Tag 36 ~Nacht
„Fae bist du fertig?", fragte Thoran und klopfte an ihre Zimmertür. Auch wenn sie sich eine Suite teilten, war die wieder geteilt und so hatten sie nur das Wohnzimmer miteinander.
„Ja, ja. Ich bekomm das Kleid nicht zu, verdammte Scheiße," fluchte diese und verwirrt zog Thoran eine Augenbraue hoch.
„Der Verschluss ist vorne?"
„Und? Das eine schließt das andere nicht aus," gab Fae nur zurück und stieß die Tür auf. Ihre Haare hingen ihr wirr ins Gesicht und genervt pustete sie sich diese aus der Stirn und vermisste mit einem Mal ihren Pferdeschwanz oder ihren Dutt.
„Ich helfe dir," bot Thoran an und seine warmen Finger zogen sanft den Reißverschluss zu.
Sie atmete entspannt aus und lächelte dann, musterte zum ersten mal Thoran, der sie ebenfalls anstarrte.
Er trug ein schwarzes Hemd, dessen Ärmel nach oben gekrempelt waren, sodass sie seine Muskeln sehen konnte und er trug eine ebenso schwarze Hose.
„Na dann los, welche Bar werden wir zuerst stürmen?", fragte sie und so gingen sie zum Fahrstuhl. Es war schon nach zehn Uhr am Abend und entweder die Gäste des Hotels waren eben in der Bar oder in ihren Zimmern.
„Ich dachte zuerst zur Hotelbar für ein paar Shots, ehe wir in die Stadt gehen und dort in eine Bar und dann mal schauen was sich so ergibt," erwiderte er lächelnd und sie traten in den Foyer.
„Warum nicht? Ich muss dir aber eines beichten: Ich trinke nicht oft und vertrage Alkohol deswegen auch nur... mäßig", sagte Fae nur und folgte ihm zur Bar, wo er bereits Whiskey und Tequila bestellte.
Der Barkeeper stellte die Gläser vor ihnen ab und außerdem noch ein paar Gläser voller Ananas- und Mangosaft.
„Cheers," sagte Fae und sie stießen gemeinsam an, doch Thoran hielt inne.
„Was feiern wir?", fragte er grinsend.
„Uns? Hawaii? Den letzten Abend?"
„Auf den letzten Abend," erwiderte Thoran. „Dass es ein guter Abend wird."
Mit einem Zug leerten sie den Whiskey und Fae nahm sofort den Ananassaft und ohne auch nur zu atmen spülte so den scharfen Geschmack hinunter.
„Du kennst dich voll aus, oder?", fragte Thoran nach dem Tequila und sie begann zu lachen, ein sicheres Zeichen, dass der Alkohol langsam in ihr Blut ging. Wie lange war es her, dass sie das das letzte Mal gemacht hatte?
Sofort verdrängte sie diesen Gedanken, denn das war die Nacht in der sie sich, wie Alistair es ausgedrückt hatte, ihre Leiche im Keller angehäuft hatte.
Einige Zeit später befanden sie sich in einer dunklen Disco, nur das flackernde Licht zeigte die tanzenden Menschen auf der Tanzfläche.
Übermütig warfen sich die beiden ins Getümmel und tanzten einfach drauf los, der Alkohol ließ Faes Bedenken über Bord werfen und so tanzte sie- umgeben von heißen Körpern, die genauso erhitzt waren wie der ihre.
„Hier ist Ihr Drink von dem Gentleman," sagte die Barkeeperin und Fae nahm zögernd den Drink in die Hand. Sollte sie ihn einfach nehmen? Was war, wenn da was drinnen war?
„Keine Angst, er ist nicht gedopt, falls du das denkst," sagte die Kellnerin hinter ihr. „Ich bin Lyssa. "
„Wirklich?", fragte Fae verwirrt und zog müde eine Augenbraue hoch. Zuletzt hatte sie ihn mit einer drallen Blondine tanzen sehen, ein weiterer Grund, weshalb sie jetzt hierher geflohen war, der Anblick der beiden störte sie. Und bei der Menge Alkohol, die sie im Blut hatte, wusste sie nicht, was sie tun würde.
„Ja... er ist von Thoran."
„Sie kennen Thoran?"
