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Maxi sah ihm noch nach. Das würde ihm dann was geben! Wie sollte er das wieder aushalten? Gerade war es für ihn schon schwierig seine Gefühle beiseite zu schieben und nur Kumpel zu sein. Irgendwie hatte er das Gefühl je mehr Zeit er mit Gideon verbrachte, desto schwieriger würde es werden!
Schnell schüttelte er den Kopf um diese Gedanken zu verscheuchen und schloss die Tür wieder. Es wartete noch ein Geschirr darauf mit Lederfinish behandelt zu werden!
Am Abend war er zum Glück fertig, leider jedoch nicht nur mi dem Geschirr sondern auch mit den Nerven, denn seine Gedanken hatten ununterbrochen um Gideon gekreist.
Gideon war aber auch eine Erscheinung. Selbst wenn er verzweifelt und niedergeschlagen war sah er unglaublich gut aus. Seine Angewohnheit sich durch die Haare zufahren, wenn er nervös war oder nicht weiter wusste hatte dafür gesorgt dass sich seine ordentlich und akkurat gestylte Frisur sich immer weiter verabschiedet hatte und hatte ihn unglaublich niedlich und schonfast Bubenhaft aussehen lassen. Er hatte jünger als 26 ausgesehen. Es kam Maxi irgendwie nicht so vor, als ob Gideon sechs Jahre älter wäre als er. Ein Blick aus seinen blauen Augen würden wahrscheinlich ausreichen um Maxi Schachmatt zusetzten oder ein Lächeln. Ein wunderbares Lächeln, leicht verklärt so wie er immer seine Pferde anlächelte. Einmal Grund für so ein Lächeln zu sein wäre einfach unglaublich! Schon bei dem Gedanken breitete sich ein aufgeregtes Kribbeln in Maxis Magengegend aus.
Als er nach Hause kam übergab er seinem Großvater direkt das Geschirr und der alte Mann begutachtete es fachmännisch nur um mit einem Nicken zu signalisieren das er zufrieden war. Anerkennend klopfte er Maxi auf die Schulter. Er hatte wohl mehr als zufriedenstellende Arbeit geleistet.
Seine Mutter hatte den Tisch schon gedeckt und saß schon am Kopfende des Küchentisches. „Hallo Maxi. Hast du das Geschirr für deinen Großvater fertig?" fragte sie und sah ihren Sohn aus ihren ebenfalls braunen Augen an. „Ja. Ich habe es ihm auch schon mitgebracht." Die Frau nickte „Bevor ich es vergesse, eine Charlotte hat nach dir gefragt. Sie meinte du würdest schon wissen wer sie sein, wenn ich dir ihren Namen sage. Ich habe ihr deine Nummer gegeben. Sie wirkte wirklich nett. Warum hast du nie was von ihr erzählt?" Maxi guckte erst etwas verwirrt, dann erinnerte er sich wieder an das Mädchen das er gestern getroffen hatte. „Ich hab sie gestern erst kennengelernt, als ich mit Gideon noch einen Trinken war" erklärte er und setzte sich auf seinen Platz. „Ach so. Ich fand sie sehr sympathisch." „Wer ist symphytisch?" kam sein Vater in die Küche. „Heute hat ein Mädchen nach unserem Sohn gefragt" seine Mutter sah seinen Vater mit einem dieser Blicke an, die Maxi nie so recht zu deuten wusste. „Aha!" sein Vater zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Sie ist nicht zufällig der Grund gewesen weswegen du gestern so spät Zuhause warst?" Maxi schüttelte entrüstet guckend den Kopf „Nein". Sein Vater schien es ihm nicht wirklich zu glauben. Seine Mutter lächelte verzückt „Vielleicht wird es ja mal was mit ner Freundin". So sollte sie besser reagieren wenn ein Typ nach ihm fragen würde. Daraus würde höchstens eine wirklich gute Freundschaft werden.
Am nächsten Morgen hatte Maxi auch schon eine Nachricht von Charlotte auf seinem Handy. „Hey. War Samstag echt schön sich mit dir zu unterhalten. Wann machst du Mittagspause?" „Um 13Uhr. Wir können uns vor dem Schauraum treffen. Ich habe noch bis 12.30 Uhr Außentermine" tippte er schnell und stand schwungvoll auf.
