»They gave you life and in return you gave them hell«
Richard war selten schweigsam, als er zusammen mit ihren Eltern wiederkehrte und sich in dem Sitz neben Jim sinken ließ.
Obwohl Sebastian und Jim sicher eine Viertelstunde umhergefahren waren, hatten sie dennoch weitere dreißig Minuten warten müssen, bis Jims Familie zurückgekehrt war. Sie hatten kein Wort gewechselt - Jim hatte die Menschen auf dem Parkplatz beobachtet und Sebastian hatte auf seinem Handy getippt und irgendwann das Autoradio angeschaltet.
Deshalb konnte Jim sich nur vorstellen, wie Richard gelitten hatte, zusammen mit seinen Eltern, denn eine Qual war es sicherlich gewesen. Allerdings kam er weiterhin nicht dahinter, wieso sein Bruder gerade heute so schlecht gelaunt war. Am Morgen hatte er noch mit Jim und Sebastian gelacht (und dass ersterer das tat, war bereits selten genug), doch nun schien er am liebsten etwas zertrümmern zu wollen - wofür sein grimmiger Gesichtsausdruck und die geballten Fäuste sprachen.
„Ist alles in Ordnung, Rich?", erkundigte seine Mutter sich, als sie, während ihr Vater bezahlte, an der Tankstelle im Auto auf diesen warteten.
Richard warf ihr einen kurzen Blick zu und schien eher genervt von ihrer Fürsorglichkeit (ob er wusste, dass seine Mutter ihn bevorzugte?). Dennoch versuchte er sich ein wenig zu entspannen, lehnte sich weiter in seinen Sitz zurück. „Alles gut", murmelte er und dann sah er Jim von der Seite an, als wolle er überprüfen, ob der ihm glaubte. Jim tat so, als würde er es nicht bemerken und war sich nun mehr als nur sicher, dass Richard irgendetwas störte und dass es an ihm liegen musste. Was nicht wirklich ungewöhnlich war, dennoch erschien es Jim seltsam, dass sein Bruder es verschwieg - sonst war er nicht der Typ, der seine Stimmung verbarg.
Jim seufzte und linste dann zu Sebastian herüber, der lächelnd auf den Bildschirm seines Handys starrte. Der junge Ire verdrehte die Augen und trommelte ungeduldig auf seinen Oberschenkel - er wollte diesen Tag einfach so schnell wie möglich hinter sich bringen und dann... Nun, er wusste noch nicht, was er dann tun würde. Vermutlich würde er sich um seine restlichen Probleme kümmern, jetzt, da Mr Feargus aus dem Weg geschafft worden war.
Noch einmal blickte er zu Sebastian. Gerade war er dabei, etwas auf seinem Handy zu tippen, weiterhin mit diesem blöden seligen Lächeln auf den Lippen. Jim musste nicht überlegen, wem der Blonde gerade schrieb. Genervt wandte er sich ab. Es gibt definitv noch einige Probleme...
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„James! Richard!" Ihre Großmutter stand vor der Tür ihres kleinen Hexenhäuschens und begrüßte ihre Enkel mehr als nur begeistert. „Oh, Richard, du bist ja noch mehr gewachsen!" Und schon hatte sie Jims Bruder in eine feste Umarmung geschlossen, wie nur Großmütter sie geben konnten.
Als sie nach einigen Sekunden wieder von ihm abließ, schien Richard ein wenig glücklicher, denn ihre Großmutter war ein Mensch, bei dem man einfach keine schlechte Laune haben konnte. Selbst Jim, der normalerweise keine tiefe Bindung zu Menschen verspürte, musste sich eingestehen, dass er seine Grandma ins Herz geschlossen hatte.
„Hallo, James!", flötete seine Großmutter in diesem Moment und Jim machte sich nicht einmal die Mühe, sie zu korrigieren, weil das sowieso nichts bringen würde - mit Maria Freytag konnte man nicht diskutieren und wenn sie ihn unbedingt James nennen wollte und sie sich sowieso nur alle paar Monate sahen, dann, um Himmels Willen, sollte sie ihn doch nennen, wie sie wollte.