„Ja, und wir sind uns auch schon begegnet, ehrlich gesagt."
„Ich glaube du verwechselst mich," redete sich Fae heraus und musterte die Frau noch einmal von oben bis unten, doch sie kam ihr nicht bekannt vor.
„Doch, ich hatte VIP Tickets zu Joaquin Sánchez Konzert und du warst auch da."
„Wirklich?", fragte sie mit zitternder Stimme, mit einem Mal war der Übermut und der Alkohol wie verschwunden.
„Ja, aber du hattest kaum Augen für Joaquin, sondern eher für..."
„Sag es nicht," zischte Fae und trat einen Schritt auf die Unbekannte zu, versuchte krampfhaft ihr Gleichgewicht zu halten.
„...den Reporter," vervollständigte Lyssa dennoch ihren Satz und sah zu, wie Faes Unterlippe zu beben begann. „Oder war er eher Fotograf?" Sie wollte sie provozieren, das wusste Fae und der Alkohol ließ sie schwach werden, ließ alles verschwimmen, was sie festzuhalten versuchte.
Als Antwort biss sie sich nur auf die Unterlippe und trank ihren Drink in einem Zug aus, starrte ausdruckslos in die Menge, während sie auf die Wirkung des Alkohol wartete.
„Wissen Sie, er macht sich Sorgen," wechselte Lyssa jetzt das Thema, erschütternd von Faes Reaktion.
„Wer Thoran? Niemals," erwiderte Fae nur trocken.
„Doch, klar, das Geheimnis reizt ihn, genauso wie mich, doch er mag Sie wirklich gerne. Doch, genau er. Der, der seine Gefühle hinter seinen Kommentaren versteckt, der Ausreden mit diesen Aussagen sucht, wenn er eigentlich seine Gefühle sagen möchte. Zwischen euch ist etwas. Ich kenne Typen wie Thoran und glauben Sie mir, er ist ein guter Mensch."
Fae lächelte und wandte sich zu Lyssa um, doch die war verschwunden. Mittlerweile musste es ungefähr drei Uhr sein und das war der dritte Club, den sie aufgesucht hatten und so verweilte sie noch bei der Bar um auf Thoran zu warten, der kurz Zeit später zu ihr traf.
Seine Stimme war schwummrig, als er den Rückweg vorschlug und der Bass schlug in seinen Ohren.
„Komm ich kenne eine Abkürzung," erklärte Fae lachend und nahm den beschwipsten Thoran an der Hand und zog ihn durch das Gebüsch. „Wir kommen dann auch beim Pool raus," nuschelte sie.
„Du siehst so heiß aus, Fae," murmelte dieser nur und sie spürte seine großen Arme um ihre Taille, die bald darauf über die blanke Haut unter ihren Brüsten fuhren. Sie versuchte eine Gänsehaut zu unterdrücken und schüttelte ihn ab, versuchte ihn zu ignorieren, nahm seine Hände und hielt sie fest.
„Thoran, das ist der Alkohol, der aus dir spricht."
„Aus, dir aau-uch," hickste er nur.
„Ja," erwiderte sie und sah zu, wie er zu ihr trat, sie berührte und sie ließ es zu, doch dann wich er zurück. Fae hielt es für sein nüchternes Ich, das seine Fänge zeigte und ihn wieder zur Besinnung kommen ließ.
Langsam gingen sie durch die dunklen Palmen, die ihre Blätter wie Arme nach ihnen ausstreckten. Schließlich durchbrach Fae die Stille. „Was hast du eigentlich mit Lachlans Ludwigfoto gemacht?"
Vor ihnen lag das Hotel und sie stahlen sich leise am Pool vorbei, doch Thoran hielt sie an der Hand fest und wirbelte sie herum, sodass sie bald in seinen Armen lag. Das Wasser des Pools, welches von Lichtern beleuchtet wurde, malte bunte Schatten auf ihr Gesicht, als sie zu ihm aufsah.
„Gelöscht," murmelte er.
„Was?", fragte sie und lachte nervös.
„Ja, lass uns tanzen."
Und ohne irgendwelche weiteren Worte begann er sie hin und her zu wiegen in einem langsamen Rhythmus, der zu seiner Betrunkenheit passte. Schließlich gab sie nach und legte ihren Kopf auf seine Brust, sodass sie seinen Herzschlag hören konnte.
