9. Date, oder wie nennt man das?

"Heute ist Slughorns Essen. Hast du dich inzwischen entschieden, ob du hingehen willst?", fragte Hermine Severus zwischen zwei Sätzen, als sie wieder gemeinsam die Hausaufgaben erledigten.
"Würdest du denn gerne hingehen?", fragte er nur und blätterte beiläufig in seinem Buch. Hermine konnte ihm ansehen, dass seine Frage alles andere als beiläufig war. Er wirkte fast etwas nervös, gab sich aber große Mühe das zu verstecken, zudem hatte er ihre Frage nicht beantwortet.
"Naja, ich würde auf jeden Fall nicht ohne dich gehen wollen", gab sie zu und errötete ein wenig. Es stimmte was sie sagte, sie würde wirklich nur mit ihm dort hingehen wollen, aber es machte sie verlegen, das zuzugeben. "Also wenn du gehst, dann gehe ich auch", schloss sie hastig und sah ihn forschend an.
Eigentlich war Severus so gar nicht danach zu dieser Veranstaltung zu gehen, aber die Aussicht den Abend mit Hermine zu verbringen, ließ ihn seine Meinung noch einmal überdenken. Er war früher nie gegangen, weil er bei seiner ersten Einladung bereits mit Lily zerstritten gewesen war und allein in der Ecke zu stehen für ihn nicht gerade eine tolle Abendunterhaltung darstellte. Aber nun hatte er Hermine. Mit ihr wäre es anders.
Seit der Auseinandersetzung mit Black und Potter vor dem Zaubertränkeraum und ihrer anschließenden Aussprache, sahen sie sich sehr häufig, verbrachten die meisten Nachmittage zusammen, bearbeiteten ihre Hausaufgaben und redeten viel, allerdings immer so, dass es niemand groß mitbekam, denn an weiteren Streitereien mit James und Sirius war beiden nicht gelegen. Aber sie waren gute Freunde geworden, trotzdem hatten beide insgeheim das Gefühl, als wäre da noch irgendwas anderes zwischen ihnen, wie eine Spannung, ein Knistern, das mal intensiver und mal weniger intensiv da war. Während Hermine stark darauf bedacht war ihre Nervosität und das kribbelige Gefühl in seiner Gegenwart nicht überzubewerten, maß Severus dem viel Bedeutung bei. Er konnte die wenigsten Menschen in seinem Umfeld überhaupt leiden und sie fand er zunehmend anziehender, sehnte sich nach ihrer Gesellschaft, wenn sie nicht bei ihm war. Da wäre der Abend bei Slughorn eine gute Gelegenheit, noch mehr Zeit mit ihr zu verbringen.
"Ich denke, wenn du dabei wärst, dann wäre es gar nicht so furchtbar", gab er nach kurzem Schweigen zu.
"Gar nicht so furchtbar?", fragte sie und lachte.
"Immerhin eine Person, die nicht komplett narzisstisch nur über sich selbst und den Einfluss der Eltern redet, sondern tatsächlich etwas drauf hat", sagte er und lächelte sie warm an.
"Da hast du ja Glück gehabt", meinte sie und versuchte ihr schnell schlagendes Herz zu beruhigen, das sein Lächeln völlig hatte verrückt spielen lassen, was dieser Zeit häufiger passierte. Sie hatte lange überlegt, ob sie zu diesem Essen gehen sollte, immerhin hatte Harry ihr immer wieder gesagt, wie gefährlich er es fand, dass sie in seinem Unterricht so auffiel. Aber genau das war schließlich der Punkt gewesen sich doch dafür zu entscheiden. Sie war ja bereits aufgefallen, das machte nun also keinen Unterschied mehr und sie freute sich, einen Abend mit Severus zu verbringen, der nicht aus Hausaufgaben bestand.
"Holst du mich ab?", fragte sie also und schielte zu ihm rüber.
"Natürlich, pünktlich um acht Uhr werde ich vor eurem Gemeinschaftsraum sein", versprach er.
"Dann ist das ein Date", sagte sie zufrieden und ohne vorher auf die vielleicht versteckte Bedeutung dieses Satzes für ihn nachzudenken.
"D-Date?", stammelte er überrumpelt.
"Nennt man das nicht so, wenn zwei Menschen irgendwo gemeinsam hingehen?", fragte sie und war ein wenig gekränkt über seinen schockierten Gesichtsausdruck, den sie natürlich völlig falsch verstand.
Snape war nicht schockiert weil er es nicht gerne als ein Date angesehen hätte, sondern eben weil er es als solches ansehen wollte.
"Als Freunde natürlich", fügre sie noch hastig hinzu. Natürlich waren sie nur Freunde.
Sie dachte, sie würde ihn damit etwas beruhigen und klarstellen, dass sie völlig zufrieden damit war, mit ihm befreundet zu sein und nicht mehr wollte. Was sie selbst anging, da war sie sich dabei nicht so sicher. Nicht bei all den verwirrenden Gefühlen, die verschiedene Dinge, die er sagte und tat, in ihr auslösten. Aber sie musste diese Gefühle ganz schnell wieder vergessen. Das hier war nicht ihre Zeit, sie durfte ihn nicht auf diese Weise mögen, immerhin würden sie ja sicher bald wieder verschwinden. Außerdem würde sie damit Harry nur in seinen verqueren Sorgen bestätigen. Auch wenn sie sich in gewisser Weise wünschte, mehr Zeit hier verbringen zu dürfen und mit Severus.
"Ja, natürlich als Freunde", sagte Severus, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt, sowie dass der Himmel blau ist und die Erde eine Kugel. Nichts ließ auf seine wahren Gefühle schließen, nämlich, dass er sich durchaus wünschte, sie würde mehr für ihn empfinden.

