Hufflepuff gegen Slytherin
Albus' Sicht
"Du willst was?!", schrie Scorpius ungläubig, als ich ihm erklärt hatte, dass ich vorhatte, bei McGonagall im Büro einzubrechen und Dumbledores Portrait zu befragen.
"Ach komm schon!", bettelte ich, "Sei kein Spielverderber!"
"Ich bin kein Spielverderber!", verteidigte er sich, "Aber im Gegensatz zu dir benutze ich meinen gesunden Menschenverstand!"
Ich schüttelte den Kopf.
"Sonst bist du doch auch nicht so", sagte ich.
"Wie bin ich?", fragte er.
Ich überlegte einen Moment.
"So langweilig, spießig und rosehaft", erklärte ich schließlich.
Scorpius sah mich entsetzt und wütend zugleich an. Er runzelte die Stirn und in seinem Gehirn schien es angestrengt zu rattern.
Dann schien er einen Entschluss gefasst zu haben, blickte mich entschlossen und stand auf.
"Wir machen es!", sagte er entschieden.
Ich grinste. Tja, ich wusste halt, wie ich bekomme,was ich will.
Sofort begann ich alles durchzuplanen.
"Also: Als erstes brauchen wir das Passwort. Wir sollten uns schnell darum kümmern, damit wir in am besten schon morgen ins Büro kommen. Dann sollten wir auf jeden Fall schon vorbereiten, was wir überhaupt sagen wollen, schließlich haben wir nicht alle Zeit der Welt und-"
"Stop! Stop! Stop!", unterbrach Scorpius mich, "Wie stellst du dir das vor? Das braucht wesentlich mehr Planung und am besten nicht schon in zwei Tagen!"
"Warum denn nicht? Je schneller wir es hinter uns haben, umso besser!", verteidigte ich meine Meinung.
Scorpius hob eine Augenbraue.
"Ganz einfach!", begann er, "Also erstens: Wir sollten erst mal aufpassen, ob sich irgendwelche Nachwirkungen von heute zeigen. Vielleicht bin ich nicht der Einzige, dem heute was Komisches passiert. Und zweitens, was noch viel wichtiger ist, in zwei Wochen spielt Slytherin gegen Hufflepuff Quidditch. Und wenn ich mich nicht täusche, dann musst du da auch mitmachen!"
Ich verdrehte die Augen. Glaubte er denn nicht, dass ich beides schaffen würde?
"Vertrau mir, Scorpius", beschwichtigte ich ihn, "Ich schaff doch beides gleichzeitig!"
"Das meine ich nicht", erklärte er, "Ich bin mir sicher, dass beides zur selben Zeit zu tun nicht das Problem ist. Ich meine nur, wenn wir erwischt werden?"
In seinem Blick war etwas, das ich da noch nie gesehen hatte. Etwas, das da nicht hingehörte. Angst. Es passte einfach nicht, dass er Angst hatte. Nicht Scorpius Malfoy!
"Wir werden schon nicht erwischt!", sagte ich zuversichtlich.
"Und wenn doch? Du wirst Quidditch-Verbot bekommen und wer soll dich dann ersetzten, hm? Du willst doch auch gewinnen. Wir können es uns nicht leisten, gegen diese Flaschen zu verlieren!"
Ich musste ein bisschen lachen. Ja, gegen Hufflepuff zu verlieren, würde unserem Image wirklich nicht gut tun.
"Ja, aber wir werden nicht etwischt!", sagte ich.
"Und was macht dich da so sicher?"
"Ich weiß es einfach. Ich spüre es!"
Er verdrehte grinsend die Augen.
"Aus welcher Kitsch-Schnulze hast du das denn?", fragte er.
Ich musste auch lachen.
"Was hätte ich denn sonst sagen sollen?", fragte ich.
Er zuckte mit den Schultern und wir schmissen uns rücklings auf das Bett. Eine Weile sahen wir einfach nur hoch, ohne etwas zu sagen. Es war schon alles verdreht uns verrückt und einfach nur komisch. Hätte mir jemand vor einem Jahr erzählt, dass ich in Hogwarts nach Slytherin kam, es auch noch gut fand, mich mit dem Sohn des Feindes meines Vaters anfreundete, Quidditch spielen durfte und plante, in das Büro der Direktorin einzubrechen, dann hätte ich ihn für verrückt erklärt. Aber genau so war es. Und es war cool. So musste sich Leben anfühlen. Genau so. Mit all seinen Höhen und Tiefen, mit Abenteuern, verrückten Ideen und vor allem mit Freunden!
Ich lächelte in mich hinein und all das Glück, das ich in diesem Moment spürte, konnte ich gar nicht in Worte fassen. Und erklären erst recht nicht.
Vielleicht musste ich das auch gar nicht. Manche Dinge musste man einfach so hinnehmen und glauben.
