Kapitel 11: Zurück in den Palast
Bakugous PoV
Ich war wütend. So unfassbar wütend. Allein die Sorge um Eijirou hatte mich davon abgehalten diesem schmierigen Bordellbesitzer eine zu verpassen. Doch der Rothaarige musste umgehend versorgt werden, weshalb ich schnellen Schrittes die Straße entlang ging.
Tsumo hatte nicht eingesehen, dass sein Besitz ärztliche Versorgung benötigte. Er meinte, solange er seine Hände noch gebrauchen könnte, würde er diese Kosten nicht tragen wollen. Und als ich ihm erklärte, dass es nicht nur darum ging, seine Verletzungen zu heilen, sondern auch die Biomechanik seiner Unterarme wiederherzustellen, hatte er nur verächtlich abgewinkt.
Ich hatte ihm angeboten die Kosten dafür zu übernehmen, doch er blieb stur. Er meinte, es würde sich nicht lohnen Geld in ihn zu stecken, wenn er nach dem gestrigen Ereignis keinen Kunden mehr an sich heranließe. Meine Gedanken rasten, als er das sagte. Ich wusste, dass die beschädigten Nerven nicht ewig zu reparieren waren. Das Zeitfenster war zwar durch neue Technologien immer länger geworden, doch früher oder später würden sie absterben.
Und dann traf ich eine Entscheidung. Ich hatte meine ID-Karte gezogen. Heutzutage diente die Ausweiskarte direkt als Zahlungsmittel und war mit den eigenen Konten verknüpft. Meine war glänzend schwarz und ein orangenes X war darauf geprägt. X. Keine Limitierung. Eine Karte, wie sie nur von den Reichsten vorbehalten war.
Der Bordellbesitzer hatte darauf gestarrt, als hätte er so etwas noch nie gesehen. Wahrscheinlich hatte er das auch nicht. Er hatte schnell eingelenkt, als ich ihm die Summe genannt hatte, die ich bereit war zu zahlen. Nicht die Summe, um die Arztkosten zu decken. Nicht die Summe, um die Biomechanik wieder auf Vordermann zu bringen. Die Summe, die ich für Eijirou zahlen würde.
Der Bordellbesitzer hatte mir nach der Zahlung Eijirous ID-Karte gegeben. Sie war rot und trug die einfache Abkürzung N.A., was für nicht autorisiert stand. Das Rot war ein Hinweis auf den Sklavenstand, dennoch gab es auch hier Unterschiede. Viele wollten, dass ihre Sklaven in ihrer Freizeit ein beinahe freies Leben führen können. Mit der Abkürzung A., also autorisiert, konnten sie ein eigenes Konto eröffnen und über ihr Geld frei verfügen. Tsumo jedoch schien beschlossen zu haben, dem Rothaarigen diese Freiheit nicht zu geben. Mit dieser ID-Karte hätte er nie ein eigenständiges Leben führen können.
Ich hielt Eijirou dicht an meine Brust und schaute immer wieder besorgt zu ihm herunter. Streng genommen war er jetzt mein Eigentum. Aber noch nie hatte ich verstanden, wie jemand ein Leben für sich beanspruchen konnte. Ich würde so schnell wie möglich dafür sorgen, dass er eine andere ID-Karte bekam.
Der Rothaarige hatte die Augen geschlossen und wirkte ziemlich blass. Es wunderte mich nicht. Die ganze Decke und die Matratze darunter waren voller Blut gewesen. Zwar wurde bei dem Vorkommnis zum Glück nicht die Pulsader verletzt, aber dennoch schien er viel Blut verloren zu haben. Und sein Körper musste sich von der panischen Angst erholen, die ihn anscheinend eine ganze Nacht lang wachgehalten hatte.
Ich wollte ihn in den Palast bringen. Ich war selbst kein Mediziner, aber wir hatten eine ausgezeichnete Ärztin vor Ort. Noch wichtiger war jedoch Maijimas Labor, in dem wir Eijirou wieder richtig herstellen konnten. Ich zog unbehaglich Schultern hoch. Die Kaiserin würde ganz und gar nicht erfreut sein. Kurz überlegte ich, ob ich es schaffen konnte den Rothaarigen heimlich in den Palast zu schmuggeln. Doch ich wusste, dass die Kaiserin früher oder später dahinterkommen würde, selbst wenn ich es schaffte.
Ich erreichte die Straße, in der Mina mich abgesetzt hatte. Da es inzwischen schon später am Morgen war, begegnete ich immer mehr Menschen. Neugierig drehten sich einige nach mir um. Ganz konnte ich es ihnen nicht verdenken. Wann sah man schon einmal einen Mann, der einen anderen schlafenden durch die halbe Stadt trug? Doch keiner von ihnen hielt an oder bot mir Hilfe an.
