»Well I can't help but be scared of it all sometimes«

Jim hörte eine Stimme, die etwas rief, das er nicht verstand. Alles wirkte ein wenig verschwommen, er setzte sich auf, konnte jedoch nicht erkennen, wo er war. Jemand berührte seine Schulter - das Gesicht konnte er nicht zuordnen. Etwas Kaltes legte sich auf seine Haut, ließ ihn zusammenfahren. Jemand sagte wieder etwas. Beugte sich über ihn, sah ihm in die Augen. Jim runzelte die Stirn, die Erschöpfung schwappte in Wellen durch seinen Körper, bis er seekrank wurde und die Augen schloss, um der Übelkeit entgegen zu wirken. Er war so müde.

Seine Lider schlossen sich wie von selbst und dann fiel er über Bord und ertrank. Es wurde wieder dunkel um ihn. Er war so müde.

<>

Jim erwachte durch ein nervtötendes Piepen, das aus allen Richtungen zu kommen schien. Als er die Augen aufschlug und eine schwere Decke auf sich spürte, war er einen Moment völlig orientierungslos.

Er starrte an eine weiße Decke, von der grelles Licht auf ihn hinunter schien. Dann konzentrierte er sich wieder auf das Piepen, drehte seinen Kopf nach links und dann nach rechts, bemerkte, dass diese Bewegung ihm seltsam fremd vorkam, als wäre seine Wahrnehmung verfälscht. Er runzelte die Stirn und fixierte sich dann auf ein Gerät, das zu seiner rechten Seite stand und offenbar die hohen Geräusche von sich gab.

Vorsichtig setzte er sich auf, noch immer nicht ganz in der Lage, zu erfassen, wo er war, denn sein Gehirn schien ein Eigenleben entwickelt zu haben und verlangte danach, dass Jim sich wieder hinlegte und weiterschlief. Hatte er geschlafen? Er erinnerte sich nicht daran, eingeschlafen zu sein.

Und dann brach endlich die Barriere, hinter der sich seine Erinnerungen versteckten und er wusste, wo er sich befand. Der Schwindel, wie er fiel. War er in Ohnmacht gefallen? Oh Gott. Hatte er etwa einen Nervenzusammenbruch oder so erlitten? Wie peinlich. Aber das erklärte wohl, wieso er sich ganz offensichtlich in einem Krankenhaus befand.

Jim schüttelte kurz den Kopf, streckte dann die Hand aus, um das Gerät, das weiterhin gleichmäßig piepste und ihn wohl überwachen sollte, auszuschalten. Aber er wurde von einem leichten Stechen in seinem Arm abgehalten. Weiterhin ein wenig langsamer als sonst, wanderte sein Blick zu seinem rechten Arm, in dem ein dünner Schlauch steckte. Er blinzelte wie in Zeitlupe.

Dann zog er den Schlauch ruckartig heraus, bevor ihm aufging, dass der vielleicht aus einem Grund da war. Kurz darauf drehte er sich wieder zur Seite, drückte auf einen Knopf der Maschine und das andauernde Piepen verstummte.

Gerade als er seinen Arm wieder auf das Bett fallen ließ, öffnete sich die Tür und ein älterer Herr in Kittel trat ein, blickte konzentriert auf ein Klemmbrett in seiner Hand. Er kritzelte mit einem billigen Plastikkugelschreiber darauf herum. Anschließend blickte er auf und seine Augen weiteten sich für einen Moment überrascht, als er Jim im Bett sitzen sah, der seinen Blick erwiderte.

Die Lippen des Mannes, offenkundig ein Arzt, verzogen sich zu einem freundlichen Lächeln. Er kam auf ihm zu und schüttelte ihm die Hand, ohne, dass Jim großartig etwas dagegen hätte tun können, da er seine Hand einfach vom Bett in seine nahm. „Wie schön, du bist wach", sprach er im selben Atemzug, ließ schließlich Jims Hand los und trat einen Schritt nach hinten. Das Klemmbrett, welches er für einen kurzen Moment auf Jims Bett abgelegt hatte, nahm er wieder an sich, lächelte dabei weiterhin auf Jim nieder.

„Mein Name ist Dr Ivory - ich bin quasi dein Mann. Dein behandelnder Arzt, meine ich." Er zwinkerte Jim zu und diesem ging auf, dass der Typ sich Mühe gab, cool zu sein. Vielleicht dachte er, weil Jim sechzehn war, würde er keine normalen Ausdrücke verstehen. Doch das tat er und er hatte gerade nicht die Geduld für so etwas.