*

"Wofür machst du dich denn so zurecht?", fragte Lily am Abend interessiert, als Hermine im Bad vor dem Spiegel stand und versuchte, ihre wilden Locken irgendwie zu bändigen.
"Slughorns Essen", erwiderte sie seufzend. "Aber das scheint nichts zu werden."
Sie ließ die Haarbürste sinken und zuckte resigniert die Achseln. Im Moment konnten ihre Haare denen von Hagrid Konkurrenz machen, so voluminös kräuselten sie sich um ihr Gesicht und standen in alle Richtungen ab.
"Ich wusste nicht, dass du auch hingehst", gab die Rothaarige überrascht zurück und presste die Lippen zusammen, um den eben aufgetragenen Lippenstift gleichmäßig zu verteilen.
"Ich wusste bis heute Mittag auch noch nicht, ob ich hingehen wollte."
Wieder versuchte sie ihre Haare irgendwie etwas zusammenzufassen, scheiterte aber kläglich, es sah dennoch aus, als hätte sie in eine Steckdose gefasst. Warum gerade heute?, fragte sie sich genervt. Auch wenn sie das nie zugeben würde, aber sie wollte, dass Severus sie schön fand, aber ihre Haare mussten ihr ja einen Strich durch die Rechnung machen.
"Warte ich helfe dir", meinte Lily kichernd und zog ihren Zauberstab. "Den Zauber hat mir Emma mal gezeigt, sie hat mit ihren langen dicken Haaren ja auch immer ihre Probleme."
Ein Schwenk ihres Zauberstabes und Hermines Haar legte sich von selbst in einem hübschen Knoten an ihren Hinterkopf. Kleine Strähnen fielen an den Seiten locker um ihr Gesicht, ließen die Frisur weniger streng wirken. Sie konnte sich nur an einen Abend in ihrem Leben erinnern, als ihre Locken so definiert und seidig ausgesehen hatten wie jetzt und das war damals im vierten Jahr gewesen, als sie Stunden damit zugebracht hatte, sich für den Winterball herauszuputzen. Nur hatte sie damals diesen Zauber noch nicht gekannt und nur mit Lockenwicklern und Unmengen von Haarspray arbeiten können. Hermine strahlte von einem Ohr zum Anderen.
"Oh, ich danke dir, das sieht toll aus", freute sie sich. "Diesen Zauber musst du mir auf jeden Fall beibringen."
"Was wirst du denn anziehen?", fragte Lily und deutete auf ihren flauschigen hellgrüngestreiften Bademantel.
"Ich habe vor zwei Wochen mit Mary und Emma ein blaues Strickkleid in Hogsmeade gekauft, ich dachte ich ziehe das an", erklärte sie. "Oder meinst du es wäre vielleicht unpassend?"
"Nein, das ist genau richtig", beruhigte Lily sie sofort. "Ich dachte nur, wenn du nichts passendes gehabt hättest, hätte ich dir was von mir leihen können. Ich weiß ja, mit wie wenig ihr nur hoerherkommen konntet."
"Oh, das ist so lieb von dir, danke. Aber ich denke das Strickkleid wird gehen."

