4. Ungewollte Partner
Am nächsten Morgen beim Frühstück, nach ihrer ersten Nacht zurück in den Gemäuern Hogwarts', waren beide gleichermaßen unausgeschlafen und gähnten um die Wette.
"Hier, den scheint ihr echt nötig zu haben", sagre Lily mit einem mitfühlenden Blick auf ihre Augenringe und reichte Hermine die Kaffeekanne.
"Eindeutig", lachte James und schüttelte den Kopf. "Die erste Nacht ist immer die Schlimmste, aber danach wird es besser, versprochen."
"Das will ich hoffen", sagte Hermine und schenkte sich und Harry ein, angelte danach ihren Stundenplan aus der Tasche.
"Keine Angst, wir haben fast alle Kurse zusammen", raunte Lily ihr zu, "Du musst nicht ständig ängstlich auf deinen Stundenplan schauen."
"Was hast du denn als erstes?", wandte sie sich an Harry.
"Ähhmm.." Er wühlte in seinem Beutel nach dem Pergament.
"Harry James P- Graham! Du hast noch nicht ein einziges Mal drauf gesehen!", schimpfte Hermine und war froh, noch früh genug gestoppt zu haben, bevor sie seinen echten Namen herausposaunt hätte.
Auch Harry war für eine Sekunde das Herz stehen geblieben, aber er beruhigte sich schnell wieder.
"Zaubertränke", meinte er mit einem Blick auf das endlich gefundene Pergament. "Na ganz toll.. Jetzt weißt du warum ich noch nicht nachgesehen habe."
Sirius konnte sich ein lachen nicht verkneifen und hob anschließend die Hand zum High-Five. "Mein Reden. Zaubertränke sind scheiße!", rief er und Harry schlug ein, während Lily und Hermine nur die Köpfe schüttelten.
Im Zaubertränkeklassenzimmer stellten Harry und Hermine sich zuerst Slughorn vor und setzten sich schließlich auf die einzigen beiden freien Plätze im hinteren Teil des Raumes. Ein wenig zweifelte Harry inzwischen schon, ob das alles wirklich eine gute Idee war. Das hier war immerhin Slughorn, jemand der sie womöglich wiedererkennen würde, wenn sie später in seinen Unterricht kamen. In dieser Zeit waren sie zwar noch nicht einmal geboren, aber sie trafen hier Menschen, die sie später auch kennen würden. War das nicht Wahnsinn? Warum hatte Dumbledore dem Ganzen nur so schnell zugestimmt? Er musste doch auch darüber nachgedacht haben. Plötzlich kam ihm das alles doch sehr leichtsinnig und gefährlich vor.
"Schön! Nun denn, unsere erste gemeinsame Zaubertrankstunde nach den Ferien. Wollen doch mal sehen, was alles hängen geblieben ist", begann der Professor seinen Unterricht und unterbrach Harrys ängstliche Gedanken. "Wer kann mir sagen was passiert, wenn ich Erumpent-Sekret zu einem Trank, mit Wermut oder Minze als Bestandteil, hinzufüge?"
Sofort schoss Hermines Arm in die Höhe. Harry wollte ihr noch den Ellenbogen in die Seite rammen und sie fragen warum sie auch noch auf sich aufmerksam machte, aber da hatte Slughorn sie bereits aufgerufen.
"Nun, Sir, der Trank würde höchst wahrscheinlich explodieren. Erumpent-Sekret muss mit äußerster Vorsicht gehandhabt werden und ist zudem sehr wertvoll und selten, weswegen nur die fähigsten Tränkemeister damit arbeiten. Gerade mit Wermut und Minze ist das Sekret besonders instabil", erklärte sie und Slughorn belohnte sie mit fünf Punkten für Gryffindor.
Auch seine nächsten Fragen konnte sie alle beantworten - ebenso wie Snape, aber das bemerkte sie nicht, da er noch zwei Tische hinter ihr saß und nicht ein einziges Mal von Slughorn aufgerufen wurde. Auch auf seine letzte Frage gab Hermine die richtige Antwort und verdiente weitere fünf Punkte für ihr Haus. Harry dachte noch, dass er dringend mit ihr sprechen müsste und sie sich im Unterricht zurücknehmen müsste, als die nächste Bemerkung von Slughorn ihn erschrecken ließ.
"Mister Snape, diese junge Dame versucht wohl Ihnen Konkurrenz zu machen", meinte der Professor höchst zufrieden und Hermine drehte sich leicht errötend zu Snape um und sah ihn entschuldigend an, der starrte sie jedoch nur ohne jegliche Gefühlsregung im Gesicht an. Die Maske hatte er also schon zum Ende seiner Schulzeit perfekt drauf. Sich Snape zum Feind zu machen wäre wirklich ungeschickt. Er konnte ja nicht ahnen, dass sie all das vor allem von ihm gelernt hatte und er sich daher jetzt irgendwie selbst Konkurrenz machte.
