfüllt auf keuchen, trieb mir schon vor dem wach werden Tränen in die Augen und brachte mich dazu den kalten Raum zu mustern. Alle Menschen hatten sich stumm aufgereiht, nach Alter und Größe, und richteten ihren Blick dem Boden zu. Dieses Prozedere kannte ich schon lange. Bald würde ein Hybrid kommen, welcher nach einem neuen Menschen suchte und diesen nach seinen Wünschen beschrieben hatte, wie er auszusehen hatte. Ich selbst hatte nur ein paar Mal bisher das Glück unter den Auserwählten zu sein, niemand wollte einen abgemagerten und braunäugigen Mann haben. Hybriden standen auf extravagante Augenfarben, wie Grün oder Blau, so fiel ich schon bei der Beschreibung des Körpers raus. Wollte nun doch jemand einen Brünetten, schied ich bei der Vorstellung aus, da kein Hybrid einen Stummen bei sich aufnehmen wollte. Schon viele verschiedene Rassen dieser Wesen hatte ich gesehen, Kreuzungen aus Katze, Hund oder Huhn, und alle wollten sie jemanden, der sich mit ihnen unterhielt. Einsamkeit war ein guter Trieb, um sich einen Partner oder eine andere Lösung zu suchen, doch besaß dieser Partner keine Möglichkeit dazu zu kommunizieren, war er wie Müll und unbrauchbar.

"Reih dich ein, du Idiot! Und wage es dir dich meinen Befehlen noch einmal zu widersetzen und du wirst nie mehr richtig laufen können, verstanden?", erklang die laute Stimme eines mir bekannten Hybriden, sein Name war Frank und er sorgte dafür, dass alles reibungslos nach Plan verlief. Der Ältere war um einen Kopf größer als ich, besaß wunderschöne dunkle Augen und braune, kurze Haare, welche zu seinem ebenso braunen Fell passten. Statt normalen, menschlichen Zähnen, besaß er zwei etwas längere und spitze Zähne, mit welchen er sich gegen seine Angreifer wehren konnte. Jeder hier kannte ihn, den fiesen und bösen Grizzly-Hybriden. Verscherzte man es sich einmal mit ihm, konnte man froh sein hier herauszukommen. Im Gegensatz zu manch anderem, der für unser Wohlergehen sorgte, schien dieser Mann ein Teufel zu sein, der selbst vor Mord nicht zurückschreckte. Wir waren ihm egal und das merkten wir mit jedem Schlag mehr.

Untergeben senkte ich meinen Blick und reihte mich bei den anderen ein, weiter links im Raum. Meine zerschlitzten Füße brannten, wegen dem feinen Staub auf dem Boden und doch bemühte ich mich, keinen Mucks von mir zu geben. Uns Menschen wurde durch so viel Verschiedenes gezeigt, wie wertlos und schlecht man uns fand, sodass wir keine Klamotten bekamen und unser Leben lang darauf trainiert wurden den Hybriden zu dienen. Noch nie hatte ich das Vergnügen Kleidung auf meinem Körper spüren zu dürfen, diesen zu verdecken. Dafür gab es keinen erdenklichen Grund, denn wir waren zu nichts anderem zu gebrauchen, als hübsch auszusehen und um seinen alltäglichen Stress in irgendeiner Weise bei uns abzulassen. Die Schläge und Tritte würden niemals aufhören, es gab niemanden, der uns helfen würde und diese peinigt stoppen konnte. Wir sollten aus Fehlern lernen, von denen die Hälfte der Menschen noch nicht einmal wirklich wusste.

Mein Körper zitterte vor Kälte und Anstrengung, je länger ich mich auf den Beinen halten musste. Nicht oft bekamen wir etwas zu essen, meist nur morgens und abends, doch das Frühstück würde ich wohl verschlafen haben. Wir bekamen zu wenig Nahrung bereitgestellt, dadurch wurden wir oft krank und schafften es meist nicht einmal klar nachzudenken, geschweige denn länger still dazustehen. Besonders ich litt stark unter den Wunden, welche man mir zufügte, weil man mich zum Reden zwingen wollte und das merkten alle, doch trotzdem zeigten sie kein Erbarmen. Jeder wartete bloß darauf mich tot in dieser Zelle zu finden, um meinen zerstörten und in Mitleidenschaft gezogenen Körper verbrennen zu können. Ein Mensch verdiente nichts anderes als das und ich selbst wartete bloß auf diesen Moment, endlich von meinem Leid erlöst zu werden. Selbst der Tod war besser, als noch länger von jedem verachtet zu werden.