„Was tue ich hier?", fragte Jim. Sein Mund war trocken und für einen kurzen Moment spähte er in Richtung des Wasserglases, das links von ihm zusammen mit künstlichen Blumen in einer Vase auf einen kleinen Beistelltisch bereitstand. Dann konzentrierte er sich jedoch wieder auf Dr Ivory.

Der wurde wieder ernst. „Weißt du noch, was passiert ist?", fragte er Jim und der nickte. „Gut. Du hast Glück, dass dein Bruder dabei war und den Notdienst gerufen hat." Er notierte sich etwas auf seinem Klemmbrett, während Jim verwirrt die Stirn runzelte.

„Wieso bin ich in Ohnmacht gefallen?", fragte er gerade heraus. Dr Ivory kritzelte noch kurz auf seinen Akten herum, dann sah er wieder auf.

„Darf ich dich Jim nennen?" Als Jim ungeduldig nickte, fuhr er fort. „Wann hast du das letzte Mal eine richtige Mahlzeit zu dir genommen, Jim?", stellte er die Gegenfrage.

Jim blinzelte irritiert. „Wieso fragen Sie?"

Dr Ivory seufzte, zog dann einen Stuhl, der neben Jims Bett gestanden und den dieser gar nicht bemerkt hatte, zu sich und setzte sich darauf. Er überschlug die Beine, legte das Klemmbrett weg und verschränkte die Finger miteinander. „Ich zähle einmal auf, was wir bei der Einlieferung an dir festgestellt haben: Eisenmangel, Folsäuremangel-Anämie, leichter Kohlenhydrat-Mangel, niedriger Blutdruck. Und ich bin mir sicher, würden wir, jetzt da du wach bist, weitere Untersuchungen vornehmen, könnten wir weitere Defizite entdecken."

Als Jim schwieg, fügte er hinzu: „Deine Organe sind alle in Takt - natürlich könnten wir noch einmal genau überprüfen, ob nicht doch die Milz oder die Nieren oder etwas anderes Marotten aufweist, aber für mich sind die Anzeichen eindeutig für eine andere Diagnose. Und deshalb würde ich gern von dir wissen, wann du das letzte Mal ausgewogen gegessen hast."

Jim knirschte mit den Zähnen. Er wusste ehrlich gesagt nicht, was er dazu sagen wollte. Es ärgerte ihn, dass er hier lag, weil er zu wenig gegessen hatte - denn das hatte der Doktor mit seinem Monolog ausdrücken wollen. Jim hatte es nie als sonderlich wichtig erachtet, auf so etwas wie seine Ernährung zu achten. Er aß, wenn er hungrig war und wenn er einige Tage nichts aß, dann ging das für ihn in Ordnung. Und wenn er einige Wochen nur von dem Nötigsten lebte, dann war er damit auch immer klar gekommen. Wieso also lag er hier im Krankenhausbett?

„Jim?", hakte Dr Ivory sanft nach und Jim blickte missmutig auf.

„Ich weiß es nicht", entfuhr es ihm gereizt. „Keine Ahnung. Ich weiß auch gar nicht, was Sie mit ausgewogen meinen. Ist doch bescheuert."

Dr Ivory schüttelte leicht den Kopf und lächelte auf Jim nieder, als wäre der ein besonders schwer belehrbares Kind. Jim wäre ihm gern an die Gurgel gesprungen, würde die Decke auf seinen Beinen sich nicht so schwer anfühlen.

„Es ist nicht mehr bescheuert, wenn es gefährlich wird. Und ich will ehrlich zu dir sein: Du kannst von Glück reden, dass du eine Synkope erlitten hast, sodass wir etwas bemerkt haben, sonst wäre es vielleicht noch schlimmer gekommen. Und es ist jetzt schon nicht sonderlich gut."

Jim ging davon aus, dass »eine Synkope erleiden« hieß, dass er in Ohmacht gefallen war. Zusammengeklappt. Jim biss sich auf die Unterlippe, dachte nach.

„Wie lang muss ich bleiben?", stellte er schließlich die Frage, die am wenigsten auf sein Essverhalten zurücklenkte.

