7 - Du fühlst dich wie Zuhause an

[Louis]

Er sah mich nicht abwartend an, sondern gab mir einfach nur die Sicherheit, dass ich sprechen konnte. Ich wusste im ersten Moment nicht, womit ich beginnen sollte.
Zuerst nahm ich einen kleinen Schluck von dem Wein, um mir ein bisschen Mut anzutrinken.

„Zuerst möchte ich sagen, dass Gracey entstanden ist, bevor es zwischen uns ernst wurde." sagte ich leise, es war mir wichtig, dass er dies wusste.
Harry nickte. „Das habe ich nie hinterfragt."
Ich sah ihn an und nickte ebenso. Dann blickte ich in die Dunkelheit des Gartens.

„Nachdem ich das mit uns...Du weißt schon...danach bin ich nach London zurück und habe mich um Stacey gekümmert, während sie schwanger war. Zusätzlich habe ich viel mit Amanda am Album gearbeitet. Darauf bin ich stolz." Ich sah ihn wieder an und er lächelte mich an.
„Stacey hat immer wieder betont, wie sehr sie sich auf das Baby freut. Doch als sie dann da war, dann änderte sich das. Sie trieb viel Sport nach dem Wochenbett, ging schnell wieder arbeiten. Ich war praktisch mit Grace allein von Beginn an. Stillen wollte sie nicht, weshalb wir der Kleinen die Flasche gaben. Ich hab viel recherchiert und versucht, mir alles beizubringen." Ich trank wieder einen Schluck.
„Ich weiß nicht, ob ich alles richtig mache. Ich hoffe es. Aber sie ist gesund und entwickelt sich gut, hat mir auch der Arzt bestätigt. Irgendwas scheine ich also richtig zu machen."

Harry nickte sofort. „Stacey kümmert sich also gar nicht?" fragte er vorsichtig.
Ich schüttelte den Kopf. „Absolut nicht. Sie hat mich mit ihr im Stich gelassen. Hin und wieder spielt sie mit ihr, was bei ihr aus Fotos machen für Instagram besteht zum größten Teil." antwortete ich und sah ihn an.
„Ich fühle mich schlecht, weil ich Grace nicht geben kann, was sie braucht."
„Wie meinst du das?"
„Ein glücklicher, liebevoller Haushalt..." sagte ich ganz leise, schaute ihn nicht an.
„Oh Lou..." hauchte er. „Ich bin mir sicher, dass du ihr all die Liebe gibst, die sie braucht. Das konnte ich vorhin ganz deutlich sehen."

„Ein Kind verdient beide Elternteile, die sich um es kümmern. Das wird Grace nie haben." erwiderte ich bedrückt und schluckte.
Ich spürte seinen Blick auf mir, weshalb ich zu ihm sah.

„Du machst das wundervoll mit ihr. Du bist ein großartiger Vater" sprach er leise.
Mein Herz machte einen Sprung und ich sah ihm in die Augen, suchte nach der Lüge darin, doch ich konnte sie nicht finden.
„Ich habe deine Güte nicht verdient." beantwortete ich seine Aussage und wischte mir über die Augen. „Ich habe uns kaputt gemacht, weil ich so dumm war, Stacey zu schwängern. Ein Kind zu zeugen, dass nicht aus Liebe entstanden ist, das werfe ich mir vor." erzählte ich leise weiter und spielte nervös mit meinen Fingern.

„Kann ich dich was fragen?" Harry sah mich an und ich nickte. „Natürlich."
„Wie kommst du darauf, dass ich nicht für dich da gewesen wäre?"

Ich schluckte. „Ich weiß es nicht. Die Möglichkeit bestand gar nicht in meinem Kopf. Wer will schon dabei helfen, dass Kind einer anderen aufzuziehen. Ich würde dich niemals in so eine Situation bringen..." flüsterte ich.
„Louis..."
Ich sah ihn an und er sah mich an. Er wollte etwas sagen, als das Klingeln meines Handy's die aufgekommene Stille unterbrach.
Ich nahm es und runzelte die Stirn, es war Stacey und ich nahm den Anruf an.