Hermine verließ den Schlafsaal und schließlich auch den Gemeinschaftsraum noch vor Lily, die noch etwas vorbereiten musste, und deswegen, wie sie sagte, erst etwas später nachkommen würde.
Vor dem Portrait der fetten Dame wartete bereits Severus auf sie und wirkte ein wenig nervös.
Er trug statt Uniform und Umhang nur eine schwarze Hose mit passendem schwarzen Hemd und einer Weste. Hermine biss sich unwillkürlich auf die Unterlippe, als sie ihn da stehen sah. Er sah wirklich verdammt gut aus. Die Kleidung betonte auf genau die richtige Weise seine schlanke und hochgewachsene Gestalt und sie stellte fest, dass schwarz scheinbar schon in dieser Zeit seine Lieblingsfarbe war.
Als Severus Hermine bemerkte weiteten sich seine Augen.
"Du- Du siehst wirklich toll aus", flüsterte er und hielt ihr eine blaue Rose hin. "Wenn es auch nur eine Verabredung unter Freunden ist, die ist für dich."
'Blaue Rosen stehen für Unerreichbarkeit, eine unerfüllte Sehnsucht oder ein stilles Verlangen', schossen ihr die Worte ihrer Großmutter durch den Kopf. Ihre Großmutter war Zeit ihres Lebens eine passionierte Floristin gewesen und hatte ihr stets erklärt, was welche Blume alles aussagte. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie himmlisch es immer in ihrem kleinen Laden in Notting Hill geduftet hatte und an das Farbenmeer der Schnittblumen. In solchen Momenten vermisste sie sie.
"Vielen Dank", flüsterte sie verlegen zurück, nahm die Rose entgegen und hakte sich bei ihm unter. "Du siehst übrigens auch sehr gut aus." Er lächelte breit und führte Hermine durch die, bereits einen Monat vorher, weihnachtlich geschmückten Gänge in Richtung Kerker.

Hermine war unterdessen völlig in Gedanken versunken. Wusste Severus wohl um die Bedeutung dieser Rose? Müsste er doch, oder nicht? Immerhin gab es keine natürlichen blauen Rosen, man musste sie entweder selbst färben, oder, wovon sie in diesem Fall ausging, sie verzaubern. Er konnte sich die Farbe doch nicht willkürlich ausgesucht haben. Aber wenn nicht, was bedeutete das dann? Hatte er das Gefühl sie wäre unerreichbar für ihn oder war er vielleicht unerreichbar für sie? Das Zweite verwarf sie gleich wieder, woher sollte er auch wissen, dass ihr Herz jedes Mal höher schlug, sobald er sie ansah und lächelte. Hatte er ihr die Rose unterbewusst geschenkt, weil er sich eigentlich nach Lily sehnte und nicht nach ihr? Ja, sicher war es das. Sie sah ihn von der Seite an und verfluchte ihr Herz dafür, dass es sofort flatterte, wie die Flügel eines Schmetterlings und sie gleichzeitig diese hämische kleine Stimme in ihrem Kopf hörte, die ihr sagte, dass sie gegen Lily sowieso niemals eine Chance hätte. Nicht einmal dann, wenn die Umstände anders wären und sie diese Gefühle zulassen könnte, die sich schleichend immer weiter in ihr manifestiert hatten.
Schlag dir das alles besser einfach aus dem Kopf, mahnte sie sich, am Ende werden wir sowieso wieder verschwinden und er wird weiterhin nur Lily lieben, so wie es sein muss. Für dich ist hier ohnehin kein Platz vorgesehen.

