19. Kapitel - I don't mind
21. Oktober 2015, Dienstag 16:34 Uhr
Ich bekam Martys gequälten Gesichtsausdruck nicht mit. Ich war eher verblüfft von allem was ich sonst sah. Das Rathaus war sehr viel moderner. Eine gemusterte Glaswand umrandete nun den Eingang und statt eines Parks befand sich nun ein kleiner Teich davor.
Alles war noch etwas nass vom Regen, aber dennoch konnte ich erkennen, dass alles sehr viel bunter geworden war. Sowohl die Häuser als auch die Kleidung.
Die seltsamsten Autos fuhren oder parkten auf der Straße und im Himmel konnte ich fliegende Objekte erkennen, die anscheinend die Straße markierten.
Ich ging auf den Teich zu und bemerkte nur am Rande, dass Marty mir folgte. Ein erneutes Niesen entkam mir.
"Gesundheit"
Ich bedankte mich zaghaft und drehte mich leicht zu ihm um, nur um zu sehen, dass er auf das Kino zuging.
Jaws 19 wurde angeworben und ich verdrehte die Augen. Weshalb brauchte man so viele Filme vom selben Konzept? War das nicht langweilig?
Ich wirbelte mit Marty herum, als Werbesprüche von Texaco hinter uns erklangen. Skeptisch betrachtete ich die Maschine, die sich am Dach bewegte. Ich hörte Musik hinter mir, war aber viel zu fasziniert von Texaco, um mich wegzudrehen.
Erst als Marty neben mir schrie, drehte ich mich um und zuckte zusammen, als ein riesiger Hai gerade nach uns biss. Ich brauchte etwas, um zu verstehen, dass es ein Hologramm gewesen war, aber wenigstens hatte ich mich nicht auf den Boden zusammengekauert.
Marty hingegen musste jetzt wieder aufstehen und blickte mich dann mit rotem Kopf an.
„Sieht immer noch wie eine Attrappe aus", versuchte er seinen Schrei abzutun.
Vielleicht hätte ich einmal gelacht, aber im Moment konnte ich nur einen Stich verspüren. Ich brachte etwas mehr Abstand zwischen uns und drehte mich um.
Ich suchte das Achtzigercafé und fand es auch relativ schnell. Das bunte Schild machte die Suche einfach. Dort drinnen sollte Marty sich für seinen Sohn ausgeben.
„Komm", murmelte ich und ging voraus. Vorsichtig checkte ich den Verkehr und wechselte dann die Straßenseite. Neben einen Antiquitätenladen blieb ich aber noch einmal stehen.
Mit hochgezogener Augenbraue betrachtete ich die Auslage. Unsere neuste Technologie hier als alten Schrott zu sehen, weckte erneut meine Neugier.
Ein Teil von mir wollte jeden Winkel dieser Zeit untersuchen. Der andere Teil von mir wollte nur nach Hause in mein Bett, wo ich mich selbst bemitleiden konnte.
Marty und ich spiegelten uns leicht in der Scheibe und als wir Blickkontakt herstellten zuckte ich zusammen. Schnell schaute ich weg und ging weiter.
„Daisy! Können wir darüber reden?"
Marty packte mich am Handgelenk und zwang mich so stehen zu bleiben. Langsam drehte ich mich zu ihm um und blickte ihm in die Augen. In seine wunderschönen blauen Augen.
„Später, ok?"
„Versprochen?"
Schluckend nickte ich. Als er erleichternd aufatmete drehte ich mich zum Café und öffnete die Tür. Im gleichen Moment kam ein Mädchen raus und ging an mir und Marty vorbei. Unsicher blickte ich ihr hinterher.
Ich fand schon die Jacke seltsam, aber dass was dieses Mädchen trug, war wie aus einem Science Fiction Roman.
Ich ging voran in das Café und wippte leicht zur Musik, die drinnen spielte. Beat it von Michael Jackson war schon immer einer meiner Lieblingssongs gewesen.
Neugierig blickten wir uns um. Dieses Café versuchte vielleicht wie in den Achtzigern zu sein, aber er scheiterte kläglich. Hinter der Theke liefen 12 Fernseher gleichzeitig und anscheinend wurde man von eigenen Fernsehern bedient.
Wie konnte man von einem Fernseher bedient werden? Und warum war einer dieser Fernseher Michael Jackson?
„Was zum Teufel", murmelte ich leise und blickte mich weiter um. Auf der anderen Seite der Theke radelten zwei beim Frühstück und im Hintergrund stand ein Pac-Man Spielautomat. Darauf stand ein Schild, dass besagte, dass der Automat ein Artefakt sei.
