Kapitel 2
Der kühle Wind wehte durch das geöffnete Fenster, welcher die alten, schweren Gardinen leicht hin und her schwenken ließ. Ich spürte ihn auf meiner Haut, die Kälte, die unter die billige Decke kroch und mich frieren ließ. Grummelnd deckte ich mich enger zu und wandte mich um. Ich schlief nur zur Hälfte, mein Unterbewusstsein nahm nur die wenigsten Dinge auf.
Da riss mich das Klingeln meines Handys vollends aus dem Schlaf. Mit klopfendem Herzen und einem rasendem Atem starrte ich nach vorn. Langsam drehte ich mich um, ergriff mit zittrigen Fingern mein Telefon und drückte blindlings auf den Hörer.
»Ja?«
»Cat?«
Mein Herz stockte. Diese Stimme. Ich hatte nicht damit gerechnet, sie wiederzuhören, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering gewesen war.
»Cat?«
»Ja ...« Es war eher ein Krächzen, was über meine Lippen kam.
»Hey ...«
»Hallo, Sam ...«
Schweigen.
»Dean hat mir alles erzählt«, sagte Sam nach einer Weile.
»Und? Rufst du nun an, um mir zu sagen, dass ich mich aus eurem Leben verziehen soll?«, fragte ich.
»Nein«, erwiderte Sam zu meiner Überraschung. »Nein, deswegen ruf' ich nicht an. Hör zu, ich weiß, was geschehen ist, was du ... wirklich bist, aber wenn du zurückkommst, dann können wir alle darüber reden und dann wird alles wieder -«
»- so wie früher?«, meinte ich. »Nein, Sam, nichts wird so wie früher. Die Apokalypse steht bevor. Chuck hat mir erzählt, dass Luzifer frei ist. Dean ... er hasst mich. Wir können nicht so tun, als wär' nichts geschehen.«
Sam schwieg.
»Was noch?«, drängte ich.
»Wir könnten Hilfe gebrauchen«, erklärte er.
»Wobei?«
»Ich hab' das letzte Siegel gebrochen, Cat. Lilith war das letzte Siegel und ich hab' sie getötet. Ich hab' auf Ruby gehört, obwohl ihr mich gewarnt hattet. Dean und ich wollen Luzifer aufhalten. Wir müssen das Schwert des Michaels finden. Wir könnten deine Hilfe gebrauchen.«
Nun war ich diejenige, die nichts sagte.
»Cat?«
»Nein.«
»Was?«
»Sam, hör zu, dieser ganzer Engelsscheiß geht mir gehörig auf den Senkel. Den nächsten geflügelten Mistkerl, der mir unter die Augen tritt, werd' ich eigenhändig in die Hölle schicken.«
»Dann wünsch' ich dir noch ein tolles Leben - zumindestens für die letzten Tage, die uns noch bleiben.« Sams Enttäuschung war nicht zu überhören, und als er ohne ein weiteres Wort auflegte, fühlte ich mich schlechter als zuvor.
Mit einem Seufzen legte ich das Handy auf den Nachttisch und ließ mich dann ins Kissen zurückfallen. Sam hatte auf mich gezählt, er hatte mir vertraut, und ich habe alles davongeworfen. Er brauchte meine Hilfe, obwohl er wusste, was ich war, doch ich hatte mit wenigen Worten alles versaut.
Ich saß in irgendeinem Café, eine Tasse Kaffee vor mir - obwohl ich Kaffee nicht einmal mochte. Doch hatte ich mich für ein neues Leben entschieden, für ein normales Leben, und so musste ich auch mal neue Wege einschlagen und neue Entscheidungen treffen.
Nachdenklich fuhr mich mit dem Finger über den Rand der Tasse. Ich hatte die ganze Umwelt ausgeblendet, bemerkte nicht die Leute, die den Laden betraten und verließen.
»Du solltest vielleicht trinken, sonst ist der Kaffee kalt«, erklang plötzlich eine Stimme neben mir.
Erschrocken blickte ich auf. Der große Mann mit der verwegenen Frisur und den dunklen Augen blickte zu mir hinunter.
»Darf ich?« Er deutete auf den Stuhl mir gegenüber.
»Ja, äh ...« Kaum hatte ich geantwortet, ließ Sam sich nieder. »Was tust du hier?«
»Ich wollte mit dir reden«, gestand der Winchester.