„Wieso hast du es gelöscht?"
„Iiiich bin soooooo betrunken," flüsterte er nur in ihr Ohr.
„Wieso, Thoran?", beharrte sie.
„Weil du und Joaquin auch ohne dem Ganzen Rachedrama auskommen. Weil ich es leiiid bin Nataaalias Marionette zu sein. Ich bin sie leid."
Wieder schwiegen sie, doch das Schweigen war nicht unangenehm und langsam wiegten sie sich hin und her. Thoran hatte genauso wie sie die Augen geschlossen und genoss einfach den Moment mit Fae im Arm, seine Hände auf ihrer Taille, ihr Körper nur Millimeter von seinem entfernt. Es fühlte sich so perfekt an und in einer weniger eleganten, dafür betrunkenen Bewegung wirbelte er sie schließlich herum und beendete so den Tanz, während der Alkohol die Kontrolle über seinen Körper übernahm.
Doch was er nicht bedacht hatte, war das Gleichgewicht, das beide bei der Bar abgegeben hatten und so stürzte Fae, noch immer mit Thoran an der Hand Richtung Boden, besser gesagt Richtung Wasser, denn neben ihnen lag der Pool.
Mit einem Aufschrei stürzte sie in das kühle Nass und Thoran gleich mit ihr. Die Kälte überraschte sie beide und sie tauchten prustend wieder auf, der Alkohol war wie ein böser Geist verschwunden.
Fae strich sich die Haare aus der Stirn und wischte sich die Schminke unter den Augen weg, während sie hilflos hin und her ruderte, da sie nicht stehen konnte und das Kleid sie nach unten zog. Sie waren an der tiefsten Stelle, die fast über 1.90 Meter tief war ins Wasser gestürzt und so konnte nur Thoran stehen.
„Verdammt," lachte sie und versuchte erneut sich die Haare aus der Stirn zu streichen, ging aber gleich wieder unter. Ihre High Heel hingen lose an ihren Beinen und mit einem Mal war Thoran da und zog sie an seine Brust. Ihr Rettungsring, ihr Helfer, den sie jetzt brauchte.
„Thoran," flüsterte sie nur, als sie sah, was er vor hatte, denn sein Gesicht kam immer näher.
Er hielt sie über Wasser, ihr Fels in der Brandung und legte schließlich seine Lippen auf die ihren, hielt sie an der Taille fest.
Sofort erwiderte Fae den Kuss und öffnete gierig den Mund, ignorierte den Geschmack des Alkohols in seinem Mund und schlang ihre Hände um seinen Hals, fuhr ihm wild durch die Haare.
Auch wenn das Wasser wie eine nasse Dusche gewirkt hatte, der Alkohol war noch lange nicht verschwunden. Der Kuss wurde wenn möglich noch leidenschaftlicher und Thorans Hände strichen, ohne sie loszulassen über ihren Körper.
Taumelnd zog er sie zu der breiten Treppe, die hinaus führte und stolperte mit ihr raus, löste sich noch immer nicht von ihr, wollte sich nicht von ihr lösen. Ihre Lippen waren miteinander verschmolzen, ihre Zungen tanzten beinahe miteinander und all das hier schien unwirklich, surreal und doch hielt er sie in seinen Armen. Das hier war nicht sein Plan, das hier war alles andere als geplant und trotzdem konnte er sich in diesem Moment nichts besseres vorstellen, als auf ihr und in ihr zu sein, sie zu nehmen, so wie sie war.
Sturzbetrunken.
Erst als sie wieder durch den Foyer gingen ließen sie voneinander ab und riefen den Aufzug, ihre Hände noch immer miteinander verknotet, ihre Schultern berührten sich dauernd. Grinsend versuchte Thoran den Hotelboy zu ignorieren, der die beiden mit offenem Mund nachstarrte.
Dann gingen die Türen auf und Thoran drückte wie im Wahnsinn auf zwei Knopf, der zu ihren Apartment und der, der die Türen schneller zugehen ließ. Ihre Kleidung triefte, Faes Schminke war verwischt und doch war alles perfekt.
Und kaum, dass die Türen wieder zugingen und sie alleine waren, stürzten sie sich wie auf Kommando wieder aufeinander.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top