13. Der große Knall

Nur noch heute, dann wird es leichter, redete sich Hermine am nächsten Morgen unter der Dusche ein. Sie müsste nur noch den heutigen Tag hinter sich bringen, dann wären eine Woche lang Weihnachtsferien. Sie und Harry wären alleine in Hogwarts, denn die Rumtreiber und ihre Zimmergenossinnen würden über Weihnachten nach Hause fahren, sie könnte Severus aus dem Weg gehen und sich damit ablenken, dass Harry und sie weiter an ihrem Rettungsplan tüftelten und nach einer Woche fiele es ihr hoffentlich leichter, Severus zu sehen. Zudem war sie sich immer noch nicht sicher, was sie Severus sagen sollte, würde er erneut nach dem Grund für ihre Distanz zu ihm fragen. Die Aussage 'ich will nicht mehr mit dir befreundet sein' ohne weiteren Grund, würde er nicht mehr lange hinnehmen. Sie müsste ihm schon ordentlich vor den Kopf stoßen, damit er sich fern hielt und sie hasste, auch wenn es sie und ihn verletzte.

Als sie die große Halle betrat, fing sie kurz den traurigen Blick von Severus auf, bevor sie sich zwang sich abzuwenden und ihren Freunden ein Lächeln zuzuwerfen, denen dieser Blick nicht verborgen geblieben war.
"Was hat er ihr bloß getan?", hörte sie Emma Lily zuflüstern, als sie näher kam und von James meinte sie noch ein "Ich bringe ihn dafür um" zu vernehmen. Als sie sich setzte, erstarben jedoch die Gespräche und alle sahen sie fragend an. Aber sie sagte nichts mehr dazu und begann still mit dem Frühstück. Wieder wurden Blicke unter den Anwesenden getauscht, Peter flüsterte Sirius sogar noch etwas ins Ohr, woraufhin dieser ihn verwirrt und überrascht ansah. Sie ignorierte das alles und hoffte, dass sich das Thema, spätestens nach ihrer Rückkehr aus den Ferien, in Wohlgefallen auflösen würde. Immerhin müsste es ihre Freunde ja freuen, dass sie nun auf sie hörte und sich von Severus fern hielt.

