Kapitel 7

Der nächste Tag war eine wahre Freude. Jason, Sam, Alex und Jasper kamen alle tapfer zum Essen und zu den ersten Stunden. Mitten in Physik rannte Alex keuchend aus dem Raum und kam den Rest der Stunde nicht mehr wieder. Amanda, die mit mir Physik hatte, verbarg ihr großspuriges Grinsen nicht, während ich versuchte mir ein Lachen zu verkneifen. In der nächsten Stunde, Schauspielkunst, die wir alle zusammen hatten, erschien keiner von den Jungs, was uns erst richtig lachen lies. Aber am besten wurde es erst, als wir nach dem Abendessen (in Abwesenheit der Jungs) durch das Schloss liefen und uns Madame Triffey - unsere Schulschwester - entgegenkam.

"Madame Triffey, was ist den passiert?", fragte Jessy gespielt ernst und stellte sich ihr in den Weg.

"Oh ein paar Jungen hat es wirklich erwischt. Sie scheinen einen Magen-Darm-Infekt zu haben. Heftige Sache.", erwiderte sie und sah aufrichtig traurig aus.

"Ach, die sind hart im nehmen, Madame Triffey. Keine Angst, die stehen schneller wieder auf ihren Beinen, als sie Butterkeks sagen können.", meinte Christal und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Und Sie wissen ja, Jungs übertreiben immer gern bei einer harmlosen Grippe.", fügte ich hinzu.

"Vielleicht habt ihr recht, Mädchen, aber sie werden auf jeden Fall morgen noch vom Unterricht ausgeschlossen sein. Tschüss, ich muss weiter!", sagte sie und eilte den Gang hinunter.

"Kate, das war die beste Idee deines Lebens und ich bin froh, dass wir es diesen Idioten mal so richtig zeigen konnten, auch wenn wir es ihnen nicht unter die Nase reiben können.", lachte Jessy und legte einen Arm um meine Schulter. Auch die anderen zwei Mädchen taten es ihr gleich und zusammen liefen wir stolpernd und lachend auf unser Zimmer.

Gegen Mittwoch erschienen die Jungs wieder im Unterricht. Anscheinend hatten sie keine Ahnung, dass ihnen ein böser Streich gespielt wurde, denn sie waren ziemlich entspannt und gleichgültig. Vielleicht schauspielerten sie auch nur. Auf jeden Fall musste Amanda sich beherrschen nicht den ein oder anderen Kommentar ab zugeben und auch Christal sah man an, dass sie die Genugtuung wollte, die Jungs mit einer Beichte zu schockieren. Aber wir hielten eisern durch und schwelgten uns in einem stillen Sieg.

Am Nachmittag hatten wir wieder Training und Amanda, Christal, Jessy und ich waren gerade auf dem Weg zum Trainingsgelände.

"Wenn sie das jemals raus kriegen, dann werden sie bestimmt im ersten Moment ziemlich überrascht sein.", sagte Amanda.

"Ja, und im nächsten Moment werden sie uns umbringen.", erwiderte Jessy trocken.

"Nicht wenn wir sie zuerst umbringen.", lachte Christal und hüpfte wie ein kleines Kind vor uns her. Jessy lachte ebenfalls und hüpfte hinterher.

"Solche Gespräche kann man auch nur hier führen.", murmelte ich scherzhaft, fummelte aber an meinem Armband rum, was Luke mir zum Abschied geschenkt hatte. Ich vermisste ihn.

"Irgendwas Neues von deiner Mom?", erkundigte sich Amanda.

"Nein.", antwortete ich gleichgültig.

"Meine Mom meldet sich auch nicht. Kann sie gar nicht.", sagte Amanda.

"Warum nicht?", fragte ich nach.

"Weil sie tot ist.", sagte Amanda und sah auf den Boden.

Erschrocken blieb ich stehen. "Oh mein Gott, Am! Das tut mir leid.", sagte ich und konnte es nicht lassen, sie in den Arm zu nehmen.

"Schon okay", wiegelte sie ab. "Ich hab ja noch meinen Dad. Er sagt, ich sähe genauso aus wie sie."

"Dann muss deine Mom wirklich hübsch gewesen sein.", antwortete ich und lächelte ihr aufmunternd zu.

"Ja das muss sie. Dad hat sie wirklich geliebt. Tut es noch immer. Sonst würde er schon längst wieder ausgehen. Manchmal glaube ich, dass er nie über sie hinwegkommt und dass mein Anblick dabei keine große Hilfe ist."

