Kapitel 21: Beginn der Zukunft
Bakugous PoV
Zugegebenermaßen war ich ein wenig nervös, als ich die langen Flure entlang bis in den Westflügel ging. Ich malte mir unzählige Dinge aus, die meine Mutter von mir verlangen könnte. Eijirou hatte schon richtig bemerkt, dass ein offizieller Termin mit der Kaiserin recht ernst wirkte. War irgendetwas wegen unserem Deal? Würde sie Eijirou und mich doch trennen?
Schließlich kam ich am Thronsaal an und ich zögerte kurz vor der großen verzierten Tür. Ich atmete einmal tief durch und legte die Hand an die Klinke, ehe ich sie entschlossen herunterdrückte.
Meine Mutter saß am anderen Ende des Saals. Anders als sonst, lehnte sie nicht konzentriert über ihrem Schreibtisch und war in ihre Arbeit versunken. Sie hatte die Beine überschlagen, die Hände auf dem Schoß gefaltet und blickte mir entgegen. Sie beobachtete mich, aufmerksam und würdevoll, während ich auf sie zu ging. Auf einmal glich der Saal, der sonst eher wie ein gigantisches Arbeitszimmer wirkte, wahrhaftig wieder einem Thronsaal. Als ich vor ihr zum Stehen kam, lächelte sie mich warm an.
Ich machte eine angedeutete Verbeugung. „Was gibt es, meine Kaiserin?", fragte ich angespannt.
Sie schmunzelte. „Hat dieser Eijirou dir etwa Manieren beigebracht?", fragte sie lachend.
Ich runzelte die Stirn und entspannte mich ein wenig, als ich merkte, dass sie guter Dinge war. „Tch. Manieren hatte ich schon immer. Ich habe nur keinen Anlass dazu gehabt, auf sie zurückzugreifen.", erwiderte ich trocken. Ich schnappte mir einen Stuhl und schob ihn vor ihren Schreibtisch, sodass ich mich setzen konnte.
Sie schüttelte amüsiert den Kopf. „Jaja, mach es dir bequem. Ich habe einiges mit dir zu besprechen." Ich lehnte mich im Stuhl zurück und hob fragend eine Augenbraue. Sie beugte sich vor, stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab und legte die Hände zusammen. „Wie läuft dein Unterricht?"
Ich runzelte die Stirn. „Hast du mich hierher zitiert, um mich das zu fragen?"
Sie zuckte mit den Schultern. „Unter anderem."
Ich seufzte genervt. „Ist ätzend, aber ich denke es läuft gut."
Sie antwortete nicht, sondern nickte nur abwesend. Eine Weile herrschte Schweigen und ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl herum. Konnte sie nicht endlich zum Punkt kommen?
Dann seufzte meine Mutter und ein kleines Lächeln legte sich auf ihre hellen Lippen. „Als ich damals zur Kaiserin ernannt wurde, war dieses Land noch ein anderes. Und es war ein anderes, als meine Mutter vor mir den Thron bestiegen hat. Dieses Land war bis vor einigen Generationen noch vom Krieg zerrüttet und auch die japanische Provinz war gespalten. Der Cyborg-Krieg war heftig und erst als das Limitierungsgesetz zu körperintegrierten Waffen eingeführt wurde, fanden die Menschen wieder zusammen. Erst ab diesem Zeitpunkt waren Cyborgs nicht mehr ausschließlich vom Militär ausgestattete Kampfmaschinen, sondern Menschen, die unter uns leben."
Ich runzelte die Stirn. „Warum erzählst du mir das? Jedes Kind weiß das."
Sie lächelte mild. „Ich erzähle dir das, um dir deutlich zu machen, wie viel sich seit damals schon getan hat. In nur vier Generationen von Kaisern sind wir von einem vollkommen zerrütteten Land zu einer Einheit verschmolzen."
Ich verschränkte die Arme. „Willst du mir etwa erzählen, dass es in unserem Land keine gesellschaftlichen Probleme mehr gibt? Tch. Das solltest du besser wissen.", sagte ich bissig und machte eine verdeutlichende Geste mit meiner behandschuhten Hand.