Ich biss die Zähne zusammen. Allmählich wurde Eijirou ziemlich schwer. Kein Wunder, so gut gebaut wie er war. Aber es bot sich mir keine Stelle, die sich als würdig genug erwies, um ihn darauf abzulegen. Ich erreichte den Ort, an dem Mina mit dem Hover vorfahren würde.
Nervös ging ich auf und ab. Ich wusste nicht genau wie spät es war, konnte mit Eijirou in den Armen aber auch nicht nachsehen. Dennoch wusste ich, dass seitdem Mina mich abgesetzt hatte, um die zwei Stunden vergangen sein musste. Die ganze Prozedur um Eijirou sowie der Hin- und Rückweg vom Bordell müsste in etwa so lange gedauert haben.
Ich überlegte gerade, ob ich Mina dennoch anrufen sollte, um sie unverzüglich herzubestellen, als ich schließlich den schwarzen Hover mit der kaiserlichen Flagge um die Ecke biegen sah. Erleichtert atmete ich aus, als Mina auf den Parkstreifen vor mir fuhr.
Das pinkhaarige Cyborg-Mädchen stieg aus und starrte mich mit großen Augen an. „Was zur Hölle?", fragte sie unverhohlen schockiert. Dann blickte sie auf Eijirous blasses schlafendes Gesicht und anschließend zu seinen verbundenen Handgelenken. „Ist er das?", fragte sie etwas leiser und blickte mir in die Augen.
Ich nickte. „Ja. Er wollte mir nicht genau sagen was passiert ist, aber seine Handgelenke sind stark verletzt. Ich muss ihn zu Maijima bringen und am besten schaut sich Shuzenji ihn auch noch einmal an."
Sie runzelte die Stirn. „Hast du ihn einfach so verschleppt?", fragte sie während sie die Hintertür des Hovers öffnete, damit ich Eijirou hineinlegen konnte. Der Rothaarige murmelte unwillig, als ich von ihm abließ.
„Natürlich nicht.", sagte ich. Und dann, da ich wusste, dass es früher oder später sowieso zur Sprache kommen würde: „Ich habe ihn diesem widerlichen Bordellbesitzer abgekauft. Er war nicht bereit ihn zum Cyborg-Techniker oder auch nur zum Arzt zu bringen. Mir blieb keine andere Wahl."
Mina schüttelte den Kopf und fuhr sich über das Gesicht. „Ich kann dich ja verstehen, aber das macht die Sache auch nicht besser. Der Kaiserin wird das überhaupt nicht gefallen." Sie versuchte es zu verstecken, doch ich hörte die Angst in ihrer Stimme.
Sie war bereit gewesen, alle Risiken auf sich zu nehmen, um mir den Ausgang aus dem Palast zu ermöglichen. Jetzt jedoch war klar, dass unser Flucht auffliegen würde und wir mit den Konsequenzen rechnen mussten. Ich hatte ein wenig schlechtes Gewissen. Sie steckte mittendrin, fürchtete um ihren Job und das nur, weil ich mich in einen Sexsklaven verliebt hatte. Verliebt. Es war, als stolperte ich über den Gedanken, der mir so beiläufig gekommen war.
Ich setzte mich zu Eijirou auf die Rückbank und bette seinen Kopf auf meinem Schoß. Im Liegen konnte er sich nicht anschnallen. Auf diese Weise hatte ich zumindest ein bisschen Kontrolle und konnte zur Not verhindern, dass er von den Sitzen rutschte. Dann sah ich zu Mina auf, die noch immer mit ernstem Gesicht vor der geöffneten Tür stand.
„Mina ...", sagte ich vorsichtig. „Es tut mir leid, dass du da mit reingezogen wurdest. Wenn die Kaiserin versuchen sollte meinen Ungehorsam auf dich abzuwälzen, dann werde ich mit allen Mitteln dagegensprechen, okay? Zur Not werde ich sagen, ich hätte dich gezwungen oder dir Gewalt angetan, damit du gehorchst! Hörst du? Egal wie wütend meine Mutter auch sein wird, ich werde nicht zulassen, dass das alles auf dich zurückfällt! Du warst schon immer die einzige, auf die ich mich wirklich verlassen konnte."
Mina lächelte sanft und schüttelte leicht ungläubig den Kopf. Wir beide wussten, dass ich kaum etwas ausrichten konnte, wenn die Kaiserin ihren Willen durchsetzen wollte, aber ich hatte jedes Wort ernst gemeint. „Danke Katsuki. Das bedeutet mir viel.", sagte sie leise. Dann fiel ihr Blick auf Eijirou. „Okay, jetzt sollten wir aber los." Sie schloss die Hintertür und setzte sich hinter die Steuerkonsole. Kurz darauf erhob sich der Hover vom Boden und wir fuhren Richtung Palast.
