Kapitel 22

Dean und Sam verschwanden nach dem Essen sofort, doch es dauerte nicht lange, da war Dean wieder hier. Karen brachte ihn ins Haus, sie war zuvor kurz draußen gewesen. Die Frau zog die Tür zwischen Wohnzimmer und Küche zu, da Bobby im Wohnzimmer schlief, und reichte Dean ein Stück Kuchen.
»Es ist wirklich nicht zu übersehen, dass Ihnen Backen Spaß macht.« Dean deutete mit der Gabel auf die unzählige Teller Kuchen. »Sollen die alle noch in den Ofen?«
»Ich weiß auch nicht. Seit ich zurück bin, kann ich nicht mehr aufhören.«
»Und wann schlafen Sie dann?«, wolltw Dean wissen.
»Gar nicht. Es muss die Aufregung sein.«
»Oder weil Sie tot sind.«
Ich warf Dean einen warnenden Blick zu, doch er ignorierte mich.
»Ich weiß, Sie trauen mir nicht«, sagte Karen ohne ihn anzusehen.
»Wer sagt das denn?«
»Ich bitte Sie, Dean, deswegen sind Sie doch hier, oder nicht? Um mich zu beobachten.« Sie wandte sich ihm zu. »Ich weiß, wer Sie sind. Ich weiß auch, dass Bobby nicht derselbe freundliche Schrotthändler ist, den ich damals geheiratet habe. Sie jagen Dinge. Ich bin ein Ding. Das weiß ich.«
»Dann wissen Sie auch, dass Sam und ich nie zulassen würden, dass Bobby etwas zustößt. Er ist wie ein Vater für uns.«
»Das verstehe ich, und er hat Glück, dass Sie so auf ihn aufpassen, Dean. Aber Sie sind nicht der Einzige.«
»Tatsächlich?« In Deans Stimme schwang ein spöttischer Unterton mit.
Karen wandte sich ab und begann den Teig für einen neuen Kuchen zu kneten. »Wissen Sie, ich erinnere mich an alles. Als ich gestorben bin, als der Dämon meinen Körper übernahm, was er mich hat machen lassen. Bobby hatte keine andere Wahl, als mich ...« Sie stockte. »Sie wissen ja, was geschah.«
»Sie haben ihn angelogen«, meinte ich. »Er denkt, dass Sie sich an nichts mehr erinnern können.«
»Es würde ihm das Herz brechen«, sagte Karen. »Ich seh's in seinen Augen. Er fühlt sich ... so schuldig. Es belastet ihn.«
»Warum erzählen Sie's ihm nicht einfach?«, fragte Dean.
»Vielleicht lehne ich mich weit aus den Fenster, wenn ich behaupte, dass Sie noch verliebt waren, aber er ist mein Ehemann. Meine Aufgabe ist es ihm Frieden zu schenken, nicht Schmerz.«
Ich hatte Deans kurzen Blick bemerkt, den er mir zugeworfen hatte, dennoch versuchte ich ihn zu ignorieren. »Tut mir leid, wenn ich das sage, aber wir leben im 21. Jahrhundert. Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Wir sind nicht nur für den Haushalt und die Kinder zuständig.«
Karen lachte. »Ich weiß, doch das meinte ich damit nicht.« Sie lächelte mich freundlich an. »Würdest du nicht alles für diejenigen tun, die du liebst, nur damit sie in Sicherheit sind?«
»Wenn Sie wüssten«, sagte ich und blickte wie von selbst zu Dean.
Den restlichen Tag ging ich dem Winchester aus dem Weg. Am Abend kam dann Sam, und er schien sichtlich genervt.
»Sprecht, verdammt noch mal, leiser. Karen ist oben«, wies Bobby an, als Sam ihm zu erklären versuchte, was geschehen war.
»Oh, tut mir leid. Wir sind im Augenblick ein wenig angespannt«, sagte Dean mit einem stichelnden Unterton. »Wer war die alte Jones?« Er meinte, die Frau, die Sam in ihrem Haus angegriffen hatte.
»Die Erste, die auferstand«, erklärte Bobby.
»Die Erste, die bösartig wurde«, verbesserte Sam.
»Ach, sie hatte schon immer einen Knall.«
»Einen Knall?«, wiederholte Dean fassungslos. »So einen Knall, dass sie den Magen ihres Mannes aufgefressen hat? Entspricht das dem Grad ihrer Durchgeknalltheit?«
»Nein.«