Die Kaiserin schüttelte den Kopf. „Nein. Du missverstehst mich. Das wollte ich keinesfalls damit sagen. Ich sehe genau wie jeder andere, wie schwer es Cyborgs in unserer Gesellschaft haben und es schmerzt mich sehr. Es schmerzt mich als Kaiserin und es schmerzt mich als Mutter." Überrascht sah ich auf. Sie hatte die Lippen zusammengepresst und sah mich auf eine Weise an, die mir vollkommen neu war. „Ich weiß, dass wir unsere Differenzen hatten, Katsuki. Aber du bist nichts desto trotz mein Sohn und ich liebe dich. Es macht mich unglaublich stolz, wie du dich entwickelt hast."
Ich biss die Zähne zusammen. „Mache ich dich jetzt nur stolz, weil ich mich endlich deinem Willen füge?", fragte ich bissig.
Meine Mutter schwieg einen Moment und wirkte fast ein wenig verletzt. „Nein Katsuki.", erwiderte sie sanft. „Du warst schon immer ein Kämpfer. Als ich dich nach deiner Geburt in den Armen hielt, hatte ich solche Angst um dich. Ich hatte Angst, dass du ohne deine Arme nie ein vollwertiges Leben führen könntest. Aber du hast dich auch schon im Alter von drei Jahren nicht unterkriegen lassen. Du hast allen mit deinem Kampfwillen deutlich gemacht, dass sie dich nicht unterschätzen sollten. Und das alles obwohl man dir immer wieder Steine in den Weg gelegt hat."
Lange sah ich sie an. Noch nie hatte sie mir gesagt, wie sie mir gegenüber empfand. Nicht mir gegenüber als ihren Sohn, sondern gegenüber der Person, die ich war. „Und obwohl du so von meinem Kampfgeist sprichst, hast du einfach nicht akzeptieren wollen, dass ich nicht herrschen will ... wollte? Wie auch immer."
Sie lachte leise. „Das liegt wohl daran, dass wir beide auf dieselbe Weise dickköpfig sind." Sie lehnte sich wieder in ihrem Stuhl zurück und strich sich durch die aschblonden Haare. „Obwohl, oder gerade weil ich deine Mutter bin, musste ich auch immer im Blick behalten, was das Beste für dieses Land ist. Dieses Land braucht keinen Kaiser, der diese Position nur der Macht wegen möchte. Ein Kaiser muss sein Land voranbringen können und einen Mehrwert für es darstellen."
„Worauf willst du hinaus?"
„Katsuki, dir ist dein Leben nicht unbedingt leicht gemacht worden, weil du nun einmal seit dem Alter von drei Jahren ein Cyborg bist. Aber du sitzt hier vor mir. Ein aufrechter Mann, der für seine Ideale einsteht. Du solltest etwas daraus machen, dass du den Leidensweg der Cyborgs persönlich kennst."
Ich biss mir auf die Unterlippe. „Mutter. Du solltest dir denken können, dass die Cyborg-Rechte das einzige sind, was mir während meiner Herrschaft am Herzen liegt. Es ist einzige, an dem ich wirklich immer etwas ändern wollte. Aber das ist genau der Grund, warum der Rest der Bakugou Familie gegen mich ist. Der Grund, warum sie mich immer niedergemacht und unterdrückt haben. Wenn einer von ihnen hier anwesend wäre, würden sie mich für meine Worte an den Pranger stellen."
Sie zuckte mit den Schultern. „Das gleiche würde wohl auch für mich gelten. Meine Schwester und ich hatten schon immer sehr unterschiedliche Sichtweisen auf die Dinge."
„Aber du bist die Kaiserin. Dir können sie nichts anhaben.", sagte ich bitter. „Du kannst tun und lassen was du willst und niemand hat dir etwas entgegenzustellen."
Sie sah mich traurig an. „Siehst du mich wirklich so? Als eine Tyrannin? Außerdem wirst du zukünftig die gleiche Macht besitzen. Denn ja, die Alleinherrschaft verleiht einem ausgesprochen viel Macht. Aber ich habe immer versucht, alles Mögliche zu unternehmen, damit es diesem Land gut geht. Es tut mir leid, dass ich dir damit etwas aufgezwungen habe, aber ich bin der Meinung, dass du das Beste für dieses Land bist."
