Kapitel 52

Wir  fuhren nicht sehr lang. Das kurze Stück bis nach Penzance überbrückten wir wortlos. Nur über die Funkanlagen, die in beiden Autos eingebaut worden waren, blieben wir mit den anderen in Kontakt.

Als wir in das kleine Küstenstädtchen rollten, ertönte Alex' Stimme.

"Wo halten wir?", fragte er knapp. Jason schaltete einen Gang runter und blickte in den Rückspiegel zu Alex.

"Am ersten Hotel. Wir gehen zu Fuß weiter.", dirigierte Jason und fuhr weiter. Bald war unser Endpunkt schon gefunden und wir hielten am Straßenrand. Wir stiegen aus und ich hielt mein Gesicht in die Sonne. Es war noch früh am Morgen. Hier und da sah man vereinzelt ein paar Passanten, aber sonst standen wir allein in der Nebengasse des Hotels.

"Teilen wir uns auf?", fragte Jessy und blickte in die Runde.

"Ja. Zwei Zweier-Teams und ein Dreier-Team.", ordnete Jason an.

"Gut.", sagte Sam und begann die Gruppen aufzustellen. "Jessy und ich, dann Alex, Amanda und Jason und Kate und Jasper." Jason öffnete sofort den Mund.

"Sorry Jase, aber das ist die beste Variante.", entschuldigte sich Jasper bei seinem besten Freund. "Sie wollen Kate und dich und so können wir verhindern, dass sie euch gleich im Doppelpack auf dem Silbertablett bekommen."

"Außerdem dulden wir keine Widerrede!", fügte Jessy hinzu, schnappte sich Sam und lief schon los.
"Wir treffen uns um 4 an der Seebrücke!", rief sie noch über ihre Schulter. Und damit war der Plan vollendet. Nach und nach machten wir uns auf den Weg.

Jasper und ich steuerten als erstes einen kleinen Souvenirshop an, in dem es Postkarten und allerlei Krimskrams gab, den die Touristen nach Belieben kauften. Die Türglocke bimmelte, als wir den kleinen Laden betraten.

Nach kurzem Umschauen liefen wir auf ein paar drehbare Ständer voll mit Karten aller Art zu. Von Straßennetzen über Fahrradwege bis hin zu guten Angelkarten war alles vertreten.
Stumm suchten wir nach etwas Geeignetem.

"Du musst Jason entschuldigen.", begann er plötzlich und wühlte sich weiter durch die Karten.

"Wieso?", fragte ich ihn und blickte von meiner Suche auf. Jasper sah ebenfalls auf und unsere Blicke trafen sich. Dann schmunzelte er leicht, ehe er sich weiter seiner Suche widmete.

"Nun, kleine Kate, es ist so: Jason kann schwer vertrauen.", erklärte Jasper und betrachtete einige Stadtkarten von Penzance. Ich dagegen begutachtete die Landkarten von ganz England.

"Ich weiß.", antwortete ich, um Jasper zum Weiterreden zu animieren.

"Und ... naja er würde am liebsten alles selbser machen. Das bedeutet auch, dass er auf dich aufpassen will. Um dich zu beschützen."

"Hat er vergessen, dass er auch beschützt werden muss?", rutschte es mir etwas schnippischer als beabsichtigt heraus.

"Jason vergisst das manchmal. Er sieht sich nicht in Gefahr.", antwortete sein bester Freund leise und ich erkannte, dass ihn diese Angewohnheit Jason's zu schaffen machte.

"Hey Jas. Das wird schon.", lächelte ich ihm aufmunternd zu. Jasper lächelte zurück und steckte seinen Kopf zurück in die Karten.

"Hier, die ist gut!", sagte er kurz darauf und hielt mir eine aufklappbare Stadkarte von Penzance hin. Es waren öffentliche Dinge wie Restaurants, Toiletten und Touristeninformationen eingetragen. Aber was noch viel besser war: Es waren Hotels gekennzeichnet.

