8. Kapitel - I don't mind
06. November 1955, Sonntag 09:03 Uhr
Marty und ich wurden von meinen Dad aufgeweckt, der gegen die Tür klopfte und verkündete, dass es in einer halben Stunde Frühstück gab.
„Ich habe euch frische Klamotten vor die Tür gelegt und würde euch beiden eine Dusche empfehlen", hörte ich ihn noch sagen, bevor es wieder still wurde.
Marty und ich wechselten einen Blick und richteten uns langsam auf. Ich zog meine Hand zurück, die immer noch auf Marty lag und lächelte leicht.
„Guten Morgen"
„Morgen", brachte Marty hervor, bevor er gähnte und sich streckte.
Ich stand auf und ging zur Tür. Als ich sie öffnete entdeckte ich sofort die Kleiderhaufen vor der Tür und griff nach dem, der so wirkte als wäre er für mich gedacht.
Ich hatte nicht gehört, wie Marty aufgestanden war, aber er stand plötzlich neben mir und nahm sich seinen eigenen.
„Ich gehe in mein eigenes Bad. Wir sehen uns später"
„Marty!"
Er blieb stehen und drehte sich fragend zu mir um.
„Danke"
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und er sprach sanft: „Selbstverständlich, Dais"
Ich schloss die Tür wieder und ignorierte das warme Gefühl, welches sich in mir ausbreite. Schnell legte ich meine Klamotten auf dem Bett ab und schlüpfte aus denen, die ich gerade anhatte.
Ich warf die schmutzigen Sachen auf einen Haufen, gemeinsam mit meiner und Martys Jacke. Danach ging ich ins Badezimmer und startete die Dusche.
Das Shampoo war schon alt und stand wohl schon eine Weile hier unbenutzt, aber für heute würde es reichen. Ich blieb etwas länger als notwendig unter der Dusche. Ich summte leise vor mich hin und genoss es einfach einmal an nichts zu denken. Es war gar nicht so schwer dafür zu sorgen, dass mein „Verband" kein Wasser abbekam.
Irgendwann musste ich aber leider wieder in die Realität zurückkehren und verließ das Badezimmer wieder. Mit feuchten Haaren betrachtete ich meine neuen Klamotten.
Ein hellblauer Rock, der mir bis über die Knie ging, eine weiße Bluse, eine helle Strumpfhose und eine dünne Stoffweste mit ähnlichem Blauton.
Ohne groß darüber nachzudenken, schlüpfte ich in die Sachen und zog mir dann wieder meine Sneaker an. Mein Dad hatte mir keine anderen Schuhe dazugegeben und ich hatte auch keine bei Marty gesehen.
Die Kleider passten aber fast perfekt. Nur die Bluse war mir obenrum etwas zu eng.
Ich nahm mir Martys Sneaker und verließ mein Zimmer. Ich klopfte an seiner Tür und wartete.
Ein frisch geduschter Marty öffnete mir die Tür. Er hatte sich auch schon in seine neuen Klamotten geworfen. Er trug eine hellbraune Hose und ein blaukariertes Hemd.
„Ich dachte mir, du könntest Schuhe gebrauchen", grinste ich und drückte ihm seine Schuhe in die Hand.
Marty nickte dankbar und betrachtete mich kurz bevor er leicht den Kopf schüttelte.
„Wir schauen blöd aus"
Ich konnte nicht widersprechen, weswegen ich einfach abwartete, bis er seine Sneaker anhatte und dann die Treppen voran hinunter ging.
Ich folgte dem Geruch nach Rühreiern bis zu einem Esstisch. Mein Dad saß schon am Tisch und hatte sich über einen Haufen von Notizen gebeugt. Er blickte jedoch auf, als wir uns ihm gegenübersetzten.
„Ich hoffe die Kleidung passt halbwegs. Ich gebe euch später Geld damit ihr euch eigene besorgen könnt"
Marty bedankte sich für uns und fing an seine Portion Eier in sich reinzuschaufeln. Ich aß etwas langsamer, konnte Marty aber verstehen. Die Rühreier meines Dads waren schon immer köstlich gewesen.
„Geht es dir besser?", fragte mein Dad vorsichtig und musterte mich aufrichtig.
„Ja, danke"
Mein noch nicht Vater nickte und erklärte uns dann seinen Plan für die nächsten Tage. Marty und ich würden heute einkaufen und dann gleich wieder hier her zurückkehren. Morgen in der Schule würden wir zu dritt schauen, wo das Problem zwischen Lorraine und George genau lag. Mein Dad würde dann einen Plan ausarbeiten, wie wir die Energie des Blitzes in den DeLorean bekamen und Marty und ich mussten einen Weg finden seine Eltern zu verkuppeln.
Easy peasy. In der Theorie.
Marty erklärte genauer, wie seine Eltern sich überhaupt verliebt hatten, was mich etwas aus der Bahn warf.
„Du musstest dich auch selbst überfahren lassen, oder?"
