1. Kapitel💙Liam💙
Zu sagen, dass die Moorewood META eine große Schule war, war bei weitem untertrieben. Diese Privatschule war riesig, pompös und erstklassig, das Grundstück war so groß, dass man am Horizont nicht mal das andere Ende sehen konnte. Nervös lief Liam durch den großen Eingangsbogen und betrat das Gelände der Heldenschule, dabei zog er seinen Koffer hinter sich her. Er hatte sich so schick angezogen wie es ihm möglich war. Seine sonst so unordentlichen, verwaschenen, blauen Haare hatte er sauber nach oben gekämmt, dazu trug er ein faltenloses, weißes Hemd, das ihm ein wenig zu groß war und eine enge, blaue Jeans. Da er insgesamt nur zwei Paar Schuhe besaß, hatte er noch seine gewöhnlichen Turnschuhe an und zudem noch eine schwarze und eine weiße Socke. Da es Anfang November war, trug er natürlich auch eine Jacke.
Der Junge war unfassbar aufgeregt über das Internatsystem der Schule, denn dadurch musste er von zuhause ausziehen und in eine Wohngemeinschaft mit seiner zukünftigen Klasse ziehen. Hoffentlich würde er gut mit seinen Vierzehn Klassenkameraden auskommen. Vor dem Eingang, ganz oben auf den Stufen standen Melinda und Paul, die versuchten, die vielen neuen Schüler einordnen zu können.
"Okay, alle aufgepasst!", rief Melinda so laut sie konnte, "Alle Schüler versammeln sich bitte bei ihren Klassen! Die 1-A bei Mr. Chapman-", begann sie dann die verschiedenen Klassen aufzuzählen, während Liam sich bereits nach Mr. Moore umsah. Er konnte immer noch nicht glauben, dass einer der berühmtesten und besten Helden der Welt sein Klassenlehrer war. Ob er ihn wohl nach einem Autogramm fragen durfte? Vor Aufregung zitternd drückte sich Liam durch die Menschenmenge hindurch und erblickte etwas weiter abseits auf dem Rasen die verschiedenen Lehrer mit Schildern, auf denen jeweils ihre neuen Klassen standen. So war auch Mr. Richard Moore mit einem Schild der 1-E darunter, ganz außen rechts. Übersehen konnte man den Mann sowieso nur sehr schwer, da er knapp über zwei Meter groß war.
Sein Herz pochte wie wild, als er auf den gut-gebauten Mann zuging, den er schon von klein auf im Fernsehen dabei beobachtet hatte, Schurken zu jagen und Menschen zu retten. Silver Shield war einer von Liam's Vorbildern und das schon seit Jahren. Immerhin war er weltweit-bekannter Superheld und leitete nebenbei noch eine Heldenschule. Die Moores, Richard's Familie, war im Allgemeinen sehr beeindruckend. Beide Eltern waren große Helden gewesen. Dann gab es den ältesten Sohn, Jonathan Moore aka Silver Knight. Er war seit Jahrzehnten in den Top Drei der Superhelden weltweit und zudem der Bürgermeister von Moorewood, saß seit wenigen Jahren auch im Heldenministerium. In der Mitte war Richard Moore, der es Jonathan gleich getan hatte und ebenfalls Superheld geworden war, doch sich nun größtenteils auf das Leiten der Moorewood META beschränkte. Nur die kleine Schwester Melinda aka Silver Fox, die vor mehreren Jahren geheiratet hatte und nun 'Flinch' hieß, hatte sich von Anfang an weitestgehend aus dem Superhelden-Business herausgehalten.
Vor Mr. Moore standen bereits ein paar andere Schüler, ebenfalls mit Rucksäcken und Koffern. Schnell stellte sich Liam zu seinen zukünftigen Klassenkameraden, als Mr. Moore ihn auch schon ansprach. "Und du bist dann wohl Liam, richtig? Du bist kleiner als ich mir vorgestellt hatte", fragte er mit einem breiten Grinsen und klopfte ihm fest auf die Schulter. "J-Ja, Sir!", brachte dieser ungewollt laut heraus und stellte sich so gerade wie möglich hin. "Richard!", rief dann jedoch Paul, der auf sie beide zuging, weshalb Richard's Aufmerksamkeit nun auf dem Lehrer lag und Liam sich abwendete. Es waren schon ungefähr Zehn von Fünfzehn Schülern da.
