»You better watch out what you wish for«

„Erzähl mir einfach noch einmal, was du zu ihr gesagt hast", befahl Jim zum wiederholten Male.

Sebastian sah ihn an, als hätte er Angst, dass er Jim enttäuscht haben könnte. Jim versuchte, sich auf seine Antwort und nicht auf Sebastians verzweifelten Ausdruck zu konzentrieren. „Ich- ich weiß nicht. Sie hat mich irgendwie über Dad ausgefragt und... Ich habe seinen Namen nicht genannt, ich schwöre! Aber vielleicht hat sie mich ja erkannt. Ich weiß nicht... Das mit der falschen Identität war eine miese Idee!"

Jim spürte den Ärger in sich aufwallen, versuchte ihn in sich zu behalten, indem er seinen Kiefer fest zusammenpresste. Es war seine Idee gewesen. Sebastian war es, der es offenbar vermasselt hatte.

Er wusste, dass er nicht so wütend sein sollte. Sie konnten die Sache mit der Kamera und mit Doktor Meifen trotzdem regeln; Jim hatte eigentlich schon mehrere Ausreden parat, sollte Doktor Meifen sie wirklich auf ihre Lügen ansprechen. Außerdem hatte auch er einen Fehler gemacht. Aber der Zorn war wie ein Virus in seinem Gehirn, der nur darauf gewartet hatte, dass man ihm endlich Zugriff gewährte und nun hatte Jim das getan und er schaffte es einfach nicht, ihn aus seinen Hirnwindungen zu jagen.

Jim wandte sich ab, die Fäuste geballt, Sebastian im Rücken, versuchte, sich unter Kontrolle zu halten. Er wusste, dass es nicht Sebastians Schuld war. Nunja, zum Teil schon. Aber, zum Teufel, er musste die Ruhe bewahren.

Er konnte beinahe spüren, wie Sebastian hinter ihm unruhig von einem Bein aufs andere trat. „Wir sollten es einfach lassen. Ich- das ist sowieso eine bescheuerte Idee. Wir werden am Ende nur-"

„Nein!", unterbrach ihn Jim scharf und wirbelte herum. Sebastian zuckte unter seinem lodernen Blick zusammen. „Wir können jetzt nicht aufhören. Das wäre komplette Zeitverschwendung gewesen!"

Sebastian öffnete den Mund, um etwas zu sagen, dann schloss er ihn wieder.

Jim wanderte noch ein paar Mal unruhig in seinem Zimmer auf und ab, ehe Sebastian doch noch sprach: „Was hast du eigentlich im Computer gefunden? Irgendwas Hilfreiches?"

Sebastian wollte ganz klar ablenken, aber Jim ging auf, dass er sich die Fotos, die er gemacht hatte, noch nicht angesehen hatte. Wortlos zückte er sein Handy. Sebastian näherte sich langsam und stellte sich neben ihn, als er begann, durch die Bilder zu sehen. „Offenbar wurde die Anzeige auf schwere Körperverletzung und versuchten Totschlag festgelegt", las Jim heraus. „Mildernde Umstände wegen Trunkenheit und so weiter..." Jim wischte weiter. Auf einer weiteren Seite waren Severins Verletzungen aufgezählt - die übersprang Jim lieber. Danach wurde es jedoch nicht besser: Bilder vom Tatort mit Beschreibungen, wie viel Blut wo zu finden war.

Jim hörte Sebastian neben sich schlucken bevor er zu den nächsten Seiten vorsprang.

Endlich fand Jim etwas, das ihnen helfen könnte: Die E-Mail-Korrespondenz zwischen Doktor Lynn Meifen und der Polizei, sowie zwischen ihr und dem Gericht. Das meiste war rechtlicher Kram - Paragraphen und Absätze, die selbst Jim kaum entziffern konnte.

Sebastian runzelte die Stirn und nahm Jim das Handy aus der Hand. Jim versuchte zu protestieren, wurde jedoch von Sebastian unterbrochen, dessen Verwunderung deutlich aus seiner Stimme herauszuhören war: „Hier steht, dass gegen Filip eine einstweilige Anordnung ausstand. Er durfte sich niemandem aus unserer Familie nähern."

Sebastian senkte das Handy.

„Dann gab es ein richterliches Verfahren?", fragte Jim verwirrt nach. Davon hatte Sebastian nie etwas erzählt.

Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, hatte Sebastian es auch nicht gewusst. „Ich... Ja, anscheinend." Er wischte noch einmal über den Bildschirm des Handys und begann, sich einen längeren Bericht durchzulesen. „Das ist seltsam. Hier steht, dass das Urteil kurz nach Filips Freilassung aus dem Gefängnis gesprochen wurde. Und die Anzeige... ging von Dad aus."

„Oh." Jim fand, dass Sebastian ziemlich erschüttert wirkte. Er versuchte, es zu verstehen. Sebastians Freunde hatten ihm erzählt, dass Sebastian und seine Familie von Filip bedroht worden waren. Und dass sein Vater sich nie darum gekümmert hatte - vermutlich ein Grund, wieso Sebastian ihn verachtete. Doch offenbar hatte Augustus doch etwas getan.

Jim musterte Sebastian. Sicher verunsicherte der Umstand, dass Augustus doch etwas getan hatte, dessen Sohn. Vor allem, nachdem er Augustus abgewiesen, aus seinem Leben gedrängt hatte.

Räuspernd nahm Jim Sebastian das Handy aus der Hand und sah sich das letzte Foto an, während Sebastian immer noch leer zu Boden starrte, als müsste er die neuen Informationen erst in sein Weltbild einordnen. Jim versuchte, es zu ignorieren.

„Hier steht es! Der Termin ist, wie wir bereits wissen, am 15. April. Genauer gesagt um 13 Uhr." Jim las weiter, war sich nicht einmal sicher, ob Sebastian seinen Worten gelauscht hatte.

Nach einer weiteren Minute des Lesens breitete sich ein Grinsen auf Jims Zügen aus. „Filip hat einen Anwalt namens Morris Gilbert. Und ich denke, wir sollten uns bei dem Herren bedanken."

„Was, wieso?" Sebastian sah von seinen Händen auf.

„Ihr wart doch einmal befreundet, richtig? Du weißt sicher noch, wo Filip wohnt?"

Sebastian zögerte. „Ich... Naja, ich war einmal bei ihm. Er hat sich um mich gekümmert, als ich es ein wenig übertrieben hatte."

Jim warf Sebastian einen prüfenden Blick zu. Manchmal konnte er sich einfach nicht vorstellen, dass Sebastian, der immer zu höflich und der Einzige seit Langem war, der Jim interessierte, jemals solche Drogenprobleme gehabt hatte. Andererseits hatte er ihn selbst erwischt mit dem Gift im Blut und im Hirn und er hatte gesehen, was es mit Sebastian gemacht hatte, als er ohne diese Substanz hatte klarkommen müssen.

Jim blinzelte und lenkte seine Gedanken wieder auf das eigentliche Thema. „Gut", sprach er, „hier steht nämlich, dass Filips Anwalt sich dafür eingesetzt hat, dass sein Klient sowohl für die Untersuchung als auch bis zum Gerichtstermin in seiner eigenen Wohnung bleibt."

Sebastian runzelte verärgert die Stirn - vermutlich hatte er gehofft, dass Filip jetzt schon in einer dunklen Zelle vor sich hinrottete. „Wieso das denn?"

Jim räusperte sich. „Filip ist anscheinend in einer »schlechten seelischen Verfassung und benötigt deshalb die Sicherheit seines eigenen Heimes«", zitierte er anschließend.

„»Sicherheit« am Arsch", stieß Sebastian vor und ballte seine Hände so fest zusammen, dass Jim meinte, seine Knöchel knacken zu hören.

„Mhm", machte Jim und legte sein Handy auf das Bett. „Das dachte ich auch gerade."

Diese Worte schienen Sebastian zu verwirren, doch bevor er eine dumme Frage, die Jim wieder wütend machen würde, stellen konnte, schnitt Jim in seine Überlegungen ein: „Denk doch einmal nach. Wenn wir es richtig angehen, dann ist das die Gelegenheit."

Er wandte sich ab und begann dann, wie für sich selbst, zu erklären: „Natürlich wird er nicht allein sein. Sicher sind zwei oder drei Polizisten zu seiner Überwachung zugeteilt worden. Wahrscheinlich trägt er auch eine Fußfessel oder so etwas. Kameras sind auch möglich. Wir müssen also vorsichtig sein. Und es muss auf jeden Fall geschehen bevor die Untersuchung stattfindet. So bald wie möglich. Doktor Meifen ist klug - sie wird dahinter kommen, wenn wir ihr zu viel Zeit geben, darüber nachzudenken."

