Kapitel 26
Jason's POV
Nach der Auseinandersetzung in der Turnhalle saßen wir nun im Büro meines Onkels. Und der war stinkwütend. Seine Standpauke war wirklich gut. Eine seiner besten - und das sollte schon was heißen.
"..und ihr euch immer halb umbringt. Das war nicht Sinn und Zweck.", schloss Callum gerade.
"Ich hab es dir ja gesagt.", murmelte ich und konnte mir ein kleines Grinsen nicht verbergen.
"Halt den Mund, Jason!", rief mein Onkel sofort.
"Mr. Miller, vielleicht sollten wir diese Trainingssache einfach abblasen.", schlug Kate zaghaft vor. Offensichtlich verunsicherte mein wütender Onkel sie. Für sie war dies kein gewohnter Anblick. Für mich schon. Ich hatte schon so viel Scheiße gebaut, dass seine Standpauken nutzlos geworden sind. Und das wusste er auch.
Mit einem lauten Seufzen lehnte er sich zurück.
"Nein. Nein, das halte ich nicht für eine gute Idee.", sagte er.
"Aber warum?", bohrte Kate weiter. Callum stand auf und kam um den Tisch herum. Er lehnte sich gegen die Kante und verschränkte die Arme hinter der Brust.
"Ich will, dass ihr weiter zusammen trainiert. Am besten dann gleich! Denn auch wenn ihr eure Fortschritte nicht sehen könnt, ich kann es.", sagte er und wandte sich dann an Kate. "Kate, du bist clever und gut im strategischen Denken. Eure zweite Stadtübung hast du sehr gut gemeistert. Dr. Hager hat dich nicht mal ansatzweise bemerkt. Und das will bei ihm schon etwas heißen. Nur deine Kampftechniken müssen noch etwas besser werden, und dafür hast du Jason."
"Sie sagen das, als wäre das ein Talent.", meinte sie skeptisch.
"Das ist es auch, Kate.", erwiderte Mr. Miller. Kate schwieg. Sie sah nicht überzeugt aus. Ich erinnerte mich an die zweite Stadtübung, wo sie ziemlich gekränkt aussah, weil ich sie übersehen und es ihr dann noch ungewollt unter die Nase gerieben hatte.
"Darf ich jetzt gehen?", fragte sie schüchtern. Mein Onkel entließ sie und sie erhob sich.
"Ah, warte Kate.", meinte er dann und langte nach einem Brief auf dem Schreibtisch. "Der ist von deiner Mutter." Augenblicklich verdunkelte sich ihr Blick und sie nahm den Brief mit spitzen Fingern entgegen. Ich bemerkte, dass sie sich nicht bedankte und mit einem mürrisch genuschelten Abschied davonrauschte.
"Gott, dieses Mädchen!", stieß ich hervor und vergrub mein Gesicht in den Händen.
"Sie macht dir zu schaffen, nicht?", fragte mein Onkel schmunzelnd und setzte sich wieder hinter den Tisch auf seinen Stuhl.
"Ich hasse sie.", fauchte ich und sah ihn böse an.
"Spar dir den Blick, Jase. Der funktioniert bei mir nicht.", jetzt lachte mein Onkel wirklich, lachte mich aus.
"Cal, es ist mein Ernst! Lass das mit dem Training!", bat ich ihn mit zusammengebissenen Zähnen.
"Nein.", sagte er schlicht.
"Nein? Warum nicht?!"
"Wie oft hat sie dich zurückgehalten, als du blindlings losstürmen wolltest? Wie oft hat sie dich im Kampf schon überrascht?", fragte er und lehnte sich beschwörerisch vor. "Wie oft hast du bis jetzt schon gewonnen? Ich denke nicht sehr oft, oder?"
Ich schwieg und presste die Lippen zusammen.
"Mit ein bisschen Übung wird sie sowohl geistig, als auch körperlich zu einem knallharten Gegner. Und ich habe euch dazu verdonnert, damit ihr euch helft. Bring ihr bei, wie man kämpft, wie man schießt, wie man auf seine Umgebung achtet und im Gegenzug schau dir von ihr ihre Denkweise ab. Lerne, deine Umgebung miteinzubeziehen. Lerne, andere auszutricksen und einen auf schwach zu machen, um im nächsten Moment doppelt so hart zurück zu schlagen. Lerne, ein Agent zu sein."
"Ich bin schon ein Agent.", zischte ich.
"Ja, hier.", meinte Cal und tippte sich auf den Bizeps. "Aber hier nicht", fügte er hinzu und tippte sich jetzt an die Schläfe.