Das war doch nur Pac-Man? Ich hatte den Highscore in der Spielhalle vor Jahren geknackt und war seitdem der unangefochtene Champion. Dennoch würde ich Pac-Man nicht als ein Artefakt ansehen.
Einer dieser Fernseher raste auf Marty zu, aber ich war immer noch zu abgelenkt, um großartig aufzupassen. Ich bemerkte nur, dass sich auf einmal zwei Personen auf dem Bildschirm befanden. Marty unterbrach die beiden und bestellte eine Pepsi.
Ich setzte mich an die Theke und musste nicht lange warten, bis Marty sich neben mich setzte. Er versuchte kläglich die Pepsi zu öffnen, weswegen ich sie ihm aus der Hand nahm und einmal fest drehte. Als sie offen war trank ich einen Schluck und reichte sie dann Marty.
„Hey McFly!"
Marty und ich drehten uns gleichzeitig zu einem alten Mann um. Er war zwar auch nicht sehr modisch gekleidet, aber seine Klamotten waren älter. Er zeigte auf Marty und grinste gehässig.
„Ja. Ich kenn dich doch. Du bist Marty McFlys Sohn, stimmt's?"
Diesmal brauchte ich nicht so lange, um Biff zu erkennen, der sein Verhalten wohl nie ändern würde.
Er griff nach seinem Gehstock, dessen Griff eine goldene Faust war. Wie passend. Lachend stand Biff auf und kam auf uns zu.
„Du bist Marty Junior! Hast ja ein höllisches Pech. Muss ganz schön nerven nach einer absoluten Flasche benannt zu werden!"
Unsicher blickte ich zwischen Marty und Biff hin und her. Stimmte etwas mit Martys Zukunft nicht?
„Was soll denn das bedeuten?", fragte auch Marty unsicher, worauf Biff mit seinem Gehstock auf Martys Kopf rumklopfte. So wie er es mit seiner Faust vor Jahren bei George getan hatte.
Marty gefiel das natürlich nicht und holte schon mit seiner Faust aus, aber sosehr ich Biff auch hasste, wollte ich nicht sehen, wie Marty einen alten Mann schlug, weswegen ich seine Faust festhielt und runterdrückte.
Biff machte Andeutungen, dass Marty ein ewiger Verlierer war. Marty verstand das aber nicht und dachte Biff würde über George reden.
„Nein! Ich rede nicht über George McFly. Ich rede über seinen Sohn. Dein alter Herr. Marty McFly Senior. Der Mann, der sich sein ganzes Leben total versaut und die Toilette runtergespült hat"
„Hab ich das?"
Marty korrigierte sich noch einmal kurz bevor die Tür aufging und ein Hüne mit Metallschüssel am Kopf hereingestürmt kam.
„Jetzt hör mal, Opa! Ich hab dir doch gesagt du sollst den Wagen zweimal einwachsen und nicht nur einmal!"
Biff stand auf und versuchte den Teenager zu beruhigen. Marty fragte nach, ob die beiden verwandt wären, worauf Biff Marty wieder mit dem Stock schlug.
„Glaubst du etwa Griff nennt mich seiner Gesundheit zuliebe Opa?"
„Er ist Griff?"
Als ich zu Marty schaute, konnte ich erkennen, dass sich auch auf seinem Gesicht Panik ausbreitete. Wieso mussten es immer Tannen's sein? Und wieso mussten alle Tannen's so groß sein?
Griff zerrte seinen Großvater aus dem Café, nachdem Biff noch einen blöden Kommentar über Lorraine abgegeben hatte. Danach öffnete Griff wieder die Tür und deutete mit einem wahnsinnigen Blick auf Marty.
„Und McFly! Du wirst nirgendwo hingehen! Du bist der nächste!"
Ich wechselte einen Blick mit Marty und vergrub dann mein Gesicht in meinen Händen. Ich hätte heute nicht aufstehen sollen...
Ein Geräusch neben mir ließ mich aufblicken. Ein weiterer Spielautomat stand an der Wand. Wild Gunman. Marty, der den Automaten auch bemerkt hatte stand auf und ging darauf zu.
Wild Gunman war Martys Spiel. Niemand hatte ihn je schlagen können.
Zwei Jungs standen vor dem Automaten und rätselten darüber was sie damit machen mussten.
