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Remus knetete nervös seine Hände und starrte aus dem Fenster. Sirius und James waren schon viel zu lange weg. Sie mussten erwischt worden sein und wenn dies der Fall war, dann musste er sich die Schuld dafür geben. Auch wenn es ihre Idee gewesen war, er war der Werwolf für den der Trank bestimmt war und wenn er einfach gesagt hätte, dass er ihn nicht haben wollte, wäre das alles nie passiert und die Zwei hätten keine Schwierigkeiten. Remus' Herz pochte schnell und sein Atem zitterte. Er konnte nichts anderes tun als warten.
Wie das Brauen des Tranks funktionierte, hatte er sich schon längst angeschaut, den Kessel und alle anderen Utensilien hatte er auch schon vorbereitet, doch nun waren die beiden sicher schon länger als eine dreiviertel Stunde fort.

Gerade als Remus aufstehen wollte, um die Sachen wieder wegzuräumen, da er vermutete, dass James und Sirius gerade, wie so oft, Strafarbeiten erledigen mussten und sie wohl noch länger weg bleiben würden, öffnete jemand schwungvoll die Tür. Remus Blick schnellte zu ihr und vor Schreck atmete er scharf ein.
James und Sirius standen mit einem Grinsen dort, in den Händen hielten sie Gläser und Fläschchen, mit allen Zutaten. Remus fiel ein Stein vom Herzen und endlich entknotete sich sein Magen wieder. Erleichtert ging er zu ihnen und flüsterte: "Warum habt ihr so lange gebraucht, ich dachte schon ihr wurdet erwischt."
James wollte gerade sagen, dass sie auch erwischt wurden, doch Sirius trat ihm auf den Fuß.

"Au!", fauchte James, aber verstand, dass er es aus irgendeinem Grund nicht sagen sollte. "Alles gut", meinte Sirius dafür knapp und ging zu einem Bett hinüber, um die Zutaten darauf auszubreiten. Remus warf einen prüfenden Blick auf Peter, der Gott sei Dank einen sehr tiefen Schlaf hatte und friedlich in seinem Bett schnarchte.
"Also gut", begann Remus und erklärte den anderen beiden daraufhin, wie das Trank brauen funktionierte und wie oft er den Trank daraufhin einnehmen musste. Er hatte sich auf das Bett gesetzt um die ganzen Zutaten in seine Erklärung mit einzubeziehen.
James saß ihm gegenüber und lauschte konzenteriert.

Sirius hingegen saß hinter Remus and hatte seine Arme um dessen Bauch geschlungen. Er lehnte sich gegen Remus' Rücken und sein Kinn war auf Remus' Schulter gestützt. Immer wieder stießen ihre Köpfe leicht zusammen und Sirius' Finger spielten mit dem Stoff von Remus' Pullover, all das spürte der Werwolf so intensiv und ihm wurde angenehm warm. Während er versuchte alles ernst zu erklären, waren seine Gedanken ganz woanders und sein Herz spielte durch die Berührung verrückt. James ignorierte den Fakt, dass Sirius geistig überhaupt nicht anwesend war. Sie merkten beide, wie müde er war und dass er die letzten Tage sichtlich nicht viel geschlafen hatte. Immer wieder vielen ihm die Augen leicht zu und auch wenn er krampfhaft versuchte sich wach zu halten, machte ihn die Wärme, die Remus ausstrahlte immer müder.

Als sie schließlich und endlich mit dem Gebräu fertig waren, war Sirius schon eingeschlafen, aber auch er hatte seinen Teil dazu beigetragen, auch wenn Remus und James nicht wusste, dass sie ohne ihn die Zutaten nicht bekommen hätten. (Sirius fand, dass dieses Gespräch zwischen ihm und Professor McGonagall bleiben sollte.) Die beiden anderen Jungen legten sich auch schlafen. Sie waren relativ zufrieden mit ihrem Ergebnis, auch wenn es einige Komplikationen gegeben hatte. Nun konnten sie sowieso nichts anderes tun, als abwarten und beten.