Sofort machte sich sein noch nicht ganz komplett hochgefahrener Kreislauf bemerkbar und ihm wurde für einen kurzen Moment schwindelig. Dann zog er seine Klamotten aus dem Kleiderschrank. Bevor ins Bad ging sah er noch einmal auf sein Handy. „Okay. Wir treffen uns dann, außer es macht jemandem was aus wenn ich dich in deiner Mittagspause entführe" Maxi musste schmunzeln. Nein leider nicht, darum tippt er zurück „Nein. Momentan habe ich keinen eifersüchtigen Freund, der sehnsüchtig auf mich warten könnte".
Mit Charlotte könnte es ganz lustig werden. Vielleicht könnt er ihr auch von Gideon erzählen. Also von dem was er für ihn empfand.
Die Außentermine waren alle unspektakulär. Einen Sattel überreichte er seinem neuen Besitzer, von vier Pferden nahm er Maß und die ein oder andere Pferdebesitzerin schmachtete ihn an.
An der Tür zum Schauraum lehnte um eins mit einem breiten Grinsen Charlotte. Er parkte auf dem Parkplatz neben der Werkstatt.
Wenig später begrüßten sie einander. „Kann ich das noch reinbringen?" fragte Maxi grinsend und wies auf die Mappe in seiner Hand. Sie nickte und folgte ihm in die Werkstatt.
„Oh geil!" kommentierte sie den Raum und strich mit den Fingern über eine Lederhaut mit der Maxi am Nachmittag weiter arbeiten würde. „Es gibt nichts was sich so anfühlt wie echtes Leder!" meinte sie und strahlte ihn an, nachdem sie ihren Blick noch einmal durch den Raum hatte wandern lassen. „Können wir?" Er sah sich noch einmal kurz in dem spärlich beleuchteten Raum um und nickte dann. „Super!" sie klatschte in die Hände.
Maxi hatte keinen Plan wo sie mit ihm hin wollte. Ihr Weg führte sie einmal quer durch das kleine Dorf, einen Feldweg hoch und am nahen Wäldchen links. Maxi verwirrt das ehrlicherweise etwas.
An einer Bank am Baggersee etwas ab vom Schlag verlangsamte sie ihre Schritte. „Dafür mussten wir jetzt durch das halbe Dorf rennen?" fragte Maxi kritisch. Es gab ganz klar auch einen kürzeren Weg. „Ja" sie grinste frech und ließ sich auf der Bank nieder. „Den kürzeren Weg nehmen wir auf dem Rückweg! Jetzt setzt dich erstmal und wir reden" Sie klopfte neben sich auf die verwitterte Bank. Maxi tat wie ihm befohlen. Er ließ sich neben das Mädchen auf die Bank sinken. Noch immer wusste er nicht so recht was sie von ihm wollte.
„Wieso bist du eigentlich Sattler geworden?" fragte sie und schaute Maxi interessiert an. „Ich weiß nicht. Irgendwie fand ich den Beruf schon immer spannend und ich habe auch gerne mit Pferden zu tun." Sie grinste und meinte „Mhmh! Mit Pferden! Sicher nicht mit den Reitern?" Maxi musste lachen „Das kommt drauf an" „Was ist mit Gideon?" Maxi seufzte und meinte „Ganz dünnes Eis!" „Aha! Du willst was von ihm!" stellte sie fest. Sie kannten sich erst seit vielleicht zwei Tagen und sie quetschte ihn schon so aus. Maxi wusste noch nicht was er davon halten sollte. „Weiß er das?" „Nein. Ist ehrlichgesagt auch besser so!" Sie sah ihn kritisch an „Ist klar. Sowas wie Mut hast du nicht oder?" „Doch, eigentlich schon, aber er ist so ein Wrack! Der brauch mich als Freund und wie ich ihn einschätze würde er ohne mit der Wimper zu zucken die Freundschaft beenden, wenn er das wüsste" erklärte ihr Maxi ruhig und ließ seinen Blick über die spiegelnde Oberfläche des Sees wandern. Sie schüttelte den Kopf „Glaub ich nicht! Seit er dich kennt ist er anders!" Das überzeugte Maxi jetzt nicht ganz „Mhm und Schweine können fliegen." „Nee, nee eine Freundin von mir hat was mit ihm gehabt, aber er gibt ihr wirklich nur noch Unterricht und das schon seit locker drei Wochen."