Aber da hatte sie die Rechnung ohne Sirius und Peter gemacht, denn die beiden wussten etwas, was sie nicht erwartet hatte und am Abend im Gemeinschaftsraum, als Lily und die anderen Mädchen noch im Schloss unterwegs waren, fiel er mit der Tür ins Haus.
"Also, Kätzchen, ich bin neugierig", begann Sirius und sah sie hinterhältig grinsend an. "Da küsst ihr euch und jetzt meidest du Schniefelus? Ist er denn so ein schlechter Küsser?", fragte Sirius auf einmal und ließ damit eine Bombe platzen, denn alle sahen ihn schockiert an. James blieb der Mund offen stehen und Remus blinzelte einige Male überrascht. Nur Harry und Peter schien die Neuigkeit, bei ersterem aus gutem Grund, nicht zu überraschen.
"Wie zum Teufel..", fing Hermine an, bevor ihr Blick auf den vor sich hin grinsenden Peter fiel. "Du!", rief sie aus, sprang vom Sofa auf und zeigte auf den schmächtigen Jungen ihr gegenüber, "Du hast uns nachspioniert, ist es nicht so?" Sofort erinnerte sie sich an das Geflüster zwischen Sirius und ihm, nachdem James und Lily sich wegen Severus gestritten hatten und dann an das am heutigen Morgen beim Frühstück. "Und du hast ihm das aufgetragen!", wandte sie sich nun wieder an Sirius, der sich ebenfalls erhob.
"Schuldig im Sinne der Anklage", meinte er und trat ihr gegenüber.
"Dazu hattest du kein Recht", fuhr sie ihn an.
"Scheinbar ja doch, immerhin muss er irgendwas getan haben, um deine Missgunst zu erlangen", erwiderte er ohne mit der Wimper zu zucken. "Also, was war es? Merlin, ich hab einfach zu gerne Recht! Wir haben es dir so oft gesagt, aber du wolltest ja nicht hören."
James Augen verengten sich aufgrund dieser Aussage und der neuen Informationen, ihm kam da ein ganz anderer Gedanke als seinem besten Freund.
"Das geht dich überhaupt nichts an!", stellte sie wütend fest. "Das ist meine Sache!"
"Ach, wirklich?", fragte nun James auf einmal und stellte sich neben Sirius, funkelte sie sauer an. "Was soll dieses Spiel eigentlich? Machst du das jetzt mit Absicht?" Ihm war nach diesen neuen Informationen eine Idee gekommen, eine, die jetzt, wo er sie einmal hatte, nicht mehr vertrieben werden konnte. Denn warum sollte sie den Slytherin jetzt auf einmal meiden, wenn sie ihn doch mochte? Da musste etwas faul sein.
"Bitte was mache ich mit Absicht?", fragte sie verwirrt und James schnaubte.
"Jetzt tu mal nicht so, Schniefelus hätte ich sowas ja zugetraut, aber dir.. Man sollte meinen du gehörst nach Slytherin für deine Hinterhältigkeit!"
"Was soll das James?", fragte Remus verwirrt, der ihm ebenfalls nicht mehr folgen konnte. Auch Sirius und Harry schienen einen Moment ratlos.
"Na, nicht Schniefelus, sondern Hermine hetzt uns alle gegeneinander auf! Ist das nicht klar? Warum sonst, sollte sie ohn erst verteidigen und jetzt fallen lassen. Sie setzt Lily den Floh ins Ohr sich mit ihm zu vertragen.."
"Bitte was soll ich getan haben?", fragte Hermine schneidend und unterbrach damit James Schimpftirade und konnte nicht glauben, was sie da hörte. "Ich glaube langsam spinnst du!"
"Oh nein, ich sehe jetzt völlig klar. Also, was soll das?", erwiderte er. "Ist dir hier mit uns etwa so langweilig, dass du dich in unser aller Beziehungen einmischen und uns manipulieren musst? Hat es Spaß gemacht, uns streiten zu sehen?"
"Jetzt mach aber mal 'nen Punkt", fuhr Harry dazwischen und schüttelte ungläubig den Kopf. "Du weißt doch gar nicht was wirklich passiert ist."
"Und du schon? Oder steckst du mit ihr unter einer Decke?", fragte Sirius an Harry gewandt, der den Mund vor Staunen nicht mehr zu bekam. Natürlich war Sirius seinem besten Freund zur Seite gesprungen und fand es eine sehr plausible Begründung für alles. Aber er hätte nie gedacht, dass er sie so falsch hatte einschätzen können.
"Was genau willst du mir hier eigentlich gerade wirklich unterstellen?", fragte Hermine an James gewandt und konnte ihre Wut nun fast nicht mehr zurückhalten.
"Ist das nicht offensichtlich? Von Anfang an weißt du, was zwischen Lily und Schniefelus vorgefallen ist und warum wir ihn nicht mögen. Dann freundest du dich scheinbar mit ihm an und spielst uns hier den moralischen Kompass vor und bringst Lily dazu, sich wieder mit ihm zu vertragen und sich gleichzeitig mit mir zu überwerfen! Wirklich ein ausgefuchster Plan, das muss man dir lassen. Was soll dieses Schmierentheater jetzt also noch? Wenn ihr euch geküsst habt und du ihn jetzt meidest, was soll das? Willst du ihn verletzen, damit Lily sich ihm aus Mitleid weiter zuwendet?", brüllte er. "Damit bist du noch grausamer, als ich es Schniefelus je unterstellen könnte! Du bist ein manipulatives Monster! Gib es jetzt wenigstens zu!"
Kaum hatte er das gesagt, passierten mehrere Dinge gleichzeitig, von Remus war ein ungläubiges Keuchen zu hören, aus Harrys Richtung ein Rumpeln, als er sich wütend erhob, aber alles überschallend ein lauter Knall, der alle erstarren ließ. Hermine stand schwer atmend und mit Tränen in den Augen da, während James' Augen sich überrascht weiteten und seine Hand langsam an seine Wange wanderte, die feuerrot anlief. Hermine hatte ihn geschlagen.
"Sag mal brennts bei dir?", fuhr Sirius sie an und trat bedrohlich noch einen Schritt auf sie zu.
"Bei mir nicht, aber bei euch scheinbar! Ich kann einfach nicht glauben, dass ihr mich so einschätzt", brüllte sie, schubste ihn zurück und stürmte aus dem Raum und hinaus auf den Gang.
Tränen der Wut und Verletztheit liefen über ihre Wangen und sie hätte fast Lily und Emma umgerannt, als sie halb blind vor Tränen auf dem Weg in den zweiten Stock war, um sich dort, zum zweiten Mal dieser Tage, im Waschraum der maulenden Myrte zu verkriechen. "Mine! Um Gottes Willen, ist alles gut?", fragte Lily sogleich und wollte sie schon aufhalten, aber Hermine schüttelte ihre Hände ab und rannte weiter. "Nein, nichts ist in Ordnung!", schrie sie und beschleunigte ihre Schritte.

