»Where did my mind go? Biting my tongue and I'm loading my gun«
Es war eindeutig nicht die Art von Hotel, die Moriarty gewohnt war, und er zeigte es deutlich mit angeekelt gerümpfter Nase und den verächtlichen Blicken, die er um sich warf. „Das hier ist entwürdigend."
„So schlimm ist es nicht", entgegnete Sebastian abgelenkt, während er stirnrunzelnd versuchte, das Thermostat an der Wand zu verstehen - es war eisig in dem Zimmer und ihm war beim Eintreten nicht entgangen, wie Moriarty sich etwas weiter in den Blazer seines Anzugs verkrochen hatte und wenn er vermeiden konnte, dass Moriarty deshalb schlechte Laune bekam, würde er es versuchen. Aber das Ding hatte zu viele Tasten und keine schien das zu tun, als was ihre Funktion ausgewiesen war.
Moriarty öffnete die Tür zu dem kleinen Bad, das an das - zugegeben sehr schlichte - Zimmer anschloss und Sebastian wandte sich ruckartig ihm zu, als er eine Art erstickten Laut von sich gab, der klang, als würde er seinen Blinddarm hochwürgen. „Ich habe noch nie etwas so Widerliches gesehen."
Sebastian reckte seinen Hals, um zu sehen, was Moriarty sah, erblickte allerdings nur eine gewöhnliche Toilette mit beigen Plastiksitz und einem kleinen Waschbecken daneben. Es war sicher kein Vergleich zu den zwei riesigen Badezimmern mit Dusche und Badewanne und den jeweils zwei Waschbecken und der Fußbodenheizung, die sie in ihrem anfänglichen Hotel in Dublin gehabt hatten und auch das Badezimmer in Willards Gästehütte war besser ausgerüstet gewesen, aber er selbst war noch von den Latrinen während seiner Zeit beim Militär geschädigt und dankbar für alles, das eine Spülung und auch eine Tür hatte. Deshalb konnte er nur unbeeindruckt mit den Schultern zucken. „Wenigstens habt ihr ein Badezimmer. Akono und ich müssen auf die Toilette am Ende des Ganges gehen."
„Das ist menschenunwürdig", erklärte Moriarty, der ihm offenbar nicht wirklich zugehört hatte. „Wir hätten einfach ein vernünftiges Hotel nehmen sollen. Wie wahrscheinlich ist es, dass sie uns dort gefunden hätten?"
„Sehr wahrscheinlich, bedenkt man, dass selbst London nur eine begrenzte Menge an Luxushotels hat, die du wahrscheinlich als einziges als vernünftig angesehen hättest. Und dort hätten sie dich als erstes gesucht." Sebastian drückte wahllos einen Knopf auf dem Thermostat und endlich, endlich änderte sich die angezeigte Innentemperatur ins Wärmere. Zufrieden wandte er sich ab und wieder Moriarty zu, der nun von dem Badezimmer zurückwich und dann in der Mitte des Zimmers stehenblieb, als wolle er in diesem Zimmer nicht einmal irgendwo Platz nehmen. Sebastian war plötzlich froh, dass ihm Komfort und Luxus nie etwas bedeutet hatten - auch, wenn er in einem Haus aufgewachsen war, das Moriarty heute wohl als vernünftige Bleibe angesehen hätte. So vermisste er beides zumindest nicht zu sehr, wenn es weder das eine noch das andere gab. „Es ist nicht für lang, richtig? Du wirst es überleben."
„Vielleicht nicht. Vielleicht atme ich Asbest ein und sterbe bald an Krebs."
Sebastian verdrehte die Augen. „Hörst du dann auf zu jammern?"
Zwar blitzten Moriartys Augen für einen Moment gefährlich auf, aber statt auf ihn einzugehen, drehte er sich demonstrativ von Sebastian fort, was diesen nur dazu veranlasste, erneut die Augen zu rollen. Er war zu erschöpft für solche Nörgeleien - dieser anstrengende Tag saß ihm noch immer in den Knochen und er hatte in der Nacht kaum geschlafen und außerdem setzte langsam ein Kopfschmerz ein, den er als Konsequenz des Alkohols auf Willards Geburtstagsfeier einordnete. Diese Party fühlte sich an wie Wochen entfernt und er wünschte sich sogleich Schlaf, um sich erholen zu können, und noch mehr Ablenkung, um nicht dazu zu kommen, darüber nachzudenken.
