Kapitel 29

Sioux Falls, South Dakota, Bobbys Haus

»Was, zum Teufel, ist los mit dir?«
»Dean ...«
»Nein, komm mir nicht mit 'Dean'. Du hattest in der Vergangenheit schon 'ne Menge bescheuerter Ideen -«
»Da ist er nicht der Einzige«, meinte ich.
Wütend funkelte Dean mich an. »Fällst du mir grad in den Rücken?«
»Na ja, Sam hat -«
»Wusstet ihr davon?« Der Winchester sah Bobby und mich an.
»Wovon?«, fragte der Mann im Rollstuhl.
»Von Sams genialem Plan, zum Teufel Ja zu sagen.«
Bobby nickte.
Überrascht zog der Winchester die Augenbrauen hoch, dann wandte er sich an mich. »Du?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
Dean sah wieder zu Bobby. »Vielen Dank für die Vorwarnung«, brüllte er.
»Hey, hier geht's nicht um mich«, entgegnete Bobby.
Dean wandte sich an seinen Bruder, der gegen der Küchenzeile lehnte. »Das kannst du nicht machen.«
»Das ist der Konsens«, erwiderte Sam.
»Na, super. Ende der Diskussion.« In diesem Augenblick klingelte sein Handy und mit einem Seufzen holte er es aus seiner Tasche. Er deutete auf Sam. »Wir sind noch nicht fertig.« Er nahm ab. »Hallo? ... Cas? Wo steckst du, Mann? ... Ist alles in Ordnung? ... Geht's auch etwas genauer?« Dean zog verwirrt die Stirn in Falten. »Also, ein Krankenhaus, sagst du? ... Weißt du was? Du meldest dich gerade rechtzeitig. Wir wissen, wie wir Satan zurück in die Kiste stecken ... Ist 'ne lange Geschichte, aber erst mal sind wir hinter der Pest her, klar? Wenn du dich also hier rüberzappen könntest ... Was meinst du damit? ... Das heißt, kein Engelszauber mehr? ... Menschlich. Wow. Tut mir leid ... Alles klar. Mach dir keine Sorgen. Bobby wird dir gleich Geld überweisen.«
»Werd' ich das?«, entgegnete Bobby.
»Cas ... ist schon gut ... Danke, ich ... ich weiß das zu schätzen ...« Dean ließ das Handy sinken - Cas hatte aufgelegt.
»Was ist mit ihm?«, fragte ich sogleich.
»Er ist im Krankenhaus«, erklärte Dean. »In letzter Zeit hat er ziemlich oft den Kopf für uns hingehalten. Er ist geschwächt, hat keine Kräfte mehr.«
»Soll ich fahren und ihn abholen?«, fragte ich.
»Kannst du ihn heilen?«, stellte Sam entgegen.
»Äh, ich glaube, nicht ...« Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare. »Aber vielleicht gibt es eine andere Möglich-«
»Hol ihn einfach aus dem Krankenhaus«, sagte Dean. »Wir fahren nach Davenport, Iowa. Die Pest soll dort sein Unwesen treiben.«
Ich nickte, holte meine Sachen und fuhr mit meinem Auto los.

