10. Kapitel💙Richard💙
Die erste Woche verging schneller als erwartet und die Schule setzte Richard's Schülern mehr zu, als der Schulleiter gedacht hatte. Laut den anderen Lehrern schien die Klasse im Unterricht noch einiges nachholen zu müssen und auch beim Besonderheitentraining sind Richard ein paar Schwierigkeiten aufgefallen. Die meisten schienen das viele und anstrengende Training nicht gewohnt zu sein und haben deshalb durchgehend Muskelkater und kaum Kondition. Auch waren viele ihrer Besonderheiten noch nicht gut ausgereift und erst im Anfangsstadium.
Aber es war doch auch erst die erste Woche, also kein Problem, oder? Das versuchte sich Richard zumindest einzureden, während er sich weiterhin anhören musste, wie gut sich die anderen Klassen schlugen. "Mit meiner Klasse übe ich sogar schon für das baldige Sportfest! Ich bin mir sicher, dass meine Klasse die diesjährige Trophäe gewinnen wird!", prahlte Lily Culverwell bereits seit Tagen, weshalb es Richard schon zu den Ohren raushing.
Über das Sportfest Anfang Dezember machte sich Richard Moore eigentlich gar keine Sorgen. Es war seit Jahrzehnten mehr eine Tradition als alles andere und somit nicht Prüfungsentscheidend. Es diente mehr als kleinen Ansporn für die Schüler und als Spektakel für die Zuschauer, um schonmal die hoffentlich zukünftigen Helden kennenlernen zu dürfen. Dort mussten die Schüler lernen, auf eigener Faust antreten zu können und Punkte zu sammeln. Die Klasse, die am Ende die meisten Punkte erzielen konnte, bekam sogar eine Trophäe, die Richard der alten Hexe Culverwell ja nur allzu gerne unter die Nase reiben würde. Doch musste Richard sich um Wichtigeres, als das Sportfest, kümmern.
Als er jedoch Sonntag Abend mit seinem Laptop in seinem Apartment auf dem Sofa saß und eine E-Mail vom Heldenministerium bekam, änderte sich seine Ansichtsweise schlagartig.
Sehr geehrter Mr. Moore,
wir, vom Heldenministerium im Bereich der Schul-/und Heldenausbildung, haben uns beraten und uns dazu entschieden, dass ihre diesjährige 'Sonderklasse' im nächsten Monat bei ihrem allseits bekannten Sportfest auf die Probe gestellt werden soll. Deshalb verlangen wir von Ihnen, dass mindestens vier von ihren Schülern es schaffen sollen, in die Top 16 zu gelangen. Sollte dies nicht passieren, beenden wir die eigentliche Probezeit unverzüglich nach dem Sportfest.
Vielen Dank für Ihr Verständnis,
das Heldenministerium.
Richard dachte erst, dass es jawohl ein Scherz sein sollte. Vier seiner Schüler in die Top 16? Niemals.
Das Sportfest ging immer drei Tage lang, jeder Tag ein anderer Jahrgang und war zudem immer in zwei Teile aufgeteilt. Der erste Teil war, so viele künstliche Gegner wie nur möglich auszuschalten und dabei so viele Punkte wie möglich zu erzählen. Je nach Schwierigkeit brachten die Gegner verschiedene Punkte. Im zweiten Teil kämpften die Top 16, die Schüler, die die meisten Punkte erkämpfen konnten, so lange gegeneinander, bis ein Sieger hervortrat. Schüler, die es ins Viertelfinale schafften, bekam zudem nochmal Zehn Punkte, im Halbfinale Dreißig Punkte und der Sieger sogar nochmal Fünfzig Punkte obendrauf.
Diese zusätzlichen Punkte waren nämlich dazu da, um sie mit den restlichen der erworbenen Punkten, der anderen Klassenkameraden im ersten Teil, zusammen zu zählen und das war dann die endgültige Punktzahl, mit der dann die Klassen von der Besten zur Schlechtesten eingeordnet wurden und einen Pokal gewinnen konnten.
Und vier seiner Schüler sollten es in diese Top 16 schaffen? Vier von insgesamt 75 Schüler, die in der Arena dann um die Punkte kämpften? Er musste dringend seinen Bruder anrufen und fragen, was dieser Schwachsinn sollte.
Kopfschüttelnd klappte Richard seinen Laptop herunter und griff nach seinem Handy, um Jonathan anzurufen, der ja nun schon seit mehreren Jahren im Heldenministerium war, nachdem er seine Superhelden Karriere größtenteils aufgegeben hatte. "Jonathan?", fragte er dann sofort ungeduldig, nachdem abgenommen wurde. "Bruderherz na, was verschafft mir diese Ehre?", fragte Jonathan lachend, doch Richard war nicht in der Stimmung dafür. "Jonathan, was zum Teufel soll das mit der E-Mail?!", fragte er aufgebracht seinen Bruder, der daraufhin seufzte. "Du hast die E-Mail also bekommen", murmelte der Ältere leise und holte dann tief Luft, doch Richard kam ihm zuvor.
"Jonathan, ich dachte, du würdest mich bei meinem Plan unterstützten! Du fandest, dass es eine gute Idee war und jetzt sowas?!", schrie er seinen Bruder frustriert an, "ich hab sogar gestern noch über meine Schüler geredet und darüber, dass sie mit ihren Besonderheiten hinterherhinken, sie werden von den anderen Schülern auseinander gerissen!"