Als sein Magen hörbar knurrte, beschloss er, dass Essen auch zunächst einmal eine gute Ablenkung war und sein Blick fiel auf das Telefon auf einem der Nachttischchen, das tatsächlich noch eine Wahlscheibe hatte. „Wie wäre es, wenn ich Essen bestelle? Vielleicht bekommst du dann bessere Laune."
Moriarty verschränkte die Arme vor der Brust, den Blick durch das Fenster nach draußen gerichtet. „Ich habe keine Zeit für Essen. Jetzt, wo wir wieder hier sind, gibt es so viel zu tun." Er blickte sich über seine Schulter zu Sebastian um. „Du kannst mir anfangen, dabei zu helfen, indem du Cherrie triffst. Es ist ein Risiko, aber es lässt sich nicht alles über E-Mails und Telefonate klären und ich brauche einige Dokumente, an die ich gerade leider nicht anders herangelange."
Sebastian bemühte sich gar nicht erst darum, zu fragen, ob das nicht auch noch später gemacht werden konnte. Stattdessen nickte er nur kurz und schluckte ein Seufzen hinunter - immerhin hatte er keinen Grund, sich zu beschweren. Dass es nicht einfach werden konnte, einer Verbrecherorganisation seine stützende Hand zu leihen, war klar gewesen und er wusste, dass es immer wieder Situationen geben würde, in denen seine eigenen Bedürfnisse zurückgestellt werden mussten. Das kannte er bereits, damit wusste er umzugehen.
Obwohl der Gedanke an Pizza seinen Magen so anregte, dass es sich anfühlte, als würde er sich selbst verdauen. Aber vielleicht könnte er später eine bestellen.
„Wann und wo soll ich sie treffen?"
Moriarty runzelte die Stirn und wandte sich wieder dem Fenster zu. „Sehe ich aus wie dein Sekretär? Das kannst du mit ihr selbst ausmachen."
„Ich habe ihre Nummer nicht", antwortete Sebastian leicht gereizt.
„Sie aber deine." Just in diesem Moment begann das Wegwerfhandy in seiner Jackentasche zu vibrieren und Sebastian zog es hervor, um den Anruf der unterdrückten Nummer mit einem kurzen Blick auf Moriarty anzunehmen. „Cherrie?"
„Seb!", zwitscherte ihre Stimme sogleich, so laut, dass Sebastian leicht zusammenzuckte. „Wir haben uns lang nicht mehr gehört. Wie geht es dir so?"
„Nenn mich nicht so", entgegnete Sebastian mit einer Stimme, die klang, als hätte er Kies verschluckt. Er drehte sich weg, ehe er sehen konnte, ob Moriarty es bemerkte und ihm dafür einen verächtlichen Blick zuwarf, und sprach schnell weiter, dieses Mal in einer möglichst normalen Stimmlage: „Wir sollen uns treffen. Wann und wo soll ich da sein?"
„Gleich zum Punkt, was? Der Urlaub in Irland hat dir wohl nicht so gut getan."
„Das lässt sich wohl kaum als Urlaub bezeichnen." Sebastian starrte vor sich auf die Eingangstür und überlegte, ob er wohl noch einige der Snacks, die er sich vor einer schieren Ewigkeit für den Flug nach Dublin in die Reisetasche gepackt hatte, übrig hatte.
„Zumindest hattet ihr einen schönen Trip aufs Land. Weißt du, wie lang ich nicht mehr in Irland war oder an einem Ort mit Bäumen, der kein Park ist? Eine Ewigkeit. Und langsam geht mir London wirklich auf die Nerven."
„Cherrie", wiederholte Sebastian ihren Namen mit einem ungeduldigen Unterton und fragte sich, ob Moriarty und Cherrie sich abgesprochen hatten, ob sie ihn auf unterschiedliche Weisen reizen wollten, bis er doch noch einmal explodierte.
Am anderen Ende der Leitung war ein Seufzen zu hören. „Schon gut, du bist wohl nicht in Plauderlaune. Vor heute Nacht werde ich hier nicht wegkommen, ich habe noch unglaublich viel Papierkram bei mir liegen. Aber Jim braucht die Unterlagen möglichst früh, also ..." Sie summte nachdenklich und ihre überdrehte Art erinnerte Sebastian vage an eine von Moriartys Maskeraden. Er fragte sich, ob Cherrie es sich bei Moriarty oder der bei ihr abgeschaut hatte. Da Cherrie schon eine aufgedrehte Persönlichkeit in ihrer Schulzeit gewesen war (Isaac, sein Exfreund, hatte viel mit ihr zu tun gehabt und ihm einige Dinge erzählt), glaubte Sebastian, dass es nicht einmal abwegig wäre, hätte Moriarty sich sie auserkoren, um ihr Verhalten zu kopieren und damit sein wahres Selbst noch weiter zu verschleiern.