Schritte waren zu vernehmen, welche mit jeder Sekunde lauter wurden und in diesem Raum wieder hallten. Mein Körper spannte sich an und ich schloss meine Augen. Ich hatte noch nie einen Fuß aus diesem Gebäude gesetzt, wusste nicht, wie es außerhalb aussah und konnte nur von dem kleinen, vergitterten Fenster aus das viele grau den Beton sehen. Einmal am Tag war es uns erlaubt auf einen kleinen Hof zu gehen, für eine Stunde und in dieser Zeit beobachtete ich traurig die vielen Menschen, die mit Bällen spielten. Sie waren wie eine Einheit, welche für sich da waren und sich gegenseitig unterstützten, jedoch alle anderen, welche anders waren und nicht in ihr Bild passten, ausschlossen. Ich wollte nicht zu ihnen gehören, da dann auch ich so werden würde und das machte mich noch unbeliebter als jeden anderen.

Die Tür wurde mit einem lauten Knall geöffnet, welcher mich erschrocken zusammenzucken ließ. Ich wollte meinen Blick nicht heben, nicht in die Augen des Hybriden sehen, welcher mich vielleicht für seine gräulichen Gedanken und Wünsche ausnutzen würde, sollte er sich für mich entscheiden. Es wäre ein Wunder, wenn die Person mich aussuchen würde und so sehr ich Angst vor dieser Möglichkeit hatte, wollte ich die Gesichter der Menschen sehen, welche sich ebenfalls einen Hybriden wünschten, bei dem sie leben konnten. Mit allen Mitteln würden sie nun versuchen ausgesucht zu werden, mir würden sie keine Chance lassen und ich wusste, alle würden sie sich über die glückliche Person aufregen, welcher es schlussendlich vergönnt sein würde, hier herauszukommen. Jeder wollte von hier flüchten und so gut sich diese Menschen auch miteinander verstanden, sobald jemand das Glück hatte ausgesucht zu werden, wurde hinter seinem Rücken schlecht über ihn geredet.

Kein Wort wurde mehr gesprochen, Ruhe kehrte in den Raum ein und nur die Schritte des Hybriden waren zu vernehmen, welcher sich durch die Zelle bewegte. Auf jeden wurde ein Blick geworfen, niemand wollte einen hässlichen Mann kaufen und auch vor mir spürte ich die starke Präsenz des Hybriden, was mich meine Luft anhalten ließ. Nur kurz, er sagte kein Wort und schon sah er sich den nächsten in der Reihe an. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich seinen Atem in meinem Nacken spüren konnte und kaum merklich bildete sich eine Gänsehaut auf ihm. Der Mann, dessen Stimme dunkel und tief klang, jedoch wunderschön, begann eine engere Auswahl zu treffen. Immer mehr Menschen sortierte er aus, diese setzten sich, so wie es uns unser Leben lang beigebracht wurde, auf den Boden zu den anderen.

Meine Augen lagen noch immer auf meinen kalten und zerkratzen Füßen, während ich die ganze Zeit über darauf wartete aussortiert zu werden. Mein Aussehen hatte schon viele Hybriden überzeugt, doch sobald ich ihnen meinen Namen verraten sollte war die Entscheidung gefallen, denn so schön ich auch aussah, ich war ein unfähiger Idiot. Mit uns sollte angegeben werden können, wer hatte den schöneren Menschen geholt, und sich nicht einmal selbst vorstellen zu können, weil einem die Möglichkeit zu sprechen nicht gegeben wurde, zeigte die Dummheit meinerseits. Selbst, wenn man mir die Möglichkeit bieten würde zu zeigen was ich konnte, alles andere wie kochen und putzen war auch ohne sprechen möglich, würde Frank dazwischenfunken und den Hybriden von meinem Kauf abhalten, und ich hatte das schon längst akzeptiert.