"Albus?", fragte Scorpius nach einer Weile und drehte den Kopf zu mir um.
"Ja?", fragte ich und sah ihn an. Er lächelte mich an.
"Ich weiß es auch", sagte er.
"Was weißt du?"
"Dass wir es schaffen."
Ich grinste.
"Gut", sagte ich.
"Ja", sagte er, "Ich weiß selbst nicht genau, wieso. Manche Dinge muss man halt einfach so hinnehmen und glauben. Wir sollten es 'Intuition' nennen."
Ich musste ihn ziemlich erstaunt angesehen haben, denn Scorpius grinste mich an und fragte: "Was?"
"Äh. Nichts", antwortete ich schnell. Woher hätte er denn wissen sollen, dass ich genau das Gleiche auch gerade gedacht hatte?
Schnell schüttelte ich den Kopf, um auf klare Gedanken zu kommen.
"Also stimmst du zu, dass wir es in zwei Tagen machen?", fragte ich.
"Nein."
"Warum?!"
Er sah wieder hoch.
"Ich hab dir doch schon gesagt, dass wir es erst nach dem Spiel machen sollten. Nur zur Sicherheit."
Ich musterte ihn. Nein, das konnte ich einfach nicht glauben. Er log.
"Komm schon, es ist was anderes. Sag's mir einfach!"
Scorpius atemte aus. Dann drehte er sich wieder zu mir um.
"Ehrlich gesagt, ich will jetzt erst mal Ruhe. Das war zu viel Aufregung in letzter Zeit. Und diese ständige Angst davor, dass ich irgendetwas im Schlaf tue. Das...das macht mich einfach fertig, okay?"
Ich nickte. Also erst in zwei Wochen.
Die Tage verstrichen schneller als erwartet und bevor ich mich versah, stand ich schon auf dem Quidditschfeld. Es war Mitte November ein rauer Wind fegte über die Ländereien von Hogwarts. Meine Füße fühlten sich ganz wackelig an, während mein Herz aus meiner Brust zu springen schien. Und wie ich so auf dem Feld stand, kam ich mir plötzlich sehr klein vor. Unsicher krallte ich mich in meinen grünen Umhang und umklammerte krampfhaft den Besen. Ich musste den Schnatz einfach fangen! Ich musste beweisen, dass ich gut genug für das Team war. Und ich musste den anderen Häusern beweisen, dass Slytherin viel besser war. Selbstverständlich waren Gryffindor und Ravenclaw für Hufflepuff. Und das nicht mal unbedingt, weil sie Hufflepuff so toll fanden, sondern nur, weil sie all die Vorurteile gegen Slytherin hatten.
Aber das war nur ein Grund mehr, wieso ich 110% geben würde. Es ging nicht darum, wer die meisten Fans hatte, sondern darum, wer besser war. Und wie waren besser. Das wusste ich.
Vorne standen McGonagall und Dalonero. Beide funkelten sich wütend an; Dalonero hatte natürlich wieder Slytherin-grüne Haare und etwas, das an eine schlechte Kriegsbemalung erinnerte. McGonagall hingegen stand mit ihrem roten Schottenkaroschal daneben und trotz ihrer Bemühungen unparteiisch zu wirken, sah man ihr an, wie sehr sie Slytherin verlieren sehen wollte.
Die Hufflupffs sahen in meinen Augen aus wie fehlplatzierte Sonnenblumen in ihren quietschgelben Umhängen. Unter ihnen war auch Alice Longbottom, das Mädchen, das ich am ersten Tag kennengelernt hatte. Eine Freundin von Rose. Das war Grund genug, um sie nicht mehr zu mögen. Tja, und ich war mir auch ziemlich sicher, dass sie nichts mit einem Slytherin zu tun haben wollte. Ihr Pech. War mir doch egal.
Brandon und der Kapitän der Hufflepuffs mussten sich die Händel geben, dann ging es los.
Jetzt oder nie. Ich war so aufgeregt, dass ich kaum noch ruhig atmen konnte. Dock kurz bevor ich in die Luft flog, kam Alice rüber, lächelte mich an und meinte: "Okay, na dann viel Glück, Al!"
Ich war viel zu überrascht, um etwas erwidern zu können. Da hob ich auch schon ab. Hatte sie mir gerade ernsthaft viel Glück gewünscht? Ich schüttelte den Kopf. Das war unmöglich. Und es breitete sich auch ein komisches Gefühl in meinem Magen aus, als ich daran dachte, wie sie mich genannt hatte. Al. Mich hatte schon seit Ewigkeiten niemand mehr bei meinem alten Spitznamen genannt. Und jetzt fühlte es sich seltsam falsch an. Nein, ich war nicht Al. Mein Name war Albus Severus, keine dämlichen Kürzel davon.