„Hallo."
„Willst du mir sagen, wo du bleibst?!" fragte sie aufgebracht.
„Du solltest besser anfangen und mir sagen, wo du gestern warst. Du solltest auf sie aufpassen!"
Stacey seufzte genervt. „Mein Gott, du tust gerade so, als würde es dir keinen Spaß machen, sie zu nehmen!"
Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf.
„Wann kommst du nach Hause? Oder soll ich jetzt etwa einkaufen gehen?"

„Geht's dir um das Geld fürs einkaufen?" fragte ich verwundert.
„Was denn sonst?"
„Deine Tochter?"
„Man, Louis!" rief sie aufgebracht. „Natürlich auch um sie, aber ich vertraue dir doch. Ich weiß dass sie in guten Händen ist und wenn was wäre, würdest du mir doch schreiben!"
Ich nickte. „Ihr geht's blendend. Wir sind bei Lottie."
„Ach, na ganz toll." gab sie sarkastisch zurück. „Ich schicke dir Geld, ja? Dann kannst du's liefern lassen." sagte ich seufzend.
Wir besprachen noch ein paar Details, dann legte ich auf und seufzte erschöpft.

Harry musterte mich. „Ich verstehe nicht, wie man so sein kann. Grace ist doch ihr Kind." sagte er leise und ich zuckte mit den Schultern. „Ich versteh das auch nicht. Aber es ist, wie es ist und man kann daran nichts ändern leider." antwortete ich ihm leise und trank einen Schluck Wein.
„Lou, die Lasagne..."
Ich sah auf die halb aufgegessene Portion auf dem Teller und dann zu Harry. „Bitte zwing mich nicht."
Ich konnte sehen, wie sich seine Augen leicht weiteten, dann runzelte er nachdenklich die Stirn und betrachtete mich weiter.
„Du bist ganz dünn geworden." bemerkte er leise. „Mein Lou löst sich auf..."

Meine Augen wurden groß und ich sah ihn an, er wirkte traurig, sah mich betrübt an und kaute auf seiner Lippe.
Mein Lou.
Mein Herz wummerte kräftig und ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Wir schienen beide ein wenig überfordert und keiner von uns sprach irgendetwas aus, wir sahen uns einfach nur in die Augen.
Irgendwann spürte ich die Sehnsucht nach ihm noch stärker und ich lehnte mich ein wenig vor.
„Harry..?"
„Ja, Lou?" Er lächelte mich traurig an.
„Kann ich in deinen Armen liegen?"

Er wirkte zunächst überraschte, nickte aber dennoch sofort. Ich stand auf, ging zu ihm und setzte mich vorsichtig auf seinen Schoß, ehe ich mich an ihn lehnte und den Kopf in seiner Halsbeuge versteckte. Seine Arme schlangen sich um mich, hielten mich fest und es fühlte sich an wie früher.
Ich wurde innerlich sofort ruhig und atmete tief durch. Es war das schönste Gefühl, mit ihm so zu sein und ich hatte es so sehr vermisst. Ich hatte Harry vermisst. Er ließ mich entspannt werden, er half mir dabei runterzukommen, auch wenn er mich nur in seinen Armen hielt und sonst nichts tat. Seine Präsenz reichte aus.
„Du fühlst dich nach Zuhause an." flüsterte ich müde, er küsste meinen Kopf sanft.

„Schlaf, mein Schatz." flüsterte er und kraulte mir den Kopf. Mir wurde warm und ich seufzte leise auf, genoss die zärtlichen Berührungen, die ich seit neun Monaten nicht bekommen hatte.
„Sag mir, dass du noch da bist, wenn ich aufwache." wisperte ich kaum hörbar.
„Versprochen."

***

Irgendwann wachte ich wieder auf, als ich hörte, wie eine Tür sich öffnete. Ich schlug die Augen auf und sah Lottie vor mir stehen, die mich anlächelte.
„Guten Morgen."
Ich sah mich verwirrt um und stellte fest, dass ich allein in meinem Bett lag.
„Wo ist er?" fragte ich sie sofort, setzte mich auf und sah mich um.
Sie ließ sich neben mir auf dem Bett nieder und sah mich an.
Ich bekam es mit der Angst zutun. Hatte ich doch alles nur geträumt? Mein Herz fing an schnell zu schlagen.

