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Es war schon viel zu spät als Remus wieder in den Schlafsaal trat. So spät, dass niemand mehr hätte wach sein dürfen und so bemühte er sich, so leise wie möglich die Tür hinter sich zu schließen und zu seinem Bett hinüber zu schleichen. Er hatte allerdings keine Ahnung wie spät es genau war, Lily hatte ihn schon vor Stunden wieder allein gelassen und er war noch lange allein dort oben gesessen und hatte sich selbst bemitleidet. Ein relativ neuer Mond leuchtete auf dem, heute wolkenlosen, Himmel zwischen vielen Sternen. Sein Gewissen, sein Herz und sein Verstand führten einen weiterbestehenden Kampf. „Es war nur ein Kuss... aber es war ein verdammter Kuss...aber ungewollt... aber du hättest es vorhersehen sollen...Du hast Sirius nichts gesagt" Tränen hatte er keine mehr zu weinen übrig, oder so dachte Remus in diesem Moment. Er fühlte sich ausgetrocknet und so unglaublich müde, doch zu aufgewühlt, als dass er die Augen schließen könnte, ohne Sirius innerlich vor sich zu sehen. Mit einem leisen Seufzen ließ er sich auf sein Bett sinken. Das einzige Geräusch, das an seine Ohren drang, war das Atmen der anderen und das rascheln der Decken, wenn sie sich in ihrem friedlichen Schlaf umwandten.
„Hallo." Ein kalter Schauer durchfuhr Remus und eine Gänsehaut stellte sich auf seinen Armen auf. Nur schwer konnte er ein erschrockenes nach Luft schnappen zurückhalten. Sirius Stimme hörte sich ernst an, viel zu ernst für Sirius. Es machte Remus Angst. „Hallo." Remus' Stimme klang kratziger als sonst, man konnte ihm das Weinen anhören. Er drehte sich um und kniff die Augen zusammen, um Sirius' Silhouette in der Dunkelheit zu erkennen. Sein Herz wurde noch schwerer als es schon war und er musste sich konzentrieren zu atmen. Sirius war noch wach...
Was sollte Remus sagen? War Sirius wütend, enttäuscht, wollte er eine Erklärung oder erst gar nicht mit Remus reden? Wieso sagte er nichts mehr?
Sie saßen beide auf ihren Betten und schwiegen. Keiner der beiden wagte es eine Bewegung zu machen. Dann endlich sagte Sirius etwas. „Wir sollten runter gehen", seine Stimme noch immer ernst und emotionslos, es klang nach der Stimme, in der Sirius mit seinen Eltern sprach und als Remus das realisierte verpasste es ihm einen schmerzhaften Stich in sein Herz.
Wortlos folgte er Sirius nach unten, im Gemeinschaftsraum brannte kein Licht mehr, nur noch das Kaminfeuer tauchte den Raum in ein sanftes Orange.
Remus wusste, dass man im Schlafsaal, selbst eine Horde Hippogreife vom Gemeinschaftsraum schwer hören würde, doch trotzdem hatte er das Gefühl, als müsse er flüstern. Erwartete Sirius von ihm, dass er anfangen würde etwas zu erklären? Denn darauf konnte er lange warten. Remus Hirn war nur ein einziger, angespannter Angstzustand, das kein Wort zustande brachte. „Wo warst du?", fragte der Black schließlich. Er flüsterte, obwohl auch er genau wusste, dass es eigentlich nicht nötig war. Es fühlte sich an, als könnte jedes laute Geräusch die Nacht zerstören. „Astronomieturm", antwortete Remus knapp. Er blickte von Sirius weg, er konnte seine Augen nicht im Schein des Feuer ertragen.
Auf Remus' Antwort nickte Sirius nur kurz. Nach einiger Zeit des herum Stehens meinte er plötzlich: „Wenn du mir nichts mehr zu sagen hast, kann ich genauso gut endlich schlafen gehen." Das war eine Lüge, Sirius könnte mit dieser Situation nie einfach so schlafen gehen.