Der Doktor führte mich zu Cas' Krankenzimmer. Ich bedankte mich, dann ging der Mann. Der Engel saß im Bett, den Blick aus dem Fenster gerichtet.
»Krankenhäuser war'n noch nie meine Stärke«, meinte ich und trat langsam ein.
Abrupt wandte er sich um. Er wirkte überrascht. »Was machst du hier, Cat?«
»Dich retten.« Ich grinste. »Vor den grusligen Ärzten und dem Haferschleim.« Ich sah mich im Zimmer um. »Als ich ein Kind war, hatte ich ein gebrochenes Bein - ich bin von einer Schaukel gefallen. Die Tage im Krankenhaus waren damals meine eigene Hölle.« Ich sah ihn an. »Jetzt weiß ich, dass die Hölle ein bisschon anders aussieht.« Ich ließ mich neben ihm auf der Bettkante nieder. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass dein Reservetank aufgebraucht ist?«
Castiel erwiderte meinen Blick. »Dich zu retten war meine Aufgabe. Du hättest sterben können.«
»Was bringt es mir, wenn du stirbst?«, fragte ich leise.
»Du lebst.«
Seine blauen Augen funkelten. Ich war die Erste, die den Blickkontakt abbrach. Verlegen räusperte ich mich - die Situation war nahezu merkwürdig.
»Ich bring dich hier weg.« Ich erhob mich. »Ich hab' die Entlassungspapiere bereits unterschrieben. Wir können aufbrechen.«
Castiel zog sich an - seinen Anzug und den bekannten Trenchcoat - und wir fuhren los.
»Wir werden nicht rechtzeitig da sein«, meinte der Engel neben mir. Er hustete. Ein endloser Husten.
Fragend blickte ich zu ihm. »Was meinst du?«
»Dean und Sam. Der Krieg und die Hungersnot hatten bereits unvorstellbare Kräfte, aber das, was die Pest anrichten kann ...« Er hustete wieder. »Wo sind sie?«
»Davenport, Iowa«, sagte ich. »Dean hat mir den Namen der Klinik geschrieben.«
Castiel nickte. »Gut. Dann halt an der Straße.«
»Was?«
»Halt am Straßenrand, bitte.«
Ich sah ihn fragend an.
Der Engel seufzte. »Wir müssen uns zu Sam und Dean teleportieren, sonst werden sie sterben.«
Die Reifen quietschten, als ich abrupt am Straßenrand hielt.
»Ich weiß ja nicht, ob du's mitbekommen haben solltest, aber du kannst uns nicht irgendwo hinteleportieren!«, rief ich laut.
»Ich nicht, du schon.« Ernst sah der Mann mich an.
Ich schnappte nach Luft. Mir fehlten die Worte. »I-Ich kann das nicht, Cas!«
»Du kannst, du willst nur nicht«, erwiderte der Engel.
»Cas ...«
»Nein. Hier geht es nicht um irgendein Versprechen, was du dir gegeben hast. Hier geht es um das Leben zweier Jungs, die dir alles bedeuten. Wenn du nicht über deinen Schatten springst, werden sie sterben!«

Davenport, Iowa

Schwach stürzte ich zu Boden. Ich hatte keine Kraft mehr.
»Cas?«, fragte Dean überrascht.
»Wie bist du hierhergekommen?«, fragte ein schlanker Mann mit einer Brille und grauen Haaren - es war der Reiter Pest.
»Mit ihr.« Er deutete auf mich und lief auf Sam und Dean zu, die beide auf dem Boden lagen und sich vor Schmerzen krümmten. »Keine Angst, ich -« Castiels Satz wurde durch ein Würgen und Husten unterbrochen. Schwach fiel auch er auf die Knie. Er spuckte Blut.
Die Pest beugte sich zu ihm hinunter. »Seht euch das an. Eine besetzte Hülle, aber völlig machtlos. Oh, ist das nicht faszinierend? In dir steckt nicht mal ein winziges Körnchen von einem Engel, nicht wahr?« Castiel antwortete nicht und die Pest wandte sich an mich. »Und du, du bist dieses besondere Wesen, von dem zurzeit die ganze Welt spricht? Man sagte mir, du seist mächtig. Was ich sehe, ist ein schwaches, zerbrechliches Mädchen, was nicht mal imstande ist, sich von einem Ort zum anderen zu bringen.«
Castiel nutzte den Moment seiner Unaufmerksamkeit und ergriff das Messer, welches vor ihm auf den Boden lag. Abrupt erhob er sich, packte die Hand der Pest und schnitt ihr die Finger ab. Der Reiter schrie schmerzerfüllt auf. Dean ergriff den Ringfinger und streifte das Schmuckstück ab.
»Es ist zu spät«, flüsterte die Pest, die zurückgetaumelt war und ihre blutende Hand hielt. Kaum hatte der Mann dies gesagt, war er verschwunden.

