22 - Die Verhandlung

[Louis]

2 Monate später

Am Tag der Verhandlung hatte ich das Gefühl, vor Nervosität zu sterben. Es ging mir nur wenig besser und ich wusste, dass ich unheimlich viel Gewicht verloren hatte und im Grunde genommen auch in schlechtem Zustand war.
Harry hatte mich gebeten, eine Therapeutin zu besuchen, was ich ihm zuliebe getan hatte. Sie würde heute auch vor Ort sein, sollte der Richter eine psychologische Beurteilung verlangen.

Wir stiegen aus dem Auto und mein Körper fühlte sich an, als würde er sich jeden Moment ausschalten, so nervös war ich.
Harry strich mir kurz über den Rücken. „Es wird alles." murmelte er und ich nickte nur.
Lottie und Anne waren bereits da, warteten schon im Gebäude mit Grace.
Vor dem Eingang stand Stacey, ich erkannte sie von weitem in ihrem schicken Designerkleid und den schwarzen High Heels. Sie sah aus, als würde sie zu einer Beerdigung gehen.
Wir gingen zu ihr und sie sah uns an, dann blieb ihr Blick an Harry hängen.
„Und? Meinung geändert?" fragte er sie und sie schüttelte den Kopf, warf mir einen Seitenblick zu. „Nein..."
Ich senkte den Blick und schüttelte den Kopf über sie, doch ich blieb stumm, während Harry den Scheck aus seiner Innentasche des Sakkos zog und ihn ihr überreichte.
„Eine Million Pfund. Damit du dein Kind nie wieder sehen musst." sagte er, die Abscheu konnte er sich nicht verkneifen und man hörte es ihm deutlich an, was er davon hielt.

Stacey sah mich an. „Ich wäre nie eine gute Mutter gewesen. Ich bin nicht dafür gemacht." Ich sah sie an und presste die Lippen aufeinander. „Das heißt nicht, dass du sie ignorieren musst. Sie ist trotzdem dein Kind."
Stacey nickte und senkte den Blick. „Es tut mir dennoch leid, dass ich so versagt habe, Louis."
Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, weshalb ich nichts sagte.
Harry nickte ihr zu und dann ging er in das Gebäude, ich folgte ihm sofort, warf Stacey noch einen Blick zu, den sie erwiderte. In ihrem Blick lag Bedauern, doch ich war sicher, dass sie das auch in meinen Augen sehen konnte. Irgendwo versteckt hinter der grenzenlosen Wut und der Angst, dass heute alles schief gehen könnte.

Meine Gedanken wurden düster. Ich wusste, sollte es heute zu einem für mich negativen Ergebnis kommen, würde ich nicht weitermachen wollen. Ich hatte es Harry nicht gesagt, doch ich wusste, dass alles danach für mich nicht mehr machbar sein würde, sollte ich Grace verlieren.
Ich liebte Harry so unglaublich, doch ich wusste mittlerweile, wie es sich anfühlen musste, ein Kind zu verlieren und das war etwas, was ich niemals spüren wollen würde. Meine Panik stieg weiter an.

Als wir bei Anne ankamen, nahm ich Grace sofort in meine Arme und drückte sie sanft an mich, sah Anne an, die mich sanft anlächelte. „Tief durchatmen." sagte sie und ich nickte leicht, atmete einmal kräftig ein und aus, ehe ich mich an die Wand lehnte. Meine Knie zitterten wie Espenlaub und der Flur des Gebäudes fühlte sich an wie eine enge Kiste, in der ich keine Luft bekam.
Harry stand mir gegenüber und musterte mich immer wieder prüfend, er schien Angst zu haben, ich könnte umfallen. Ich fühlte mich ja selbst so, weshalb ich zu Lottie und Anne sah. „Ich glaube es wäre doch besser, wenn einer von euch sie nimmt. Ich traue mir gerade nicht."

Lottie reagierte sofort und nahm Grace zu sich, die sofort quengelte und die Arme nach mir ausstreckte.
In diesem Moment wurden wir aufgerufen und ich ging mit meinem Anwalt hinein, die anderen folgten und ein paar wenige Augenblicke später saß ich vor dem Richter und im Gang gegenüber nahm Stacey ihren Platz am Tisch ebenfalls ein.
Der Richter war ein freundlich aussehender Mann, mit strenger Brille und klugen Augen. Er wirkt sympathisch, auch wenn er nicht lächelte. Mir wurde Angst und Bange, je mehr er erzählte und die Verhandlung schließlich begann.