Sebastian schluckte nervös. „Wann ist »sobald wie möglich«?"

Jim begann erneut, auf und ab zu gehen. „Nächste Woche schreiben wir zu viele Arbeiten und wenn wir es am Wochenende tun, dann ist es zu auffällig. Wenn wir es so kurz wie möglich vor dem erneuten Termin mit Doktor Meifen machen wollen, schlage ich also die Nacht auf den Donnerstag oder auf Freitag der übernächsten Woche vor."

Jim sah zu Sebastian, um sich dessen Zustimmung zu sichern und war überrascht, als er den Ausdruck der Angst auf Sebastians Gesicht erkannte. Ruckartig blieb er stehen. „Was ist los?" Die Frage klang schärfer als beabsichtigt.

„Ich...", Sebastian zögerte erneut. „Nur um das richtig zu verstehen: Du willst, dass wir in der Nacht bei Filip einbrechen und..."

„Ihn umbringen", erklärte Jim kalt. „Ja."

Sebastian sah ganz und gar nicht begeistert aus - eher, als würde er sich sogleich übergeben. „Aber- Ich meine... Wir können doch nicht-"

„Doch können wir." Jim formte die Augen zu Schlitzen. „Was dachtest du denn, worauf das hier hinausläuft? Du hast es selbst so gewollt."

„Ich... Das habe ich nie so gesagt."

Jim trat so nah vor Sebastian, dass er dessen Atem über seine Haare streifen fühlte. „Du weißt aber genauso gut wie ich, dass du es so gemeint hast. Sei nicht so ein Feigling, Moran."

„Ich bin kein Feigling, ich besitze nur Moral", zischte Sebastian angespannt.

Jim schnaubte. „Ja, die nützt dir sicher viel, wenn dein Bruder stirbt, weil Filip ihn so zugerichtet hat."

„Er wird nicht sterben!" Sebastian hatte die Stimme erhoben. Jim wusste, dass Menschen zumeist nur lauter wurden, wenn sie etwas beweisen wollten. Dass ihr Standpunkt wichtiger oder ihre Meinung richtig war. Oder aber, wenn sie keine Argumente mehr hatten und aus purer Verzweiflung versuchten dies zu übertönen.

Jim verschränkte die Arme. „Kann sein", sagte er, einfach, damit Sebastian nicht auch noch anfing, um sich zu schlagen. „Aber ich weiß, dass Filip sterben wird. Weil es sein muss."

Sebastian wirkte nun eher wütend - vermutlich hatte er Jim seine erste Aussage noch nicht verziehen. Schnaubend wandte er sich von dem Kleineren ab.

Er sagte nichts mehr zu Jims Plan, aber der vermutete, dass er Sebastians Zustimmung nicht vollends hatte. Was wirklich hinderlich war, denn Jim brauchte Sebastian - ob er das wollte oder nicht. Aber allein würde er es nicht schaffen.

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Jim versuchte gar nicht, Sebastian von der Notwendigkeit seines Planes zu überzeugen. Er leitete ihn einfach ein, in der Annahme, dass Sebastian sich schon einbekommen würde.

Wüsste er es nicht besser, würde er vermuten, dass Sebastian ihm aus dem Weg ging. Doch dafür gab es keinerlei Grund - jedenfalls keinen, den Jim erkennen konnte. Gut, vielleicht war er ein wenig zu harsch gewesen und ja, vermutlich hatte er Sebastian überrumpelt - denn das Vorgenommene beim Namen zu nennen, war etwas völlig anderes als auf Zehenspitzen an einem einzigen Begriff vorbei zu schleichen; Menschen tendierten dazu, das Grauen erst richtig wahrzunehmen, wenn jemand es für sie in Worte fasste. Gib einer gesichtslosen Person mit Krebs im Endstadium einen Namen und sie erweckt in den Herzen der Menschen sogleich mehr Mitgefühl als die Millionen anderen Unsichtbaren in einer Statistik.

Jim war bereits vor langer Zeit bewusst gewesen, dass es so kommen würde. Er hatte gewusst, dass Filip sterben würde - nicht in der Art, in der es jeder irgendwann tat, sondern in der, die er solang plante und auswendig lernte bis allein die Vorstellung beinahe ausreichte, um die Dunkelheit in seinem Inneren zu füttern.