»Wie hast du mich gefunden?«, verlangte ich zu wissen.
»Wir kennen uns seit über einem Jahr. Dein Handy zu orten, ist keine schwierige Sache«, meinte Sam.
Ich nickte und ließ den Kopf sinken.
»Wie geht es dir?«
»Sam, was willst du?« Ernst sah ich ihn an. »Ich hab' dir deutlich gesagt, dass ich nichts mehr mit euch zu tun haben möchte.«
»Ja, das war vor ein paar Wochen. Doch in der Zeit hat sich vieles geändert.« Auch seine Miene wurde ernst. »Dean ist das Schwert des Michaels. Er ist Michaels Hülle.«
»Und das bedeutet?«, fragte ich tonlos.
Fassungslos über meine Antwort sah Sam mich an. »Was das bedeutet?«, wiederholte er. »Wir müssen Luzifer aufhalten!«
»Ihr, nicht ich.«
»Cat ...«
»Nein«, sagte ich bestimmt. »Ich hab' es dir schon einmal gesagt und ich sag' es dir noch mal: Ich mache da nicht mehr mit. Tut mir leid, dass du dir die Mühe gemacht hast, mich zu suchen, aber du wusstest meine Meinung -«
»Bobby sitzt im Rollstuhl.«
Der Satz kam so plötzlich, dass ich ihn erst nicht realisierte. »Was?«
»Bobby sitzt im Rollstuhl«, sagte Sam noch einmal, etwas langsamer und nachdrücklicher als zuvor. »Er wurde von einem Dämon eingenommen, der ihn zwang, Dean zu töten, doch er konnte sich dagegen wehren. Er hat sich das Dämonenmesser in den Bauch gerammt und nun sind seine Beine gelähmt. Er kann nicht mehr laufen.«
»Ich ...« Mir fehlten die Worte. »Das tut mir leid ...«
»Das ändert auch nichts«, meinte Sam seufzend und erhob sich. »Ich wünsch' dir noch viel Glück mit deinem neuen Leben.«
Als er an mir vorbeilief, ergriff ich sein Handgelenk. »Was ist noch?«, fragte ich.
»Wir könnten bei 'ner Sache deine Hilfe gebrauchen«, gestand der Mann und ließ sich mir wieder gegenüber nieder.
Ein mulmiges Gefühl kam in mir auf. »Wobei?«
»Bobbys Freund, Rufus, hat einige Probleme in einer Stadt, River Pass in Colorado. Die Menschen sind von Dämonen besessen und er kann sie nicht alleine aufhalten.«
Ich schluckte schwer und senkte den Blick. »Wer ist »wir«?«, fragte ich.
»Wie bitte?«
»Du sagtest: »Wir könnten Hilfe gebrauchen.« Wer ist »wir«?«
»Ich und ... Dean ...«
Ich nickte. »Ja, Dean ...«, murmelte ich. Ich hob den Kopf und sah ihn an. »Tut mir leid, Sam. Ich ... ich kann nicht ...«
»Wieso nicht? Dean -«
»Weiß Dean, dass du hier bist?«, unterbrach ich den Mann.
Sam schwieg. »Nein ... Also nicht wirklich ...«, gestand er schließlich.
Ich atmete aus. »Sam«, sagte ich nur.
»Nein, nein, ist schon in Ordnung.« Sam erhob sich. »Eine tolle Zeit noch.« Er ging davon.
»Viel ... Glück«, war das Einzige, was ich noch herausbrachte, doch da fiel bereits die Tür zu.
Der Mann lief neben mir am Schaufenster vorbei. Ich sah ihm hinterher, ein schlechtes Gewissen durchzog mich. Sam überquerte die Straße und erst da erkannte ich den schwarzen Impala, der in diesem Moment am Straßenrand hielt. Dean, dachte ich, und bevor ich überhaupt richtig darüber nachdenken konnte, sprang ich auf, schmiss einen Dollar-Schein auf den Tisch und rannte hinaus. Gerade als ich draußen war, fuhr das Auto los, und mit einem verzweifelten Ausdruck blickte ich dem schwarzen Chevy Impala hinterher, der den Dämonen entgegenfuhr.
1074 Wörter
Noch ein letztes Kapi heute. Was sagt ihr zu Cats Verhalten?
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