"Seht mich an!", befahl die ruhige Stimme des Hybriden, dessen Aufforderungen jeder noch stehende nachkam. Helle, grüne Augen starrten mir direkt in die Seele, als ich meinen Blick hob und sofort schlug mein Herz Alarm. Lange, dunkelbraune Haare verdeckten Teile seines hübschen Gesichts, doch war das nicht sein schönstes Merkmal. Auf seinem Kopf konnte man ein paar nach obenstehende Federn sehen, welche blau schimmerten und selbst im spärlichen Licht fabelhaft aussahen, ähnlich wie der Kamm eines Hahns. Zusätzlich zog er hinter sich eine lange Pracht von Federn her, welche mir wie Augen schienen. Noch nie hatte ich solch außergewöhnliche Federn gesehen und auch alle anderen schienen mehr als zu staunen, über den Hybriden aus Mensch und Pfau.

"Nenne mir deinen Namen!", wies der Mischling den Blonden Mann vor ihm an, dabei konnte ich keine Gefühlsregungen erkennen und als er dem jungen Mann neben mir näherkam, sah ich mir seine wunderschönen Augen an. Seine Gattung musste selten sein, denn einen Hybriden wie ihn hatte ich noch nie gesehen. Hase, Hund, Katze und Löwe, das waren die häufigsten Besucher dieses Gefängnisses und der Mann vor uns unterschied sich stark von diesen. Kein bisschen wirkte er brutal, eher ließen ihn seine grazilen Arme und Beine anmutig wirken, fast schon wie eine junge Frau. Niemals würde ich denken, dass dieses Wesen einem anderen etwas zu leide tun könnte und doch war mir klar, der Schein konnte trügen. Schon oft hatte ich gedacht, der Hybrid vor mir würde niemals handgreiflich werden können und wurde nur Sekunden später vom Gegenteil überzeugt, wenn ich nicht rechtzeitig auf Befehle reagiert hatte.

"Maurice, Sir...", antwortete der Grünäugige Mann, dessen Haare fast genauso lang gewachsen waren wie meine. Nur selten wurden sie uns geschnitten, meist wurde so lange gewartet, bis sie uns kurz vor unseren Hintern gewachsen waren und dann bekamen wir eine Glatze rasiert. Ich kannte den Jüngeren seit seiner Geburt, er war fünf Jahre jünger wie ich und auch wenn ich ihn nicht als Freund bezeichnen würde, empfand ich seine Gegenwart als angenehm. Er redete nicht oft mit mir, teilte sein Essen nicht und doch hatte er mir schon oft nachts eine Decke geliehen, wenn er mich zitternd auf dem Boden liegen sah. In dieser Zeit kuschelte er sich zu Michael, welcher mich recht ähnlich behandelte. Sie hatten Mitleid mit mir und unterschieden sich von allen anderen Menschen, da ich noch nie ein schlechtes Wort über jemand anderen aus ihrem Mund hatte entweichen hören. Als Außenseiter konnte man sie nicht betiteln, immerhin sprachen sie oft mit allen anderen, doch die meiste Zeit verbrachten sie zu zweit und etwas außerhalb der Gruppe.

"Du scheinst mir gut erzogen zu sein. Ich nehme an, du kannst kochen?", stellte der Hybrid eine weitere Frage und nicht lang ließ die Antwort auf sich warten. "Gewiss, Sir. Alles was Sie wollen!", sprach der Jüngere mit seiner hohen Stimme, welche mich jedes Mal aufs Neue erstaunte. Ich wollte auch so niedlich klingen, doch stattdessen entfloh mir höchstens ein Schluchzen oder Krächzen, ganz instinktiv. Mehr war aus mir nicht herauszubekommen, egal was man versuchte und wie sehr man mich zum Sprechen zwingen wollte. "Gut. Stell dich an den Eingang und lass dir die Augen verbinden! Du wirst von nun an mein neuer Koch sein. Lass dich in mein Auto bringen, klar?"

Untergeben senkte Maurice seinen Kopf, nickte bestätigend und bewegte sich nach vorne, auf den böse guckenden Grizzly-Hybriden zu, welcher dem Blonden eine schwarze Augenbinde umlegte. Schon an seinen eingesunkenen Schultern erkannte ich, was für eine Mühe er hatte nicht los zu weinen und mein Herz begann bei diesem Anblick zu schmerzen. Sein Leben lang hatte er Michael an seiner Seite gehabt, mit diesem reden und weinen können, kuscheln und essen. Mir war klar, wie schwer es für jemanden war, der seinen besten und einzigen richtigen Freund verlassen musste, keine Chance hatte ihn jemals wiederzusehen. Beide würden keine Ahnung haben wie es dem jeweils anderen ging, einer könnte sterben und sie wüssten es noch nicht mal, würden es auch niemals erfahren.