»Bobby, was Dean und Sam damit sagen wollen, ist, dass dieses ganze Auferstehungszeug einen Nachteil hat«, sagte ich. »Die Toten drehen durch.«
»Bobby, auch wenn du's nicht zugeben willst, die Dinger wandeln sich«, rief Sam, während Bobby davonfuhr. »Wir müssen sie aufhalten. Sie alle. Verstehst du?«
Der Mann im Rollstuhl wandte sich um und zog seine Pistole. »Zeit zu gehen«, verkündete er.
»Was?« Ungläubig starrte Dean ihn an.
»Ihr habt mich gehört. Raus aus meinem Haus!«
»Oder was? Wirst du schießen?«, fragte Sam.
»Und falls sich Karen verwandelt, erledige ich das auf meine Weise«, meinte Bobby nur.
»Das ist gefährlich«, sagte Dean.
Bobby lud zur Antwort die Waffe. »Ich werd's euch nicht zweimal sagen.«
Wir zögerten, doch dann wandten sich die Brüder um. Sam ergriff mich an Handgelenk und zog mich mit sich.
»Ich hab' meine ganzen Sachen da drin«, meinte ich, als wir Bobbys Haus verließen. »Mein Autoschlüssel ...«
»Du kannst bei uns mitfahren, bis wir 'ne Lösung gefunden haben«, sagte Sam. Dean wollte etwas erwidern, doch warf sein Bruder ihm einen mahnenden Blick zu - nicht, dass ich es nicht bemerkt hätte.
Wir fuhren vor Bobbys Anwesen und parkten vor der hohen Holzpallisade.
»Er ist verrückt«, sagte Dean.
»Es ist seine Frau, Dean«, nahm Sam Bobby in Schutz.
»Das gibt ihm nicht das Recht, uns so zu behandeln. Wir sind seine Familie, Sam!«
»Es gibt Wichtigeres, okay? Wir haben's hier mit Zombies zu tun, die die Stadt in einen Kauknochen verwandeln wollen.«
»Ja, und er ist allein und backt mit einem von ihnen Kuchen«, rief Dean aufgebracht.
»Na, schön. Und?«
»Und? Deshalb muss ich zurück ins Haus und sie umbringen. Das ist der einzige Ausweg.«
»Wenn er dich sieht, bist du ein toter Mann«, erwiderte Sam.
»Tja, dann muss ich verhindern, dass er mich sieht.«
»Okay, ich werd' wohl in die Stadt fahren und dort die Menschen retten. Dürfte leicht sein«, meinte Sam ironisch.
»Scheint so«, gab Dean knapp zurück.
»Ich werd' Hilfe brauchen.«
»Was ist mit dem Sheriff?«
»Soweit ich mich erinnere, war sie ziemlich Pro-Zombie.«
»Ich werde mit dir kommen«, sagte ich an Sam gewandt.
»Nein, du bleibst hier und passt auf Bobby auf«, wies er an.
»Ich bleibe auch hier«, meinte Dean. »Dann wirst du den Sheriff wohl überzeugen müssen.«
»Und wie?«
»Keine Ahnung. Lass dir was einfallen.«
Dean und ich stiegen aus und nahmen jeweils eine Waffe plus Munition mit. Sam fuhr in die Stadt, während Dean und ich wieder Bobbys Gelände betraten.
»Du willst sie doch nicht wirklich erschießen«, sagte ich vorsichtig, als Dean seine Waffe lud und voranging.
»Dann kannst du mich ziemlich schlecht«, gab Dean zurück ohne sich umzudrehen.
Ich folgte ihm, jedoch nicht mit geladener Waffe. Wir schlichen herüber zum Haus. Der Mann erreichte vor mir die Tür und rüttelte an dem Knauf. Nach einer Weile ließ sie sich öffnen und hastig stolperten wir in den Flur. Ein Schuss ertönte. Dean und ich rannten los, ins Wohnzimmer, wo Bobby vor der Liege saß. Seine Frau lag darauf - ein Kopfschuss hatte sie getötet.
Er wandte den Kopf und sah uns mit Tränen in den Augen an. Er musste nichts sagen, und das tat er auch nicht. Schweigend gingen wir drei nach draußen und beluden Bobbys Wagen mit Waffen und anderen wichtigen Untensilien.
»Weißt du, Bobby«, begann Dean, »wenn du die Sache aussitzen willst ...«
Ernst sah der Mann den Winchester an. »Lass das. Mach einfach weiter.«
Dean warf schweigend die Sachen in den Wagen und knallte die Tür zu. Plötzlich schepperte es einige Meter von uns entfernt. Dean und ich ergriffen unsere Waffen.