Jim lächelte ihr leicht zu. „Hey", murmelte er und versuchte, hinter sie zu spähen. Doch hinter ihr war nur ihr schwarze Kater, Ceckles, der misstrauisch hinter einer Ecke hervorlinste. „Wo ist Grandpa?"
Die ältere Dame wank ab und zwinkerte ihrem Enkel zu. „Ach, du kennst ihn doch - er ist gerade erst aufgewacht und ich habe ihn dazu verdonnert, dass er sich für unsere Gäste herrichtet." Ihr Blick fiel auf Sebastian, der noch hinter Jims Eltern stand und ein wenig verlegen lächelte.
„Hallo. Dich kenne ich ja noch gar nicht."
Sofort war sie bei ihm und schüttelte seine Hand. „Freut mich sehr, ich bin Maria. Und wie ist dein Name?" Während sie dies sagte, ließ sie seine Hand nicht los und Sebastian wirkte ein wenig überfordert.
„Mein Name ist Sebastian", stellte er sich, wie immer höflich, vor.
„Ihr habt mir ja gar nicht gesagt, dass ihr noch jemanden mitbringt", wandte sie sich an Jim und seine Familie. Dann drehte sie sich wieder aufgeregt zu Sebastian und lächelte leicht zu ihm hinauf (Sebastian überragte sie um zwei Köpfe): „Wie stehst du denn zur Familie Moriarty?"
„Er ist mein Freund", sprang Jim ein. Einen Moment wirkte seine Großmutter verwirrt, dann strahlte sie jedoch.
„Oh, wie schön! Endlich lerne ich mal einen Freund meiner Enkel kennen!" Jim biss sich auf die Zunge - Sebastian war nicht Richards Freund, sondern seiner. Aber es wäre Zeitverschwendung, dies nun zu erklären.
„Freut mich wirklich, dass du dich so über die Jungs freust, aber willst du nicht einmal deinen eigenen Sohn begrüßen?", fragte Jims Vater amüsiert.
Maria verdrehte die Augen, verschränkte die Arme. „Euch habe ich doch nun wirklich schon oft genug gesehen, Joseph. Aber meine lieben Enkel sind mir nun schon seit drei Monaten aus dem Weg gegangen." Sie blickte sowohl ihren eigenen Sohn, als auch Jim und Richard tadelnd an, doch lang konnte sie nicht streng bleiben. Schon begann sie zu lachen und trat zurück in den kleinen Flur ihres Hauses, wo sie ihnen zuwinkte, dass sie ihr folgen sollten. „Nun kommt schon, ich habe gebacken!"
Das ließen sich die Besucher nicht zweimal sagen - das Gebäck von Jims Großmutter war berüchtigt.
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Eine halbe Stunde später hatte sich die gesamte Familie und Sebastian im Wohnzimmer von Jims Großeltern versammelt.
Jim hatte sich auf den Lesesessel seines Großvaters gesetzt und dabei Ceckles verscheucht, der ihn angefaucht hatte und dann mit erhobenem Schwanz zu Richard gelaufen war, welcher sich mit ein paar Kissen vor dem Kamin eingerichtet hatte. Anders als Jim war Richard geradezu vernarrt in den schwarzen Kater. Wann immer sie in der Vergangenheit ihre Großeltern besucht hatten, war die Katze innerhalb von Minuten an Richard geschmiegt eingeschlafen und das, obwohl Ceckles sogar nur selten seine Besitzer in seine Nähe ließ. Jim hatte schon immer nur die Augen verdreht, wenn Tier und Mensch sich so gut verstanden hatten - er selbst hasste diesen Kater abgrundtief und er konnte nicht einmal genau sagen, wieso. Vielleicht einfach, weil er eine Katze war und immer darauf wartete, dass Jim über ihn stolperte und er ihm seine Krallen ins Bein schlagen konnte.