Der Pfau setzte zum Gehen an, drehte sich in Richtung Ausgang der Zelle und ich konnte nicht anders, als nach seiner warmen Hand zu schnappen. Ich hatte nichts zu verlieren, außer meinem Leben und dieses würde ich jederzeit freiwillig hergeben, nur um endlich sterben zu können. Erschrocken riss der Grünäugige seinen Kopf in meine Richtung, musterte kurz unsere verbundenen Hände, ehe er sich von mir losriss und mich angeekelt ansah. Nichts war mehr von seinen fast schon freundlichen Augen zu sehen, nun schienen sie mir so kalt wie die jedes anderen. "Was willst du?! Dich habe ich nicht ausgewählt!"

Frank sah mich vernichtend an und ich wusste, nun hatte mein letztes Stündlein geschlagen und trotzdem sank ich vor dem Brünetten Hybriden auf die Knie, senkte unterwürfig den Kopf und deutete mit meinem linken Zeigefinger auf Michael. Niemand sah mich an, abgesehen von den beiden Hybriden und ich zitterte wie Espenlaub, je länger es still blieb. Noch nie hatte es ein einfacher Mensch gewagt von sich aus einen Käufer zu berühren, es zeugte von keiner guten Erziehung und veranschaulichte, wie egoistisch wir handelten. Mein Leben war weiter nichts wert und auch wenn es nur einen einzigen Nutzen hatte, zwei Menschen dabei helfen beisammen zu bleiben, hatte sich alles gelohnt. Ich hatte keine gute Zukunft vor mir, würde niemals von einem Hybriden ausgewählt werden und damit hatte ich mich schon längst abgefunden.

"Er ist zu unfähig, um zu sprechen! Und sich an Regeln halten tut er auch nicht, wie es scheint. Wir müssen wohl noch mal ein wenig üben, wie man sich vor einem Kunden verhält. Dieses unhöfliche Verhalten seinerseits tut uns leid, dafür bekommen Sie zehn Prozent Rabatt auf den Kauf Ihres...", wollte der Grizzly seinen Kunden beschwichtigen, dabei ließ er mich keine Sekunde aus den Augen und obwohl ich es nicht zeigen sollte, hob ich meinen Blick und ließ den jungen Pfau meine Tränen sehen. Es brachte nichts, um Gnade zu betteln, nicht bei Frank und für einen Rücktritt war es längst schon zu spät. So bald der junge Pfau weg war, würde ich gefoltert werden und man würde mir versuchen beizubringen, dass ich das nie wieder tat. Unter allen Umständen würde es für mich tödlich enden, mir fehlte die Kraft und der Wille zum Überleben.

"Das ist Patrick?", fragte der Grünäugige erstaunt, unterbrach somit den anderen Hybriden und noch währenddessen zog sich mein Herz schmerzerfüllt zusammen. Sie hatten ihn bereits aufgeklärt, dass ich behindert war und doch hatte er mich in die engere Auswahl gelassen. Ob er wusste wie ich aussah oder nicht, war mir nicht bekannt, doch allein die Tatsache, dass er vorgewarnt wurde, ließ mich meinen Kopf traurig senken. Sie boten mich zum verkauf an, doch eigentlich wollten sie mich nicht in die Obhut eines anderen geben. Noch bevor sie mir überhaupt die Chance gaben mich in meiner vollen Pracht zu präsentieren, jemanden zu finden, der bereit wäre mir Arbeit und ein Dach über dem Kopf zu geben, taten sie alles dagegen. Ich konnte mich nicht mit Worten wehren, höchstens mit Händen und Füßen, das machte es einfach seine Wut an mir auszulassen. Einen besseren Boxsack als mich hatten sie nicht.