Er hatte schon immer gern über den Tod nachgedacht. Vorzugsweise natürlich über den von Anderen. Und so dachte er auch an den Tod, als er beobachtete wie Mister Adler, der neue Sportlehrer, am Sonntag aus einem himmelblauen Ford mit abblätterndem Lack und ächzenden Achsen und spuckenden Auspuff stieg. Er dachte daran, dass dieser neue Lehrer unwissentlich an einem Verbrechen teilhaben würde - einfach der Tatsache wegen, dass er seine Autoschlüssel in der hinteren Tasche seiner Jeans trug und schon nach kurzer Zeit an der Schule dafür bekannt war, Sachen zu verlegen. Es würde ein Leichtes sein, ihm die Schlüssel abzunehmen.

Jim dachte auch daran, dass Filip vielleicht in der letzten Nacht seines relativ kurzen Lebens den stotternden Motors dieses himmelblauen Autos vernehmen würde und vermutlich nicht einmal darüber nachdenken würde. Es wäre nur ein weiteres Instrument im Orchester des Lebens und vermutlich würde Filip nie wissen, dass er da die Klänge des Konzertmeisters vernommen hatte, der das Ensemble behutsam zum Ende der Symphonie führte.

Als Mister Adler sich dem Gebäude der Lehrer näherte, musste Jim den Strom seiner Gedanken gewaltsam stoppen, sich daran erinnern, weshalb er hier, hinter dieser Ecke des Schulgebäudes, überhaupt gewartet hatte. Denn natürlich hatte Jim den Lehrer beobachten wollen - was von seinem Standpunkt kein Problem war, denn Mister Adler sah zwar immer nach links, aber nie nach rechts - doch das war natürlich nicht der einzige Grund, wieso er sich freiwillig in der winterlichen Kälte aufhielt, die in seinen Lungen brannte und über seine Haut fegte, als wäre sie Sandpapier.

Er fuhr sich durch die Haare, in dem Bemühen, dadurch durcheinander zu wirken, sah sich noch einmal um, erblickte jedoch niemanden außer Mister Adler, der bereits zügigen Schrittes auf den Eingang zu den Lehrerunterkünften zueilte, um sich, wie jeder vernünftig handelnde Mensch bei diesem Wetter, in warme Räumlichkeiten zu begeben.

Jim pulte das Pflaster unter seinem Auge ab, musste nur kurz über seine Haut kratzen, ehe er auch schon warmes Blut an seinen Fingern spürte, welches unter seinen Nägeln kleben blieb. Dann rannte Jim los, auf Mister Adler zu, und riss die Augen auf, rief sich in Erinnerung, wie sein Bruder ausgesehen hatte, als er vor einer Horde Studenten fortgerannt war, die sich wegen irgendwas an ihm hatten rächen wollen, und versuchte diesen Anblick, sowie den leicht fiebrigen Blick nachzuahmen.

„Mi-Mister Adler!", keuchte er, ganz so, als wäre bereits um das halbe Schulgelände und nicht nur zwanzig Meter weit gerannt und der Sportlehrer fuhr sofort zu ihm herum.

„Wie kann ich- Was ist mit deinem Auge passiert?" Mister Adler musterte ihn besorgt, als Jim vor ihm zum Halten kam, leicht vorneübergebeugt und augenscheinlich völlig außer Atem.

„Ich- da hinten, ich-", stotterte Jim und Mister Alder schien den Köder zu schlucken, denn er beugte sich besorgt zu Jim vor, legte ihm eine behandschuhte Hand auf die Schulter.

„Komm erst einmal wieder zu Atem", riet er nachsichtig und Jim ließ sich Zeit, seine hektischen Atemzüge zu mäßigen, versuchte, dies nicht zu schnell zu tun, obwohl er ungeduldig war und der nächste Teil seines Plans bereits in seinen Gedanken verschiedenste Szenarien durchlief.

Schließlich stellte er sich selbst wieder aufrechter hin und sah zu dem deutlich größeren Lehrer auf. Etwas Feuchtes lief seine Wange hinunter. Abwesend tastete er danach.

„Oh. Warte, nimm das." Mister Adler zog ein zerknittertes Taschentuch aus seiner Manteltasche und drückte es Jim in die Hand, der beinahe fasziniert auf das rote Blut an seinen Fingerspitzen starrte - offenbar hatte er die Wunde unterschätzt. Mit dem Gedanken, sein Gesicht später zu desinfizieren oder wenigstens gründlich zu waschen, drückte er das verdächtig aussehende Taschentuch unter sein Auge und spürte, wie es sich beinahe augenblicklich mit Blut vollsog.