Dr Ivory lächelte nachsichtig - es nervte Jim, dass er die ganze Zeit lächelte, wo es ihm so bescheuert ging - und antwortete: „Das kommt natürlich darauf an, wie schnell dein Zustand sich verbessert. Es war schon einmal ein Anfang, dass du so lang geschlafen hast. Ich vermute, du bist noch immer müde. Wenn du willst, komme ich später wieder und dann klären wir den Rest."

Jim überlegte und nickte dann. Schon allein der Gedanke an Schlaf, ließ seine Lider schwer werden.

„Gut, dann machen wir das so." Er ließ seinen Blick auf die herausgezogene Kanüle und das abgeschaltete Gerät ruhen. „Nun, ich denke, dein Zustand ist vorerst sowieso stabil. Eine Schwester bringt dir später Essen vorbei. Tust du mir den Gefallen und isst etwas? Das wird dir bei der Genesung auf jeden Fall helfen."

Jim seufzte. Dann nickte er erneut. Er hatte das Gefühl, er hätte bereits zu viel gesprochen - was seltsam war, weil er damit noch nie ein Problem gehabt hatte. Vielleicht ging es ihm wirklich nicht gut. Nicht vielleicht - auf jeden Fall. Schon seine Gedanken waren träger und eintöniger.

Ob gewöhnliche Menschen sich immer so fühlten? Als wollten sie gerade in die Achterbahn steigen, bemerkten jedoch, dass sie zur Toilette mussten und dann mussten sie sich wieder hinten anstellen. Denn so kam Jim sich vor: Wann immer er sich mit einem Gedanken länger beschäftigen wollte, entglitt er ihm und er musste ihn wieder neu zusammen setzen, was mühselig und anstrengend war. Er hoffte nur, es würde ihm bald wieder besser gehen. Es grenzte an Folter, nicht richtig denken zu können.

„Ach, und Jim?" Dr Ivory stand bereits an der Tür - während Jim in seine eigenen wirren Gedanken vertieft gewesen war, hatte er sich offenbar auf dem Weg dorthin gemacht. „Deine Familie wäre sicherlich erfreut, dich zu sehen. Soll ich sie kurz zu dir hineinschicken?"

Sicherlich. Und dann würde seine Mutter falsche Tränen vergießen, sein Vater unbeholfen seinen Kopf tätscheln, weil er wieder einmal Jims Komfortzone missachten würde und Richard würde nutzlos daneben stehen und irgendwas vor sich hinstammeln (weil es Jim oft wie Gestammel vorkam, wenn Richard sprach). Außerdem war da noch der Umstand, dass seine Großmutter gestorben war. Das fiel ihm erst jetzt wieder ein.

Er seufzte noch einmal, tiefer und müder diesmal, ließ sich zurück in die weichen Kissen fallen, die, jetzt, wo er wach war, viel zu hoch lagen, um eine bequeme Liegeposition zu fördern. „Ich schlafe lieber. Sagen Sie ihnen, dass sie ruhig gehen können."

Dr Ivory musterte ihn prüfend. „Ich sage ihnen, dass du noch sehr erschöpft bist und Ruhe brauchst. Und dass sie in zwei bis vier Stunden noch einmal nach dir sehen können."

Jim zog die Decke ans Kinn und drehte sich zur Seite, fort von dem Arzt. „Wie auch immer."

<>

Dr Ivory ließ seine Familie hinein, als er gerade dabei war, lustlos die letzten Reste des Essens zusammen zu kratzen. (Eigentlich hatte er gedacht, ihm würde schlecht werden, wenn er zu viel aß, aber sein Magen schien wie ein schwarzes Loch - nur, dass er nicht so hungrig wie ein solches war.) (Jedenfalls stellte Jim sich ein schwarzes Loch hungrig vor.)

Das Krankenhausessen war besser als erwartet (jedenfalls besser als im Internat). Ein paar Kartoffeln, die bereits kalt waren (zu viel Luxus durfte er dann wohl doch nicht erwarten), breiartiges Gemüse und ein kleines Stück Fleisch, das ihm am meisten Schwierigkeiten verursachte. Aber er würgte alles hinunter - wenn das bedeuten würde, dass man ihn schneller entlassen würde, dann würde er eben regelmäßig essen.