»Warte hier«, wies Dean Bobby an.
Langsam entfernten wir uns von ihm, uns immer wieder aufmerksam umsehend. Dean beleuchtete uns den Weg mit seiner Taschenlampe. Auf einmal wurde der Mann von den Beinen gerissen. Ich wollte schießen, doch war meine Waffe nicht geladen. Während ich die Munition in meiner Tasche suchte, nahm der Zombie Dean in die Mangel. Der Mann schlug mit der Taschenlampe nach ihm, so dass der Tote zu Boden stürzte. Schnell kam der Zombie zu sich und packte Dean am Bein, der gerade nach seiner Waffe greifen wollte.
»Cat!«, rief er panisch und trat mit dem Bein nach dem Toten.
»Ja, warte!«
»Derzeitig nicht möglich.«
Ich fand die Munition und lud hastig meine Waffen. So schnell ich konnte, schoss ich.
»Das Danke kannst du dir sonst wo hinschieben«, brummte Dean genervt.
»Hab' auch keines erhofft«, gab ich zurück.
Ein Schuss erklang, doch kam er nicht von uns.
»Bobby«, sagte Dean und rannte los. Hastig folgte ich ihm.
Als ich Bobby erreicht hatte, hatte Dean die beiden Zombies, die ihn angegriffen haben, längst erschossen. Doch es kamen weitere.
»Cat, gib uns Deckung«, wies Dean, während er Bobby zurück zum Haus schob.
Auf dem Weg dorthin erschoss ich drei weitere Zombies, doch es waren noch mehr. Unsere Munition war alle, aber glücklicherweise erreichten wir das Haus ohne weiter angegriffen zu werden.
»Hast du noch mehr Munition?«, fragte Dean.
»Ja, jede Menge«, sagte Bobby. »Du musst nur noch an den Zombies vorbei. Sie ist im Transporter.«
»Ein einfaches Nein hätte gereicht«, meinte Dean panisch. »Was machen die eigentlich alle hier?«
»Ich glaub', ich weiß es.«
»Was?«
Es krachte und Glas splitterte. Ein Zombie kam durch das Fenster herein, ein anderer die Treppe hinunter. Dean und Bobby schossen und erwischten glücklicherweise die beiden.
»Das war meine letzte«, sagte Dean.
»Meine auch«, meinte Bobby.
Weitere kamen ins Haus. Einer stellte sich uns in den Weg und Dean schlug mit dem Gewehr nach ihm, so dass er zwar nicht starb, aber bewusstlos zu Boden stürzte. Wir versteckten uns in der Besenkammer, ein ziemlich böser Schlachtzug, da wir nun in der Falle saßen.
Hastig schaltete Dean das Licht an und verschloss die Tür, gegen die die Zombies mit voller Wucht hämmerten.
»Das wird nicht lange halten«, meinte ich verzweifelt.
»Keine Sorge, das sind Idioten«, sagte Dean. »Die können nicht mal 'nen Schloss knacken.«
Auf einmal verstummten die Geräusche. Es schien, als wären die Zombies verschwunden, doch da begann sich der Knauf des Tür zu drehen, und mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich den Mann an.
»Wie war das noch gleich mit dem Schlossknacken?«, stichelte ich.
Dean antwortete nicht, sondern hob die Waffe. Da ging die Tür auf und Dean begann mit dem Ende des Gewehrs nach den Zombies zu schlagen. Ich versuchte ihm so gut wie möglich zu helfen, doch waren die Toten weitaus in der Überzahl.
»Runter!«, hörten wir auf einmal Sams Stimme.
Dean zog mich sofort am Ärmel nach unten. Schüsse erklangen, und nach und nach stürzten die Zombies vollkommen tot zu Boden. Blut spritzte und besprenkelte unser Gesicht und unsere Kleidung. Als alle Toten besiegt waren, hatten wir freie Sicht auf Sam und eine Frau, anscheinend der Sheriff.
Langsam erhoben Dean und ich uns und Bobby lugte aus der Kammer hervor.
»Alles in Ordnung?«, fragte Sam besorgt.
»Ja, wir leben alle noch«, sagte Dean und beäugte mich kurz von der Seite.
»Diese Bemerkung war echt unnötig gewesen, Dean«, zischte ich verletzt und trat über die Leichen hinweg.

