•25

Er konnte Sirius' Atem hören, er war unregelmäßig und schnell.
Nur ihre Finger berührten sich, sonst nichts, doch das war schon genug. Remus traute sich nicht seine Hand auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Er wollte etwas sagen, doch er wusste nicht wie. Die Wörter wurden in seinem Kopf umher gewirbelt, seine Stimmbänder ließen keinen Ton hinaus und seine Zunge schien wie verknotet zu sein.

"Vielleicht wird es doch etwas komisch zwischen uns bleiben", flüsterte Sirius leise und lehnte sich näher zu Remus. Remus wäre zurück gewichen, doch hinter ihm war das Fenster und irgendwie- wollte er das auch gar nicht. Irgendwie wollte er ihm näher sein, näher als er je eine andere Person an sich heran lassen würde. Er hatte schon immer Probleme mit Körperkontakt gehabt, seine Narben hatten ihn verändert, er fühlte sich unwohl in seiner Haut und noch unwohler wenn jemand diese Haut berührte, doch bei Sirius waren all diese Zweifel verschwunden.

Er fühlte sich wohl und wenn Sirius ihn berührte war es sogar angenehm. Er spürte die Röte in seine Wangen schießen und ihm wurde unerträglich heiß. Endlich wagte der Werwolf es in Sirius' Augen zu blicken. Sie waren ihm so nah, näher hatte er sie noch nie beobachten können. Er konnte alles sehen, jeden einzelnen blauen Sprenkel in dem grau, jedes Muster und jeden verschiedenen Farbton. Remus hatte noch nie jemanden mit besondereren Augen gesehen, als die von Sirius' und um so länger er in diese Augen blickte, umso mehr verliebte er sich in sie.

Außerdem roch Remus Sirius, er roch gut, wenn jeder Mensch seinen eigenen Geruch hatte, dann war seiner sicher einer der besten. Auch wenn es komisch klang, Remus hätte gern seinen Kopf in Sirius' Halsbeuge gelegt und einfach nur seine Wärme gespürt und an ihm gerochen.
Er beobachtete wie Sirius langsam seine Augen schloss. Ihre Finger berührten sich noch immer. Remus tat es ihm gleich und er wusste, was immer folgen würde, er war bereit dafür, er wollte es, er wollte ihn.

Kurz war es still, nur ihr schnelles Atmen war zu hören und dann spürte er sie.
Sirius' Lippen auf seinen. Sie waren so unglaublich weich und ein Kribbeln jagte durch Remus' ganzen Körper. Er küsste Sirius zurück, so gut er es eben konnte. Mit Küssen hatte er nicht wirklich Erfahrung, man konnte es eben nicht aus Büchern lernen. Er war fest der Annahme, dass es schrecklich war, doch er küsste Sirius weiter. Er war in einen Bann gezogen, aus dem er nie wieder ausbrechen wollte. Sein Herz schlug schnell und er fühlte sich einfach nur Glücklich und Wohl. Er fühlte sich geliebt und gebraucht.

Plötzlich ging alles ganz schnell, Remus spürte schon Sirius' Hände in seinem Nacken, da hörte er einen  Knall. Er riss die Augen auf und Sirius wich zurück. Remus sah panisch zur Kabinentür und erhaschte noch wie ein Mädchen ihre Bücher aufhob und davon lief. Es war nicht EIN Mädchen. Es war Sirius' letzte Freundin gewesen.
"Scheiße" flüsterte er und auch Sirius' drehte sich zur Tür um.
Remus konnte die Angst in seinen Augen erkennen, die Panik in ihm spüren.

"Wer war das?"
"Ich-"
"Remus, wer??" Sirius zitterte und er begann sich durch die Haare zu raufen. "Scheiße, das tut mir so leid." Seine Stimme war höher als sonst und er klang aufgebracht.
Remus legte seine Hand auf die Schulter des anderen Jungen. "Hey, beruhig dich...es-es ist-"
Sirius unterbrach ihn: "Es ist falsch, verdammt!"
Remus fühlte ein Stechen in seinem Herzen, falsch...
"Wenn es so falsch ist, warum hast du es getan? Warum hast du es zweimal getan und warum- warum fühlt es sich dann so richtig an?"

Sirius starrte ihn an, es schien ihm die Sprache verschlagen zu haben. "Es tut mir leid", murmelte er. Kurz blickte er Remus noch in die Augen, sie sahen traurig aus, glasig. Dann stand er auf und stürmte raus.
So schnell er konnte ging er auf die Toilette und ließ Remus dort in dem Abteil sitzen. Er öffnete die Schiebetür und hoffte, dass kein anderer Schüler dort war. Er hatte Glück.
"Atme Sirius, atme", dachte er immer wieder bei sich. Er merkte, dass er kurz vor einer Panikattacke stand, sein Herz schlug viel zu schnell, seine Hände schwitzten, sein Atem war ungleichmäßig und zitternd.

Er blickte in den Spiegel und hasste was er sah. Zu sehr von seinem Vater, zu sehr von seiner Mutter, zu sehr von einem Black. Es war der größte Grund warum er seine Haare wachsen gelassen hatte, er wollte einfach nur verhindern, dass er noch mehr zu seinen Eltern wurde. Sirius drehte den Hahn auf und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Es war das Einzige das half.
"Du verdammter Idiot, du hast Remus sitzen gelassen, du- vergiss es. Sirius Black, der tolle Mädchenschwarm steht in der Zugtoilette und hat eine Panikattacke, weil er einen Jungen geküsst hat. Dich selbst anzufluchen wird auch nichts nützen." Er war so wütend, auf sich selbst, auf die Welt, und fraß das alles nur in sich hinein.
"Du kannst auch nur todtraurig oder albern sein, hatte Remus gesagt, er hatte Recht gehabt verdammt."
Mit all seinem Zorn trat er gegen die Wand unter dem Waschbecken.

Remus starrte die Wand an. Schon seit über zehn Minuten war Sirius verschwunden und er hatte nichts getan als die Wand anzustarren und zu warten. Darauf, dass Sirius zurück kam. Im Inneren wusste er auch, dass es falsch gewesen war, aber warum eigentlich? Es hatte sich richtig angefühlt. Es war...Liebe. Oder hatte er das nur gedacht?

Lily und James kamen zurück, doch Sirius nicht. Sie fragten nach ihm, doch Remus antwortete nicht.
Er zuckte nur mit den Schultern und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Er zwang sich zu lächeln und probierte vom Thema abzulenken. Ihm war nicht nach Sprechen zumute, doch was sollte er anderes tun.
"Hat er wirklich nicht gesagt wo er hin will?" fragte James nach einer Weile. Remus schüttelte wieder nur den Kopf, hätte er eine Antwort gegeben, hätte man sofort die Enttäuschung in seiner Stimme gehört, die Enttäuschung und die langsam immer größer werdende Wut, die in seinem Körper brodelte.

Kurz bevor sie ankamen, tauchte Sirius plötzlich wieder auf. Er sagte nichts. Niemand fragte nach. Bis sie in Hogwarts ankamen wechselten Remus und Sirius kein Wort mehr, ihre Blicke trafen sich kurz, doch sie sahen sofort wieder weg.

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