Seit drei Wochen waren er und Gideon per Du. Drei Wochen in denen sich Maxis Leben latent geändert hatte. Da war jetzt wieder jemand der ununterbrochen durch seinen Kopf schwirrte und ihn nicht mal mehr beim Arbeiten los ließ.
„Das heißt nichts. Vielleicht hat er nur das Interesse an ihr verloren" winkte Maxi ab. „Wer weiß!" flötete Charlotte. Ihr Gespräch drehte sich danach um belanglose Dinge.
Charlottes Worte gingen Maxi nicht mehr aus dem Kopf. Sollte er es wirklich wagen? Sollte er Gideon von seinen Gefühlen erzählen? Nein. Er war doch nicht bescheuert.
Ein weiteres Turnierwochenende mit Gideon stand an und Maxi freute sich irgendwie total drauf. Es viel ihm nicht besonders schwer früh aus dem Bett zukommen. Das tat es eigentlich generell nie in letzter Zeit, aber an dem Tag war es besonders leicht.
Ungeduldig wartete Gideon darauf, dass Maxi kam. Sie hatten sich darauf geeinigt sich auf dem Turniergelände zutreffen. Maxi hatte zwar noch fünf Minuten trotzdem machte es Gideon nervös, dass er noch nicht da war.
Drei Minuten vor der vereinbarten Zeit tauchte der junge Mann zum Glück auf. Gideon wollte ihn total normal begrüßen, aber sein Kumpel war irgendwie komisch. Etwas stimmte nicht so viel war sicher. Aber Gideon wollte nicht nachfragen. Dafür hatte er einfach keinen Kopf gut eine Stunde vor der Prüfung.
Schweigend sattelten sie gemeinsam Wing, der als erster der beiden Pferde dran sein würde. Das letzte Mal hatten sie gelacht. Maxi schien eh mit den Gedanken wo anders zu sein.
Gideon zog sich gerade sein schwarzes Jackett über und wollte in den Sattel steigen da bremste Maxi ihn. „Warte mal. Dein Kragen sitzt nicht" ehe Gideon sich versah richtete ihm sein Sattler den Kragen, aber anstatt danach von ihm abzulassen sah Maxi ihm einfach nur in die Augen. Gideon war verwundert. Was war los hatte er etwas im Gesicht? Eh er sich versah lagen die Lippen seines Kumpels auf seinen. Erst war Gideon zu perplex um zu reagieren, dann drückte er Maxi von sich weg. Vollkommen überfordert schüttelte Gideon, die blauen Augen ungläubig geweitete, den Kopf und zischte „Geh! Du bist vollkommen bescheuert! Hau ab! Ich will dich gleich nicht wieder hier sehen. Ich komme auch alleine klar!"
Das letzte war zwar gelogen, er würde nie und nimmer bei der Einteilung alleine klar kommen, aber er konnte einfach nicht weiter mit Maxi zusammen arbeiten! Es ging einfach nicht! Was bildete er sich ein! Er war doch nicht schwul!
Ohne sich noch einmal umzudrehen lief Gideon zum schonfast überfüllten Abreiteplatz. Frechheit! Ihn zu küssen! Er liebte Frauen und keine anderen Männer. So was passte nicht in den Reitsport. Die Freundschaft war damit auch beendet! Ganz klar! Mit einem Schwulen wollte er nichts mehr zu tun haben.
Maxi zitterte leicht. Warum hatte er das nur getan?! Der Moment schien so passend. Er hatte sich von seinen scheiß Gefühlen leiten lassen! Das hatte er nun davon. Gideon hasste ihn! Es hatte weh getan so von ihm Behandelt worden zu sein. Er wollte auch nicht länger an diesem Ort bleiben. Das war so klar gewesen. Jung, dumm, verliebt! Das erklärte doch eigentlich schon alles!