"Quatsch Am! In dir findet er sie wieder.", widersprach ich sofort.

"Ja und außerdem ist er stolz auf dich. Dass du so bist wie deine Mom.", fügte Jessy hinzu und kam wieder an unsere Seite.

"Ja, mag sein.", sagte sie, klang aber nicht wirklich überzeugt.

Bei den Sportplätzen angekommen, zogen wir uns in den Kabinen um und gingen dann nach draußen zu Coach Crown.

"Heute werden wir verschiedene Handgriffe und Abwehrmanöver im Nahkampf üben. Dazu lose ich euren Partner, damit ihr nicht immer mit dem gleichen trainiert.", erklärte uns unser Trainier.

Er fing an ein paar Namen vorzulesen und ich horchte erst auf, als mein Name fiel. Mein Partner war Alex.

Er kam auf mich zu und fragte, ob ich Kate sei. Ich nickte.

"Ich habt jetzt eine Stunde Zeit zu üben. ", sagte Mr. Crown und entlies und zum freien Üben.

Ich ging mit Alex zum Rand des großen Übungsplatzes. In der Nähe des Waldes. Wir stellten uns gegenüber und fingen an, die Übungen zu trainieren, die uns Mr. Crown zeigte. Mir fiel auf, dass Alex groß und muskulös war, aber nicht ganz so sehr wie Jason oder Jasper. Irgendetwas an ihm schien mir anders vorzukommen und mitten in einem Abwehgriff, fill es mir ein.

"Sag mal, trägst du nicht eigentlich eine Brille?", fragte ich und bewegte meine Faust vorwärts. Ich wollte seine Brust treffen, aber er drückte meinen Arm mit seinem zur Seite, drehte sie und warf mich mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung über seine Schulter. Ich keuchte, als ich auf den Boden aufprallte, und blieb liegen.

"Ich trage Kontaktlinsen beim Sport.", sagte er bloß. Ich bemerkte, dass er einen Schritt zurück ging, anstatt mir aufzuhelfen, was mich gleich etwas wütend machte.Ich rappelte mich auf und funkelte ihn böse an.

"Du sollst mit mir üben und nicht mit mir kämpfen", fauchte ich und ballte die Fäuste.

"Wenn du schon nicht mal gegen mich gewinnen kannst, hast du gegen die anderen Jungs eh keine Chance.", meinte er nur und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Was meinst du?", fragte ich.

"Ich bin eher so der Computertyp."

"Und warum machst du dann Sport?", fragte ich dümmlich.

"Weil ich muss. Nächstes Jahr in der Unterprima kann ich mich für einen Weg entscheiden. Ich will mich auf Technologie spezialisieren." Ich nickte nur und wollte gerade wieder angreifen, als Mr. Crown uns stoppte.

"Ich will, dass ihr jetzt miteinander kämpft. Es gibt keine Regeln, ihr könnt alles benutzen, um euren Gegner zu besiegen. Das einzige, was wie immer bleibt, ist, dass das Gesicht tabu ist. Ich will keine Schläge in Gesichtnähe sehen, verstanden?", bellte er und gab uns ein Zeichen zu beginnen. Alex und ich sahen uns an und automatisch verfielen wir in den Kampfmodus. Leicht gebeugte Knie, angewinkelte Arme.

"So kleine Kate. Dann lass mal sehen, was du so drauf hast.", sagte Alex und grinste provozierend.

Ich lächelte nur und antwortete nicht. Alex' Lächeln verschwand allmählich und er ging zum Angriff über. Ich konnte ihm geschickt ausweichen, aber schon im nächsten Moment musste ich kämpfen. Ich schlug seine Fäuste beiseite und versuchte mit meinen Füßen aus der Reichweite seiner Füße zu kommen, damit er mich nicht einfach von den Beinen fegen konnte.

Irgendwann bekam er mich zu packen und ich landete im Dreck - schon wieder. Als ich aufstand, sah ich Jason, der zu uns rüber sah und verächtlich lachte. Das machte mich nun wirklich wütend. Ich sprang auf, fuhr herum und boxte Alex gegen die Brust. Mein Angriff kam überraschend und er taumelte kurz. Ich verschwendete keine Zeit, lies mich fallen und zog seine Beine mit meinem Bein weg. Augenblicklich landete er auf seinem Hintern und sah mich ungläubig an. Ich sprang schnell wieder auf und wich einige Schritte zurück, während ich fieberhaft überlegte, wie ich ihn besiegen konnte.