Remus Herz machte einen Satz und plötzlich fielen ihm die Worte wieder ein. „Sirius, nein-„
„Dann erklär's mir", es klang scharf und verzweifelt. Remus konnte es ihm nicht verübeln, Sirius verdiente eine Erklärung. Ob er eine gute hatte war eine andere Frage.
Remus schluckte, bevor er zu reden begann, etwas lauter als zuvor: „Es tut mir leid.."
Er brauchte kurz Zeit um sich zu sammeln.
„Das ist keine Erklärung", stellte Sirius vorwurfsvoll fest. Remus fuhr sich mit beiden Händen über das vernarbte Gesicht.
„Ich weiß", es klang härter als Remus gewollt hatte und er fing nochmal an: „Ich hab keine Ahnung, wer dir was erzählt hat, aber das stimmt-„ Es war so verdammt schwer die Worte auszusprechen. „Cynthia hat mich geküsst."
Er schwieg und wartete auf Sirius' Reaktion, doch es kam nichts.
„Sirius?", fragte Remus, seine Stimme klang besorgt, doch er wagte es nicht Sirius anzufassen. „Was noch Remus?", fragte der andere endlich. Er blickte noch immer ins Feuer und seine Augen glänzten.
„Wie, was noch?" Remus verstand gar nichts mehr, welche verdammten Gerüchte hatte Sirius denn noch gehört und von wem??
„Du warst Stunden lang weg, das kann nicht alles sein was passiert ist."
„Oh- deswegen also", dachte Remus. Er hatte Angst bekommen und sich Stundenlang versteckt.. doch konnte er das wirklich sagen? Es war immerhin was passiert war und er wollte Sirius nicht anlügen. Soviel wusste er mit Sicherheit.
„Nach dem sie mich- das einfach so getan hatte, hatte ich Schritte gehört, jemand hat uns gesehen, ich weiß nicht-"
„Peter", erläuterte Sirius.
„Peter", hauchte Remus mit zusammengezogenen Brauen. Sein Atem fühlte sich heiß an. „Ich bin auf den Astronomieturm gerannt und hab nachgedacht. Ich war total fertig. Es tut mir so leid." Sirius seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Wieso bist du nicht zu mir gekommen und hast mit mir geredet?", fragte Sirius so ruhig, dass Remus etwas Schlimmen darauf folgen ahnte. „Ich hatte Angst."
Sirius hielt den Atem an, es sah aus als würde ein Blitz durch seinen Körper fahren.
„Du hattest Angst...vor mir?" Remus spürte wie Tränen in ihm aufsteigen wollten, doch er hielt sie zurück. Er hatte Sirius enttäuscht.
„Nicht vor dir, nein. Ich hatte Angst vor den Konsequenzen, vor diesem Moment, genau jetzt, der sowieso gekommen ist, davor was passieren könnte", sagte Remus so ruhig und standhaft wie er nur konnte.
„Und hast du jetzt gerade Angst?", fragte Sirius leise. Remus wusste nicht was er sagen sollte.
Wenn er ehrlich zu sich selbst war, wusste er, dass er Angst hatte. Leicht nickte er. Mit einem enttäuschten und genervten Seufzen drehte sich Sirius von ihm weg. Er stand mit dem Rücken zu Remus. „Du weißt, dass ich dir nie im Leben etwas antun könnte." Er sagte es mit lauter, fester Stimme. Remus griff nach Sirius' Schulter und drehte ihn wieder zu sich. Sie standen jetzt näher beisammen und blickten sich direkt in die glänzenden Augen.
„Merlin, Sirius, ich weiß", flüsterte Remus. „Ich hatte nur Angst, dich zu verlieren, dass das was wir haben zu Bruch gehen wird. Nur wegen einem dummen Kuss, nur weil ich so ein Idiot bin."
„Du bist wirklich ein Idiot."
Sirius schenkte ihm endlich zum ersten Mal in dieser Nacht, ein Hauch von einem Lächeln.
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