„Hey", riss Cherrie ihn aus seinen Überlegungen, als wäre ihr gerade ein großartiger Gedanke gekommen, „wie wäre es, wenn du mich besuchen kommst, hm? Jim gibt dir meine Adresse."
„Er sagt, er ist nicht mein Sekretär."
Cherrie lachte glockenhell auf und Sebastian verzog etwas missmutig das Gesicht. „Okay, gut, dann lass mich kurz nachsehen, welche Hausnummer das hier ist."
Sebastians Augenbrauen wanderten bis zu seinem Haaransatz. „Du kennst deine eigene Hausnummer nicht?"
„Süßer, du hast keine Ahnung, wie oft ich umziehe. Selbst ich kann irgendwann nicht mehr mithalten."
„Nenn mich nicht so", wiederholte Sebastian nur und Cherrie seufzte hörbar theatralisch.
„Bleib kurz dran, Griesgram."
Also wartete Sebastian und ließ seinen Blick dabei wieder durch das Zimmer schweifen, spürte währenddessen Moriartys Blick prickelnd auf seinem Rücken, weigerte sich jedoch, sich nach ihm umzusehen. Nach etwa einer Minute drang Cherries Stimme wieder an sein Ohr: „14 Villiers Street. Such nach dem Namen Davy am Klingelschild. Oh, und bring mir doch bitte etwas von dem Süßwarengeschäft mit. Ich bin nämlich langsam scheinbar immun gegen Koffein und will es mal mit einem Zuckerschock versuchen."
„Du klingst nicht, als bräuchtest du etwas zum Aufputschen", merkte Sebastian an.
„Stimmt, aber wenn ich das Level konstant halte, beugt es schlechte Laune vor. Ich mag saure Gummitiere. Sei in einer Stunde da. Bis dann!" Und bevor Sebastian noch einmal den Mund aufmachen konnte, hatte sie bereits mit ihrer halbgesungenen Verabschiedung aufgelegt und ließ Sebastian etwas verdutzt mit seinem Handy am Ohr zurück. Langsam drehte er sich zu Moriarty um, der mittlerweile wieder mit seinem eigenen Telefon beschäftigt war - vielleicht schrieb er just in diesem Moment wieder mit Cherrie, so viel wie Sebastian wusste. Vielleicht sogar über ihn. Sein erschöpftes Gehirn stellte sich vor, wie sie noch während des Telefonats angefangen hatten, sich über ihn lustig zu machen, aber dann ging ihm auf, dass Moriarty nicht wirklich wie jemand wirkte, der Spaß am Lästern hatte.
Sebastian seufzte und fuhr sich kurz mit der Handfläche über das Gesicht. „Ernstgemeinte Frage: Nimmt Cherrie irgendetwas?"
Moriarty tippte noch kurz weiter auf seinem Display - vielleicht gibt er deine Frage mit lachenden Emojis an Cherrie weiter, hielt Sebastians Gehirn an seiner blödsinnigen, paranoiden Theorie fest - ehe er aufblickte und schief lächelte. „Manchmal, um länger wachzubleiben. Sie ist eine sehr ehrgeizige, hart arbeitende Frau."
„Sicher." Sebastian verschränkte die Arme. „Ich dachte, du hast etwas gegen Junkies und Suchtkranke in deinem näheren Umkreis."
Moriarty schnaubte und winkte ab. „Die Hälfte meiner Angestellten sind Junkies, Sebastian, das müsstest du bereits wissen. Ich habe nichts dagegen, wenn jemand etwas ... Hilfe benötigt. Oder Motivation. Ich habe jedenfalls solange nichts dagegen, wie es die Arbeit nicht beeinflusst. Cherrie ist weit davon entfernt, süchtig zu sein, aber selbst, wenn sie es doch wäre, weiß ich, dass sie noch immer gute Arbeit macht."