Perplex blieben Emma und Lily mitten im Gang stehen und sahen ihrer Freundin nach. Was ist da bloß vorgefallen?, fragte Lily sich auch einige Sekunden später noch, als Harry und einen Meter hinter ihm Remus, ihnen entgegen stürmten und scheinbar zu Hermine wollten.
"Habt ihr Mine gesehen?", rief Harry ihnen schon aus einigen Metern Entfernung entgegen und Lily deutete auf den Gang, in dem Hermine vor einigen Sekunden verschwunden war. Harry rannte weiter, während Remus kurzentschlossen bei den Mädchen stehen blieb und sich keuchend die Seiten hielt.
"Was ist denn passiert?", fragte Emma und sah Remus verwirrt an. "Und warum hat sie geweint, ist etwa was mit ihren Eltern?", ergänzte Lily ihre Frage und Remus schüttelte nur den Kopf.
"Nein, soweit ich weiß nicht, aber dein Freund und Sirius haben echt den Vogel abgeschossen", erklärte er sauer, woraufhin Lily die Stirn runzelte.
"Wie bitte?", fragte sie, "Was war denn nun?"
"Das soll er dir mal schön selbst erklären", meinte der Werwolf verärgert. "Aber zu deiner Information, geschlagen hat sie ihn schon, ich würde dir also die linke Wange empfehlen, dann ist es wenigstens gleichmäßig."
"Sie hat ihn geschlagen?", fragte Emma keuchend.
"Und das nicht zu leicht", meinte Remus. "Oh und Sirius hat Nasenbluten."
"Hat sie ihn auch geschlagen?"
"Nein, das war Harry", informierte er sie. "Aber das hatten sie mehr als verdient."
Lily stöhnte auf und schüttelte den Kopf. Was hatte ihr Freund jetzt schon wieder angestellt?
"Na dann, lassen wir uns das mal von ihnen erklären", seufzte Lily und zog Emma am Arm hinter sich her.
"Ich hole mal was zum Kühlen von Madam Pomfrey", sagte Remus und ging in die andere Richtung davon. Er brauchte so oder so mal einen Moment Abstand von seinen Freunden und Harry und Hermine würde er jetzt sicher nicht mehr finden. Er konnte sich nicht erklären, wie James und Sirius nur auf einen solche Schnapsidee kamen. Waren sie wirklich so blind, dass sie nicht erkannten, dass Hermine ein so Grund guter Mensch war und nie jemanden in dieser Art und Weise täuschen und manipulieren könnte? Und was sollte überhaupt ihr Nutzen davon sein? Natürlich fragte er sich auch, was zwischen ihr und dem Slytherin vorgefallen war, gerade wenn sie sich doch, wie Sirius und Peter sagten, geküsst hatten. Er wusste, dass sie ihn wirklich mochte, aber warum mied sie ihn dann so? In seinem Kopf ergab das alles einfach keinen Sinn.