„Er ist unten, beruhig dich." sagte sie und ich atmete erleichtert aus. „Sag das doch gleich..." murmelte ich.
„Du solltest es dir ansehen."
„Was denn?" fragte ich sie, Lottie begann zu lächeln.
„Er hat mich gefragt, ob er Gracey mal halten darf. Ich hab Ja gesagt, ich denke das ist auch in deinem Sinne gewesen."
Ich nickte natürlich direkt. „Nun was soll ich sagen, ich denke wir sind alle abgeschrieben. Sie vergöttert ihn."

„Echt?" fragte ich überrascht und stand vom Bett auf, kurz wurde mir schwarz vor Augen, weshalb ich mich an der Wand abstützte.
Ich trug noch immer den Jogginganzug, weshalb ich direkt nach unten ging, Lottie folgte mir.
„Ich hab Frühstück gemacht."
„Okay" antwortete ich ihr und lief hinunter. Im Wohnzimmer saß Harry, auf seinem Schoß Grace, sie spielten gerade zusammen und Grace quietschte unaufhörlich und lachte.
Bei dem Anblick ging mir das Herz auf und ich legte die Hand auf meinen Mund. Langsam lief ich auf die beiden zu und setzte mich, Harry sah mich an und strahlte. „Sie mag mich endlich!"
Ich lachte leicht. „Ich seh schon. Super!"
Grace sah mich an und streckte die Arme sofort aus, lächelnd nahm ich sie Harry ab.
„Guten Morgen, Engelchen." sagte ich zu ihr und schnupperte, verzog das Gesicht.
„Gut, dass ich wieder die Drecksarbeit bekomme" bemerkte ich schmunzelnd und stand wackelig auf.

„Darf ich dir helfen?" fragte Harry mich. Ich nickte. „Klar, komm mit."
Er folgte mir in das anliegende Bad des Gästezimmers, wo Lottie einen Wickeltisch hineingestellt hatte für mich.
Vorsichtig legte ich Grace ab und öffnete ihren Body, befreite sie von der alten Windel, als die Quelle des Geruches zum Vorschein kam, verzog Harry neben mir angewidert das Gesicht.
„So ging's mir anfangs auch." sagte ich lachend. „Gibst du mir mal die Feuchttücher?" fragte ich ihn und zeigte auf eine Box im Regal.

Er gab sie mir und ich machte Grace sauber, während ich nebenbei immer mit ihr spielte um sie bei Laune zu halten, dann nahm ich eine frische Windel und sah Harry an.
„Willst du's mal probieren?" fragte ich ihn. Er nickte sofort. „Gerne. Ich will es lernen."
Wir tauschten die Plätze und ich erklärte ihm, was er zutun hatte.
Er fasste Grace an als wäre sie aus Glas und ich musste immer wieder schmunzeln. Als er die Windel schließlich erfolgreich angebracht hatte, zog ich sie wieder an und hob sie hoch, Grace kuschelte sich direkt wieder an mich.
Lächelnd sah ich zu Harry.
„Das hast du gut gemacht."
„Danke!" Er strahlte und wirkte unheimlich stolz, was mich noch mehr lächeln ließ.

Bevor wir wieder runter gingen, stoppte er mich. „Lou, ich würde dich gerne etwas fragen." Ich sah ihn an und nickte.
„Ich finde, du brauchst ein wenig Auszeit. Ich würde dich gerne mit nach Hause nehmen. Euch, meine ich."
„Nach Hause?" fragte ich, woraufhin er nickte. „Zu Mom..."

„Oh!" sagte ich überrascht und dachte nach. „Ich...weiß nicht so recht, Harry. Das empfinde ich nicht als angemessen. Ich möchte niemandem zur Last fallen."
Er musterte mich, nickte dann leicht. „Überleg es dir, ja? Du würdest Mom auch nicht zur Last fallen, ganz im Gegenteil."
Ich nickte ihm leicht zu, sicher war ich mir dennoch absolut nicht.
„Und jetzt isst du was. Bitte. Ich sehe wie du zitterst." fügte er hinzu und sah mich wieder mit sorgenvollem Blick an.
„Versprochen, Harry. Lass uns frühstücken."

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