Als es an der Tür klopfte und kurz darauf Richard und ihre Eltern ins Zimmer traten, bemerkte Jim sofort, dass die Stimmung bedrückt war. Sein Bruder war der einzige, dessen Blick sich sofort auf Jim richtete und der ihn besorgt musterte. Meghan und Joseph Moriarty hingegen starrten eine Weile zu Boden, als trauten sie sich nicht, ihren jüngeren Sohn, anzusehen. Niemand begrüßte sich.

„Wie geht es dir?", verlangte Richard zu wissen, trat auf Jims Bett zu (gegenüber von Jims Bett und links von ihm standen drei weitere Betten, aber im Moment waren sie nicht belegt) und sicherte sich den einzigen Stuhl im Raum.

Jim hob die Schultern. „Ich schätze, ich falle in den nächsten Minuten erst einmal nicht einfach um."

„Ja, was das angeht..." Richard boxte seinem Bruder kumpelhaft gegen die Schulter. „Wenn du mir noch einmal so einen Schrecken einjagst, verklage ich dich. Hast du mich verstanden?"

„Ohne meinen Anwalt sage ich nichts", erwiderte Jim. Das Tablett, welches er noch auf seinem Schoß balancierte, nervte langsam, deshalb schob er es auf den Beistelltisch, wo es mehr oder weniger sicher lag.

„James", sprach ihn da sein Vater an. Jim atmete genervt durch und beachtete seinen Vater nicht weiter.

„Wie hast du mich zurück zur Schule geschafft? Ich meine, ich wurde ja kaum aus dem Wald abtransportiert, oder?" Jim legte den Kopf leicht schief.

Verlegen kratzte Richard sich am Kopf. „Naja, du bist nicht unbedingt schwer, aber allein hätte ich das nicht geschafft, also... Tja, das wird dir jetzt wohl nicht gefallen."

„Sebastian", riet Jim genervt und Richard nickte.

„Ich habe ihn angerufen, damit er mir hilft. Ich hätte ja auch jemand Anderen angerufen, aber ich hatte mein Handy nicht dabei und das war die einzige Nummer, die du eingespeichert hattest, also..." Er hob die Schultern.

Jim hingegen runzelte die Stirn. „Ich habe seine Nummer nicht eingespeichert. Ich kenne die ja noch nicht einmal."

Richard wirkte verunsichert. „Naja. Vielleicht hat er die Nummer ja eingespeichert. Ich weiß nicht. Jedenfalls hat er mir geholfen. Er wartet draußen. Wenn du willst, kann ich ihn holen..."

„Nein!", entfuhr es Jim erschrocken und hektischer als gewollt.

Richards Augenbrauen schossen in die Höhe. „Habt ihr euch etwa noch immer nicht vertragen?"

Jim linste zu seinen Eltern und bemerkte, dass sie ihrem Gespräch aufmerksam folgten. „Halt die Klappe, Richard", zischte Jim wütend.

„James", sprach sein Vater ihn erneut an und diesmal richtete Jim seine Aufmerksamkeit doch auf ihn.

„Was denn?!"

Sein Vater ließ sich nicht beirren, lief auf sein Bett zu und hockte sich dann daneben, obwohl er immer wieder darüber klagte, seine Knie würden ihm schmerzen. Jim beobachtete ihn misstrauisch dabei. „Dein Arzt hat mit uns gesprochen", setzte er vorsichtig an. Jim nickte ungeduldig - da er minderjährig war, war das nicht wirklich ungewöhnlich, aber das musste sein Vater ihm doch nicht sagen.

„Und?", fragte Jim, denn offenbar wollte sein Vater auf etwas hinaus.

Stattdessen trat jedoch seine Mutter heran, legte ihrem Mann eine Hand auf die Schulter. „Dr Ivory sagte, du wärst so geschwächt, weil du nichts gegessen hast und, naja..."

Jim ging ein Licht auf. Er verdrehte die Augen. Wieso taten seine Eltern nun so, als würden sie sich so um ihn sorgen? „Sagt mir bitte nicht, ihr wollt jetzt ein Gespräch mit mir darüber führen, wie unverantwortlich ich doch war."

„Nein. Wir wollen dich nur fragen, ob es dir gut geht." Sein Vater faltete die Hände auf Jims Bettdecke zusammen und es wirkte ein wenig, als würde er beten. Vielleicht dafür, dass Jim ihm eine ernste Antwort gab.

