Tag 38~Vormittag
„Das kann doch nicht euer Ernst sein," schrie Thoran und langsam öffnete Fae ihre Augen.
„Schieben Sie sich Ihre Entschuldigungen sonst wo hin."
„Nein ich reagiere nicht über... was? Hören Sie mir zu, ich habe einen Flug gebucht, der in genau... vier Stunden nach New York gehen sollte. Zurück zu meiner Arbeit, nein ich glaube schon, dass ich das verstehe... ja, nein..."
Müde rieb sie sich den Schlaf aus den Augen und beobachtete Thoran, wie dieser telefonierend und ohne Hemd durch das Zimmer tigerte.
„Nein, ich will keine 50% Vergütung sondern 100%, ich will, dass sie unseren Flug, der eigentlich heute gegangen wäre, aber anscheinend ausgefallen ist, so bald wie möglich umbuchen. Ja, ich warte."
Thoran lächelte ihr zu, als er sich umdrehte und machte eine ‚alles ok'-Geste, die Fae aber nur mit einer hochgezogenen Augenbraue kommentierte.
„MORGEN ABEND? WOLLEN SIE MICH VERARSCHEN? ES GEHEN TÄGLICH SICHER MEHR FLÜGE NACH NEW YORK, ALS EINER."
„Nein, mir ist dieser Streik scheißegal. Buchen Sie den Flug umgehend um und verdammt, zahlen Sie Ihren Piloten einfach mal den Scheißgehalt, den sie verdienen." Thoran legte auf und schmiss das Telefon zurück auf den Kasten, ehe er sich zu ihr umdrehte und lächelte. „Tut mir leid, dass du das hören musstest."
„Unser Flug ist abgesagt?", fragte sie leise, noch immer überwältigt von seinem Wutausbruch. Es war eine andere Seite von Thoran, die autoritäre Seite und mit einem Mal konnte sie in sich gut als Unternehmensführer vorstellen. Kalt, stark und verdammt autoritär.
„Ja, es tut mir leid, Fae."
„Auf morgen Abend?"
„Um 23:55."
„Verdammt."
Thoran zog seine Augenbrauen zusammen und versuchte aus ihrer undurchdringlichen Mine irgendetwas zu lesen, doch schließlich gab er auf und fragte einfach. „Wieso verdammt?"
Sie setzte sich auf und griff nach ihrer Kleidung, die über einer Stuhllehne lag. „Ich habe gestern Thiago getroffen," sagte sie wie nebenbei. „Wir haben uns unterhalten und er hat mir unter anderem mitgeteilt, das Joaquin gerade eine Amerikatour macht und Morgen nach Los Angeles kommt, hierher. Thoran, mein Ex-Verlobter wird für 48 Stunden im Rinci Palace sein. Er hat gerade jetzt seinen letzten Auftritt in Sacramento und ist in weniger als fünf Stunden hier."
Thoran hörte die Verzweiflung in ihrer Stimme, doch seine innerliche Neugierde tanzte verrückt im Kreis. „Oh."
„Ich werde das Zimmer nicht mehr verlassen."
„Fae," begann Thoran und ließ sich zu ihr auf die Bettkante sinken. „Wir haben doch darüber gesprochen, oder? Du hast zugegeben, das du nicht über Joaquin hinweg bist. Du kannst eine Begegnung solange du willst hinauszögern, doch irgendwann kannst du deinem Schicksal nicht aus dem Weg gehen."
„Bist du immer so komisch früh am Morgen?"
„Nur heute und nur für mein persönliches Pornosternchen."
„Haha."
„Nein ernsthaft, ich unterdrücke gerade meine endlose Neugierde und verfalle ihr wieder." Er lehnte sich weit zu ihr hinab, sah wie ihr Augen immer größer wurden. „Also, worüber habt ihr euch unterhalten."
Sie versuchte ihren Atem unter Kontrolle zu halten und überlegte, wie sie sich am besten rausreden konnte, ehe ihr ein Geistesblitz einfiel.
„Wie wäre es, wenn du ihn das selber fragst?"
Thoran sah sie nur stirnrunzelnd an, ehe sie antwortete. „Er hat noch nach dir gefragt gestern, ob er sich mal mit uns unterhalten darf." Sie machte eine Geste zwischen den beiden und er nickte zögerlich, auch wenn er nicht verstand welches Interesse Thiago Sánchez an ihm haben könnte.
„Und wann?"
„Er hat uns zum Mittagessen eingeladen."