„Und was war in letzter Zeit in der Schule los, Jungs?", wollte seine Grandma wissen, während sie die Schüssel mit Vanillekipferl an Jim weiterreichte. Jim behielt sie gleich bei sich und knabberte uninteressiert an einem der Plätzchen - Richard würde diese Frage hoffentlich schon beantworten, denn er hatte gerade keine Lust auf Smalltalk, besonders nicht, wenn er auf die Schule ansprach.
„Ist ziemlich stressig dieses Jahr", erklärte Richard gedämpft, nachdem er sich soeben einen Brownie in den Mund gestopft hatte. „Am Donnerstag hat es irgendeinen Vorfall gegeben, mit einem Lehrer, aber ich habe kaum etwas davon mitbekommen."
„Jim schon", warf Sebastian ein. Jim blickte ihn kurz an und rümpfte die Nase als er den bedeutungsvollen Blick des Blonden sah.
„Oh, wirklich, was war denn los?", fragte seine Großmutter nach und klopfte ihrem Mann dabei nachlässig auf den Schenkel, als der zurück kippte und bereits wieder einzunicken schien. Er schreckte auf und nahm sich beleidigt ein weiteres Kuchenstück.
Jetzt sahen alle Jim an. Er seufzte schwer und rutschte ein wenig in seinem Sessel hin und her, weil er ihn größer in Erinnerung gehabt hatte und nun mehr als nur unbequem saß. „Mr Feargus, unser Sportlehrer, hat ein Mädchen sexuell belästigt", erklärte er, während er seine Beine über die Armlehne schwang.
„Wer ist Mr Feargus? Hattet ihr nicht immer Mr Gât?" Anscheinend schien Maria Freytag nicht sonderlich interessiert an den Teil mit der Belästigung.
„Ach, die Jungs haben dieses Schuljahr ja so viele neue Lehrer bekommen!", unterbrach seine Mutter Jim, noch bevor er den Mund aufgemacht hatte. Sie lachte verlegen: „Ich sehe da schon selbst nicht mehr durch!"
Jim grinste spöttisch und legte den Kopf schief. Seine Mutter hatte noch nie sonderlich überzeugend lügen können - ein Grund, wieso Jim sich früher oft darüber gewundert hatte, dass sein Vater nie mitbekommen hatte, wenn sie ihn betrogen hatte.
Auch Sebastian wirkte leicht verwirrt. Offenbar konnte selbst er den verzweifelten Versuch Jims Mutter zu lügen nicht als überzeugend ansehen.
Jim wusste auch nicht, wieso ihr Vater und ihre Mutter ihren Großeltern unbedingt verheimlichen wollten, dass Jim und Richard nun auf ein Internat gingen - nachdem ersterer bereits Probleme in ihrer alten Schule gehabt hatte und sie sich vermutlich bereits sicher gewesen waren, dass er im nächsten Schuljahr geflogen wäre.
„Was war denn nun mit dem Mädchen?" Diesmal war es sein Vater, der sich eingemischt hatte und Jim nun zunickte, damit der weitererzählte und von seiner Frau ablenkte.
Nur, weil Jim noch immer positiv gestimmt ob seines Erfolges war, tat er ihm den Gefallen. „Mr Feargus hat sie irgendwie abgepasst und... naja, belästigt eben und erst als ich vorbei gekommen bin, hat er aufgehört. Aber ich hatte alles schon gesehen - ich habe mich nur nicht getraut, etwas zu sagen. Also kam es erst letzten Donnerstag ans Licht, weil das Mädchen eine Panik-Attacke bekommen hat, als sie Mr Feargus noch einmal gesehen hat..."
„Moment! Ich wusste gar nicht, dass du gesehen hast, wie er Cherrie bedrängt hat", sprach Richard perplex. Ceckles rekelte sich neben ihm und streckte ihm eine seiner Pfoten ins Gesicht, doch Richard ignorierte ihn und sah weiter Jim an, als wäre er überrascht, dass sein Bruder nicht mit ihm darüber gesprochen hatte. Wirklich, dachte Jim genervt, wieso tut er das in letzter Zeit immer? Als hätte ich ihm sonst mehr gesagt.