Remus schlief besser, als er erwartet hatte. Nach langem hatte er wieder einmal einen Traum, indem er nicht getötet, verletzt, gefoltert, enttäuscht, verraten wurde, oder jemanden den er liebte verlor. Im Gegenteil, er träumte etwas völlig normales. Nichts besonders Schönes, aber normal war genug für ihn.
Sirius hingegen, der so friedlich auf Remus' Schulter eingenickt war, plagten Albträume. Schon seitdem seine Eltern ihn rausgeworfen, beziehungsweise, er weggelaufen war, hatten diese Träume ihn nicht in Ruhe gelassen. Er hatte es niemanden erzählt und tat so, als wäre er froh von ihnen weg zu sein, doch in echt plagten ihn seine Gefühle.

Schuldgefühle, die ihm sagten, dass er sie enttäuschen würde, sie nie stolz machen und nie der perfekte Sohn sein könnte, dem Regulus viel näher war als er selbst. Er hatte auch Schuldgefühle, weil er Regulus allein gelassen hatte. Sie waren zwar nie die engsten Geschwister gewesen, doch sie hatten nur sich gegenseitig. Sirius wusste, dass Reg dieses Haus genauso sehr hasste wie er und auch wenn ihre Eltern ihn nicht verabscheuten, wie sie es mit Sirius taten, hatte er seinen kleinen Bruder in Stich gelassen. Regulus hatte ihn das ganze Schuljahr bis jetzt ignoriert, auch wenn Sirius ein paar Mal versucht hatte mit ihm zu reden.

Und nun hatte er diese verdammten Albträume, die ihn nicht schliefen ließen, wegen denen er immer so müde war. Er wollte Remus davon erzählen, doch er wusste, dass sein Freund schon selbst genug Probleme hatte, er wollte ihn nicht auch noch mit seinen eigenen belasten. Traurig blickte er zu Remus' Bett hinüber, die Vorhänge waren nicht zugezogen und er lag in Sirius' Richtung. Sein Gesichtsausdruck war friedlich und irgendwie gab das Sirius ein beruhigendes Gefühl. Er schloss die Augen wieder und hoffte einfach in Ruhe schlafen zu können.

Die nächsten Tage nahm Remus den Trank ein. Er schmeckte widerlich, einfach abscheulich bitter und Remus hasste es. Nach jedem Glas, dass er austrank, aß er eine komplette Schokoladentafel vom Honigtopf, um den ekelhaften Geschmack von seiner Zunge zu bekommen. Andererseits merkte er jetzt schon, dass seine Stimmungsschwankungen, seine Schüttelfrost Attacken und allgemein all seine Wolfsanzeichen weniger zu spüren waren. Er hatte eine positive Einstellung zu dem Ganzen. Zum ersten mal würde er einen Vollmond wirklich selbst zu Gesicht bekommen und nicht nur der blutrünstige Wolf in ihm.

Natürlich hatte es die Zeit gegeben, bevor er ein Werwolf gewesen war, einfach nur ein normaler Zauberer, doch erinnerte sich kaum noch daran. Hin und wieder vielen ihm Fetzen von Ereignissen ein, diese ergaben oft keinen Sinn, doch eines hatten diese Erinnerungen immer gemeinsam: Er war eine komplett andere Person. Er war glücklich. Ein kleiner, glücklicher Junge mit Sommersprossen und ganz und gar ohne Narben. Den Tag an dem er verwandelt wurde selbst und die Zeit danach, daran konnte er sich ganz genau erinnern, doch er wollte es nicht. Er verdrängte diesen Gedanken dauerhaft und tat so als wüsste er nichts mehr, immer wenn ihn jemand darauf ansprach.

In Gedanken versunken, blickte Remus auf seinen Aufsatz, bevor er wieder ein Glas dieses Tranks in einem Zug hinunter kippte.

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