"Und bei Kate ist es umgedreht, oder was?", fragte ich skeptisch.
"Ja das ist es.", entgegnete er nur und widmete sich seinen Unterlagen. Das war für mich das Zeichen zu gehen.
Nach der Standpauke ging ich zu den Mädchenzimmern. Bei dem Zimmer von Kate klopfte ich an. Nach ein paar Sekunden öffnete mir Christal.
"Jason!", rief sie erschrocken und war schon dabei die Tür wieder reflexartig zu zuschlagen. Doch ich war schneller und drückte meine Hand gegen die Tür, stieß sie auf und trat ein. Amanda und Jessy waren nicht da. Und Kate auch nicht.
"Wo ist Kate?", fragte ich und als Christal zusammen zuckte, merkte ich, dass es vielleicht etwas zu harsch gewesen war.
"Nicht hier.", murmelte sie und mied meinen Blick.
"Das sehe ich, Fruckly.", zischte ich und erneut zuckte sie zusammen. Ich ignorierte es. "Wo ist sie?"
"Was interessiert dich das überhaupt?", fragte sie und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. Stur starrte sie mir jetzt sogar ins Gesicht. Überrascht zog ich eine Augenbraue nach oben. Seit wann erhob klein Chrissy denn das Wort gegen einen von uns?
Christal wurde nun wieder unsicherer und wandte sich ab.
"Lass sie einfach in Ruhe, okay? Sie macht Schule und du-", setzte sie an, verstummte dann aber. Schlagartig biss ich die Zähne zusammen.
"Ich kann mir denken wo sie ist.", knurrte ich, rauschte aus dem Zimmer und knallte die Tür lautstark hinter mir zu. Ich joggte über die Gänge und kam schließlich in der Bibliothek an. Und tatsächlich. Da saß sie und steckte den Kopf mit diesem Idioten Elyas in ein Buch. Sie saßen mit dem Rücken zu mir und sahen mich so nicht kommen. Ich schlenderte zu ihrem Tisch und knallte meine Sporttasche darauf. Sofort fuhren sie erschrocken auseinander.
"Jason!", rief sie erschrocken und fuhr herum, im nächsten Moment kniff sie die Augen zusammen. "Was willst du hier?" Äußerlich grinste ich lässig, aber innerlich schäumte ich vor Wut, als ich mich zu Madame herunterbeugte.
"Wir haben Training, Süße. Vom Direktor höchstpersönlich aufgetragen. Also schwing deinen Hintern jetzt in die Turnhalle, verstanden?", zischte ich und ignorierte Elyas vollkommen.
"Jetzt nicht!", fauchte sie und ballte die Hände zu fäusten.
"Ich gebe dir 3 Sekunden, um jetzt hier aufzustehen, Kate. Ansonsten zerre ich dich hier raus. Deine Entscheidung.", erwiderte ich kalt, richtete mich auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Kate wurde blass. Sie wusste, dass ich keine Scherze machte. Sie wusste, dass ich ihr die Sache in der Turnhalle übel nahm. Und sie wusste, dass ich sie jetzt im Training nicht schonte.
"1", begann ich zu zählen und versuchte noch etwas geduldig zu sein. Sie testete mich wahrscheinlich nur.
"2", fuhr ich fort und biss die Zähne zusammen, als sie noch immer keine Anstalten machte, aufzustehen.
"Jase-", setzte sie an, offenbar um mich zu bitten, aufzuhören. Doch ich ignorierte ihren Einwand.
"3", knurrte ich, packte ihren Stuhl und zog ihn mit einem Ruck zurück. Kate keuchte kurz erschrocken auf und wollte sich schon an der Tischkante festkrallen, als ich sie mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung wie ein Leichtgewicht über meine Schulter warf. Mit einer Hand hielt ich sie fest, mit der anderen packte ich meine Sporttasche. Dann drehte ich mich um und marschierte in Richtung Tür.
"Lass sie runter, du Idiot!", schrie hinter mir Elyas. "Du kannst sie doch jetzt nicht einfach hier wegschleppen!" Gelassen drehte ich mich um.
"Du siehst doch, dass ich es kann.", meinte ich und setzte meinen Weg fort.
"Jason, du verdammter Mistkerl!", fluchte währenddessen Kate und trommelte auf meinen Rücken. Als ob sie mir weh tun würde.
"Du bist selbst schuld, Katie.", flötete ich und lief mit einer zeternden Kate über meiner Schule lässig aus der Schule und hinunter zur Turnhalle.
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