Der Blauhaarige sah einen nervösen Jungen nur ein paar Schritte von ihm entfernt und beschloss kurzerhand, auf ihn zu zugehen. Er besaß dunkelbraune Haare, hatte karamellfarbene Haut und seine Statur war eher dünn und groß. "Hey, du!", Liam tippte ihm auf die Schulter, weshalb der Junge mit sich zu ihm umdrehte, "bist du auch alleine hier?"
"Ja, leider", der Junge kratzte sich verlegen am Nacken, "ich bin Ace und du?", fragte er dann Liam und reichte ihm überraschend formell die Hand.
Liam sah erst zu seiner Hand, dann wieder nach oben und ein wenig überrumpelt ergriff er sie, "Liam! Meine Besonderheit ist die Transformation."
"Freut mich, Liam! Ich bin Gestaltwandler, ich kann mich in sämtliche Tiere verwandeln! Manchmal kann ich sogar nur gewisse Teile von Tieren übernehmen!", verkündete Ace stolz und fuhr sich durch seine dunkelbraunen Haare, "und wie funktioniert das mit deiner Transformation?", wollte er dann vom Kleineren wissen. "Ich kann's dir zeigen!", freute Liam sich, da Ace soweit sehr nett erschien.
Liam blickte sich auf dem Boden um, fand dann einen etwas größeren Stein knapp einen Meter vom ihm entfernt. Begeistert schnappte er ihn sich, stellte sich vor den verwirrten Ace und leckte einmal großzügig über den schmutzigen Stein. Ace's Augen wurden groß und seine Kinnlade klappte auf, "Spinnst du?! Du kannst doch nicht einfach den Stein ablecken!", Ace entriss ihm schnell den Stein. "Nein, keine Sorge! Durch meine Besonderheit bin ich gegen sämtliche Keime immun! Meine Zunge ist auch ein wenig abgehärtet dagegen! Und guck, meine Besonderheit!"
Mit einem breiten Grinsen zeigte Liam ihm deinen rechten Arm, den er nun teilweise in grauen Stein verwandelte. "Wow!," staunte Ace nicht schlecht und klopfte vorsichtig auf die transformierte Stelle, "fühlt sich fast wie Stein an! Das ist unglaublich! Das ist bestimmt mega praktisch als Superheld!"
"Okay liebe Kinder, alle mal aufgepasst!", Mr. Moore klatschte laut in die Hände, wodurch seine neuen Schüler sich ihm alle zuwendeten. "Ich werde euch nun als allererstes euer neues Klassenzimmer zeigen, da besprechen wir alles weitere!", man hörte die Aufregung in Richard's Stimme, die mit dem Gesamtbild eines muskulösen Superhelden nicht ganz übereinstimmte. "Oohhh ich bin so aufgeregt!", Ace sprang wie ein Rehkitz vor Liam herum, als Mr. Moore und die ersten Schüler sich in Bewegung begaben und hakte sich bei dem Kleineren unter. Liam lachte leise und seufzte innerlich erleichtert, dass er schon in so kurzer Zeit zumindest einen Freund gefunden zu haben scheint.
Auf dem Weg ins große Schulgebäude lief die Klasse an den anderen Schülern vorbei, von denen sie argwöhnisch und böse angeblickt wurden. Liam presste seine Lippen aufeinander. "Die anderen scheinen nicht sonderlich glücklich über uns zu sein", bemerkte auch Ace und flüsterte es Liam zu. "Anscheinend wissen sie, dass wir eine 'Sonderklasse' sind", schätze Liam und bekam ein Nicken.
"Und anscheinend sind sie darüber nicht glücklich." Überrascht drehten Ace und Liam ihre Köpfe zur Seite und erblickten ein Mädchen mit schulterlangen, braunen Haaren, das neben Liam herlief, "oh tut mir leid!", entschuldigte sie sich dann und lachte verlegen, "ich hab nur eben eure Unterhaltung mitbekommen und das Starren der anderen Schüler macht mich irgendwie nervös und ich will nicht alleine an denen vorbei laufen und tut mir leid nochmal. Ich bin Gemma und ihr?", redete das Mädchen mit den grünen Augen wild drauf los.