Severus bemerkte ihre Schweigsamkeit, er hatte außerdem gemerkt, dass sie völlig in Gedanken versunken war und fragte sich, worüber sie wohl nachdachte. War das mit der Rose zu viel gewesen und sie überlegte, wie sie ihm das sagen sollte? Wusste sie womöglich, wofür blaue Rosen standen und empfand nicht wie er? Er hatte fast zwei Stunden darüber nachgedacht, ob er es wagen konnte, die weiße Rose aus dem Gewächshaus blau einzufärben und ob es womöglich zu viel verraten würde. Im Notfall, hatte er gedacht, konnte er immer noch behaupten, dass er nicht wüsste, was sie bedeutete. Und blau war immerhin ihre Lieblingsfarbe.
Dennoch sagte die Rose für ihn alles, was er sich nicht traute zu sagen. Wie sehr er sie bewunderte und sich zu ihr hingezogen fühlte, wie unerreichbar sie für ihn war, weil sie ihn niemals so sehen würde, weil er niemals gut genug für sie wäre.

In Slughorns Klassenzimmer waren bereits einige Schüler anwesend, als Hermine und Severus eintrafen.
"Oh, wie schön, wie schön. Miss Graham konnte Sie also doch überreden!", rief der Zaubertrankprofessor begeistert und begrüßte seine neu eingetroffenen Gäste überschwänglich.
"Vielen Dank für die Einladung, Professor", antwortete Hermine höflich und gab ihm die Hand.
"Das war doch selbstverständlich, mir ist selten jemand untergekommen der so talentiert ist wie Sie und ihr Freund hier."
"Oh, ähm..", wollte Severus direkt dazwischen reden und erklären, dass sie nur Freunde wären und kein Paar, aber Hermine ignorierte das und redete einfach weiter.
"Ich fühle mich sehr geschmeichelt, aber Sie sind auch ein wirklich guter Lehrer", gab sie das Kompliment zurück. Von Harry wusste sie, dass Slughorn es liebte, wenn man ihm ein wenig Honig um den Bart schmierte.
"Ach, nun ja", druckste er verlegen herum und reichte ihnen dann ein Glas Elfenwein von einem kleinen Tischchen neben der Tür.
"Aber kommen Sie erst einmal herein, begrüßen Sie ihre Mitschüler. Sobald wir vollzählig sind, wird das Essen serviert und wir haben etwas Zeit zu plaudern", erklärte er und machte eine ausladende Geste Richtung Klassenrauminneres. Hätte sie nicht gewusst, dass sie sich hier gerade in dem sonst so dunklen und miefigen Zaubertränkeklassenzimmer befand, sie hätte den Raum nicht wiedererkannt. Er sah jetzt aus wie eins dieser schicken und teuren Restaurants in einem Kellergewölbe im ältesten Teil von London.