Marty warf mir einen vernichtenden Blick zu, der mich aber kalt ließ.
„Wenn wir einfach dafür sorgen, dass meine Mum George kennenlernt, sollte das hoffentlich genügen", gab Marty genervt von sich.
„Im schlimmsten Fall freunde ich mich mit ihr an und schwärme ein bisschen von deinem Dad. Um ihn etwas besser dastehen zu lassen"
Martys Augen leuchteten auf und er nickte sofort.
„Das ist eine gute Idee. Ich freunde mich mit meinen Dad an und dränge ihn ein bisschen in die richtige Richtung"
Gemeinsam nickten wir aufgeregt, bis mein Vater sich räusperte. Verwirrt blickten wir zu ihm, der uns genauso verwirrt musterte.
„Habt ihr nicht gerade noch gezankt?"
∞
06. November 1955, Sonntag 11:41 Uhr
Der Doc hatte Daisy und mir genügend Geld und seine Autoschlüssel gegeben, damit wir in die Stadt fahren und uns neue Sachen kaufen konnten. Ich hatte den Wagen vor einem kleinen Klamottenladen geparkt und Daisy hineingeführt.
Während Daisy zu den Kleidern und Röcken verschwand, war ich in die Männerabteilung abgetaucht. Ich hatte etwas mehr Glück als Daisy. Sie trug selten Kleider in der Zukunft. Hier hatte sie keine andere Wahl.
Der Doc hatte uns gesagt, dass wir uns nicht zurückhalten mussten und dass wir uns so viel kaufen durften, wie wir wollten. Ich nahm ihn bei Wort und warf alles in meinen Korb das mir gefiel. Ein paar Hemden und Hosen. Ein paar Jacken, es war zwar warm, aber es war dennoch November und zwei paar Schuhe. Auch neue Unterwäsche wanderte in den Korb.
Wegen meiner alten Unterwäsche nannte meine Mum mich jetzt Calvin Klein. So absurd die Situation auch war, ein klein wenig war sie auch lustig. Würde meine Existenz nicht gerade am seidenen Faden hängen, würde ich meinen Aufenthalt hier vielleicht sogar genießen.
Ich ging auf Daisy zu, die genauso voll beladen war wie ich. Ich musterte ihre Auswahl nur kurz, bevor ich sprach: „Wenn du fertig bist, können wir zahlen. Doc hat mir noch gesagt, dass ich unbedingt Haargel brauche. Ich würde also vorschlagen wir bleiben nicht zu lange hier"
„Jap. Bin fertig", bestätigte sie und warf mir ein strahlendes Lächeln zu. Ihr Lachen war immer ansteckend, weswegen ich auch bald wie blöd grinste und mit ihr zur Kassa ging.
Wir zahlten und verstauten unseren Einkauf im Kofferraum. Als wir wieder im Auto saßen sprach ich belustigt: „Eigentlich sollten wir unsere Schuhe wechseln"
„Nah", antwortete Daisy sofort und ich startete belustigt den Wagen.
Zwanzig Minuten später stand ich mit Daisy vor einem Regal mit den unterschiedlichsten Haarartikeln.
„Kennst du dich echt gar nicht mit Haargel aus?"
„Ich wollte nie wie mein Dad aussehen"
Sie nickte verständnisvoll und griff nach einer Dose. Sie hielt sie mir entgegen und zuckte leicht mit den Schultern.
„Wird schon passen", murmelte ich, bevor ich die Dose in den Korb, den ich trug, warf.
Wir gingen weiter und fügten noch jeweiliges Shampoo hinzu. Daisy griff auch nach einer Haarbürste und blieb dann überlegend vor dem Make-up stehen.
„Du brauchst keines"
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen und musterte mich skeptisch.
„Was wenn doch?"
Stur schüttelte ich den Kopf. Daisy hatte schöne Haut und hatte es noch nie nötig gehabt. Sie schminkte sich zwar hin und wieder gerne, aber nötig war es auf keinen Fall. Sie war auch ohne Make-up bezaubernd.
Immer noch nicht überzeugt fügte sie Lipgloss, eine Palette Lidschatten und Puder dem kleinen Haufen im Korb hinzu.
„Du wirst es dennoch nicht brauchen", grinste ich und steckte mir meine freie Hand in die Hosentasche, als wir in die nächste Regalreihe gingen.
Ich blieb stehen und grinste noch breiter, beim Inhalt der Regale.
Ich nahm meine Hand wieder aus der Hosentasche und deutete auf die Damenartikel.
„Brauchst du was?"
Daisy schlug mir leicht auf den Arm, als sie mein Grinsen bemerkte und ging weiter.
„Nein. Ich hatte erst"
Immer noch grinsend folgte ich ihr zur Kassa und bezahlte.
Als wir zurück zum Auto gingen, setzte sich diesmal Daisy hinters Steuer. Ich setzte mich neben sie und stellte die Tüte bei meinen Füßen ab.
„Und jetzt?"