„Ich hätte nur gedacht, du würdest sie nervig finden, wenn sie so überdreht ist." Sebastian zuckte mit den Schultern. Er tastete in seiner Hosentasche nach seiner Zigarettenpackung und versuchte dabei, das Ziehen und Brennen in seinen Armen zu ignorieren. Seine Wunden würde er sich später noch einmal ansehen. Das Nikotin würde wenigstens möglicherweise kurzzeitig gegen seinen Appetit helfen.
„Oh, sie ist furchtbar nervig." Moriarty Lächeln wurde amüsierter. „Aber auch nervig nützlich. Manchmal muss man die Nachteile ertragen."
Sebastian brummte etwas, das Zustimmung oder Widerspruch hätte sein können und klemmte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Als er die Packung wieder wegpacken wollte, hielt er kurz inne und hielt sie dann Moriarty hin. „Zigarette?"
Moriarty schürzte die Lippen. „Ich rauche nicht."
Sebastian setzte an, zu argumentieren, dass seine vorherige Packung, die Moriarty beinahe leer geraucht hatte, etwas anderes sagte, beschloss dann aber, dass es das nicht wert war, darüber mit Moriarty zu diskutieren. Er ließ die Zigaretten wieder in seine Hosentasche gleiten und wandte sich ab, ehe er an der Tür von Neuem erstarrte. „Ich kann nicht gehen."
„Oh nein, Tiger. Ist es schon so weit gekommen? Du musst einfach nur abwechselnd deine Beine nach vorn bewegen", spottete Moriarty hinter ihm und Sebastian zerbiss beinahe seine noch nicht angezündete Zigarette. Gereizt nahm er sie zwischen seinen Lippen hervor und drehte sich wieder zu Moriarty.
„Nein, ich meine, dass ich dich hier nicht allein lassen kann. Ohne Schutz. Wir wissen nicht, wie sicher es hier ist."
Moriarty zeigte sich unbeeindruckt. „Medea wird bald eintreffen und außerdem bin ich durchaus in der Lage, für kurze Zeit allein am Leben zu bleiben." Er deutete nachdrücklich auf die Tür und machte eine fortscheuchende Geste mit den Händen. „Und außerdem will ich meine Dokumente, also husch husch."
Sebastian wollte ihm nicht sagen, dass Medea hoffentlich ins Krankenhaus gefahren war, wie Sebastian es ihr geraten hatte - denn dann würde es wahrscheinlich für sie Ärger geben und für Sebastian, der ihr ja erst die Nase gebrochen hatte (was er wirklich zutiefst bereute) - und dass es dementsprechend länger dauern könnte, bis irgendjemand wieder bei Moriarty war. Er wollte Moriarty ungern allein lassen; andererseits gab es keinerlei Indizien, dass jemand wusste, wo sie sich befanden. Ansonsten wäre sicher schon längst ein Angriff erfolgt. Oder vielleicht warteten Moriartys Feinde auch gerade darauf, dass der schutzlos war. Sebastian blickte zwischen Moriarty und der Tür hin und her, klemmte sich die Zigarette unentschlossen hinter ein Ohr.
Beim SAS hatte er nicht nur Auslandseinsätze gehabt (obwohl ihm diese deutlich lieber gewesen waren); ab und zu war er auch zur Bewachung wichtiger britischer Politiker eingeteilt worden und das oberste Gebot war dabei gewesen: Lass den zu Schützenden niemals aus den Augen. Verdammt, manchmal hatte er seine Schützlinge sogar auf Toilette begleiten müssen.
Er hatte nicht vor, Moriarty auf Toilette zu begleiten, aber ihn völlig allein in diesem (zugegeben irgendwie recht dubiosen) Hotel zu lassen, fühlte sich nicht richtig an.
„Ich kann es geradezu in deinem Hirn rattern hören." Sebastian blinzelte sich aus seinen Überlegungen und blickte wieder zu Moriarty, der die Arme verschränkte und dramatisch seufzte. „Sieh es so: Bis auf wenige Ausnahmen weiß niemand, wie ich aussehe. Dich hingegen kennen deutlich mehr Leute. Also wird es weniger auffallen, wenn irgendein Mann in diesem grässlichen Hotel untergekommen ist, als wenn du die ganze Zeit auf mir hockst wie eine übervorsichtige Glucke."