Marty, der sich neben die Kids gestellt hatte, grinste: „Ich zeigs dir, Kleiner"
Er nahm sich seine Mütze ab und legte sie auf den Automaten. Neugierig stellte ich mich etwas hinter Marty und beobachtete die Interaktion.
Marty zog die Pistole und bewies erneut, dass er der beste in diesem Spiel war. Die Kinder waren aber weniger beeindruckt.
„Muss man das mit den Händen spielen?"
„Das ist ja wie Baby Spielzeug!"
Die Kinder zogen enttäuscht von dannen, weshalb Marty ihnen verwirrt, hinterher blickte.
„Baby Spielzeug?"
„Wir sind 17 und dennoch fühle ich mich gerade sehr alt", gestand ich leise.
Marty nickte bestätigend und schaute auf seine Uhr. Als hinter uns jemand eine Pepsi Perfekt bestellte, drehten wir uns um, nur um Marty McFly Junior zu erblicken. Marty fluchte und warf sich sofort zu Boden, um sich hinter der Theke zu verstecken.
Ich hingegen musterte den Jungen. Er versuchte mit dem Mädchen an der Theke zu flirten, aber sie beachtete ihn kaum. Und einer seiner Jackenärmel war kaputt. Ich wollte ihn noch weiter mustern, aber ich stürzte plötzlich zu Boden.
Ein Quietschen meinerseits wurde unterdrückt, da Marty eine Hand auf meinen Mund presste und mich mit ihm hinter die Theke zog.
Ich versuchte etwas zu sagen, aber Marty presste seine Hand nur noch mehr gegen meinen Mund und zischte: „Sei still!"
Eines musste ich ihn lassen, er zuckte nur kurz zusammen als ich seine Hand ableckte.
„Lass das!"
Erst als ich versuchte seine Hand zu beißen, zog er sie von meinem Mund weg und musterte mich finster. Ich blickte genauso böse zurück.
„Er kennt mich nicht. Dein Stunt war komplett unnötig!"
Bevor Marty etwas erwidern konnte, hallte eine andere Stimme durch das Café.
„Hey McFly! Ich hab dir doch gesagt du sollst hier drin bleiben!"
Marty und ich pressten uns gegen die Theke und hörten, wie sein Sohn die anderen Teenager begrüßte. Anscheinend war Griff nun mit seiner ganzen Freundestruppe im Café.
„McFly?"
„Ja?"
„Dein Schuh ist offen!"
Anders als sein Großvater gab sich Griff nicht mit einer kleinen Erniedrigung zufrieden. Nein. Er schlug dem armen Jungen einfach ins Gesicht.
Marty und ich wechselten einen gequälten Blick, als Griff Marty Junior wieder von der Theke runterzogen.
„Ok, McFly! Ich hoffe du hast dich entschieden wegen heute Abend!"
Tatsächlich wollte Marty Junior nein sagen, aber ein Aufschrei sagte mir, dass die Gruppe an Teenagern, dass nicht einfach so hinnahmen.
„Er ist ja der absolute Schwachmann", murmelte Marty neben mir geschockt.
Erneut wollte sich sein Sohn aus der Sache rausreden, aber als er andeute mit Marty darüber zu reden... also mit dem zukünftigen Marty, warfen Griff und seine Gang Marty Junior gegen die Wand und somit hinter die Theke.
Ich zog den Jungen etwas näher zu uns ran und Marty richtete ihn auf. Mit geschlossenen Augen murmelte Marty Junior, dass er alles machen würde, was Griff wollte.
Marty und ich wechselten einen Blick und ich öffnete vorsichtig ein Auge des Jungen. Er murmelte nur weiter. Fast so wie als würde er gleich das Bewusstsein verlieren. Ich schloss das Auge wieder und musterte abwechselnd Marty und Marty Junior.
„Er sieht aus wie du. Nur hat er nicht deine hübschen Augen", rutschte es mir raus.
Kurz zuckten Martys Mundwinkel, bevor er an seinen Sohn gewandt zischte: „Bleib unten liegen und halt die Klappe!"
Junior verlor nun endgültig das Bewusstsein und Marty klaute seinen Sohn die Mütze, um sie sich selbst aufzusetzen. Er nickte mir einmal zu und richtete sich dann auf.
Ich konnte die Gespräche nur hören, aber Marty wich nicht vor den größeren Teenagern zurück.
„Die Antwort ist nein, Griff!"
Als die Teenager weitersprachen, linste ich vorsichtig über die Theke. Marty wandte sich schon ab, um das Café zu verlassen, da sprach Griff: „Hast du die Hosen voll? Du feige Sau!"