Mister Adler ließ ihn nicht aus den Augen. Den Kopf leicht schief gelegt und noch immer mit vor Besorgnis schimmernden Augen fragte er: „Was ist passiert? Wo hast du diesen Cut her?"

„Ich- ich wurde geschlagen", presste Jim hervor. Was nun wirklich nicht stimmte. Nunja, ursprünglich war das der Plan gewesen, aber Sebastian hatte sich strikt geweigert, Jim auch nur ein bisschen zu schlagen, und nachdem Sebastian nach einem Streit, der beinahe, aber glücklicherweise nicht, eskaliert war, das Zimmer verlassen hatte, hatte Jim sich trotzig Sebastians Messer geschnappt und einen Schnitt unterhalb seines Auges gemacht, was mehr gebrannt hatte, als er zugeben würde. Er hatte überlegt, irgendwie noch eine Schwellung hervorzurufen, um das Ganze realistischer aussehen zu lassen, aber dann hatte er Probleme gehabt, die Blutung zu stoppen und es lieber sein gelassen.

„Von... von wem wurdest du geschlagen?", fragte Mister Adler vorsichtig nach, seine Hand ruhte weiterhin auf Jims Schulter, was wohl beruhigend wirken sollte, sich aber zu schwer auf Jims Körper anfühlte.

„Ich weiß nicht genau." Jim senkte den Blick zu Boden. „Zwei Jungen. Sie sind älter als ich, aber ich weiß nicht, wer sie sind. Ich wollte nur, dass sie aufhören, sich zu prügeln, aber dann, dann hat einer mich geschlagen und... ich glaube, sie prügeln sich immer noch." Jim biss sich auf die Lippe, das Taschentuch klebte mittlerweile unangenehm an seiner Haut.

Mister Adler sah an Jim vorbei, als erwartete er, dass sogleich zwei Jungen um die Ecke stürmten, ihn bei Jim entdeckten und sich dann um sie Beide kümmerten. „Wo sind sie genau?"

„Hin-hinter der Cafeteria." Jim deutete in die entsprechende Richtung, was überflüssig war, da Mister Adler dort sowieso schon hinsah. Allerdings konnte man von ihrem Standort das Gebäude mit der erwähnten Cafeteria nicht sehen.

„Zeig mir genau, wo", befahl Mister Adler, der sich glücklicherweise daran zu erinnern schien, dass er ein Lehrer war und genau das sagte, was Jim von ihm erwartet hatte.

Jim nickte also langsam und begann, den Lehrer zügigen Schrittes zum zweiten Gebäude zu führen. Der Gedanke, dass alles viel einfacher wäre, könnte er einfach in die Hosentasche des Mannes greifen, kam ihm, aber zum einen würde das sicher seltsam gewertet werden, wenn ein Schüler einen Lehrer so zu nahe kam und zum Anderen mochte Jim die Dinge gern kompliziert und durchdacht und er wusste, dass sein Plan für den großen Plan funktionieren würde.

Dies bestätigte sich als Jim plötzlich mit seiner Schuhsohle über den Stein knapp vor dem Eingang zur Cafeteria rutschte. Er täuschte ein Stolpern vor, wodurch Mister Alder hinter ihm abrupt zum Stehen kam - es jedenfalls versuchte, denn schon war er auf der vereisten Pfütze einer geleerten Wasserflasche ausgerutscht, die irgendein hinterlistiger Schüler (Jim) am Morgen dort erschaffen hatte.

Ehe Jim etwas tun konnte, um sicher zu gehen, dass alles so ablief, wie er sich das vorstellte, prallte Mister Adler auch schon gegen seinen Rücken und sie gingen zusammen zu Boden. Irgendwie schaffte Jim es, sich so zu drehen, dass er nur mit der rechten Hälfte seines Körpers und nicht mit dem Gesicht auf dem Eis aufschlug - dieser Triumph wurde jedoch von dem explodierenden Schmerz in seinem Becken und dem Fakt, dass sein Sportlehrer direkt auf ihn stürzte, überschattet. Letzteres war Beides nicht geplant und entlockte Jim ein schmerzvolles Stöhnen, ehe ihm etwas Wichtiges einfiel und er, bevor Mister Adler die Situation richtig erfasst hatte, mit seiner linken Hand, die glücklicherweise freilag, den Autoschlüssel aus der hinteren Jeanstasche des Lehrers fischte - was ihm dadurch erleichtert wurde, dass der Schlüssel durch den Sturz bereits halb aus der Tasche heraushing.