Jims Mundwinkel zuckte. „Naja, ich bin im Krankenhaus, also geht es mir offensichtlich nicht so gut. Aber das meinst du nicht, nicht wahr?"

Seine Mutter schüttelte stumm den Kopf, sein Vater seufzte. „James, du weißt, dass du immer mit uns reden kannst. Oder?"

Jim schnaubte. „Jetzt ja. Und hör auf, mich James zu nennen."

„Hör auf damit", mahnte seine Mutter und einmal mehr klang sie, als wäre sie den Tränen nahe. „Es kommt ja nicht einfach so, dass du nichts essen möchtest. Wir wollen dir nur helfen."

Jim hob eine Augenbraue, musterte seine Eltern kalt. „Wie könntet ihr mir schon helfen? Mal abgesehen davon, dass ich das gar nicht will."

Die Hände seines Vaters verkrampften sich auf der Bettdecke und seine Mutter biss sich auf die Lippe. „Okay", sagte Joseph stumpf.

„Wir... Wir müssen jetzt gehen. Leo ist - er braucht, du weißt schon, Trost. Und wir müssen noch etwas klären."

„Wann wird Grandmas Beerdigung sein?", fragte Jim gerade heraus. Offenbar hätte er feinfühliger vorgehen sollen - seinen Eltern stiegen Tränen in die Augen, sein Vater erhob sich und er schwankte leicht.

„Das... gehört zu den Dingen, die wir klären müssen", murmelte seine Mutter, strich sich schnell über Augen und Nase.

„Ist sie zu Hause gestorben?" Aus dem Augenwinkel sah er, wie Richard langsam den Kopf schüttelte, um Jims Fragerei zu unterbrechen, aber der dachte nicht einmal daran. Er wollte wissen, was geschehen war. Da konnte und wollte er keine Rücksicht zeigen.

Sein Vater schüttelte leicht den Kopf und eine Träne fiel auf seine Wange. „Sie wurde vor drei Tagen ins Krankenhaus eingeliefert, weil es ihr immer schlechter ging", erklärte er und Jim hätte nicht erwartet, dass er so gefasst klingen würde - immerhin redete er über den Tod seiner Mutter. „In der Nacht war es dann vorbei."

Jim nickte. „Ich möchte gern schlafen. Also, wenn ihr gehen müsst, dann tut das."

„Gut", schniefte seine Mutter, die nicht mehr versuchte, nicht zu weinen. Jim vermied es, zu ihr hinüber zu sehen, denn es kam ihm seltsam vor, dass er mit dieser schwachen Erscheinung verwandt war. Er verstand es nicht richtig. Meghan hatte es von allen am längsten gewusst und es war nicht einmal ihre eigene Mutter und doch schien sie die zu sein, die immer wieder die Fassung verlor.

„Sollen wir dich gleich mitnehmen, Richard? Wir können dich zurück zum Internat bringen?" Joseph Moriarty legte seinem älteren Sohn eine Hand auf die Schulter, aber der schüttelte den Kopf und dann die Hand ab.

„Ich bleibe bei Jim."

Jim wollte sagen, dass er auch verschwinden sollte, aber er befürchtete, dass ihm dann furchtbar langweilig werden würde. Also schwieg er, als seine Eltern sich von ihm verabschiedeten und dann kurz darauf das Zimmer verließen. Sie ließen bedrücktes Schweigen zurück.

„Ich dachte, es wäre normal, dass du wenig isst", sagte Richard nach einer Weile. „Aber jetzt, wo ich darüber nachdenke, habe ich dich das letzte Mal essen sehen, als ich uns zu Hause Eierkuchen gemacht habe."

„Fang du nicht auch noch damit an", knurrte Jim. „Es ist normal, dass ich wenig esse. Ich weiß nicht, wieso es auf einmal so zurückschlägt."

Richard streckte seine Beine und legte sie anschließend auf Jims Bett, wo er sie überschlug. Jim warf ihm einen strafenden Blick zu, den Richard allerdings getrost ignorierte. „Denkst du, naja... Du hast dich ja immer noch nicht mit Sebastian vertragen und... Kann es sein, dass du deshalb so wenig gegessen hast?"

Jetzt war Richard wohl übergeschnappt. „Ja, du hast es erfasst. Ich war so kummervoll, dass ich entschieden habe, zu hungern."