"Ich kann gut darauf verzichten mit einem von denen zu reden", raunte Severus ihr zu, als er Hermine hineinführte.
"Ach komm schon, so schlimm sind sie sicher nicht", meinte Hermine und stellte sich mit ihm in eine Ecke des Raumes. Von dort aus ließ sie den Blick über ihre Mitschüker schweifen.
"Siehst du die beiden Jungs da drüben?", fragte Severus und deutete auf zwei breitschultrige blonde Jungen. "Das sind die Neffen des Zaubereiministers. Die beiden Mädchen daneben sind verwandt mit dem Zauberer, der den Aufmunterungstrank erfunden hat und dem Finanzminister. Und die da.."
"Versteh schon, sie sind alle wegen ihrer Verwandten hier, nicht wegen dem, was sie selbst geleistet haben", meinte sie.
"Die meisten jedenfalls", erwiderte er. "Er rühmt sich damit, viele einflussreiche Leute zu kennen."
Hermine konnte fast Rons Stimme in ihrem Kopf hören. Auch er hatte sich in ihrer Zeit immer darüber ausgelassen, dass Slughorn zumeist Schüler zu diesen Treffen eingeladen hatte, die mit irgendwelchen hochrangigen Ministeriumsmitarbeitern oder ähnlich angesehenen Zauberern und Hexen verwandt waren. Schleimer-Club hatte er diese Treffen immer genannt.
"Aber wenn das so ist, was tun wir dann hier?", fragte Hermine schließlich gespielt unwissend. "Oder bist du zufällig ein Nachfahre von Merlin persönlich?"
"Nein, das ganz sicher nicht", meinte er belustigt. "Scheinbar erwartet er, dass wir es noch zu etwas bringen werden, was uns in eine ähnliche Position bringt, wie ihre Verwandten."
Er verschwieg an dieser Stelle geflissentlich, dass seine Mutter ebenfalls aus einer sehr angesehenen, einflussreichen Familie stammte, wenn sie auch inzwischen von ihr verstoßen war. Zumal er ohnehin davon ausging, dass Slughorn sich dieser Verwandtschaftsverhältnisse gar nicht bewusst war.
"Hmm.. und was wäre das?", fragte Hermine weiter.
"Ich für meinen Teil möchte Zaubertränke studieren und forschen, wie meine Mutter", sagte er sofort, dass er auch durchaus in Erwägung zog sich eingehender mit den dunklen Künsten zu befassen, ließ er auch lieber aus. "Was möchtest du mal tun?"
"Ich glaube mir würde Unterrichten gefallen, du weißt wie gerne ich Leute verbessere", sie lachte. "Vielleicht Verwandlung oder Zauberkunst. Aber auch der Heilerberuf ist verlockend. Ich würde gerne Menschen helfen, egal auf welche Weise."
"Zu dir würde beides sehr gut passen", pflichtete er ihr bei. Er konnte sie in beiden Berufen vor sich sehen und vermutete, dass sie sehr erfolgreich sein würde, egal wofür sie sich entscheiden würde.
"Ich könnte mir dich aber auch gut als Lehrer vorstellen", sagte sie und war völlig überrascht, dass er das nicht selbst schon in Erwägung zog.
Severus wollte gerade antworten, dass er nicht glaubte, dass sich irgendjemand gerne von ihm unterrichten lassen würde, erstarrte dann aber für einen Moment. Lily hatte soeben mit einem kleinen Goldfischglas in der Hand, in dem eine Wasserlilie trieb, den Raum betreten.

Hermine war seinem Blick gefolgt und fühlte sofort wieder einen eifersüchtigen Stich im Herzen.
Was denkst du dir eigentlich? Dass er dich auch nur ansehen würde, wären sie nicht zerstritten?, flüsterte ihr eine kleine zweifelnde Stimme in ihren Kopf zu. Und sie hatte Recht, warum sich etwas vormachen? Würde doch jede noch so kleine Hoffnung am Ende nur in Schmerz enden.
Severus hatte sich inzwischen wieder gefangen, ihm war nicht klar gewesen, dass Lily heute hier sein würde. Aber eigentlich hätte er auch selbst darauf kommen können, immerhin war auch Lily eine sehr talentierte junge Hexe und natürlich war auch Slughorn das nicht entgangen. Er hatte ihn sogar mal sagen hören, dass er ihr Talent aufgrund ihrer Muggelabstammung noch beeindruckender fand. Der Satz war natürlich in höchstem Maße verwerflich, da Talent und Strebsamkeit nichts mit der Abstammung zu tun hatten, höchstens mit der Kinderstube aber nicht mit Blut, ob nun magisch oder nicht. Er war nur froh, dass sie allein hier war und nicht noch einer von den selbsternannten Rumtreibern mitgekommen war. Auf dieses Drama konnte er getrost verzichten. Wobei er zugeben musste, dass sich ihre Gemeinheiten ihm gegenüber in letzter Zeit wieder etwas reduziert hatten. Zumeist bekam er nur blöde Sprüche zu hören, ob das wohl an Hermine lag? Dennoch stellten sie noch bei jeder Gelegenheit klar, dass sie ihm den Allerwertesten aufreißen würden, sollte er je etwas Falsches zu ihr sagen. Scheinbar hatte Hermine ihnen nach dem Vorfall vor eben jenem Klassenzimmer, in dem sie jetzt standen, gehörig die Meinung gegeigt. Schließlich hatten sie wohl eingesehen, dass es ihnen nur Streit brachte, wenn sie eine solche Aktion noch einmal in aller Öffentlichkeit durchziehen würden.