Wir standen vor dem lodernden Jägerfeuer, auf welchem Karen Singer verbrannt wurde und nun wirklich ihren Frieden fand. Es war bereits hell, die Wintersonne schien angenehm warm auf uns herab.
»Ich denke, ich sollte mich bei euch entschuldigen«, sagte Bobby, »weil ich vorhin die Nerven verloren habe.«
»Bobby.« Sam atmete tief durch. »Du musst dich nicht entschuldigen.«
»Na ja, weißt du, ich hab' nicht die geringste Ahnung von Liebe, aber wenigstens konntest du fünf Tage mit ihr verbringen«, meinte Dean. »Richtig?«
»Richtig. Das macht die ganze Sache für mich noch tausendmal schlimmer. Sie war die Liebe meines Lebens. Wie oft muss ich sie noch töten?«
»Kommst du klar, Bobby?«, fragte Sam besorgt.
»Ihr drei solltet wissen, dass Karen mir erzählt hat, wieso der Tod hier war. Ich weiß, wieso er in South Dakota, am Ende der Welt war, über einen Friedhof spaziert ist. Er war meinetwegen hier.«
»Wie meinst du das?«, fragte ich.
»Der Tod kam meinetwegen. Er brachte Karen zurück, um mir eine Nachricht zu schicken.«
»Was dir? Wieso dir?«, wollte Dean wissen.
»Weil ich euch geholfen hab', ihr verdammten Idioten. Ich bin einer der Gründe, warum du zu Luzifer noch Nein sagst, Sam.« Bobby warf dem jungen Winchester einen knappen Blick zu.
Ungläubig sah Dean den Mann an. »Dann war das also ein Anschlag auf dein Leben?«
»Ich weiß nicht, ob sie mein Leben wollten oder meine verdammte Seele. Wie auch immer, sie wollten mich beseitigen.«
»Denkst du, du kommst klar?«, fragte Sam noch einmal. Keine Antwort. »Sag' was, Bobby.« Mit Tränen in den Augen hob der Mann seinen Kopf und sah Sam an.
»Ich würd' ja gern sagen, dass Cat auf dich aufpassen kann, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie dazu fähig wär'. Wahrscheinlich würde sie dich in Stich lassen oder wieder betrügen.«
Wütend funkelte ich Dean an, doch bevor ich etwas konnte, kam Sam mir zuvor. »Dean, verdammt, hör endlich auf damit!«
»Warum? Warum soll ich aufhören? Ich bin nicht wie du, Sam. Ich vergebe nicht so schnell.« Ohne ein weiteres Wort verschwand der Winchester im Haus.
Unruhig wippte ich umher, dann folgte ich ihm. Im Flur hielt ich ihn zurück. »Versuchst du mich zu bestrafen?«, fragte ich ihn. »Ich weiß nicht, wie oft ich mich noch entschuldigen soll.«
Dean wandte sich mir zu. Wut zeichnete sein Gesicht. »Wir waren mal eine Familie - und das hat dir alles bedeutet«, meinte der Mann. »Du hast uns verraten, Catherine. Du hast uns belogen, weil du kein Vertrauen in uns hattest.«
»Du hättest doch genauso reagiert«, erwiderte ich. »Wenn ich es dir früher gesagt hätte. Du wärst genauso sauer gewesen.«
»Nein.« Dean schüttelte den Kopf. »Ich hätte versucht, dir zu helfen.« Er wandte sich ab.
»Du bist verletzt«, meinte ich. »Du bist verletzt und du schlägst um dich. Du willst deine ganze Wut aus dir herauslassen. Du willst, dass es aufhört. Glaubst du, ich will das nicht? Glaubst du, ich wollte das alles? Es war nicht meine Absicht, euch zu belügen. Es war nicht meine Absicht, zu sowas zu werden!« Ich atmete tief durch. »Aber ich bin das nicht mehr. Ich bin kein Monster. Ich hab' ... ich hab' Kontrolle über mich. Ich bin nur noch ein Mensch. Genau wie du.«
Dean schüttelte den Kopf. »Nein, Cat. Ich hab' dich gesehen. Ich hab' die Blutlust in deinen Augen gesehen, als du den Dämon angegriffen hast. Ich hab' gesehen, wie du deine Engelskräfte eingesetzt hast.«
»Dean ...«, sagte ich leise.
»Wenn ich dich nicht kennen würde, Catherine, dann würde ich dich ...«, Dean stockte, »dann würde ich dich töten.«
Dieser Dorn saß tief. Sehr tief. Es schmerzte so sehr, dass ich die kommenden Tränen nicht zurückhalten konnte. Langsam nickte ich, während ich die Lippen aufeinanderpresste. Ich wollte noch etwas erwidern, doch wusste ich nicht, was - und so machte ich nur auf dem Absatz kehrt und verließ Bobbys Haus.

2372 Wörter

Bam bam baaam.

Wie findet ihr die Story bis jetzt?

Danke für über 1k Reads <3

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