"Ace", stellte der Kubaner sich mit einem Grinsen vor und zeigte mit seinem Finger auf sich selbst. "Und ich bin Liam!", meinte dann Liam noch und musterte Gemma neugierig. "Hey, du Wichser!", die drei drehten sich gleichzeitig zu der lauten und wütenden Stimme um, die zu einem blonden Jungen gehörte, der mit seiner rechten Hand einen Stein abgefangen hatte und mit seiner linken Hand seinen Koffer losließ, "hast du etwa geglaubt, dass ich deinen jämmerlichen, scheiß Wurf nicht gesehen habe?!", schrie er einen weiteren Jungen an, der wohl zu einer der anderen Klassen gehörte. Mit stampfenden Schritten lief der Blondschopf los und schmiss dabei wütend seinen Rucksack auf den Boden, "mal sehen ob du dich das nochmal traust, sobald ich dir diesen SCHEISS STEIN in dein SCHEISS GESICHT gerammt habe, du hirnverbrannter-", der Blonde war noch knapp zwei Schritte von dem nun verängstigten Jungen entfernt, als er abrupt in der Bewegung stehen blieb und der Stein zu Boden fiel.
Paul trat von den Stufen zum Eingang hinunter, seine blauen Augen glühten übernatürlich und starrten den wütenden Jungen unentwegt an, "Mr. Moore", sprach er dann den Schulleiter an, ohne dabei den Blick abzuwenden, "bitte begleiten sie ihre Schüler nun unverzüglich und ohne weitere Vorkommnisse in das Schulgebäude."
"Das ist Paul Sawyer, er ist seit Jahrzehnten Lehrer hier!", flüsterte Gemma aufgeregt Liam zu, "oder auch Black Phantom! Seine Besonderheit ist Paralyse! Er kann Leute paralysieren, solange er sie ansieht! Doch sobald er wegsieht oder blinzelt, erlischt die Paralyse!", erzählte sie fasziniert von dem Geschehen.
"Natürlich, Mr. Sawyer", gab Mr. Moore sofort nach, als wäre Paul der Schulleiter und nicht er selbst. Sofort blinzelte Paul, der blonde Junge strauchelte, als die Wirkung aufgehoben wurde, doch fing sich gerade noch so ab. "Mr. Wayne!", rief Richard dann den Jungen herbei. Der Blondschopf grummelte nicht gerade zufrieden, doch ließ es tatsächlich sein. Er sammelte seinen Rucksack wieder auf, ebenso wie seinen Koffer und stapfte wütend an seinen neuen Klassenkameraden vorbei zu Mr. Moore. "Nun gut, los jetzt!", versuchte er die angespannte Stimmung mit seiner fröhlichen Stimmung zu zerbrechen und fing dann an, die Treppenstufen nach oben zu laufen.
Als sie durch die Eingangstür in den großen Flur der Schule kamen, ließen sie die gaffende Menge endlich hinter sich. Vor Liam, Ace und Gemma liefen ein Mädchen und ein Junge direkt nebeneinander, ebenfalls mit Koffern und Taschen, dann noch der blonde, wütende Stier von eben und ganz vorne ging der allseitsbekannte Superheld und führte seine Klasse durch das Gebäude. "Was war das denn eben?", fragte Ace noch immer im Schockzustand und lehnte sich zu den beiden Kleineren etwas runter. "Keine Ahnung", murmelte Gemma ebenfalls fassungslos, "der eine Junge hat ihn wohl mit einem Stein beworfen. Oh je, ich hoffe, dass sie nicht auch noch uns abwerfen werden!", sprach sie sorgenvoll und biss sich auf ihre Unterlippe. "Aber habt ihr gesehen, dass der Blonde den Stein einfach gefangen hat?!", fragte Liam hellauf begeistert und sah seine neugewonnen Freunde an.
"Das findest du am krassesten?", erwiderte Ace fassungslos. "Schon irgendwie", Liam zuckte mit den Schultern, "ich hätte den Stein sicherlich nicht anfangen können und hätte ihn an den Kopf gekriegt. Was für Reflexe der Blonde haben muss! Meine Reflexe sind kaum vorhanden."
"Deine Reflexe werden sich bestimmt verbessern, sobald die ersten Steine nach dir geworfen wurden", lachte Ace und klopfte ihm auf die Schulter. Gemma seufzte nur laut und Liam ließ sich seine gute Laune nicht nehmen.
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