Lily ließ, nachdem sie Slughorn ihr Geschenk überreicht hatte, eine Seerose, die sich über Nacht in einen kleinen Fisch verwandeln würde, ihren Blick durch den Raum wandern. Zu ihrer Überraschung entdeckte sie Hermine und Severus zusammen in einer Ecke des Raumes. Sie war nicht überrascht, dass er eingeladen war, immerhin war er der beste in Zaubertränke, wobei er da ja seit neuestem Konkurrenz von Hermine bekam, aber normalerweise wäre sie davon ausgegangen, dass er diese Veranstaltung, wie sonst auch, meiden würde. Er war durch seine Ungeselligkeit und schroffe Art nicht gerade beliebt in Hogwarts und seit sie mit ihm gebrochen hatte, hatte er, soweit sie wusste, auch keine Freunde mehr. Naja, abgesehen von Hermine. Seit jeher mied er Feste und Veranstaltungen und saß für sich alleine in der Bibliothek und lernte. Er war also ihretwegen hier und deswegen hatte sie sich auch so viel Mühe mit ihrem Aussehen gegeben, kombinierte sie. Ihr Blick fiel zwangsläufig auf die blaue Rose, die Hermine in der Hand hielt und ihr war klar, dass Severus ihr diese geschenkt haben musste.
Irgendwie süß, dachte sie. Sie überlegte, ob ihre Warnung an Hermine, Severus betreffend, vielleicht doch ein wenig voreilig war und ob James und Sirius sie mit ihren Aussagen nicht doch inzwischen ein wenig zu Paranoid hatten werden lassen. Immerhin schienen sie sich auch jetzt noch gut zu verstehen und Hermine wirkte viel glücklicher in letzter Zeit. Sie konnte es Severus nicht verdenken, dass er ein Auge auf sie geworfen hatte, allen Gemeinheiten ihrer Freunde und der Warnungen, sich fernzuhalten, zum Trotz. Sie waren sich in gewisser Weise so ähnlich. Beide hochintelligent, belesen, ehrgeizig und beharrlich in ihren Überzeugungen. Sie fragte sich, ob er immer noch so vernarrt in die dunklen Künste war und wenn ja, ob Hermine das wusste und tolerierte. Vielleicht hatte sie ja damals doch überreagiert, vielleicht hätte sie damals doch das Gespräch mit ihm suchen sollen. Wenn Hermine über alles hinwegsehen und sich mit ihm anfreunden konnte, obwohl sie dieses unglaubliche Gerechtigkeitsempfinden hatte, sollte sie es dann nicht vielleicht langsam auch können?
Kurzentschlossen ging sie zu den beiden hinüber und begrüßte sie. Natürlich würde sie ihm nicht einfach so verzeihen, aber sie waren immerhin Freunde gewesen und er hatte sie damals vor den Beschimpfungen ihrer Schwester in Schutz genommen. Bis zu diesem verhängnisvollen Tag, an dem sie ihn vor einer weiteren Gemeinheit ihrer Freunde bewahrt und er sie, verletzt in seinem Stolz, beschimpft hatte, war er ihr wirklich ein guter Freund gewesen. Vielleicht hätte sie nicht so einfach mit ihm brechen sollen, nachdem auch sie ihn mit ihren Worten gekränkt hatte.