Ich zögerte. Ihre Worte verfehlten ihren Zweck nicht und ich fühlte mich ein wenig geschmeichelt. „Nein... ich sehe dich nicht als eine Tyrannin. Ich verstehe ja, dass du keinen von diesen intriganten Arschlöchern als Nachfolger akzeptieren wolltest..."
Sie schloss kurz die Augen, bevor sie wieder ein sanftes Lächeln aufsetzte. Ich wusste nicht, ob ich sie in den vergangenen Jahren jemals so viel lächeln gesehen hatte. Ich wusste auch nicht, wann wir beide das letzte Mal eine so ruhige Unterhaltung geführt hatten. Es schien wirklich so, als hätte sich alles mit meiner Zustimmung zur Thronnachfolge geändert.
„Wie geht es dir und Eijirou? Seid ihr glücklich?"
Mir stieg die Röte in die Wangen, da ich unweigerlich an gestern Abend denken musste. Bevor Eijirou heute aufgewacht war, hatte ich ihm eine ganze Weile beim Schlafen zugesehen. Noch nie hatte ich so für einen Menschen empfunden. Ich räusperte mich, und verdrängte den Drang überschwänglich von ihm zu schwärmen. „Uns geht es gut. Noch einmal danke, wegen der Aufhebung seines Sklavenstandes. Du hättest sein Gesicht sehen müssen, als er die blaue ID Karte gesehen hat. Er war so unfassbar glücklich und ich - ", ich biss mir auf die Lippen, als ich merkte, dass ich ins Schwafeln geriet.
Meine Mutter sah mich amüsiert an und ich rollte mit den Augen, als ich ihren Blick auffing. „Heißt das, dass er dich unterstützen wird, wenn du zum Kaiser gekrönt wirst?"
Ich runzelte die Stirn. Deshalb hatte sie also nach unserem Befinden gefragt. „Ja.", sagte ich. „Eijirou wird mich unterstützen."
Sie nickte lächelnd. „Das ist gut. Ich weiß nicht, was ich damals ohne Masaru gemacht hätte. Einen Partner an der Seite zu haben, kann einem sehr helfen. Gerade in der schwierigen Anfangsphase, wenn man frisch zu Kaiser ernannt wurde."
Ich nickte. Ich hatte meinen Vater nie kennengelernt, er verstarb noch vor meinem ersten Lebensjahr. Es war selten, dass meine Mutter ihn erwähnte, aber wenn, dann sprach sie von ihm in den höchsten Tönen. Auf einmal wurde mein Herz schwer, als mir klar wurde, was für einen Verlust sie erlitten hatte. Ich biss die Zähne zusammen, als ich mir vorstellte, dass Eijirou von mir ging.
„Katsuki?"
„Hm?" Ich blickte auf. Ich war wohl ein wenig in Gedanken versunken gewesen.
„Weißt du wie alt ich damals war, als ich den Thron bestiegen habe?"
Ich runzelte erneut die Stirn und schüttelte dann nach kurzem Nachdenken den Kopf.
„Ich war neunzehn. Genauso alt, wie du heute."
„Okay...?" Ich setzte mich etwas gerader hin.
„Katsuki, ich habe diesem Land jetzt über dreißig Jahre lang gedient. Ich bin der Meinung, dass ich alles getan habe, was in meiner Macht steht. Ich habe meine Ziele bereits erreicht. Wie ich dir eben schon erklärt habe, braucht das Land jemanden, der es voranbringt und einen Mehrwert für es hat. Ich habe meinen Teil erfüllt. Du bist jetzt dran."
Ich starrte sie an. „Wie bitte?"
Sie lächelte und zuckte mit den Schultern. „Ich sehe nicht ein, warum ich noch länger auf dem Thron verharren sollte, wenn es einen besseren Kandidaten gibt. Du könntest in zwei Wochen gekrönt werden."
Meine Knöchel wurden weiß, als ich die Armelehnen meines Stuhls fest umklammerte. Zwei Wochen. Schon in zwei Wochen würde ich Alleinherrscher über die japanische Provinz sein. Ich hatte mich damit abgefunden, dass ich in der Zukunft diese Bürde tragen würde. Ich hatte mir vorgestellt, dass ich mit der gesamten Unterstützung von Eijirou und der Human Hearts Organisation tatsächlich etwas verändern könnte. Doch dass sie Zukunft so bald beginnen würde, damit hatte ich nicht gerechnet.
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