Sioux Falls, South Dakota, Bobbys Haus

»Tja, ist doch schön, endlich mal ein Spiel für sich zu entscheiden, oder?«, fragte Bobby in die Stille hinein.
Dean hatte den Kopf auf die Lehne des Stuhls gelehnt, auf welchem er verkehrtherum saß, und musterte den Ring schweigend.
»Das Letzte, was die Pest gesagt hat, war: »Es ist zu spät««, erklärte Sam.
»Ist er noch präziser geworden?«, wollte Bobby wissen.
»Nein.«
»Wir befürchten nur, er könnte irgendwo 'ne Bombe versteckt haben«, meinte Dean. »Also, bitte sag uns, dass du gute Neuigkeiten hast.«
»Chicago steht kurz davor, von der Landkarte radiert zu werden«, erklärte Bobby. »Ein Jahrtausendsturm, der eine Verkettung von Naturkatastrophen auslöst. Drei Millionen Menschen werden sterben.«
»Interessant. So definierst du gute Neuigkeiten«, sagte Cas, der gegen der Kommode lehnte und seinen Kopf auf seinen Arm aufgestützt hatte.
»Na ja, der Tod, der himmlische Reiter, er wird da sein - und wenn wir ihn aufhalten können, bevor er diesen Sturm vom Zaun bricht, und uns seinen Ring holen -«
»Ja, bei dir klingt das so verdammt einfach«, meinte Dean sarkastisch.
»Ich versuch's ja nur positiv darzustellen«, rechtfertigte der Mann im Rollstuhl sich.
»Wie hast du das eigentlich alles herausgekriegt?«, fragte ich.
»Ich hatte, na ja, Hilfe.«
Eine Flasche klapperte in unserem Rücken und abrupt wandten wir uns um. Ein Mann in einem schwarzen Anzug stand in der Küche und goss sich ein Glas Brandy ein. »Sei doch nicht so bescheiden«, meinte er. »Ich habe kaum was getan.«
»Wer, zur Hölle, ist das?«, verlangte ich zu wissen.
»Oh, haben dir die Winchesters nichts von mir erzählt?«, fragte der Mann und trank einen Schluck von dem Glas. »Nun ja, dafür kenn ich dich umso besser, Catherine.«
Mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck wandte ich mich an die anderen. »Das ist Crowley?«
»Der einzig wahre«, meinte der König der Kreuzungsdämonen. Er betrat das Wohnzimmer. »Hallo, Jungs. Ist mir 'n Vergnügen, et cetera.« Er blickte zu Bobby. »Erzähl es ihnen. Ist doch keine Schande.«
Wir sahen Bobby an.
»Bobby«, sagte Sam. »Erzähl uns was?«
Bobby schwieg eine Weile. »Die Welt wird untergehen«, meinte er schließlich. »Da muss man doch wegen einer kleinen Seele kein so großes Theater machen.«
»Du hast deine Seele verkauft?«, fragte Dean fassungslos.
»Oh, eher verpfändet«, sagte Bobby. »Er wird sie wiederkriegen.«
»Dann gib sie zurück!«, rief Dean.
»Das werd' ich.«
»Sofort!«
»Hast du ihn geküsst?«, fragte Sam Bobby.
»Sam«, knurrte sein Bruder aufgebracht.
»Nur 'ne Frage.«
Auffordernd sahen wir den Mann im Rollstuhl an.
»Nein!«, rief Bobby sofort.
Crowley räusperte sich. Wir wandten uns ihm zu und er hielt uns sein Handy entgegen, auf welchem ein Bild von ihm und Bobby zu erkennen war - küssend.
»Wieso hast du 'n Foto gemacht?«, verlangte Bobby zu wissen.
»Wieso wolltest du mit Zunge?«
Entsetzt starrten wir den Mann an, der unseren Blicken peinlich berührt auswich.
Auf einmal erhob Dean sich und trat auf Crowley zu. »Wisst ihr was? Das reicht jetzt. Du wirst ihm jetzt sofort seine Seele zurückgeben.«
»Tut mir leid. Ich kann nicht.«
»Können oder wollen?«
»Ich will nicht, klar? Es ist eine Versicherung.«
»Was willst du damit sagen?«
»Ihr tötet Dämonen. Und dieser Gigantor da drüben«, Crowley nickte Bobby zu, »kann sein Temperament nicht zügeln. Aber ihr werdet mich nicht töten, solange ich seine Seele in meinem Bankschließfach habe.«
»Du dreckiger Mistkerl«, brummte Bobby.
»Ich geb' sie zurück, wenn alles vorbei ist und ich wohlbehalten gehen kann. Hab' ich mich jetzt klar genug ausgedrückt, huh?«
»Sie sollten mal ein Aggressionstraining machen«, meinte ich, als Crowley geschrien hatte.
Der Dämon legte den Kopf schief und funkelte mich an. »Und solltest lernen, die Klappe zu halten, wenn Männer sich unterhalten.«
Ich kniff die Augen zusammen und hielt seinem Blick ernst stand. Dann verschwand er.

1635 Wörter

Noch zwei Kapis, dann ist das Buch beendet.

Würde mich über Feedback freuen :)

Btw: Danke für über 1,5 k Reads <3

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