Severus blieb fast das Herz stehen, als die Rothaarige zu ihnen hinüberkam und sie beide lächelnd begrüßte. Natürlich tat sie das nur wegen Hermine, das war ihm mehr als bewusst. Aber dennoch, sie hatte ihn ebenfalls begrüßt und somit das erste Mal, seit über einem Jahr, überhaupt mit ihm gesprochen. Er war unsicher, was er nun davon halten sollte, natürlich konnte er nicht erwarten, dass sie ihm einfach so alles verzeihen würde, immerhin war sie, was sowas anging, recht stur, aber es war ein Anfang. Vielleicht würde er doch noch irgendwann die Möglichkeit bekommen, sich zu entschuldigen und das Kapitel abschließen können. Denn es tat ihm wirklich mehr als Leid, ihr dieses Wort an den Kopf geworfen zu haben, seiner damals besten und einzigen Freundin. Zumal ihn jetzt nicht mehr ständig dieses gehässige Monster der Eifersucht quälte, wenn er sie und Potter zusammen sah, auch wenn er der Meinung war, dass sie Besseres verdient hatte als ihn. Er überlegte ob das an Hermine lag, weil sie seit Wochen so präsent in seinen Gedanken war, dass er Lily und seine Gefühle für sie, welcher Art sie auch gewesen sein mochten, langsam vergessen hatte.

"Oh, wie schön, die Rose hast du ja wirklich toll hinbekommen", merkte Lily gerade an und er bedankte sich leise. Hermine fragte sie daraufhin, was es mit dem Goldfischglas und der Seerose auf sich hatte und er versank wieder in Überlegungen, während Lily ihr den Zauber erklärte.
Er kam nicht umhin zu bemerken, welch großen Einfluss Hermine auf ihn, Lily und die Rumtreiber bisher schon gehabt hatte. Seit sie hier war, hatte sich so viel verändert; zum Besseren. Ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit ließ sie alle über ihre Handlungen nachdenken und sie hinterfragen. Sie war wirklich eine außergewöhnliche Frau.
"Harry war ganz überrascht, als ich ihm erzählte, dass du hier bist", teilte Lily Hermine gerade mit. "Und ich war verwundert, dass du ihm nichts erzählt hast."
"Ich hatte einfach keine Lust auf die Diskussion", sagte sie. "Er hasst solche Veranstaltungen. Sicher erinnert es ihn an die steifen Veranstaltungen bei unserem Onkel früher."
"Aber es ist doch eine große Ehre, dass Slughorn dich eingeladen hat", wunderte sich Lily und vernahm daraufhin ein Schnauben von Severus.
"Siehst du das nicht so?", fragte sie etwas angesäuert.
"Doch durchaus, wären alle nur wegen ihres Talentes hier, aber sieh dich mal um. Allein die Minchum-Zwillinge sind nicht gerade die Hellsten und doch sind sie hier, weil sie die Neffen von Minister Minchum sind. Das ist also nicht nur eine Ehrung, sondern auch politisches Kalkül", erklärte Severus sachlich, aber mit einer Spur Verärgerung. "Er sammelt Berühmtheiten für sein Regal. Menschen mit Einfluss und macht sie bekannt mit anderen einflussreichen Menschen, um daraus einen Vorteil für sich selbst zu schlagen und vielleicht einmal einen Stein im Brett zu haben."
"Wenn dich das so anwidert, warum bist du dann hier?", stellte sie die daraus resultierende Frage.
"Ich wollte Hermine nicht allein gehen lassen", erklärte er und sah genannte Person warm an, diese schien das aber gat nicht zu bemerken.
"Nett von dir", kommentierte Lily nur, sie hatte, im Gwgensatz zu Hermine, aber natürlich den Blick bemerkt. Er mochte sie also wirklich und das mehr als nur freundschaftlich, das war offensichtlich. Jedenfalls für sie war es offensichtlich, denn Hermine schien auch das nicht zu bemerken. Sie wirkte auf Lily abwesend und in Gedanken und sie fragte sich, was in ihr wohl vorging. Denn eigentlich hatte sie den Eindruck gehabt, dass Hermine Severus ebensosehr mochte. Warum also sah sie dann aus, als wäre sie in Gedanken ganz weit weg? Warum sah sie nicht auch, was für Lily so offemsichtlich war?

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