[S] - Klischees

Phuu!! Wie lange ist es her, seit ich hier das letzte Mal gepostet habe? Ich entschuldige mich bei allen, die auf ein Update gewartet haben, aber ich wollte diese 10 Monate in England wirklich ausnutzen.
Ich hoffe jedoch, es gibt hier noch einige Leser, die dieses Buch verfolgen :)

Die liebe @Christin1600 hat mich gebeten über den Gebrauch der Klischees in einer Geschichte zu sprechen. Das mache ich sehr gerne und hoffe, einen guten Mix hinzubekommen. Gleichzeitig weiß ich, dass sich bereits einige andere Autoren über dieses Thema ausgesprochen haben – es kann also sein, dass du hier etwas liest, was du schon einmal bei jemandem anderen gelesen hast.

Nach diesem kleinen Disclaimer kommen wir also zum Thema 'Klischee'.
Um etwaige Missverständnisse oder Wissenslücken betreffend der Definition des Wortes 'Klischee' zu umgehen, denke ich, dass es sich anbietet, dies noch vor meinem Versuch, dessen Gebrauch zu beschreiben, zu klären.

Der Duden gibt unter anderem diese Angabe: Ein Klischee ist eine eingefahrene Vorstellung; (gehoben) überkommene Vorstellung; (meist abwertend).
Und auf Wikipedia habe ich folgenden Satz gefunden: „Klischees sind vorgeprägte Wendungen, abgegriffene und durch allzu häufigen Gebrauch verschlissene Bilder, Ausdrucksweisen, Rede- und Denkschemata, die ohne individuelle Überzeugung einfach unbedacht übernommen werden." – Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 1970.

Klischees können also sehr viele in einem Szenario vorkommen. Zum Beispiel: Ein 14 jähriges Mädchen kommt an eine neue Schule und ist überfordert mit allem (Klischee #1). Es gibt nur ein anderes Mädchen, das sich ihrer erbarmt und ihr gegenüber freundlich begegnet, alle anderen sind eingebildete Tussen (Klischee #2). Natürlich verliebt sie sich in den beliebtesten Jungen an der ganzen Schule, der dazu noch das Paradebeispiel eines Badboys ist (Klischee #3 + #4). Dieser Junge ist höchstens ein Jahr älter als sie, hat aber sexuelle Erfahrungen, von denen ein gestandener Junggeselle nur träumen kann (Klischee #5 mit etwas Sarkasmus).

Oder: Der Bettler am Straßenrand trägt abgewetzte Kleidung, die nach abgestandenem Rauch und verschütteten Bier stinkt (Klischee #1). Seine langen und zerzausten Haare haben dringend eine Wäsche nötig, sowie auch sein dreckiges Gesicht und seine verschmutzen Hände (Klischee #2). Vor ihm liegt eine Hut umgedreht auf dem Boden, in dem einige wenige Münzen glänzen und daneben steht ein Plakat mit der Aufschrift "Bitte helft mir, Essen und Unterkunft zu finanzieren" (Klischee #3).

Was nach diesen beiden Definitionen und meinen Beispielen jedoch auch gesagt werden muss, ist, dass es auch positive Klischees gibt.

Kommen wir nun zum Gebrauch dieses stilistischen Mittels. Wie die meisten stilistischen Mittel, sollten Klischees mit viel Fingerspitzengefühl verwendet werden – zumindest die, die immer wieder gebraucht werden. Also alle, die ich in meinem Beispiel aufgezeigt habe.
Die ganze Sache mit gutem Mädchen trifft auf Badboy etc. ist einfach schon zu sehr ausgelutscht. Es gibt nur eine gewisse Anzahl an möglichen Storylines mit einer solchen Basis und diese ist bereits ziemlich ausgeschöpft würde ich sagen.

Und doch muss ich auch sagen, dass Klischees, wenn gut platziert, auf jeden Fall zur Qualität einer Szene beitragen können. Das setzt aber voraus, dass du das Klischee auch wirklich kennst und dieses auch spannend umsetzen kannst, sprich, dein Schreibstil sollte ein gewisses Niveau haben.
Was ich dir aber nochmals and Herz legen möchte, ist, diese Klischees nicht zu häufig zu verwenden. Der Begriff leitet sich ab von französisch cliché, was Abklatsch bedeutet (Wikipedia). Wenn wir also an das Wort Abklatsch denken, dann fühlt es sich nicht wirklich gut an, oder? Schlussendlich sind Klischees nichts anderes, als Abklatsche von etwas, das immer wieder gesagt oder niedergeschrieben wird – also nicht wirklich ein Produkt eigener Fantasie. Doch genau das macht ein Buch doch so lesenswert: die Fantasie des Autors und dessen erschaffene Welt.

Was dir jede meiner hoch geschätzten Autorinnen hier auf Wattpad bestätigen würde, ist außerdem, dass es sehr viel mehr Spass macht, Klischees zu brechen. Warum nicht mal schreiben, dass alle Deutschen, die dein amerikanischer Protagonist trifft, unpünktlich sind? Nach Klischee sind die Deutschen ja immer pünktlich.
Oder du schreibst dass der gutaussehende und beliebte Junge, den die Protagonistin bei jeder Party mit einem anderen Mädchen knutschen sieht, noch nie Sex gehabt hat und das vielleicht, weil er seine Jungfräulichkeit nicht einfach so verschenken möchte, oder es gibt einen anderen Grund.
Warum ist der Bettler am Straßenrand nicht ein junger Mann, der vor kurzem erst alles durch einen Schicksalschlag verloren hat und erst seit wenigen Tagen auf der Straße lebt und deshalb ganz und gar nicht, wie ein typischer Bettler aussieht?

Du siehst, mit Klischees zu spielen und sie zu brechen oder umzudrehen, macht sehr viel Spaß. Plötzlich gibt es so viele Optionen und Wege, wie die Geschichte verlaufen kann, die es so noch nicht wirklich gibt. Das macht eine Geschichte meiner Meinung nach um einiges spannender und lesewürdiger.


Hiermit wären wir auch schon wieder am Ende des Kapitels angelangt und ich hoffe, es hilft dir auf die eine oder andere Weise.

Bis zum nächsten Mal
StephVie

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