Moriarty schaffte es in wenigen Worten Sebastian dazu zu bringen, doch nicht mehr so erpicht darauf zu sein, ihn weiterhin zu bewachen. Weniger wegen seiner Argumente und mehr aufgrund seiner liebreizenden Art. Sebastian fand, er sollte dennoch protestieren, wenn auch nur aus Prinzip: „In Irland sah die Sache noch anders aus. Meinst du etwa, du brauchst keinen Schutz mehr, nur, weil du jetzt wieder in vertrautem Terrain bist? Du weißt nicht, wie groß deine Sicherheitslücken sind und davon auszugehen, dass niemand dein Gesicht kennt, ist riskant."
Sein Boss verdrehte nur die Augen. „Keine Sorge, ich werf dich schon nicht weg, Soldat. Ich sage nur, dass ich für eine kurze Zeit ohne deine anstrengende Präsenz auskommen werde."
„Wow, okay, vielleicht komme ich einfach doch nicht wieder." Sebastian verdrehte seinerseits die Augen. „Bist du bewaffnet?"
Zur Antwort zog Moriarty wieder diese lächerliche Miniaturpistole aus seinem Jackett, die er schon auf dem Flughafen abgefeuert hatte, als ihr Pilot sie angegriffen hatte. Sebastian fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht und deutete dann anklagend auf das kleine Teil. „Das ist keine Waffe. Das ist ... Ich weiß nicht einmal, wie ich sie bezeichnen soll. Aber nie und nimmer lass ich dich mit Barbie in Pistolenform zur Verteidigung zurück."
Moriartys Mundwinkel zuckten. „Barbie?"
Sebastian ignorierte ihn. „Warte." Er öffnete die Tür doch und trat auf den mit einer grässlichen Blumentapete verkleideten Flur hinaus, um anschließend die gegenüberliegende Tür aufzuschließen und seine Reisetasche, die er direkt neben der Tür fallen gelassen hatte, zu durchwühlen. Er musste sich durch Munition und Messer und Pistolen kramen, bis er schließlich den älteren Revolver zu fassen bekam, den er suchte. Er prüfte kurz die Trommel, schnappte sich dann noch einige Patronen und kehrte damit zu Moriarty zurück, wobei er die Tür hinter sich wieder zufallen ließ.
Moriarty beobachtete skeptisch, wie Sebastian den Revolver lud und ihm die Waffe und die überschüssigen Patronen dann hinhielt. „Ein älteres Modell hattest du nicht?"
Sebastian verdrehte die Augen. „Das ist die sicherste Waffe, die ich für Anfänger habe. Ihre Handhabung ist ganz einfach und sie hat einen größeren Kaliber als die Pistolen. Was gut ist, wenn du jemanden erschießen willst."
„Ich bin kein Anfänger", sagte Moriarty mit herausfordernd gehobenen Augenbrauen und nahm die Waffe weiterhin nicht an. Mit einem Seufzen drückte Sebastian sie ihm einfach in die Hand und stopfte die Patronen in Moriartys Anzugstasche, wobei der sich zwar verspannte, es aber zuließ.
„Du hältst deine Waffe völlig falsch, ich sehe also, dass du noch nicht oft mit einer Waffe hantiert hast", sagte er währenddessen und trat dann wieder zurück, um Moriarty den Revolver wieder abzunehmen und ihm zu demonstrieren, wie er ihn zu halten hatte. Moriarty verleierte zwar die Augen, imitierte aber seine Haltung, als Sebastian ihm die Waffe wieder hinhielt. „Gut so. Komm nicht in die Nähe der Trommel, sonst kannst du dir beim Schießen die Hand verbrennen." Moriarty nickte. „Du musst den Hahn nicht betätigen, okay? Ich weiß, in Filmen tun sie das andauernd, aber wenn du den Hahn nicht nach hinten spannst, kannst du leichter mehrere Schüsse hintereinander abfeuern, weil die Trommel sich gleich mitdreht."
„Hm", machte Moriarty nur, dem in diesem Moment offenbar die Einkerbungen am Griff aufgefallen waren. „'SM'? Das ist ja süß. Beschriftest du all deine Waffen?"
Sebastian knirschte mit den Zähnen. „Ich war siebzehn, okay? Ich weiß auch nicht, wieso ich das für eine tolle Idee gehalten habe, aber es ist eine gute Waffe."
„Siebzehn", wiederholte Moriarty und summte nachdenklich. „Ich erinnere mich. Mein Weihnachtsgeschenk an dich, richtig?"