Ich nickte und zog meine Karte von England heraus. Sie hatte sowohl eine Landschaftskarte auf der einen, als auch eine Straßen- und Verkehrskarte auf der anderen Seite.

"Die hier auch. Vielleicht brauchen wir sie noch mal.", antwortete ich und zusammen gingen wir zum Thresen, um zu bezahlen. Der alte Mann dahinter scannte unsere Artikel ein und mit einem lauten Pling öffnete sich die Kasse.

"Getrennt oder zusammen?", murrte er und ich schaute Jasper fragend an. Ich selbst hatte nur ein paar Münzen in der Hosentasche, bezweifelte aber, dass die reichen würden, um die zwei Karten zu bezahlen. Jasper jedoch zückte einen Schein und bezahlte die Karten.

Plötzlich bemerkte ich eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Allen in mir wollte den Kopf herumreißen und sofort nachschauen, was das war, doch ich ermahnte mich und versuchte es auf die unauffällige Art. Leicht ließ ich meinen Kopf zur Seite sinken, sodass meine Haare von meinem Rücken rutschten und mein Gesicht verbargen. Lächelnd strich ich sie wieder hinter mein Ohr und blickte so zur Tür und tatsächlich. Ich sah gerade noch so, wie der Pferdeschwanztyp davonlief.

Ohne nachzudenken stieß ich Jasper mit Schwung in die Seite und als er mich erschrocken und etwas wütend anfunkelte, deutete ich mit einem Nicken zur Tür. Jasper folgte meinem Blick und anhand der Veränderung auf seinem Gesicht erkannte ich, dass er ihn gesehen hatte.

"Stimmt so!", rief er dem Verkäufer zu, packte mich und war schon schnellen Schrittes auf dem Weg zur Tür. Das Gebimmel erklang abermals, als er die Tür aufstieß, aber diesmal keimte keine freudige Erwartung in mir auf, wie jedes Mal, wenn ich so einen alten Laden betrat.

"Los, Kate. Wir folgen ihm. Aber bleib bei mir okay? Nicht wieder abhauen, verstanden?", wies mich Jasper an und stoppte, um mir ins Gesicht zu sehen. "Verstanden?", hakte er noch einmal nach und ich widerstand dem Drang mit den Augen zu rollen. Stattdessen nickte ich.

"Gut, dann bleib hinter mir. Wir müssen unauffällig bleiben, er darf uns nicht sehen.", fuhr er fort und diesmal rollte ich wirklich mit den Augen, ich seufzte dabei sogar tief.

"Jasper. Lass mich das machen.", sagte ich nur, entwand mich seinem Griff und lief los. Sofort war er an meiner Seite.

"Kate..?", fragte er nur doch ich brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen.

"Sei still, Jasper und spiel mit.", zischte ich hakte mich im nächsten Moment bei ihm unter. Lächelnd zog ich ihn durch die Altstadtgassen und deutete hin und wieder begeistert auf Geäude. So versuchte ich für Außenstehende wie eine typische Touristin zu wirken. Schließlich spielte Jasper mit. Auf diese Weise versuchten wir dem Zirkel-Typen unauffällig zu folgen.

"Wohin geht der nur?", fragte ich verständnislos und starrte ihn über die Gasse hinweg an. Plötzlich stoppte Jasper und riss mich so ein Stück zurück, da ich im Schwung weiter laufen wollte.

"Kate, hat er dich eigentlich gesehen?", fragte er mit einer plötzlichen Dringlichkeit in seiner Stimme.
Unter seinem stechenden Blick schrumpfte ich augenblicklich ein wenig zusammen.

"Ich...ich weiß nicht.", gestand ich. "Aber ich denke schon." Schuldbewusst biss ich mir auf die Lippe.

"Verdammt, Kate!", zischte Jasper und zerrte mich sofort in die andere Richtung davon.

"Hey, warte! Halt an!", rief ich und stolperte unbeholfen hinter ihm her.