"Steh auf! Wenn du so weiter machst, kommt Dreck in deine Wunden und sie entzünden sich...", wies der Pfau mich an und nun schien seine vorherige Nettigkeit wieder zurückzukehren. Ich hatte ihn mit meinem plötzlichen Handeln erschrocken, doch wirkte es so, als würde er meine Panik verstehen, nun da er wusste, wen er vor sich hatte. So schnell ich konnte, beeilte ich mich damit mich hinzustellen, doch mein Zeigefinger deutete noch immer auf den Grauäugigen Mann, dessen Blick sich nur schwer merklich hob. Er verstand nicht, weshalb ich auf ihn zeigte und allein an seinen vor Schreck geweiteten Augen sah ich, wie sehr er sich dafür schämte. Der Jüngere wusste, dass auch auf ihn nun Ärger zukommen würde und dass nur, weil ich unüberlegt gehandelt hatte. Sein Wohlbefinden hatte ich nicht genug im Blick gehabt, in dem Moment meiner Überreaktion hatte ich nur an Maurice gedacht und die Hoffnung gehegt, zumindest zwei von uns ein wenig glücklich zu machen.

Der Brünette war ein kleines bisschen größer als ich, nur ein paar Zentimeter und doch fühlte ich mich ihm grenzenlos unterlegen, so wie ich in seine Augen guckte. Ich erkannte keinen Hass, so wie es bei jedem anderen Wesen der Fall wäre, sondern Mitleid und Interesse. "Was ist mit ihm?", fragte der Hybrid mich ruhig, dabei legte er behutsam seine rechte Hand auf meine Wange und strich mit seinem Daumen die kleine Bahn meiner Tränen weg. Wir waren uns näher, als ich jemals jemand anderem war und mein Herz klopfte wild gegen meine zerkratzte Brust, als ich mich bemühte nicht noch weitere Tränen zu vergießen. Allein die Wärme seiner Hand reichte aus, um mir leichte Schmerzen zu bereiten und nur undeutlich versuchte ich ihm klar zu machen, was ich ausdrücken wollte. Mit meinen beiden Händen formte ich ein Herz, deutete danach auf den Brünetten und in Richtung Ausgang, durch welchen der blonde Riese vor wenigen Sekunden verschwunden war. Nicht einmal über Stift und Papier hätte ich mit dem Hybriden besser kommunizieren können, da uns niemals die Fähigkeit beigebracht wurde zu schreiben. Für die meisten von uns würde sich niemals jemand entscheiden und so wäre es eine sinnlose Zeitverschwendung uns diese Dinge flächendeckend beizubringen.

"Wie heißt er?", fragte der Grünäugige den Grizzly, welcher stumm im Türrahmen stand und uns genervt betrachtete. Es regte ihn auf, dass ich einen Kunden belästigte und allein, dass dieser auf mich einging, machte den Älteren noch wütender, als er es eigentlich schon war. "Michael...", lautete die Antwort des Verkäufers und noch immer widmete der Pfau ihm keine Aufmerksamkeit. Sein prüfender Blick lag allein auf meinen Augen, zeigte, wie er überlegte, ob er auch noch den Grauäugigen kaufen sollte. Er hatte meine Erklärung verstanden und schien dieser Beachtung zu schenken, was mich ein wenig beruhigte. Niemals hatte mich jemand ernst genommen, doch der Größere schien meinen Gedanken Aufmerksamkeit und Glauben zu schenken. Kein bisschen schien er sich an meiner Unfähigkeit zu sprechen zu stören und ich würde lügen, würde ich sagen, dass ich in diesem Moment nicht kurz daran dachte jemanden gefunden zu haben, der nett war.

"Aufstehen und mitkommen, Michael!", erklang die auffordernde Stimme des Brünetten Pfaus und nun schlich sich, fast unbemerkt, ein Lächeln auf meine Lippen. Niemand würde es jemals als dieses erkennen können, dafür war es zu wenig zu sehen und doch kam mir der Hybrid noch einen Schritt näher, strich mir meine viel zu langen Haare hinter mein Ohr. Mein Herz blieb für eine Sekunde stehen, als ich die Wärme seiner Brust mit meiner spüren konnte. "Du kannst den beiden mit dem Haushalt helfen, oder, Patrick?", fragte der Hybrid mich lächelnd und das erste Mal erkannte ich Liebe in dem Blick von jemandem, der mit mir sprach. Sofort bestätigte ich seine Frage mit einem Nicken, neigte meinen Kopf seiner starken Brust zu. Nicht mal im Traum würde mir einfallen diese in irgendeiner Weise zu berühren, selbst wenn sie durch weichen Stoff geschützt war. Allein schon, dass ich seine warme Hand mit meiner umschlossen hatte, war ein unwiderruflicher Fehler und würde mit Schlägen bestraft werden.

"Dann komm!"

~3550 Worte, hochgeladen am 28.03.2020

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