"Richard, beruhig dich, okay?", sagte Jonathan ruhig und Richard hörte im Hintergrund, wie er sich hinsetzte, "glaub mir, ich weiß das", fügte er dann noch langsam hinzu, "und ich habe wirklich versucht, sie dazu umzustimmen, aber meine Stimme ist und bleibt nur eine von mehreren. Ich wurde überboten, tut mir leid."
Richard beruhigte sich daraufhin etwas und atmete mehrmals tief ein und aus, "nein, mir tut es leid", entschuldigte er sich dann, "ich weiß nur nicht, was ich jetzt tun soll", gab er ehrlich zu und rieb sich seine Schläfen. "Du hast ja noch ungefähr einen Monat Zeit, um sie zu trainieren. Wenn du ihnen von der Änderung erzählst, werden sie schon genug Feuer unter dem Hintern bekommen", meinte Jonathan optimistisch. "Sie stehen jetzt schon unter großen Druck, ich weiß nicht, ob sie dann auch noch dem standhalten werden. Die anderen Klassen grenzen sie total aus und auch die anderen Lehrer meinten, im Unterricht kommen sie kaum hinterher und das schon nach einer Woche", redete Richard sich seine Sorgen von den Schultern.
"Hab vertrauen in diese kleinen Quälgeister. Du hast mir gestern doch erzählt, dass sie super als Klasse zusammenhalten und sich von den anderen Schülern nicht unterkriegen lassen. Du hast mir so viel von denen vorgeschwärmt, wo ist das jetzt abgeblieben?"
Richard dachte einen kurzen Moment nach und nickte dann, "du hast recht", stimmte er Jonathan dann zu, "sie werden das schaffen. Es gibt mehrere gute Kämpfer, die das bestimmt schaffen könnten. Ravin zum Beispiel oder Samuel. Ruben mit seiner Heilung wird es leider sehr schwer haben. Leo könnte es vielleicht auch noch schaffen und Nava ist auch sehr ehrgeizig und-", am Ende unterbrach Richard sich selbst.
"Du machst dir zu viel Stress, Richy", meine Jonathan ernsthaft besorgt, weshalb Richard kurz auflachte. "Natürlich mache ich mir viel Stress, meine Klasse steht hier auf dem Spiel! Aber woher kommt dieser plötzliche Umschwung des Heldenministeriums?"
"Ich... das...", begann Jonathan dann drum herum zu reden, weshalb Richard sich etwas mehr aufsetzte. "Woher der Umschwung, Jonathan?", fragte Richard dann ein zweites Mal, diesmal jedoch mit einem ernsteren Unterton. "Also... wir haben ein paar... Beschwerden bekommen", erzählte Jonathan zögerlich, "und da das Heldenministerium sowieso nicht wirklich begeistert von deinem Antrag gewesen ist, wollten sie die Probezeit verkürzen."
"Beschwerden?! Nach einer Woche?! Von wem denn bi-", erneut unterbrach Richard sich selbst und nickte dann verstehend, "ohh ich weiß von wem...", grollte er dann bedrohlich, als ihm Lily Culverwell einfiel, "diese alte Ziege! Ich werde ihr Gehalt verkürzen, aber sowas von! Oder ich werde sie gleich hochkant rausschmeißen, diese dumme Kuh! Sie hatte meine Klasse doch erst seit einer verdammten Woche und schon-"
"Richard, beruhig dich doch endlich. Ms. Culverwell ist eine zu gute Lehrerin, um sie zu kündigen. Außerdem ist es mir nicht erlaubt, Dir irgendwas über die Beschwerden zu erzählen", erklärte Jonathan ihm. "Ich werde der alten Schachtel zeigen, dass sie sich mit der falschen Klasse angelegt hat", versprach Richard, war zwar immer noch wütend aber immerhin ruhig jetzt.
"Danke für das Gespräch, Jonathan, ich werde dich die kommenden Tage auf dem Laufen halten", verabschiedete Richard sich schließlich. "Na, das hoffe ich doch! Du schaffst das schon, Richy! Aber warte-warte! Wie lief das Essen mit Paul?"
"Woher- Melinda", Richard seufzte theatralisch und schloss kurz seine Augen, während Jonathan lachte. "Ja, ob du es glaubst oder nicht, aber ich unterhalte mich auch hin und wieder mit unserer Schwester."
"Ja, aber darüber? Habt ihr nichts besseres zum reden?"
"Um ehrlich zu sein, nein. Melinda ist seit mehreren Jahren verheiratet, meine Tochter wird dieses Jahr Sieben und bei dir ist immer noch tote Hose. Lade ihn doch nächstes Wochenende zum Familienessen ein, ich hab ihn nicht mehr gesehen, seit dem ihr euren Abschluss auf der Heldenschule gemacht habt!", schlug Jonathan begeistert vor, während Richard am liebsten im Boden versinken würde.
"Was? Wir-wir sind noch nicht mal zusammen, Jonathan! Wir sind Kollegen, jahrelange Freunde! Mehr nicht!", verteidigte Richard sich lautstark. "Wie gesagt, ich rede mit Melinda und Melinda liegt nie falsch, das weißt du. Du wirst auch nicht älter, Richard, schon mal an einen Ring gedacht? Ich kenne da einen sehr guten Juwelier."
"Ich lege jetzt auf, du Idiot", verabschiedete Richard sich nun endgültig und ohne zu antworten, ehe er schnell das Telefonat beendete.
Als Jonathan jedoch Paul erwähnte, kam dem Schulleiter eine grandiose Idee in den Kopf, weshalb er sofort danach anfing, den besagten Schwarzhaarigen anzurufen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top