"Wir suchen die anderen.", informierte mich Jasper und verlangsamte seinen Schritt, als wir wieder auf belebtere Straßen kamen.

"Aber da ist einer vom Iniuria-Zirkel! Wir können ihn doch jetzt nicht einfach gehen lassen!", rief ich aufgebracht und gestikulierte mit meinen Armen.

"Das ist eine Falle.", knurrte Jasper bloß. "Und jetzt halt die Klappe und komm mit oder ich trag dich durch Penzance!", drohte er anschließend. Mit gesenktem Blick verstummte ich und zum ersten Mal tat ich das, was mir befohlen wurde, ohne mich irgendwie davonzustehlen, um doch noch meinen Willen durchzukriegen. Und wer weiß? Vielleicht rettete mir das das Leben?


Nach weiterem Umherirren trafen wir schließlich auf die anderen. Es war schon fast 4 und wir setzten uns erschöpft in ein kleines Café.

"Okay. Bestandsaufnahme. Was habt ihr herausgefunden?", fragte Jason und blickte uns alle an.

"Wir waren in 5 Hotels und 3 Pensionen. Keine Anzeichen auf den Zirkel.", sagte Sam und Jessy nickte nur.

"Gut, wir sind dem Peilsender gefolgt und haben die Autos der Angreifer gefunden. Sie müssen anderweitig unterwegs sein.", erklärte Jason und Jessy fluchte daraufhin.

"Wir haben einen vom Zirkel gesehen.", ließ Jasper schließlich die Bombe hochgehen. Sofort ruckten alle Köpfe in unsere Richtung. Ich sah Jason an, dass er sofort den Mund aufmachen wollte, deshalb beeilte ich mich, schneller zu sein.

"Es war der mit dem Pferdeschwanz. Er hat uns gesehen und wir sind ihm ein paar Meter gefolgt, haben aber dann kehrtgemacht.", klärte ich alle auf.

"Ja, es schrie gerade zu nach einer Falle.", ergänzte Jasper.

"Wir hätten ihn ausquetschen können.", murmelte Alex und blickte finster auf die Tischplatte. "Wir hätten vielleicht erfahren, wo Chrissy ist." Wir alle verstummten kurz einen Moment, jeder in Gedanken an den wunderbaren Moment, in dem man uns sagt, wo Christal gefangen ist und wir ihr endlich helfen können.

"Moment.", unterbrach unsere Gedanken da Jasper. Er zog seine Karte aus der Jackeninnentasche und breitete sie auf dem kleinen Cafétisch aus. Anschließend beförderte er noch einen Stift zu Tage. "Hier haben wir ihn gesehen gesehen.", sagte er und malte ein Kreuz auf die Karte. "Und da waren die Autos.", fügte Jason hinzu. Jasper machte auch da ein Kreuz.

"Das ist nahe an der Stadtgrenze.", stellte Amanda fest und studierte die Karte. "Entweder die anderen Angreifer haben sich Autos geknackt und sind weiter oder sie sind alle noch hier."

"Das bezweifle ich.", murmelte ich. "Wenn ich jemanden entführen würde, dann würde ich ihn so weit wie möglich wegschaffen."

"Auch wieder wahr.", stimmt mir Am zu. Währenddessen wir uns unterhielten, deutete Jessy auf die Karte.

"Die Autos stehen sehr nah bei der Nordgrenze. Sie müssen also Richtung Norden weiter sein.", mutmaßte sie.

"Okay.", ertönte es da plötzlich von Jason. Auf uns herabblickend erhob er sich und grinste plötzlich etwas. "Lasst uns nicht weiter spekulieren und den Idioten schnappen. Ich denke, dass wir ihm ein paar verpassen, ist längst überfällig, oder?" Alle nacheinander grinsten wir ebenfalls und so erhoben wir uns, warfen ein paar Münzen auf den Tisch und marschierten Richtung Zentrum, bereit den Kerl zu finden und zu befragen.

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