Jim verdrehte die Augen und verschränkte die Arme, wobei die Schüssel Vanillekipferl auf seinem Bauch beinahe herunter fiel. „Du warst auch zu sehr beschäftigt mit essen, als das alles aufgeklärt wurde." Und Jim hatte nun wirklich keine Geduld, alles noch einmal zu erklären - zumal er nicht zulassen würde, dass er sich in seinen Aussagen verstrickte (was eigentlich unwahrscheinlich war), wodurch sein schöner Plan zunichte gemacht wäre.
„Und wird der Lehrer denn gefeuert?" Seine Großmutter schien die wirklich wichtigen Dinge zu erkennen.
Jim versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie stolz er auf die Ausführung seines Planes war. Er hob nur die Schultern und nahm sich einen weiteren Vanillekipferl, ganz so, als gehe ihn diese Sache nichts an - jedenfalls hoffte er, dass es so aussah. Sebastians misstrauischen Blick spürte er dennoch auf sich ruhen. „Vermutlich", beantwortete Jim die Frage seiner Großmutter. „Ich werde mich auf jeden Fall dafür einsetzen, weil ich einen solchen Menschen nicht an meiner Schule haben möchte." Gut, vielleicht hatte er nun ein wenig dick aufgetragen, aber niemand sagte etwas dazu. Stattdessen wurde das Thema gewechselt.
„Ist jetzt eigentlich heraus gekommen, was es mit deinem Kopfschmerz auf sich hat, Mama?", wollte Jims Vater wissen und lehnte sich auf der ledernen Couch, auf der er zusammen mit seiner Frau und Sebastian saß (der schon beinahe verlegen bis an das Ende der Couch gerutscht war und beinahe auf der Armlehne hockte), zurück. „Liegt es an deinen neuen Medikamenten? Es ist doch sicher nichts Ernstes? Im Krankenhaus haben die dir sicher etwas dazu gesagt."
„Oh mein Gott", unterbrach seine Frau ihn. „Habe ich euch schon erzählt, was mir letztens im Krankenhaus passiert ist?" Und dann erzählte sie eine ihrer Krankenschwester-Geschichten, die Jim bereits kannte und das, obwohl er seinen Eltern einen Monat erfolgreich aus dem Weg gegangen war.
Genervt ließ er sich weiter in den Sessel sinken und starrte an die weiße Decke. Sie war nicht nur weiß, sondern an den Ecken mit rot-goldenen Ornamenten verziert, wie sie auch in alten Palästen zu finden waren. Jim hatte sie jedes Mal gezählt, wenn er als kleiner Junge im Wohnzimmer seiner Großeltern gesessen hatte, weil seine Eltern keine Zeit gefunden hatten, sich um ihre Söhne zu kümmern. Während Richard sich also mit Freunden getroffen hatte, hatte Jim vor dem Kamin oder auf jenem Sessel, auf den er nun auch saß, gelegen und die Deckenverzierungen gezählt. Rich hatte das immer seltsam gefunden und sein Großvater hatte versucht, ihn ebenfalls aus dem Haus zu locken - nur seine Großmutter hatte sich dazu gesetzt und ihm geholfen, zu zählen. Vielleicht war das der Grund, wieso Jim sie mochte; sie verstand nicht, was Jim tat, aber sie ließ ihn machen, was er wollte, ohne sich zu beschweren.