Für einen Moment erstarrte Sebastian, als hätte Moriarty ihn ertappt. Als hätte er etwas Schlimmes getan; was nicht so war, immerhin hatte er nur eine alte Waffe aufgehoben. Er hatte nur nicht gedacht, dass Moriarty sich noch erinnern würde; es war so lang her. Dieser Gedanke war im Nachhinein wohl dämlich gewesen - ein Jim Moriarty vergaß nie. Sebastian befeuchtete sich die Lippen und faltete die Hände hinter dem Rücken. Er nickte knapp zur Bestätigung, aber Moriarty sah ihn nicht an, sondern öffnete die Revolvertrommel wieder und ließ die Patronen in seine Hand fallen, ehe er eine wieder hineinsteckte - er musste sich noch daran erinnern, wie er, in dem Glauben, die Waffe sei nicht geladen, auf gefährliche Weise damit herumgealbert hatte, um Sebastian zu erschrecken.
Moriarty ließ die restlichen Patronen in seine Tasche fallen und klappte die Trommel dann wieder in den Revolver. Beinahe wäre Sebastian zusammengezuckt, als Moriarty ihn daraufhin ruckartig hob und auf die Badezimmertür richtete. „Du hast mir eine unterzeichnete Queenplatte geschenkt", sagte er langsam und Sebastian war bis in jede kleinste Faser angespannt, glaubte irgendwie, dieser ferne Blick, als würde Moriarty in seine Vergangenheit sehen, war die gefährlichste Situation, in der er Moriarty bisher erlebt hatte. Er sah nicht einmal in Sebastians Richtung, aber es fühlte sich dennoch an, als könnte Moriarty den Revolver jederzeit auf ihn richten und abkrümmen. Ganz, ganz langsam wanderten Sebastians Hände weiter zu der Waffe hinten in seinem Hosenbund. „Ich glaube ... Ich habe sie in die Themse geworfen."
Sebastian räusperte sich leicht, aber seine Stimme klang dennoch angespannt. „Schade. Sie war ziemlich cool."
„Ja ... eine Verschwendung ..." Moriartys Stimme klang, als wäre er weit, weit entfernt und gerade, da Sebastian sich fragte, ob er Moriarty um seiner eigenen Sicherheit Willen allein lassen sollte, blinzelte dieser plötzlich einige Male fast schon perplex, trat einen Schritt zurück und ließ den Revolver wieder sinken. Sebastian lockerte vorsichtig wieder den Griff um seiner eigenen Waffe. Über Moriartys Gesicht huschte ein Ausdruck, den Sebastian beim besten Willen nicht deuten konnte - eine Art Schatten - und dann grinste sein Boss wieder breit in seine Richtung. Es erinnerte Sebastian an ein Zähnefletschen. „Ich weiß jetzt, wie man richtig schießt. Tick, tack, hol mir meine Dokumente, Tiger, sonst mache ich Jagd auf dich."
Sebastian hatte bisher keine von Moriartys Drohungen so ernstgenommen wie diese und er verließ das Zimmer beinahe fluchtartig, um sich auf den Weg zu Cherrie zu begeben.
<>
Hello, guys!
First things first: Es tut mir leid, dass so lang nichts mehr kam. Das war so wirklich nicht geplant, aber irgendwie habe ich die Updates immer entweder vergessen oder wollte erst noch ein wenig weiterschreiben, ehe ich wieder etwas hochlade. Leider komme ich in letzter Zeit nur nicht wirklich zum Schreiben.
Überraschung! Die Uni frisst tatsächlich Zeit und lässt mir wenig Freizeit 🥲
Naja, ich arbeite dran, zumindest an den Wochenende wieder mehr zu schreiben (danke an dieser Stelle an freyaYdarja, die mir (vielleicht unbewusst) mit gemeinsamen Schreibstunden sehr dabei hilft, endlich wieder an dieser Geschichte zu arbeiten ^^).
Ich hoffe, euch hat dieses Kapitel (und der Mini-Exkurs in eine gemeinsame Vergangenheit) gefallen. Und übrigens: Ich weiß, der erste Teil ist sehr lang her und auch durch meine unregelmäßigen Updates könnte es sein, dass ihr einige Fakten und Szenen wieder vergessen habt. Wenn ihr also etwas lest und überhaupt nicht mehr wisst, wovon Tatze da schon wieder spricht: Fragt gern nach. Ich helfe gern, eure Erinnerungen aufzufrischen :)
Ich würde mich freuen, euch in den Kommentaren zu lesen!
Bis dahin <3
Tatze.
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