Als ich oben in der Luft war und der kühle Wind durch meine Haare fuhr, konnte ich endlich wieder einen klaren Gedanken fassen. Ich musste mich auf das Spiel konzentrieren. Ich sah mich nach dem Schnatz um. Aber alles, was ich entdecken konnte, war eine Sechstklässlerin namens O'Lorry. Sie war die Sucherin von Hufflepuff. Wie sie mit Vornamen hieß, wusste ich nicht. Brandon hatte mir nur mal bei einer Probe erklärt, dass sie das typische Klischee einer Hufflepuff war: viel zu gutherzig, etwas naiv und ein verdammter Gutmensch, dessen größer Wunsch Weltfrieden war.
Ich verdrehte die Augen, folgte ihr aber trotzdem mit dem Blick, während ich Kreise über das Spielfeld zog. Plötzlich ertönte die Stimme des Kommentators: "Oh, und das war ein zielsicherer Schuss von Hufflepuff's Kapitän Hudson! Der Quaffel war drin, Slytherins. Zehn Punkte für Hufflepuff!"
Jubel ging durch die Zuschauerreihen. Ich bemerkte, wie sich Brandons Gesicht verdunkelte und während die Hufflepuffs durch die Jubelrufe abgelenkt waren, schnappte er sich den Quaffel und flog auf den gegnerischen Ring zu. Keine fünf Minuten später stand es 10:10.
Ich versuchte mich nicht zu sehr von dem restlichen Geschehen ablenken zu lassen. Erst flog ich ganz tief, dann ganz hoch; durchkämmte systematisch das gesamte Feld auf der Suche nach dem Schnatz. Wo war das verfluchte Teil nur?!
Ich wurde zunehmend aufgeregter und hektischer, als die nächsten vier Tore für Hufflepuff waren. Wir schafften es kaum, auszugleichen und während die Distanz zwischen den Punktzahlen immer größer wurden, raste mein Herz immer schneller. Wenn ich jetzt den Schnatz fing, würden wie haarscharf gewinnen.
Ich sah mich um, flog etwas schneller, um möglichst viel Fläche zu überwachen.
Plötzlich bemerkte ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel und drehte mich ruckartig um. Da war O'Lorry und sie flog mit ausgestreckter Hand hinter etwas her. Schnell wog ich die Chancen ab, ob dies ein Bluff sein könnte. Aber nein, sowas würde sie nie tün. Sie musste den Schnatz wirklich gesehen haben.
So schnell ich konnte, flog ich auf sie zu. Ich kniff die Augen zusammen und klammerte mich an den Stiel. Der Wind peitschte an mir entlang. Der Schnatz flog im Zickzack vor O'Lorry her und ich konnte sie einholen. Ich streckte die Hand aus. Der Schantz war schon ganz nah. Dicht aneinander verfolgten wir ihn. O'Lorry hatte längere Arme, das verschaffte ihr bessere Chancen. Ich versuchte etwas schneller zu werden, doch viel mehr gab mein Besen nicht her. Ich sah zu O'Lorry und ein Gedanke huschte mir durch den Kopf. Sollte ich? Aber ich musste den Schnatz unbedingt fangen! Doch es war nicht richtig. Aber ich musste.
In Gedanken haderte ich mit mir und versuchte mit meinem Gewissen zu verhandeln, ob ich das, was ich vorhatte, auch wirklich tun sollte.
Und dann tat ich es, ohne weiter darüber nachzudenken. Ich riss die Augen so weit auf, dass der Wind mir mitten hineinpeitschte und mir Tränen in die Augen trieb, damit es aussah, als ob ich kurz davor war, loszuweinen. O'Lorry sollte doch so furchtbar nett sein, da würde sie doch sicher Mitleid mit einem kleinen, armen Erstklässer haben. Ich wischte mir das selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht und rempelte sie unauffällig an. Dann sah ich schnell wieder zum Schnatz. Ich fühlte ihren Blick von der Seite und machte das verzweifeltste Gesicht, das ich nur konnte. Sie zögerte eine Sekunde. Ich grinste in mich hinein, ohne äußerlich etwas an meinem Ausdruck zu ändern. Diese paar Sekunden waren alles, was ich brauchte. Ich preschte vor - und umschloss die kleine, goldene Kugel mit meiner Hand.
Augenblick begannen die Rufe. Die Slytherins jubelten. Alle anderen buhten. Ich landete und hielt den Arm in die Luft, damit alle den Schnatz darin sahen. Pure Euphorie durchströmte mich und ich vergaß den kleinen Betrug, den ich dafür begehen musste. Alles in mir rief: Du hast es geschafft! Du hast gewonnen!
"Albus Potter hat den Schnatz gefangen! Slytherin gewinnt!", tönte es aus den Lautsprechern.
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