Irgendwann begann Jims Großvater dann eine seiner Kriegsgeschichten zu erzählen. Früher hatte er diese immer geliebt, denn sein Grandpa hatte immer alles so genau beschrieben, als stände er noch immer mitten im Geschehen. Auch hatte er keine Rücksicht auf Richards und Jims Alter genommen - er hatte ihnen erzählt, wie Landminen seine Kameraden zerfetzten und er mit durchlöchertem Bein mit drei ebenfalls verletzten Männern, zwei Kilometer durch feindliches Gebiet zurück zu ihrem Trupp hatte laufen müssen. Jim hatte diesen Geschichten immer gespannt gelauscht, während Richard und seine Großmutter sich in die Küche zurückgezogen hatten - Maria Freytag war noch nie eine Freundin des Krieges gewesen und dass ihr Mann so viel davon erzählte, als würde er ihn vermissen, hatte schon des Öfteren zum Streit geführt.
Vermutlich erinnerte sich auch seine Mutter an diesen Umstand. „Maria, du wolltest mir doch noch euren neuen Ofen zeigen. Wir können auch noch ein paar Getränke holen, wenn wir schon in die Küche gehen."
Die ältere Frau nickte und erhob sich langsam, während ihr Mann gerade ausschweifend berichtete, wie er den Arm eines Mannes hatte annähen müssen, weil alle Sanitäter ebenfalls schwer verletzt gewesen waren. Jim bemerkte, dass Sebastian ihm gebannt an den Lippen hing, doch er selbst hatte kein Interesse mehr an solchen Geschichten. Als er klein gewesen war, waren die Erzählungen vielleicht noch eindrucksvoll gewesen, aber nun fand Jim, dass sie ziemlich weit hergeholt waren. Dennoch konnte er nicht erkennen, ob sein Großvater log - nach all den Jahren glaubte er seine eigenen Lügen vielleicht sogar selbst.
Jim schwang sich ebenfalls aus seinem Sessel. Richard schreckte auf und hob den Kopf, den er neben Ceckles auf den Boden abgelegt hatte. Der Kater mauzte empört. „Hey, wo gehst du hin?", wollte Jims Bruder alarmiert wissen, woraufhin dieser die Augen verdrehte.
„Ich gehe auf die Toilette, Richard", erklärte er genervt. „Du kannst ja gern mitkommen."
Rich zog eine beleidigte Schnute und ließ seinen Kopf dann wieder sinken, griff nach Ceckles, um ihn zu kraulen, doch der Kater war bereits aufgesprungen und aus dem Zimmer getrabt.
Jim folgte ihm und den beiden Frauen auf den kurzen Flur, der mit Teppich ausgelegt war. Als er Richtung Badezimmer trat, huschte ein dunkler Schatten an ihm vorbei und kurz darauf stolperte Jim bereits über Ceckles.
„Du blödes Viech!", fauchte er, als er strauchelte und sich gerade noch an der Wand abstützen konnte. Der Kater fauchte zurück und stürzte mit ausgefahrenen Krallen auf Jims Zehen zu, erwischte dabei allerdings seine Knöchel, als der junge Ire seinen Fuß zurückzog.
Fluchend griff er nach dem Nackenfell des Katers, der wild um sich schlug und Jim am rechten Arm ein weiteres Mal erwischte.
Dauraufhin hielt der Dunkelhaarige den Kater mit ausgestrecktem Arm von seinem Körper entfernt und sah sich suchend um. Sein Blick blieb an der Tür zum Wäscheraum hängen.
Entschlossen drückte er deren Klinke hinunter, schleuderte den Kater in den dunklen Raum hinein und zog die Tür dann schnell wieder zu.
„Alles in Ordnung, James?", rief sein Vater aus dem Wohnzimmer, woraufhin er gereizt auf die blutigen Kratzspuren auf seiner blassen Haus niedersah.
Er sparte sich eine Antwort, setzte seinen Weg fort und schloss sich dann im Bad ein.
Als er wenige Minuten später wieder heraus trat, war die Tür zum Wäscheraum geöffnet und Ceckles verschwunden. Also hatte jemand ihn heraus geholt oder der blöde Kater hatte die Tür selbst geöffnet. (Das hatte Richard ihm einmal beigebracht, als ihm langweilig gewesen war.) (Wie sein Bruder es geschaft hatte, einer Katze so etwas beizubringen, wusste Jim bis heute nicht.)