Mein Anwalt Derrek sprach zuerst, erzählte von den Vorkommnissen und wie ich mich von Anfang an um Grace gekümmert hatte, berichtete auch von dem gefälschten Test und ich sah zu Stacey, die auf die Tischplatte vor sich starrte und die Lippen zusammenpresste. Sie hatte Grace nicht einmal angesehen im Gang. Es machte mich traurig und wütend zugleich.
„Ich würde gerne Mr Tomlinson nun sprechen lassen." sagte Derrek, der mich so aus meinen Gedanken holte, und der Richter nickte.
Ich stand auf und holte den Zettel heraus, den ich gestern Abend mit Harry gemeinsam verfasst hatte, damit ich etwas in der Hand hatte, dass mein Zittern verbergen konnte. Kurz atmete ich einmal tief ein und aus, bevor ich sprach.

„Ich habe Grace von Anfang an geliebt, schon als mir die Ärztin sie mir in die Arme gelegt hat nach ihrer Geburt. Für mich ist sie mein Kind. Als Miss Davies mir dann den Vaterschaftstest vorgelegt hat, war ich glücklich. Sehr glücklich. Zu dem Zeitpunkt haben wir mit meinem Anwalt das geteilte Sorgerecht, sowie Unterhaltszahlungen ausgemacht. Miss Davies hat ab dem Zeitpunkt der Unterschrift keinerlei Anstrengung mehr gezeigt, sich um Gracey zu kümmern. Sie hat wieder angefangen zu arbeiten, ich hatte die volle Verantwortung für Grace." sagte ich mit zittriger, sah von dem Zettel auf und sah den Richter nun direkt an.
„T-tut mir leid, ich habe mir das vorher aufgeschrieben. Also...Ich möchte, dass Miss Davies von ihrem Sorgerecht abtritt und darauf verzichtet, da sie nicht in der Lage ist, sich um ein Kind zu kümmern. Sie hat es noch nie gemacht, sie weiß rein gar nicht übers Gracey. Ich möchte, auch wenn sie nicht biologisch mein Kind ist, das volle Sorgerecht. Für mich hat sich nachdem ich herausgefunden habe, dass Grace nicht meine Tochter ist, nichts geändert."

Der Richter nickte mir zu und ich setzte mich, atmete erleichtert aus und schloss einen Moment die Augen.
Derrek begann zu sprechen. „Wir haben Leumundszeugnisse von Mr Tomlinson's Schwester Charlotte Tomlinson, seinem Lebenspartner Harry Styles und dessen Mutter Anne Twist. Ich würde diese gern verlesen. Die angesprochenen Personen befinden sich heute auch hier."
Der Richter nickte. „Bitte, lesen Sie vor." forderte er Derrek auf, der sofort begann.
Die Zeugnisse waren allesamt wohlwollend, sprachen von meinem Engagement, meiner Liebe zu Grace und wie gut ich mich in meine Rolle als Vater eingefunden hatte. Besonders Anne's Zeugnis ging mir so nah, dass ich Tränen vergoss, die ich schnell wegwischte um nicht unangenehm aufzufallen.

Als Derrek fertig war, wurde Harry in den Zeugenstand aufgerufen. Er kam der Bitte nach und setzte sich, sah einen Moment zu mir, ehe er den Richter ansah.
„Sie sind der Lebenspartner?" fragte er ihn und Harry nickte. „Genau."
„Und Sie können mir bestätigen, dass die Worte in dem Zeugnis von Ihnen stammen, dass sie der Auffassung genau so entsprechen?"
Harry nickte wieder. „Mr Tomlinson liebt das Mädchen und wie ich in meinem Zeugnis erwähnt habe, tut er alles was in seiner Macht steht für sie. Ich habe ihn die letzten Monate erlebt, seit wir wieder ein Paar sind und ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich ihn bewundere für seine Stärke, nach alldem, was Miss Davies ihm angetan hat." Harry sah mich nun an und lächelte sanft.
„Und ich fühle mich jeden Tag geehrt, dass ich ein Teil davon sein darf."

Ich lächelte zurück und schniefte leise auf. Harry löste den Blick nach einem Augenblick wieder, sah zum Richter.
„Und Sie akzeptieren das Kind an seiner Seite auch?"
Harry nickte sofort. „Für mich ist sie nicht mehr wegzudenken. Sie ist fantastisch und ein Teil von Louis. Ich bin ebenso vernarrt in sie, wie alle, die sie treffen dürfen."