"Gut, da ich mir jetzt einen Eindruck gemacht habe und Sie wieder ein wenig warm geworden sind mit der Kunst der Zaubertränke, teile ich Sie alle ihrem diesjährigen Brau-Partner zu!", verkündete er vergnügt und fing auch direkt an Namen zu nennen. Brau-Partner? Verdammt, das wird ohne Zweifel böse enden, dachte Hermine, die eine leise Ahnung beschlich, dass ihr das Glück, vielleicht Harry zugereilt zu werden, nicht vergönnt war.
"Mister Potter und Miss Evans. Dann haben wir Miss Rollins und Mister Khan", verkündete er und rief weiter Namen auf. "Mister Lupin und Mister Graham. Und zu guter Letzt.."
Snape und ich, stellte Hermine erschrocken fest und sah ihre Vorahnung auf düsterte Art bestätigt.
"Mister Snape, sie werden mit Miss Graham arbeiten."
Warum nur? Warum? Wäre es nicht schlauer sie und Snape eher schwächeren Schülern zuzuteilen, um diesen zu helfen?
Sie biss sich auf die Unterlippe, schnappte sich ihr Buch und ging langsam und ein wenig widerstrebend nach hinten zu Snape. Dieser schien sie mit Blicken zu erdolchen.
"Graham", zischte er zur Begrüßung.
"Hermine", verbesserte sie. Es reichte ihr in ihrer Zeit schon, ihren Namen so verächtlich aus seinem Mund hören zu müssen. Vielleicht würde er ja auch auftauen, wenn sie den ersten Schritt tat.
"Severus", gab er nach kurzem Zögern und einem auffordernden Blick von Hermine klein bei.
"Schön dich kennenzulernen und ich wollte dir gewiss nicht die Show stehlen", sagte sie höflich, bekam von ihm aber nur ein belustigtes Schnauben.
Okay, das wird wohl wirklich nicht besonders spaßig werden.
"Gut, da nun jeder seinen Partner gefunden hat, möchte ich eine weitere Überprüfung mit Ihnen machen. Der Trank der lebenden Toten gehört zum UTZ-Pensum. Am Ende dieses Jahres müssen Sie ihn ohne Anleitung und fehlerfrei brauen können, um ein Ohnegleichen zu verdienen. Also werden wir das gleich mal ausprobieren", er klatschte vergnügt in die Hände. "Dann mal los, beginnen Sie mit dem Brauen."
Wie aufs Stichwort brach lautes Getuschel aus und die ersten Schüler liefen bereits Richtung Vorratskammer.
"Also, ich will hier nicht deinetwegen eine schlechte Bewertung bekommen, also hol du einfach die Zutaten und ich mache den Rest, wir brauchen Schlafbohnen, Wermut,-", zählte Snape auf.
"Ich weiß was wir brauchen, wir sollten uns mit der Besprechung also nicht aufhalten", fuhr sie ihm energisch dazwischen. "Ich mag bisher Zuhause unterrichtet worden sein, aber ich beherrsche das Brauen von Zaubertränken deswegen nicht schlechter als du." Und schon war sie weg. Severus sah ihr stirnrunzelnd nach. Es gefiel ihm gar nicht, dass er so eine besserwisserische Gryffindor aufs Auge gedrückt bekommen hatte. Er hätte einfach gerne wieder allein gearbeitet, wie sonst auch, während die dusseligen Rumtreiber, oder jedenfalls dreiviertel von ihnen, zu dritt arbeiteten.
Hermine war derweil zurückgekehrt und hatte alle benötigten Zutaten dabei.
"Du hättest wenigstens schonmal Wasser erhitzen können", kommentierte sie die Tatsache, dass er, während sie weg war, nichts getan hatte, außer den richtigen Kessel auf den Tisch zu stellen. Wütend funkelte er sie an.
Jetzt kritisiert sie mich auch noch, dachte er. Das wird ja immer besser.
Aber Severus tat was sie verlangt hatte und füllte Wasser in den Kessel und stellte ihn über die Flamme des Brenners. Als nächstes griff er, ebenso wie sie, nach dem Wermut. Ihre Hände trafen sich, woraufhin sie sich ein wütendes Blickduell lieferten, keiner wollte nachgeben und keinem gefiel es, welchen Partner er zugewiesen bekommen hatte. Auch ihre Hände blieben aufeinander liegen, bis Hermine seufzend nachgab und die Hand zurückzog. Triumphierend lächelnd nahm Snape sich den Wermut und zerkleinerte ihn mit geübten Handgriffen.
Lächelnd sieht er sogar echt nett aus, dachte Hermine. Wäre es doch nur nicht so ein selbstgefälliges und überhebliches Lächeln.