„Thiago, das ist Thoran Flux, Thoran das ist Santiago, oder eben kurz Thiago Sánchez."
„Sehr erfreut," sagten beide gleichzeitig und schließlich ließen sie sich auf ihre Stühle sinken.
„Also, Fae hat gesagt, dass Sie sich mit uns unterhalten wollen?", fragte Thoran und starrte ihn über den Rand seiner Speisekarte an. Sonst war im Hotel immer ein freies Büffet, doch nie zu Mittag, da gab es nur á la carta.
„Auch," erwiderte dieser. „Vielmehr glaube ich, dass du ebenso viele Fragen hast, die sich Fae, so wie ich sie kenne, weigert zu beantworten."
Thoran nickte nur leicht, doch sein Blick flog zu Fae, die ihren starr auf die Karte hielt.
„Ich darf einfach fragen?"
„Und ich werde dir die Antworten geben, die du willst." Langsam aber sicher ging Thoran dieser ewige Akzent auf die Nase, auch wenn er, und das musste er zugeben, verdammt attraktiv war. Er hatte einmal einen Porno geschaut, wo eine spanische Hauptdarstellerin vorgekommen ist und verdammt... so scharf. Nimm mich härter, amigo, ja.
„Wenn du nicht fragst, erzähle ich einfach mal," sagte Thiago und riss ihn so aus seinen Gedanken. „Du weißt wahrscheinlich, dass Joaquin und Fae sich in einem Café kennengelernt haben, doch vielleicht weißt du nicht, das Fae dann für ziemlich lange Zeit bekannt in Spanien war. Mein Bruder hatte sie nämlich dazu überredet, dass sie mit ihm in seine Villa zog, wobei sie nicht wusste, dass er bereits in Spanien einen ziemlichen Bekanntheitsgrad erreicht hatte. Mit der Hauptrolle in dem Salvatorefilm hat er dann internationale Bekanntheit erreicht. Kurz gesagt, Fae wurde ebenso verfolgt wie er, vielleicht gerade eben weil sie nicht bekannt war oder weil sie eine normale Amerikanerin war."
„Wie lange haben die beiden in der Villa gelebt?"
„Joaquin, Fae, ich und meine damaligen Freundinnen haben zusammen dort gewohnt, aber keine Angst, das Haus war groß, es gab Tage, da sind wir uns nicht über den Weg gelaufen, vor allem deswegen, weil ich als Model viel unterwegs war," erklärte Thiago und faltete seine Hände.
„Ich habe aber gehört, dass die Hochzeit in Amerika war und er zurück nach Spanien geflogen ist?"
Thiagos Blick landete auf Fae, die ihn stur erwiderte und ihr Kinn reckte. „No sabe nada?"
Fae nickte nur und wandte sich dann Thoran zu, bereit ihren Teil zur Geschichte beizutragen. „Die Hochzeit war in Amerika geplant, doch ich bin noch zurückflogen, habe meinen Job gekündigt, meine Sachen geholt und keinen Blick zurückgeworfen."
Doch Thorans Blick war nur auf Faes dunkle Augen gerichtet. „Du verstehst ihn? Du sprichst Spanisch?"
„Ich habe zwei Jahre dort gelebt, also ja."
Thoran lehnte sich in seinem Sitz zurück und wollte zur nächsten Frage gehen, doch Fae unterbrach ihn und wandte sich zu Thiago, wechselte schnell ins Spanische, damit dieser kein Wort verstand, was sie sagte.
„Ich will nicht, das er von dir erfährt, was damals geschehen ist, Thiago. Das ist eine Sache zwischen mir, ihm..."
„mir, Fenris, Marella und Joaquin. Er hat ein Recht darauf. Wieso versuchst du es nicht einmal, er wird nicht Reißaus nehmen."
Sie sah ihn mit schiefgelegtem Kopf an, musterte sein schönes Gesicht. „Doch das wird er. Es war meine Schuld, schon vergessen?"
Sie stand auf und lächelte in die Runde, versuchte die Bodyguards zu ignorieren. „Entschuldigt mich bitte." Und damit stand sie auf und lief auf die Toilette.
Thiago aber wandte sich währenddessen an Thoran und sprach ihn in Spanisch an. „Was hast du verstanden?"
Dieser lächelte leicht und strich sich durch die braunen Haare. „Todos."
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"no sabe nada"= er weiß nichts
"todo/todos"= alles
Ich freue mich auf Kommentare (ihr könnt auch gerne fragen, wenn euch was unklar ist oder ihr mehr erfahren wollt) und Votes
harmlesspain
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