Dann hatte der Lehrer sich auch schon von dem Schock erholt und begann, sich hastig aufzurappeln, während Jim den Schlüssel schnell unauffällig in seine Jackentasche schob und versuchte, zu ignorieren, dass Mister Adlers Arm an einer Stelle lag, die es Jim ziemlich leicht machen würde, einen weiteren Sportlehrer wegen ähnlicher Gründe von der Schule zu verjagen.

Das schien auch Mister Adler aufzugehen, denn im nächsten Moment zog er seinen Arm ruckartig weg, schlang ihn um seinen Unterleib und fiel beinahe erneut, bei dem Versuch, sich auf der spiegelglatten Fläche aufzurichten. Er war krebsrot im Gesicht und blickte Jim ein wenig panisch an. „Oh Gott, das tut mir so leid! Ich bin ausgerutscht und- geht es dir gut? Ich wollte nicht- das war nur..."

„Schon gut", unterbrach Jim ihn, richtete sich dann ätzend auf, wobei er den Schmerz in seiner Hüfte versuchte weitgehend zu ignorieren. „Alles in Ordnung, schätze ich."

Mister Adler schien sich berufen zu fühlen, ihm zu helfen, als Jim sich bemühte, sich auf dem Eis aufzustellen. Er griff nach Jims Arm und zog ihn mit der Kraft eines Mannes hoch, der in seiner Freizeit gern Seile hochkletterte, und Jim wünschte sich, das hätte er nicht getan, weil er es nicht ausstehen konnte, wenn fremde Menschen ihn berührten. Es hatte schon gereicht, dass der Typ auf ihm gelandet war.

Aber Jim versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er Mister Adler für seine "Hilfe" am liebsten gleich wieder zu Boden geschubst hätte. Stattdessen lächelte er verlegen, klopfte sich die Hose ab und lief dann noch ein Stück weiter, um hinter die Ecke zu sehen, wo die imaginäre Prügelei stattgefunden hatte.

„Seltsam", sagte er und runzelte die Stirn. „Sie- sie müssen abgehauen sein. Sie sind nicht mehr hier."

Normalerweise hätte Mister Adler das "Kampfgebiet" wohl noch einmal genauer untersucht oder mehr Fragen gestellt, so nickte er jedoch nur abwesend und weiterhin mit hochrotem Kopf. „Tja, dann kann ich leider zunächst nichts machen. Ähm, du solltest vielleicht zur Krankenschwester. Wegen deines Auges."

Jim fasste sich unbewusst an den Schnitt, der wieder halbwegs getrocknet war. „Mhm-hm", machte er und danach standen Schüler und Lehrer sich unschlüssig gegenüber bis Mister Adler die Hand zum Abschied hob.

„Äh, dann gute Besserung. Und noch einmal: tut mir leid."

„Schon gut", wiederholte Jim abwesend und sah einen Moment zu, wie Mister Adler sich von ihm entfernte.

Dann wandte auch er sich ab und lief hastig zurück in Richtung seines Zimmers.

Er griff in seine Jackentasche und hörte das Klimpern des entwendeten Autoschlüssels.

»«

Heyheyhey! The end is near!

Aaah, ich freue mich. Es baut sich alles auf und dann wird alles explodieren und dann wird es schlimmer werden und vielleicht noch schlimmer und dann ist bald schon das letzte Kapitel in Sicht und dieses Mal meine ich wirklich bald. Götter, ich hoffe, es klappt alles so, wie geplant.

Wie immer hoffe ich, euch hat das Kapitel gefallen - gerade die letzte Hälfte zu schreiben, hat irgendwie echt Spaß gemacht :)

Wir lesen uns!

Eure
Tatze.

PS: Ich liebe dieses Lied oben. Hört es euch an :D

PPS: Mich hat's irgendwie erwischt und ich bin krank und am Mittwoch konnte ich deshalb zu Hause bleiben und hätte ich nicht den ganzen Tag geschlafen, hätte ich wohl besser weiterschreiben können...
Jetzt wird das mit dem Zuhausebleiben wohl nichts mehr, weil das Bildungssystem mich hasst und keine Zeit zur Genesung ist...

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