Um sich weitere Blickduelle zu ersparen nahm sie sich direkt die nächste Zutat - die Affodillwurzel - und hackte sie in gleichmäßige, feine Streifen und schließlich zu Würfeln. Als sie fertig war gab Severus sie in den Wermutssud und sie nahm sich ganz selbstverständlich die Schlafbohnen.
Mit der Klinge zerdrücken und dreizehn statt zwölf Bohnen, schoss es ihr durch den Kopf. Das hatte Snape jedenfalls als Schüler in sein Buch geschrieben, vermutlich war es sogar das, was hier gerade auf dem Tisch lag. Harry war damit der Trank jedenfalls perfekt gelungen, besser als ihrer, also beschloss sie, sich an die Tipps des Halbblutprinzen, oder besser gesagt Snapes Tipps, zu halten. Vielleicht verbesserte das ja sogar seine Meinung ihr gegenüber.
"Was machst du da?", herrschte er sie an, als sie die Klinge ansetzte und fest darauf drückte.
"Was wohl? Ich hole den Saft aus den Schlafbohnen", antwortete sie genervt.
"Aber-", wollte Severus ansetzen zu widersprechen, sah dann jedoch, dass Hermines Methode tatsächlich viel besser funktionierte, als sie wie sonst aufzuschneiden.
"Woher weißt du das?", fragte er interessiert und trat näher heran.
"Mal irgendwo gelesen, schätze ich", gab sie ein wenig verwirrt zurück und zuckte die Schultern.
Ich habe das doch aus seinem verdammten Buch, warum weiß er das nicht?
Als sie den Saft der zwölften Bohne hinzu gab, schnappte Snape sich eine weitere und zerdrückte sie, wie auch sie vorher, mit der Klinge.
"Stehen im Rezept nicht zwölf Bohnen?", fragte sie. In seinem Buch damals hatte er Ver erkt es sollten dreizehn Bohnen sein und sie wollte wissen, wie er nun reagierte. Dass er seinen eigenen Trick nicht kannte, irriterte sie noch immer.
"Schon, aber sieh dir mal die Farbe an", forderte er und sie tat wie ihr geheißen.
"Sie passt nicht zur Anleitung", stellte sie mit einem abschätzigen Blick fest.
"Also dreizehn Bohnen", erklärte der Schwarzhaarige lächelnd, gab den Saft hinzu und der Trank wurde hellviolett. Unter Rühren wechselte der Trank ein weiteres Mal die Farbe und wurde dunkler, jetzt fehlte nur noch die Baldrianwurzel.
Sie sah sich im Klassenzimmer um, niemand war bereits so weit wie sie. Die meisten hatten ihre liebe Not die Schlafbohnen nicht entwischen zu lassen, bei wiederum anderen stiegen Unheil verkündende Dampfschwaden aus dem Kessel auf, die den Brauenden die Tränen in die Augen trieben.
Auch Snape bemerkte diesen Umstand mit Genugtuung. Er musste zugeben, dass mit Hermine Graham zu arbeiten vielleicht doch nicht so furchtbar wäre, wie er zuerst gedacht hatte, immerhin hatte sie ihnen mit dem Trick, die Schlafbohnen auszuquetschen statt aufzuschneiden, viel Zeit gespart.
Hermine fügte schließlich die letzte Zutat Stück für Stück hinzu, während Severus gleichmäßig weiterrührte und der Trank tatsächlich klar wie Wasser wurde. Grinsend sah sie Severus an, der sich auch ein kleines Lächeln nicht verkneifen konnte, immerhin war der Trank perfekt geworden und das in Rekordzeit. Sicher würde es ihnen beiden weitere Hauspunkte einbringen.
"Tut mir leid, dass ich dich angezickt habe vorhin", flüsterte sie und klang leider auch genauso verlegen, wie sie sich fühlte. Sie schämte sich ein wenig, ihm nicht einmal eine Chance gegeben zu haben. Er war ehrgeizig und kannte sie nicht, natürlich war er nicht begeistert, plötzlich einen Braupartner zugewiesen zu bekommen.
"Ich war vielleicht auch nicht gerade freundlich", gab er zögernd, aber auch ein wenig widerwillig zu.
Ein Severus Snape, der einen Fehler zugibt? Ich muss träumen, dachte sie und grinste.
"Ich hoffe, dass wir ab jetzt vielleicht freundschaftlich miteinander umgehen können?", fragte sie leise.
"Ich hab dich unterschätzt, Gryffindor. Du hast Talent", erkannte er nicht ganz neidlos an, ließ ihre Frage aber unbeantwortet.
"Aber ohne die dreizehnte Bohne wäre es dennoch nichts geworden", gab sie ein Kompliment zurück, das ihn leicht erröten ließ.
Verlegenheit? Noch so eine Sache, die ich bei ihm nie erwartet hätte, stellte sie fest. Vielleicht ist der Snape aus dieser Zeit doch ganz nett.
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