Ich war Mina unglaublich dankbar. Schon immer hatte sie eine gewisse Sensibilität in kritischen Situationen besessen. Auch jetzt hatte sie mit einem Blick auf Eijirou direkt verstanden, dass jetzt nicht der Zeitpunkt für lange Diskussionen war.
Auf der einen Seite wollte ich so schnell wie möglich in den Palast kommen, um Eijirou zu versorgen, auf der anderen Seite konnte ich nicht bestreiten, dass mir unwohl dabei war. Abwesend fuhr ich durch Eijirous seidige Haare, während ich durch die getönten Fensterscheiben nach draußen sah.
Kurz vor den Palasttoren räusperte sich Mina und fing leise und angespannt an zu sprechen. „Ich werde versuchen für euch ein wenig Zeit rauszuschlagen. Wenn die Wache nicht sofort meldet, dass du ausgebrochen bist könnt ihr zu Maijima gehen und er kann deinen ... Freund versorgen, während du dich den Konsequenzen stellst." Unsere Blicke trafen sich kurz im Rückspiegel und ich nickte zögernd. Auf diese Weise würde Eijirou schnellstmöglich eine gute Behandlung erfahren.
Direkt vor den Toren hielt Mina an und stieg aus dem Hover aus. Normalerweise lief die ID-Kontrolle einfach an der Fahrertür ab, aber sie schien darauf zu setzten, dass der Kontrolleur auf diese Weise keinen Einblick auf die Rücksitze haben würde. Da die Scheiben hinten getönt waren, konnte er nicht ohne weiteres hineinsehen. Ich lehnte mich tief in den Sitz und wartete angespannt darauf, dass Mina wiederkam. Für meinen Geschmack dauerte es ein wenig zu lange.
Doch Mina kam wieder, und als sie die Tür öffnete hörte ich noch wie sie die Wache am Tor fröhlich verabschiedete. Dann setzte sie sich wieder auf den Fahrersitz und fuhr an. „Wir hatten Glück.", sagte sie leise. „Kaminari, die Wache, ist ein guter Freund von mir und er hat keinen Verdacht geschöpft, als ich ausgestiegen bin, nur um ein paar Worte mit ihm zu wechseln."
Ich nickte erleichtert. Wurde ja auch Zeit, dass wir einmal ein wenig Glück hatten. Mina hielt direkt vor dem Palastflügel, in dem sich meine Gemächer und auch Maijimas Labor befand. „Du bringst Eijirou direkt zu Maijima und ich hole die Ärztin.", sagte Mina in einem bestimmenden Tonfall.
Es war seltsam, dass Mina, die immer streng auf Formalitäten achtete, mir als ihrem Prinzen Befehle erteilte. Aber ich war noch nie jemand gewesen, der sich viel aus Hierarchien machte. Außerdem erleichterte es mich unheimlich, dass jemand Eingeweihtes mitdachte. Wenn ich auf Eijirou herunterblicke, war ich einfach nur voller Sorge und kaum in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen.
Ich öffnete die Tür und beugte mich über den rothaarigen Sklaven, um ihn wieder hochzunehmen und ging geradewegs auf die Palasttür zu. Mina öffnete sie mir, da ich keine Hand freihatte, und dann machte ich mich geradewegs auf den Weg in das Labor.
Schnaufend kam ich vor der stahlverstärkten Tür zum Stehen. Ich trat ein paar Mal kräftig dagegen, um Maijima auf mich aufmerksam zu machen. Kurz darauf erschien der unverkennbare orange-rote Haarschopf des Ingenieurs in der Tür. Überrascht starrte er den Mann in meinen Armen an.
„Ich brauche deine Hilfe.", sagte ich ruhig und ging an ihm vorbei ins Labor.
„Prinz Bakugou! Was hat das zu bedeuten?", fragte er schockiert.
Ich legte Eijirou auf einem gepolsterten Labortisch ab, ehe ich mich ihm wieder zuwandte. Die eisblauen Augen des Ingenieurs durchbohrten mich geradezu. „Maijima. Lass uns das später bereden. Er braucht jetzt Hilfe."
Überraschenderweise hakte der sonst so sture Mann nicht nach. Vielleicht war es der Eindringlichkeit meiner Worte zu verdanken oder er sah einfach, in welch schlechter Verfassung sich der Rothaarige befand. Jedenfalls begann er die Verbände um Eijirous Handgelenke zu lösen.
„Jetzt wird alles gut.", flüsterte ich und strich ihm durch die feuerroten Haare. Auch wenn Eijirou mich nicht hören konnte, war es ein Versprechen, das ich ihm geben wollte.
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