Nach ihm wurde noch Anne befragt und Lottie. Vor Lottie's Aussage hatte ich ein wenig Angst, denn sie war äußerst direkt, doch sie schlug sich gut. Auf die Frage, ob ich in der Lage wäre, mich um Grace zu kümmern, hatte sie aufgelacht und das Folgende gesagt:
„Es gibt niemanden, der das besser könnte. Er steht hier und ist da und ist stark, nachdem er monatelang belogen und hintergangen wurde. Das zeigt doch schon, dass er zu allem fähig ist, was auch immer er sich vornimmt."
Ich hätte am Liebsten wieder losgeheult. Es kam mir alles unwirklich vor, all die lieben Sachen, die sie über mich sagten, wie sie mich unterstützten ohne Wenn und Aber. Ich empfand tiefe Dankbarkeit für sie alle.

Als Letztes wurde Stacey aufgerufen. Automatisch spannte ich mich an und sah nach hinten zu Harry, der mich sanft anlächelte und mir zunickte. Ich nickte auch leicht, sah dann wieder zu Stacey und spielte mit meinen Fingern.
Der Richter sprach sie direkt an.
„Miss Davies, es sind ein paar heftige Anschuldigungen heute gegen Sie vorgetragen worden. Wollen Sie sich dazu äußern?"
Stacey sah eine Sekunde zu mir, nickte dann. Mein Herzschlag verschnellerte sich ungesund.
„Ich habe den Test gefälscht und Mr Tomlinson weiß gemacht, er wäre ihr Vater. Der...der richtige Vater ist mir nicht bekannt..."

Ich wurde blass und meine Augen weiteten sich. Das war mir neu. Sie hatte mich also nicht nur einmalig betrogen sondern anscheinend häufig. Mir wurde schlecht und ich senkte den Blick. Das hier war der Horror. Der blanke Horror.
Ich bekam den Rest nicht mehr mit, bis zur entscheidenden Frage.
„Und beabsichtigen Sie, Mr Tomlinson's Wunsch nachzukommen, indem Sie offiziell auf das Sorgerecht verzichten?"
Ich sah wieder zu ihr und sie nickte. „Es gibt niemand besseren, der sich um Grace kümmern könnte, als ihn."

Ich atmete erleichtert aus und presste die Lippen aufeinander.
„Miss Davies, für den Diebstahl aus dem Safe müssen sie sich ebenso verantworten wie für die Urkundenfälschung, das entsprechende Schreiben von Mr Tomlinson's Anwalt sollten Sie mittlerweile ja zugestellt bekommen haben. Wenn Sie nun bitte an ihren Platz zurück gehen und die Verzichtserklärung unterschreiben?"
Stacey nickte und ging zurück, ich beobachtete sie, wie sie unterschrieb und dann zu Harry sah. Sie war wirklich ein furchtbarer Mensch. Ich fragte mich, wieso ich sie je hatte schützen wollen.

„Nun gut. Ich denke, ich habe genug gehört und gesehen. Mr Tomlinson?" Ich sah den Richter sofort an und stand automatisch auf, was mir ein kleines Schmunzeln seinerseits einbrachte.
„Es ist eindeutig sichtbar, wieviel Unterstützung Sie haben und ich kann auch erkennen, dass Sie das Kind lieben. Durch den Verzicht von Miss Davies und denen von Ihrer Seite erbrachten Beweisen, dass Sie ihre Vaterrolle bereits von Anfang an klar eingenommen haben, wird das volle Sorgerecht ab dem heutigen Tage erteilt. Jegliche Unterhaltszahlungen sind einzustellen. Herzlichen Glückwunsch, Mr Tomlinson."

Mein Herz rutschte mir beinahe in die Hose und ich schluchzte auf und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Mit einem Mal fiel die ganze Last von meinen Schultern.
Jemand tippte mir auf die Schulter, es war Harry, der Grace auf dem Arm hatte. Ich nahm sie ihm ab und drückte sie an mich, legte einen Arm um Harry und so umarmten wir uns mit Grace zusammen und ich küsste ihn kurz.
Auch Lottie und Anne umarmten uns freudestrahlend.
„Ich hab's dir ja gesagt!" sagte Harry glücklich strahlend und ich nickte, war ebenso glücklich und einfach vollkommen erleichtert.
„Danke an euch alle, wirklich. Ihr wart alle so wunderbar für mich da, das kann ich nie wieder gut machen."

Anne und Lottie winkten ab. „Jederzeit." sagte Anne eindringlich und ich lächelte sie verlegen an, weshalb sie lachte und meine Wange küsste. „Und jetzt feiern wir, ja?"
Ich nickte und sah verliebt und überglücklich zu Harry. „Jetzt kann unser Leben endlich richtig losgehen, Hazza."
Er grinste und küsste mich. „So sieht's aus, mein Schatz."

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