Jim beschloss, zunächst in die Küche zu gehen und sich etwas zu Trinken zu holen, weil die Vanillekipferl zwar wahnsinnig gut schmeckten, allerdings auch ziemlich durstig machten.
Kurz bevor er in die Küche trat, hörte er die Stimme seiner Mutter und irgendwas in ihrem Ton ließ ihn zögern und stehen bleiben. „Wann willst du es ihnen endlich sagen, Maria?"
Jim hörte seine Großmutter schwer seufzen. Seine Neugierde war geweckt und so schlich er langsam näher zur Küche, die zwar keine Tür besaß, dafür aber so um die Ecke führte, dass seine Mutter und seine Grandma ihn nicht entdecken würden können, solange er hinter dieser Wand blieb.
„Ich weiß es nicht", murmelte seine Großmutter. Sie klang tieftraurig, was Jim die Augenbrauen zusammenziehen ließ - diese Frau war immer glücklich. Er hatte sie erst einmal, bei der Beerdigung ihres Bruders, weinen sehen, ansonsten lächelten ihre Lippen immer und wenn diese das nicht taten, dann zumindest ihre Augen. Jim wurde misstrauisch.
„Es ergibt sich eben nie eine Möglichkeit, so etwas zu verkünden", fügte Maria noch mit rauer Stimme hinzu.
„Denkst du nicht, deine Familie verdient es, zu wissen, wie es um dich steht?", zischte Jims Mutter.
Er blinzelte. Wie meint sie das?
„Ich will einfach nicht, dass sie sich um mich sorgen. Sie sollen mich behandeln wie immer und wenn der Krebs doch siegt, dann weiß ich wenigstens, dass ihr mich nicht die ganze Zeit bemitleidet habt." Was?! Jim konnte nicht fassen, was er da hörte. Er war nicht dumm - er konnte sich zusammen reimen, was das alles bedeuten sollte. Aber wieso hatte er nichts bemerkt? Und wieso ergab erst jetzt alles einen Sinn?
„Das ist Schwachsinn! Wann willst du es endlich sagen?", wiederholte seine Mutter nachdrücklich.
Wie in Trance trat Jim in die Küche, er bemerkte es erst, als er bereits vor seiner Mutter und Großmutter stand und sie ungläubig anstarrte. „Ja, wann willst du es uns erzählen?", fragte er und seine Stimme war gepresst, weil er es einfach nicht schaffte, seine Kiefer weit genug aufzustemmen, als dass seine Worte verständlicher wären.
„Jim!", entfuhr es seiner Grandma erschrocken. „Ich- Es tut mir-"
Jim brachte sie mit einem einzigen Blick zum Schweigen. Er formte die Augen zu Schlitzen. Diese Wut war wieder da - sie kochte in ihm hoch, formte sich zu einem Knoten in seinem Magen, der auf seine Organe drückte. Sie verschlang ihn.
Ohne ein weiteres Wort drehte Jim sich um, stürmte durch den Flur. Zur Tür. Streifte sich seine Schuhe über, riss die Tür auf. Vergaß seine Jacke. Und dann lief er los. Irgendwohin. Weg. Weg von dem Schock und dem Zorn und der Frage, wieso er es nicht gewusst hatte.
Er ballte die Hände zu Fäuste und blickte nur nach vorn.
Wieso habe ich es nicht erkannt?
»«
Ein neues Kapitel - yey! Und es ist so fröhlich...
Tja, ich mag Dramen. Eine Frage: hört sich irgendwer die Lieder während des Lesens an? Nicht, dass sie so wichtig für die Kapitel wären, aber es würde mich mal interessieren. Übrigens könnt ihr mir weiterhin Liedervorschläge schicken - in letzter Zeit dauert es irgendwie ewig, passende Zitate zu finden 😅
Ich hoffe, es hat euch gefallen. Für Verbesserungsvorschläge bin ich immer offen. :)
Wir lesen uns am Freitag!
LG
TatzeTintenklecks.
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