Sie zuckte mit den Schultern, startete den Wagen und schlug vor: „Wir holen uns eine Kleinigkeit zu essen und fahren dann nach Hause"
„Klingt gut"
∞
06. November 1955, Sonntag 13:23 Uhr
Ich stopfte gerade die letzten meiner neuen Klamotten in meinen Schrank, als Marty in meiner Tür auftauchte. Er lehnte sich lässig an den Türrahmen und hatte sein typisches Grinsen aufgesetzt. In seinen Händen hatte er ein Brettspiel in der Hand. Monopoly, um genau zu sein.
„Mir ist langweilig. Doc tüftelt in der Garage und erlaubt weder Hilfe noch, dass wir uns in der Stadt umsehen. Willst du spielen?"
Ich hob eine Augenbraue, musste aber auch lächeln.
„Gerne"
Aufgeregt klopfte Marty etwas auf der Verpackung rum und hakte sich dann bei mir unter, um mich aus meinem Zimmer zu schleifen.
Er führte uns ins Wohnzimmer und setzte sich dann auf den Teppich. Er fing an das Spiel aufzubauen, während ich mich gegenüber von ihm setzte.
Mit einem Seitenblick auf den eigentlich vollkommen intakten Couchtisch, suchte ich mir meine Spielfigur aus und mischte die Ereigniskarten durch.
„Zu wievielt steht es?", fragte Marty als er das Geld austeilte.
Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus.
„Acht zu Fünf. Für mich"
Marty blickte auf und grinste mich siegessicher an, während er nach den Würfeln griff.
„Tja. Diesmal mache ich dich fertig"
∞
06. November 1955, Sonntag 17:01 Uhr
Er machte mich nicht fertig.
Nachdem ich jeden Bahnhof und die Energiewerke besessen hatte, hatte er keine Chance mehr gehabt.
Ich räumte gerade die Häuser in den Karton, da hörte ich meinen Dad ins Haus kommen. Er blieb bei den Stiegen stehen und rief: „Daisy? Marty?"
„Im Wohnzimmer", antwortete Marty sofort und sortierte das Geld zu ende.
Mein Dad kam verwundert auf uns zu und musterte uns und das Spielbrett.
„Ihr spielt Monopoly?"
„Ja. Aber Dais gewinnt meistens", erklärte Marty geknickt. Seine Schauspielerei war nur ziemlich schlecht, da seine Mundwinkel bei dem Versuch nicht zu lachen zuckten.
Mein Dad lachte kurz auf und erklärte uns dann: „Falls ihr hungrig seid, es sind noch ein paar Essensreste im Kühlschrank. Ich gehe morgen für euch einkaufen. Ich bin es nicht wirklich gewohnt Gesellschaft zu haben, tut mir leid"
„Alles gut. Dankeschön"
Mein Dad richtete sich etwas mehr auf und schenkte uns ein strahlendes Lächeln.
„Ich bin weiterhin in der Garage, falls ihr mich sucht"
„Danke, Doc", rief Marty ihm hinterher und drehte sich dann wieder zu mir.
Wir verstauten noch den Rest des Spieles und standen dann auf. Ich klopfte mich ab und schaute aus dem Fenster. Es wurde schon dunkel.
„Willst du spazieren gehen? Nach dem ganzen Sitzen könnte ich Bewegung gebrauchen", schlug ich vor und deutete auf die Eingangstür.
Marty legte seinen Kopf schief. Etwas was er meistens tat, wenn er nachdachte.
Schließlich nickte er und erklärte, dass er schnell seine Jacke holen würde. Ich bat ihn auch mir meine neuste Jacke mitzubringen und wartete danach draußen auf ihn.
In kürzerster Zeit stand er wieder neben mir und wir spazierten die Straße entlang.
„Wenn ich nicht so großen Mist gebaut hätte, wäre das alles hier irgendwie echt cool", gestand Marty irgendwann.
Belustigt schüttelte ich den Kopf und musterte ihn mit gehobener Augenbraue.
Er kopierte meine Geste, was mich zum Grinsen brachte.
„Immer hebst du deine Augenbraue. Was hat es damit auf sich?"
„Weiß ich nicht. Einfach eine Angewohnheit"
Wir lachten und er legte einen Arm um meine Schultern.
„Aber du hast recht. Wäre alles nicht so unfassbar schiefgelaufen, wäre es wirklich cool. Ich wüsste sogar was ich mit der Zeitmaschine machen würde"
„Was denn?"
Ich schwieg kurz und lehnte mich etwas mehr an Marty.
„Meine echten Eltern finden"
Marty nickte verstehend und führte uns auf eine Seitenstraße. Mit seiner freien Hand fuhr er sich durch die Haare und lächelte mich dann an.
„Wenn wir zurückkommen und Doc retten... danach helfe ich dir gerne"
Wir blieben stehen und ich drehte mich zu ihm. Ich zog ihn in eine kurze Umarmung und küsste seine Wange.
„Danke"
Marty winkte ab und ging weiter.
„Wofür ist ein bester Freund denn da?"
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