Gideon zog seine Kreise über den trockenen Rasenplatz. Na super! Dank Maxi konnte er sich nun nicht mehr wirklich konzentrieren, dafür war er zu durcheinander! Er hatte Maxi vertraut! Warum küsste er ihn dann? Er dachte sie wären Freunde. Nicht mehr und nicht weniger! Hatte er Maxi irgendwie Hoffnungen gemacht? Nein. Nicht das er wüsste, aber man konnte ja nichts für seine Körpersprache oder sonst irgendetwas das er hätte Missinterpretierten können. Maxi wusste doch, dass er auf Frauen stand.
Maxi war ihm gar nicht vorgekommen als wäre er schwul. Er hatte so normal gewirkt. Ja gut er hatte nie ein Mädchen abgeschleppt, aber das hatte Gideon unter prüde und auf der Suche nach der großen Liebe abgetan.
Gideon trabte an. Wing spürte seine Gefühlslage und benahm sich. Zumindest zog er nicht so an wie sonst auf dem Abreiteplatz.
Reiten half ihm eigentlich immer solche Sachen aus dem Kopf zubekommen, aber hier war es anders. Seine Gedanken überschlugen sich. Er liebte Maxi nicht! Nein! Er hatte ihn als Kumpel haben wollen.
Als sein Name aufgerufen überschlug sich immer noch alles in seinem Kopf. Eigentlich war es schonfast fahrlässig in dem Zustand so einen Parcours zuspringen, aber das sah Gideon nicht wirklich ein.
Er ritt in die Turnierarena ein und sah sich in den Zuschauerrängen um. Maxi war wirklich weg. Das war auch besser so, aber sein Vater stand dicht beim Ausritt. Was machte der alte Mann bloß hier! Derselbe missbilligende Blick wie immer und zu Gideons Enttäuschung kam noch Unsicherheit.
Die Glocke erklang. Wing spitzte die Ohren und war ganz klar bereit alles zu geben. Der Kampfgeist seines Pferdes war geweckt worden, aber Gideon war immer noch nicht ganz bei der Sache. Er gab dem Fuchs die Hilfe zum angaloppieren. Sofort flogen sie über den Rasenplatz und die Stollen hinterließen in regelmäßigen Abständen kleine Löcher. Sein Herz schlug wild gegen seine Brust. Schon nach wenigen Galoppsprüngen baute sich der erste Sprung vor ihnen auf. Den meisterten sie ohne nennenswerte Schwierigkeiten. So auch die nächsten drei Sprünge.
Am vierten passierte es dann. Gideon passte nicht richtig auf. Die Wendung war nicht optimal gewesen. Sie kamen eindeutig zu dicht. Der Wallach sah es, aber nicht ein zu verweigern. Gideon wollte noch bremsen. Riss in Panik unsanft an den Zügeln, aber wenn Wing einmal im Springen war, wollte er auch den Parcours durchziehen. Der Wallach drückte sich ab, verschätzte sich aber ebenfalls.
Mit den Vorderbeinen blieb er hängen. Alles war geschah fast wie in Zeitlupe. Panisch riss das Pferd die Augen auf, die Nüstern bebten. Die schwarz-weißen Stangen brachen nicht. Sie fielen nur langsam. Es war alles zu spät.
Der massige rotbraune Pferdekörper landete auf dem Boden. Es dauerte ein paar Sekunden bis sich etwas rührte. Der Wallach versuchte wieder auf die Beine zu kommen und dabei seinen Reiter nicht noch weiter zu verletzten, aber wie sollte er aufstehen ohne Gideon der unter seinem Pferd gelandet war noch einen Huftritt oder ähnliches verpassen. Der Wallach sprang auf und rannte panisch über den Platz.
Gideon lag auf dem kurz und gleichmäßig gemährten Rasen. Er versuchte mit aller Macht die Augen auf zu behalten. Sein Sichtfeld war verschwommen, alles drehte sich und jeder Atemzug verursachte tierische Schmerzen. Nach einem Wimpernschlag gab er diesen idiotischen Kampf gegen seinen Körper auf. Wie ein dunkles und betörendes Tuch legte sich die schützende Dunkelheit über ihn und behielt ihn fest im Griff.
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