Sein Bruder verdrehte die Augen und schaute beleidigt drein. „Das meine ich doch gar nicht, jedenfalls nicht so, wie du es darstellst. Aber es isst sich eben besser gemeinsam und da Sebastian der einzige Mensch war, mit dem du wirklich unterwegs warst, hast du das Essen vielleicht noch mehr vernachlässigt, als du allein warst."

Jim dachte darüber nach. Irgendwie stimmte es. Er war nur in die Cafeteria gegangen, weil Sebastian dort immer Portion um Portion verschlungen hatte und Sebastian hatte auch mit einem Großeinkauf dafür gesorgt, dass Jim wenigstens eine Kleinigkeit am Tag aß. Der Vorrat war zwar längst zugrunde gegangen, aber danach hatte Sebastian dennoch weiterhin darauf geachtet, dass Jim Nahrung zu sich nahm. Wenn er jetzt so überlegte, dann hatte er in seinem ehemaligen Zimmergenossen eine Art zweiten Richard gefunden - jemand, der glaubte, ihn vor allem schützen zu müssen und sich für ihn verantwortlich fühlte, obwohl Jim gut auf sich aufpassen konnte.

„Bist du dir sicher, dass du ihn nicht sehen willst?", riss Richard ihn aus seinen Gedanken. „Er ist seit Schulschluss hier und sieht nicht so aus, als wolle er gehen."

„Das ist sein Problem."

„Ich werde ihm nachher erlauben, hereinzukommen."

„Ich werde schlafen."

„Du bist kindisch, Jim." Richard seufzte, nahm seine Beine vom Bett und stand auf.

„Nein, ich bin wütend", korrigierte Jim ihn und klopfte demonstrativ seine Decke sauber.

„Ja, aber wieso? Ich meine, du weißt, dass ich Sebastian nicht unbedingt zum Himmel loben würde, aber er hat dir gut getan. Und du mochtest ihn, das habe ich gesehen. Wieso ist das jetzt vorbei? Was ist passiert?"

Jim schüttelte den Kopf. „Das würdest du nicht verstehen."

Sein Bruder seufzte, als hätte er eine solche Antwort bereits erwartet. „Wenn du meinst. Ich gehe mir jetzt was zu Essen holen. Du hattest ja schon was. Soll ich dir trotzdem noch was holen?"

Jim verneinte. Er nahm das Kissen hinter seinem Rücken hervor und schüttelte es auf, während Richard unsicher im Raum verharrte. „Ist noch etwas?"

„Sag du es mir." Und dann lief er weiter, öffnete die Tür und verließ das Zimmer, was nicht nur hochgradig unlogisch war, sondern Jim auch verwirrt zurückließ.

Genervt ließ er sich in sein neu aufgeklopftes Kissen fallen. Wieso nur war in letzter Zeit alles so kompliziert?

»«

Hallihallo! 😇

Es ist Update-Tag! Yeyy!

Wisst ihr eigentlich, wie lange ich gebraucht habe, um für dieses Kapitel zu recherchieren? Nein? Ich auch nicht mehr. Aber es waren mehrere Tage für einen einzigen Satz xD

Wenn ihr wollt, könnt ihr Folsäuremangel-Anämie, und was weiß ich noch alles, ja auch googlen - eigentlich wollte ich euch noch einmal erklären, was das so ist und wozu das führt, aber dazu habe ich gerade keine Lust, also müsst ihr wohl unwissend bleiben xD
Sorry.
Oder ihr fragt in den Kommentaren nach - vielleicht habe ich ja später Lust, alles noch einmal runterzurattern.

Ich hoffe jedenfalls, ihr seid nicht zu enttäuscht, dass Jims dramatischer Abgang wegen seiner Essgewohnheiten war. Aber, wenn ihr darüber nachdenkt, ergibt es Sinn. Hoffe ich zumindest xD

Ich wollte noch etwas schreiben... Hm. Langsam ist meine Vergesslichkeit wirklich nervig.

Naja, wie auch immer. Ich habe übrigens entschieden, dass ich Jim auf meine Sportlehrerin ansetze. Weil sie es verdient hat und ich sie nicht ausstehen kann und... Eigentlich reichen diese Gründe schon. Oder ist das ein Grund?

Okay, ich merk' schon - ich schreibe zu viel. xD

Wünscht mir Glück, dass meine Schreibblockade bald weg ist...

Bis zum nächsten Mal!

TatzeTintenklecks.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top