Alex kam an, wehrte meine Schläge ab und schleuderte mich wieder zu Boden. Und das war der Moment, indem ich begann zu schauspielern. Crown hatte gesagt, keine Regeln, also vergrub ich mein Gesicht in meiner Armbeuge und gab laute Schluchzer von mir. Alex war verwirrt und fragte mich ob ich verletzt sei. Ich nickte nur und krümmte mich zusammen. Nachdem er mir abkaufte, dass ich heulte, drehte er sich zum Coach um, um ihm zu melden, dass ich verletzt war. Das war meine Chance. Sobald er mir den Rücken zugekehrt hatte, sprang ich auf und sprang mit einem Satz auf seinen Rücken. Meine Beine schlossen sich um seinen Oberkörper und ich hielt ihm die Augen zu. Ich klammerte mich an ihm fest, damit er mich nicht abwerfen konnte und, versuchte ihn Richtung Bäume zu lotsen, indem ich meine Hände auf seinen Augen lies (um ihn blind zu machen) und mit meinem Körper seinen Oberkörper so drehte, dass er unweigerlich in eine Richtung laufen mussre. Diese Methode hatte ich für Luke entwickelt, wenn er mir nichts von seiner Schokolade gab.

Als wir in unmittelbarer Nähe waren, lies ich sein Gesicht los und griff nach einem Ast über mir. Ich nahm alle meine Kraft zusammen und schwang mich nach oben. Alex, der jetzt wieder sehen konnte, aber zugleich völlig orientierungslos war, sah mich nicht kommen, als ich mich wieder herunterschwang und meine Füße ihn hart am Oberkörper trafen. Er stoplerte und fiel um. Ausnahmsweise lag nun er mal auf dem Rücken im Dreck. Ich sprang vom Baum und schmiss mich mit meinen Knien voran auf ihn, um zu verhindern, dass er wieder aufstand. Ich merkte, wie er sich wehrte und fast hätte er mich abschütteln können, aber dann kam Mr. Crown und beendete unseren Kampf. Sofort stand ich auf und verschränkte die Arme vor der Brust, während Mr. Crown Alex aufhalf. Kurz versicherte er sich bei ihm, dass alles okay ist, und dann wandte er sich an mich.

Er musterte mich und ich dachte schon, dass er mich jetzt anschreien würde, aber stattdessen lobte er mich.

"Das war genau das, was ich meinte. Du hast deine Umgebung genutzt und deinen Gegner ausgetrickst. Gut gemacht, Kate."

Ich erhaschte noch einen Blick auf Jason, der mich wütend, aber auch zu gleich beeindruckt ansah, bevor mich meine Freundinnen umringten und das Training für beendet erklärt wurde.

"Du warst super, Kate!", rief Amanda. Und auch die anderen lobten mich. Unwillkürlich lächelte ich. Ich war stolz auf mich selbst. Wir wandten uns zum Gehen und in einem der Schlossfenster sah ich Mr. Miller, bevor er hinter der Gardnine verschwand.

Hätte ich gewusst, was dieser Kampf mit sich brachte, hätte ich Alex vielleicht gewinnen lassen...

Am Abend musste ich ins Direktoriat, weil Mr. Miller mich sprechen wollte. Ich klopfte an und Mr. Miller forderte mich auf, einzutreten.

"Du warst heute im Training sehr gut.", sagte Mr. Miller und verschwendete keine Zeit mit gewöhnlichem Small Talk.

"Du bist sehr schlau und machst deine geringe Körpergröße und fehlende Muskelmasse mit cleveren Tricks wieder wett. Das ist sehr beeindruckend, Kate." Ich lächelte nur, aber antwortete ihm nicht.

"Der Grund, warum ich dich hierher bestellt habe, ist folgender: Es gibt da jemanden, der etwas von dir lernen könnte. Jemand der lernen muss, seinen Kopf zu benutzen. Jemand, dem ich das nicht beibringen konnte. Ich bitte dich darum, diesem jemand zu helfen, während dieser Jemand im Gegenzug dir hilft."

"Und wer ist dieser Jemand?", fragte ich zaghaft.

Mr. Miller wollte gerade Luft holen, als die Türen des Büros geöffnet wurden. Ich fuhr herum und starrte in zwei blaue Augen.

"Dieser Jemand", sagte Mr. Miller "ist Jason."

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