„Oh nein"
Marty blieb stehen. Natürlich blieb er stehen.
„Geh einfach weiter. Bitte geh einfach weiter", murmelte ich leise.
Marty drehte sich wieder um und fragte: „Wie hast du mich eben genannt, Griff?"
„Feige Sau, McFly!"
Marty ging wieder zurück auf Griff zu uns warf die Mütze weg.
„Niemand... nennt mich..."
Griff zog einen Baseballschläger und Marty wurde leiser.
„ne feige Sau"
Griff schlug nach Marty, aber der wich aus. Marty wollte nach Griff schlagen, der stoppte die Faust aber in der Luft. Marty konnte Griff dafür in die Kronjuwelen treten und ihn dann in seine Freunde reinwerfen.
Und wie vor einer Woche rannte, er aus dem Café, um von einem wahnsinnigen Tannen und seinen Freunden verfolgt zu werden. Und erneut folgte ich der Gruppe und konnte beobachten, wie Marty einem Mädchen ihren Roller wegnahm.
Er sprang auf das pinke Board, dass anscheinend flog, und flüchtete erneut. Griffs Freunde schnappten sich ihre eigenen Boards und nahmen die Verfolgung auf. Ich rannte bis zu den kleinen Mädchen und blieb dann fassungslos stehen.
„Nicht schon wieder"
Das Mädchen, dessen Board mein Freund nun in Beschlag genommen hatte, musterte mich neugierig.
„Schon wieder?"
Ich lächelte das kleine Mädchen kurz an und erklärte ihr: „Der Idiot dort drüben hat genau das gleiche schon vor einer Woche abgezogen"
Das Mädchen kicherte.
„Er ist wirklich ein Idiot"
Ich nickte bestätigend, als Marty die Kontrolle verlor und vom Board flog. War anscheinend nicht so einfach, wenn das Ding keine Räder mehr hatte. Schnell hatte Marty sich aufgerichtet und war wieder aufs Board gesprungen.
Ich musste erneut niesen und bekam so nur einen Teil der Verfolgungsjagd mit.
Als die drei Freunde Marty fast erreicht hatten, sprach ich an die Mädchen gewandt: „Seht ihr das Auto? Er wird sich gleich dranhängen"
Beide Mädchen lachten, als Marty sich tatsächlich an das Auto hängte. Tick, Trick und Track wandten die Boards aber sofort und nahem erneut die Verfolgung auf.
Marty fuhr einen Kreis und duckte sich unter Griff hinweg, der jetzt mit seinem Schläger nach ihm... naja... schlug.
„Wenn er so ein Idiot ist, warum folgst du ihm dann?", fragte das Brünette Mädchen.
Lächelnd zuckte ich mit den Schultern.
„Er ist mein Idiot"
Schreiend flog Marty höher und landete nun am See. Er flog ein paar Meter über den See und blieb dann kurz vor dem anderen Ufer stehen.
Griff und seine Gang fingen jetzt an zu lachen und einer der Jungs schrie: „Hey McFly! Du Matschbirne! Die Boards funktionieren nicht auf Wasser!"
Ich drehte mich noch einmal zu den Mädchen und fügte zu meinem Statement hinzu: „Den ich jetzt einsammeln muss!"
Ich joggte zum See und blieb vor Marty stehen.
„Schwimm rüber!", zischte ich und blickte zu Griff zurück, der jetzt sein eigenes Board holte.
Marty versuchte das Board anzustoßen und schüttelte den Kopf.
„Es sind nur zwei Meter, Dais"
Griffs Freunde hängten sich an Griff, der nun auf Marty zugerast kam. Mit dem Schläger gezückt.
„Verdammt, du bist nicht aus Zucker! Mach schon!"
Marty paddelte immer noch mit seinem Fuß im Wasser. Griff war nur noch vier Meter entfernt. Ich beschloss nicht länger an Martys Vernunft zu appellieren, sondern sprang auf Marty und stieß ihn gerade noch rechtzeitig vom Board.
Platschend fielen wir ins Wasser. Sofort schwamm ich wieder an die Wasseroberfläche und strich mir meine Haare aus dem Gesicht. Marty tauchte neben mir auf und gemeinsam starrten wir auf die große Glasscheibe, durch die die Teenager geknallt waren.
„Ach du dickes Ei", grinste Marty und schlang einen Arm um mich, um mich näher zum Hoverboard zu bringen.
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