"Aaach", kam es langgezogen von dem Geist der maulenden Myrte, die sich auf einem der Fensterbretter niedergelassen hatte und die weinende Hermine aufmerksam und interessiert musterte. "Haben sie dich auch gehänselt?"
"Wenn es nur das wäre", schluchzte Hermine und hörte wie die Tür geöffnet wurde. Sofort lief sie in eine der Kabinen und verschloss die Tür hinter sich.
"Mine?", hörte sie Harry in den Raum fragen und Myrte deutete auf die Kabine, in der sie sich verschanzt hatte.
"Danke", meinte er und nickte ihr verbindlich zu.
"Ohhh, sie ist ganz traurig", informierte Myrte ihn noch und schwebte zu Hermine in die Kabine.
"Verschwinde, lass mich allein!", fuhr sie den Geist an, der daraufhin durch die Tür wieder zu Harry kam. "Ich fürchte du wirst ihr gerade nicht helfen können", meinte sie und verschwand in einer der Toiletten, flutete damit etwas den Boden und ließ Harry und Hermine alleine.
Er ging auf die Kabine zu und lehnte sich neben der Tür an dem Pfosten, klopfte leicht gegen die Tür.
"Mine? Komm schon, mach auf", bat er leise, bekam aber nur ein Schiefen als Antwort. "Bitte, lass uns darüber reden."
"Willst du mir sagen, dass ich überreagiert habe und deinen Vater nicht hätte schlagen sollen?", gab sie trotzig zurück. "In meinem ganzen Leben hat noch nie jemand derart mit mir gesprochen! Nicht einmal Malfoy war so verletzend." Malfoy hatte immerhin nie behauptet mit ihr befreundet zu sein, nur um sie im nächsten Moment ein manipulatives Monster zu nennen, das Spaß daran hatte, die Menschen um sich herum gegeneinander auszuspielen.
"Nein, das wollte ich nicht sagen", meinte er, "Außerdem hab ich Sirius noch eine blutende Nase verpasst."
"Du hast was?", quiekte sie überrascht und öffnete daraufhin tatsächlich die Tür und trat auf ihn zu, ließ sich von ihrem besten Freund umarmen.
"Sie mögen ja mein Vater und mein Pate sein, aber sie haben dich verletzt und verurteilt, völlig zu unrecht", erklärte er.
"Was machen wir hier nur?", fragte sie traurig, "Sie werden das doch niemals verstehen, immerhin können wir ihnen ja nicht die Wahrheit sagen. Sie werden uns hassen, Harry. Sie werden weiter glauben, dass ich.."
"Remus tut das nicht", tröstete Harry sie. "Er war genauso geschockt über ihre Worte wie ich. Er ist der Vernünftige von ihnen, vielleicht kann er sie dann auch wieder zur Vernunft bringen."
Harry strich Hermine beruhigend über den Rücken, ließ sie weinen und sich langsam beruhigen.
"Und ab morgen musst du sie auch eine Woche lang nicht sehen, dann haben sie Zeit sich zu beruhigen", sprach er ihr weiter gut zu.
"Was wird Lily nur zu allem sagen?", fragte Hermine. "Harry, was ist, wenn ich jetzt wirklich alles kaputt gemacht habe?"
"Irgendwie war der große Streit doch eh vorprogrammiert, auch wenn ich nicht dachte, dass er derart sein könnte..", redete er weiter ruhig auf sie ein. "Das wird sich alles wieder einrenken und sie werden erkennen, dass sie völlig falsch lagen mit ihrer Meinung über dich."
Er sagte das zwar so, aber völlig sicher konnte er sich dessen auch nicht sein, aber seine eigenen Sorgen würden jetzt sicher nicht dabei helfen, seine beste Freundin zu beruhigen, also behielt er sie für sich. Er hatte sich schon beim letzten Mal Sorgen gemacht, was diese Streitereien mit der Beziehung seiner Eltern machen würde und welche Folgen das im schlimmsten Fall haben könnte. Sollten sie sich am Ende trennen, würde er vielleicht gar nicht mehr geboren werden und dieser Umstand mache ihm verdammt Angst, auch wenn Hermine darauf beharrte, dass es auf Grund dieses Großvater-Paradoxons nicht möglich wäre. Langsam schwappte Hermines Angst auch auf ihn über. Er fragte sich, ob es nicht besser wäre möglichst bald wieder zu verschwinden, so wie sie es von Anfang an vor hatten, so wenig Zeit wie möglich in dieser Zeit zu verbringen, aber jetzt kam ihm dieses Vorhaben umso drängender vor.
"Wir müssen schnell einen Plan ausarbeiten", bestätigte Hermine seine stillen Sorgen und er nickte.
"Ja, das sollten wir. Aber vorher müssen wir das Chaos, was wir hier verursacht haben, wieder aufräumen. Wir sollten keine Variable so unbestimmt lassen. Es sollte alles den bestmöglichen Ausgangspunkt haben, um sich so zu entwickeln, wie es das bereits aus unserer Sicht hat."
Da konnte Hermine Harry nur Recht geben, aber sie zweifelte dennoch daran, ob sich das so einfach bewerkstelligen ließ und ob ihre plötzliche Abwesenheit, sobald sie einen Plan hätten, nicht reichte, damit alles wieder in die ursprünglichen Bahnen gelenkt wurde. Immerhin war es doch bereits schon passiert, ebenso wie dieser Streit eben.

Erst weit nach Sperrstunde schlichen Harry und Hermine durch die verwaisten Gänge zurück zu ihrem Gemeinschaftsraum, immer darauf bedacht, nicht von einem Lehrer erwischt zu werden. Hermine fürchtete sich bereits vor dem Aufeinandertreffen mit den Rumtreibern und Lily, sie hatte Angst, dass die anderen James und Sirius vielleicht doch noch Glauben schenken würden und sie allesamt für das intrigante Biest hielten, als das James sie dargestellt hatte. Vor dem Portrait der fetten Dame lächelte Harry Hermine noch einmal aufmunternd an und nannte ihr schließlich das Passwort, woraufhin das Portrait zur Seite schwang und ihnen den Weg frei gab.

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